In Würde – bis zuletzt Die Sichtweise alter Menschen

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Herausforderungen und Perspektiven in der ambulanten pflegerischen
Advertisements

Eth.Fallbesprechung im KMN
Artikel der Charta Artikel1:
MENSCHEN ALS MENSCH NAHE SEIN.
Interview mit der Tell Familie
Die selbstunsichere Persönlichkeit
Evaluation von Gesundheitsförderung im Unterricht und in der Schule
Herzlich Willkommen zu der heutigen Informationsveranstaltung!
Kommunikation in Zeiten der Veränderung
Lebensqualität erhalten Wissenswertes zum Thema Alkohol
Menschen Recht Inklusion Internationale Fachtagung zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in der Praxis 6. bis 8. Juni 2013 in Bochum Thema:
Mögliche Themen für die Sozialarbeit im Fall Herr und Frau Huber
Warum brauchen wir die Stille Zeit?
Arbeitsgruppe 6: Tagesbetreuung für Kinder C. Katharina Spieß DIW Berlin und FU Berlin Professur für Familien- und Bildungsökonomie 22. Februar 2013.
Menschen was sie bewegt, was die bewegen Vortrag, 17. September 2013
G. Gatterer Geriatriezentrum am Wienerwald
Mohammad Es ist einfach geboren zu werden, aber es ist ganz schwierig Mensch zu sein.
Innehalten von Margitta.
Therapieentscheidungen am Lebensende
Psalm 23 Der Herr ist mein Hirte!.
PPSFun.net Download Motorradwitz.
Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders
Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag
Steirische Akademie für Allgemeinmedizin Dr. Klaus Gstirner
Du wurdest als Teil von Gottes ________ erschaffen!
Die ethische BewohnerInnenbesprechung
Ergebnisse der Arbeit Abschlussarbeit des Interdisziplinären Palliativkurses in der Kardinal König Akademie (2007/2008) C.Beyer, V.Gartner, H.Schöchtner,
Pflegerische Aspekte der Diabetestherapie
Vienna Conference on Consciousness Teil I "Was ist die neuronale Grundlage des Bewußtseins? Wo ist es im Gehirn?" Beitrag von Michael L. Berger (Center.
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!
Forum für Altersfragen Kanton Zug 12. Juni 2014
Hören und Sprechen II Klasse:09. HÜ 1 Frau Steilmann erzählt über ihre Arbeit und Ihren Ausbildungsweg  Welche Aussagen sind richtig, welche.
ÖFS-Tagung 2014: Familienunternehmen – Unternehmen Familie.
Little Mama, geboren 1938 verteilt durch
3. Fachtagung im Projekt Pflegebegleiter am 24. November in Bad Honnef Projekt Pflegebegleiter 3. Fachtagung Ein Projekt fasst Fuß KURZVERSION DER PRÄSENTATION.
Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
Patientenverfügung Ist eine persönliche Willenserklärung, mit der Sie heute schon Ihre Behandlungswünsche für eine bestimmte Krankheitssituation festlegen.
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Grenzen und Pflichten eines Arztes auf einer Intensivstation
Im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Fürsorge
Gottes Freundschaft bewirkt Gehorsam!
Qualifizierung von GruppenleiterInnen
„Frauen fragen Frauen“ Präsentation zum Forschungsprojekt
Fatih Keskin Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung Patientenverfügung
Palliative Care eine Herausforderung heute und in der Zukunft!
Aus juristischer Sicht Anton Genna, Fürsprecher, Thun.
+.
Möglichkeiten und Grenzen der Palliativmedizin Tagung „Aus Mitleid zum Sterben helfen?“ Tutzing Dr. Claudia Bausewein Interdisziplinäre Palliativmedizinische.
In Kooperation mit: Patientenverfügung rechtzeitig besprechen – aber wie? Dr. Sylvia Klauser, PhD Lehrsupervisorin (ACPE, Inc.) Stabsstelle für Ethik in.
Pflegesymposium Schladming Andrea Kynast1.
Psychosoziale Aspekte in der Palliativmedizin Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin am Klinikum der Ludwig Maximilians Universität München -
SGI / SSMI Symposium 2016 Informationsflut für Patient und Angehörige: etwas für jedermann? Margret Hodel, Psychologin lic.phil.I., Leiterin des MAS in.
Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Gesundheit BAG Direktionsbereich Gesundheitspolitik Eidgenössisches Departement des Innern EDI.
Kommunikation mit Patienten Rothenburg ob der Tauber 19. November 2004.
Zugehende Beratung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen Ein Pilot-Projekt der Alzheimervereinigung Aargau 1.
1 Stand und Perspektiven der Diskussion in Deutschland Dr. phil. Alfred Simon Akademie für Ethik in der Medizin e.V., Göttingen.
Killerkrankheit Prostatakrebs Prostatakrebs Es sagte ein Betroffener: Erst jetzt, wo ich Probleme habe, habe ich mich mit dem Thema „Prostata“ beschäftig.
Evaluation der Projekttage 2013 zum Thema „Sucht“.
Dipl. Soz.Gerontologe David Stoll Seite 1 Kurzvortrag „Leere Kassen, aber auch große Sparpotentiale?“ Zur eigenen Person:  Dipl. Soz.-Päd. (KSFH.
Leitbild 2015 des Sozial- und Gesundheitssprengels Mieminger Plateau Leitbild 2015 des Sozial- und Gesundheitssprengels Mieminger Plateau.
Kolpingwerk Deutschland ● St.-Apern-Str. 32 ● Köln ● Ein Angebot der Diözesanverbände im Kolpingwerk Deutschland Kolpingsfamilie Folie.
Mediation ist mehr als Win - Win. Ausgangspunkt Mediation – Wann ist sie sinnvoll? Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, in dem neutrale Dritte.
Pflegestärkungsgesetz II
im Rahmen von Palliative Care
„LERN VON MIR“ Modul 5 – Kenntnis der Person
Thema 10: Spirituelle Begleitung: Aufgaben der Hospizbegleiter:
Was wir erreichen möchten …
 Präsentation transkript:

In Würde – bis zuletzt Die Sichtweise alter Menschen Univ.- Prof. Dr. Sabine Pleschberger Jung. Alt. Miteinander 1. Steirische Generationen-Fachtagung Mittwoch, 23. Mai 2012, Graz © Hapé Smeele

Aktiv Altern Würde „Bis zuletzt“ Selbstbestimmung Vorsorgen Aktiv Altern – Würde etwas altmodisch, jedenfalls passt es nicht ganz zusammen etwas aktiv tun – versus „sein“ Würde ist dem Menschen wesensimmanent, sie verdient Achtung, das ist sogar rechtlich verbrieft in der Erklärung der Menschenwürde, und zwar eben unabhängig davon, wie ein Mensch aussieht, was er macht und wie er ist. Vor dem Hintergrund des hohen Alters wird es nochmals sichtbar, wie wichtig eine solche Perspektive ist Doppelte Irritation im Titel – Bis zuletzt, ist eigentlich auch ein Gegensatz zum aktiven Altern, weil es den Blick eben vom Ende her auf das Alter richtet. Bis zuletzt aktiv sein, das wünschen sich wohl alle Menschen, doch ist es längst nicht mehr Realität, weil wir nicht nur länger leben sondern auch länger sterben. Mehr Möglichkeiten, dagegen anzugehen. Wichtig auf das Ende zu schauen, hier kommt die Selbstbestimmung ins Spiel, wir wollen ja das Alter auch gestalten, aktiv sein und mitreden, wie es werden soll, wenn es einmal soweit ist. Oder vielmehr in diesem Fall, wissen wir zumeist viel eher, was wir auf keinen Fall möchten, wie wir nicht sterben möchten, ja, weil wir es als unwürdig erachten. Genau deshalb kommt die Vorsorge hier ins Spiel, und ich möchte mich im Vortrag auch ein wenig der Frage widmen, um welche Art von Vorsorge es hierbei gehen könnte. Jedenfalls schließt sich hier der Kreis, denn für diesen Punkt braucht es ein Zueinander der Generationen Im Vortrag geht es um einen Versuch, diese Themen miteinander in Verbindung zu bringen, ausgehend von einem Forschungsprojekt … Vorsorgen

Forschungsprojekt „Sterben in Würde“ Ziele & Fragestellung: Entwicklung eines Würdekonzeptes aus der Perspektive der alten Menschen in Heimen Mehr Verständnis über Bedürfnisse dieser Menschen am Lebensende Durchführung: Förderung von der Deutschen Hospiz Stiftung & Eigenmittel Abteilung Palliative Care & OrganisationsEthik, IFF, Universität Klagenfurt (2001-2005) Projektteam: Andreas Heller, Sabine Pleschberger, Katharina Heimerl, Klaus Wegleitner, Harald Weikl, Sabine Wadenpohl

Methodisches Vorgehen im Projekt Sichtweise alter Menschen auf Würde (narrative Interviews, n=25) Theoretisches Sampling: Alte Menschen in verschied. Pflegeheimen Raum Dortmund u. München (städt., ländl.) Alter: 63 – 93 (ø 82 Jahre) 18 Frauen, 7 Männer ~ Pflegebedürftigkeit Perspektive von Professionellen (Interviews, Gruppendiskussionen) Stichprobe: n = 15 Interviews 6 verschiedene Träger 4 Gruppendiskussionen, mit 30 Personen interdisziplinär

Würdekonzeption aus BewohnerInnensicht

Würdekonzeption aus BewohnerInnensicht Intrapersonale Würde Kern der Persönlichkeit beeinflusst von Biografie, Glauben, Körperlicher Integrität, Sinnfragen, Relationale Würde Würde heißt Würdigen, d.h. Würde bedarf der Anerkennung und entsteht in sozialen Begegnungen, ist abhängig von sozialen Beziehungen

Relationale Würde große Bedeutung sozialer Beziehungen

Was Würdigung verschafft (1) Würdigung, weil ich alt geworden bin „Was ich alles geleistet/geschafft habe“ Beruf Familie Haus, Eigentum Lebensereignisse, z.B. Migration, ....  nicht ausreichend; Würdigung muss immer wieder aufs Neue „verdient“ werden

Was Würdigung verschafft (2) „... dass der Mensch trotz seines Alters beachtet wird, dass man ihn schätzt.“ Würdigung trotz des Alters: „Nicht zur Last fallen” - Belastungsvermeidung Sich Fügen/ Anpassen „brave Heimbewohner/innen bzw. Patient/innen....“ Einsatz vorhandener Ressourcen „was ich noch alles kann und tue“ Ökonomische Aspekte Entscheidungen (Bsp. Bestattung)

Die bedrohte Würde Krankheit und Pflegebedürftigkeit – eine Bedrohung für Würde Demenz: „Wenn du den Verstand nicht mehr hast, dann ist man bald nichts mehr wert, gell“ © Hapé Smeele

Würde-Pflegebedürftigkeit-Qualität der Versorgung

I: Und kann man, wenn man Alzheimerkrankheit hat, auch in Würde Altern und Sterben? E: „Ich finde (...) dass man wenn man zum Liegen kommt, dass man vor allen Dingen auch sauber gehalten wird, (...) und dass sie trotzdem versuchen mit einem zu reden, (...) und dass man nicht soviel allein gelassen wird (...) das verstehe ich eigentlich da drunter.“

 Sterben in Würde - auch eine Frage der Perspektive „Ja, mein Vater schon, der hat einen schönen Tod gehabt, am Kartoffelfeld draußen ...“ Kriterien für ein würdevolles Sterben Aktiv bis zuletzt Den Willen berücksichtigen und sterben dürfen Keine Schmerzen Im Kreise vertrauter Menschen (Abschiednehmen und Würdigen) Zeitpunkt (bevor ...)  Sterben in Würde - auch eine Frage der Perspektive

© Hapé Smeele

Würde und Bestattung (Relationale) Würde endet nicht mit dem Tod Umgang mit der Leiche Bestattung als wichtiges Thema Ritual des Abschiednehmens Grabstätte – Ort der Würdigung Wer kümmert sich darum? Grab, das nicht besucht wird erscheint sinnlos, ein Grab, das nicht gepflegt wird, würdelos

Fazit Vorsorgen ist wichtig Advance Care Planning (ACP) „Vorsorgende Planung“ für das Lebensende verschied. Möglichkeiten Trendumkehr in der int. Entwicklung Von „self care“ (Vorausverfügungen) hin zu „Let‘s talk“ (ACP als Prozess)

Definition – Advance Care Planning ist … „… a process of discussion between an individual, their family, and care providers....” „Advance Care Planning (ACP) umfasst die laufende Kommunikation die es den Einzelnen ermöglicht, ihre persönlichen Werthaltungen, Präferenzen, Wünsche und speziellen Behandlungsoptionen zu äußern. Diese können auch schriftlich festgehalten werden als Information zur Pflege und Behandlung in der Zukunft.“ (Definition des NHS , Übersetzung SP) 286 Mio Pfund von 16.000 beschwerden, die Hälfte mit End-of-life zu tun

Was ist das Ergebnis von ACP? Beispiele: Willenserklärung oder Vorausverfügung enthalten positive oder negative Stellungnahmen zu bestimmten lebensverlängernde Maßnahmen Nennung einer bestimmten Person im Falle von eingeschränkter Entscheidungs- bzw. Kommunikationsfähigkeit Gesetzliche/r Vertreter/in bzw. - Betreuer/in Abgestimmte Vorgangsweise im Notfall Konkreter Behandlungsplan / „Notfallplan“ Allgemeine Werthaltungen und Stellungnahmen zu Pflege und Behandlung Ausgesprochen und evtl. schriftlich festgehalten

Dimensionen von Vorsorgen ACP im Kontext von Versorgung „Anlässe“ Professionelle im Gesundheitswesen unter Einbeziehung von Betroffenen und Angehörigen ACP als Baustein eines aktiven Alterns Wer redet mit wem darüber? Projekt „Peer education“, University of Nottingham Seniorenorganisationen ACP „daheim“ in der Familie Gesprächskultur Vermittlungs-/Moderationsrolle: Wer nimmt sie ein?

Forschung zu Advance Care Planning Studie zu ACP in einem Krankenhaus (Detering et al. 2010) Einsatz von ACP hatte positive Effekte auf Betroffene und Angehörige bzgl. Zufriedenheit mit der Versorgung am Lebensende und Befinden in der Trauerphase Studie mit älteren Menschen zu ACP, Motive für ACP? (Seymour & Horne 2011) Sorgen, dass sich die Familie streiten könnte, wie diese mit den Entscheidungen zurecht kommt Nicht Autonomie und Selbstbestimmung sind zentrale Beweggründe!

Ausblick Würde braucht Würdigung Vorsorge als Prozess der Kommunikation Wir müssen mehr & besser miteinander reden auch und gerade über die schwierigen Dinge in der Medizin & Pflege in den Familien - zwischen den Generationen im Freundeskreis in der Gesellschaft