Kantonspolizei Strafbestimmungen des SVG Ordnungsbussen; Opportunität und Legalität; internationale Rechtshilfe 6. November 2007.

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Kantonspolizei Strafbestimmungen des SVG Ordnungsbussen; Opportunität und Legalität; internationale Rechtshilfe 6. November 2007

Von Rasern und Parksündern Raser: vgl. BGE 130 IV 58; es gilt Idealkonkurrenz zwischen Art. 90 Ziff. 2 SVG und Art. 117 resp. 125 StGB; wer sich ein Rennen auf offener Strasse liefert, der nimmt eventualvorsätzlich den Tod oder die schwere Körperverletzung anderer in Kauf Die Polizei kontrolliert bewusst Strecken, wo regelmässig die Geschwindigkeit massiv überschritten wird, und wo entsprechend auch immer wieder Unfälle zu verzeichnen sind Eine weitere Hauptursache für schwere Unfälle ist auf Alkohol am Steuer zurückzuführen Den grössten Teil der Strassenverkehrsdelikte machen jedoch die Bagatellfälle aus. Es handelt sich hier um den Tatbestand des Art. 90 Ziff.1 SVG. Betreff Betreff

Das Ordnungsbussengesetz Mit der Einführung des OBG vom 24.6.1979 ( SR 741.03 ) und der dazu gehörenden Verordnung vom 4.3.1996 ( SR 741.031 ) wurde die Verfolgung von geringfügigen, aber häufigen Verstössen gegen Verkehrsvorschriften angestrebt; 114 IV 63 Die Ahndung von Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften des Bundes erfolgt in einem vereinfachten Verfahren; Art. 1 Abs 1 OBG Höchstgrenze liegt bei 300.- ; Art. 1 Abs 2 OBG Vorleben und persönliche Verhältnisse werden nicht berücksichtigt; Art. 1 Abs 3 OBG Zusammentreffen mehrer Übertretungen: vgl. Art. 3a OBG; bei Kumulierung darf der Höchstbetrag 600.- nicht übersteigen; ansonsten wird das ordentliche Verfahren eingeleitet Betreff Betreff

Das Ordnungsbussengesetz ( II ) Ausnahmen vom Ordnungsbussenverfahren: Art. 2 lit. a – d OBG: Verletzung oder Gefährdung von Personen oder Verursachen von Sachschaden Widerhandlungen, die nicht von einem ermächtigten Polizeiorgan festgestellt worden sind ( Vorbehalt bei autom. Überwachungsanlagen ) Bei Widerhandlungen von Kindern Bei zusätzlichen Widerhandlungen, die nicht in der Bussenliste aufgeführt sind. Ansonsten ist das Ordnungsbussenverfahren zwingend ( 105 IV 136 ) Polizeiorgane müssen bezeichnet sein und in der Regel Uniform tragen; Art. 4 OBG Betreff Betreff

Das Ordnungsbussengesetz ( III ) Art. 3 OBG: Der Bundesrat erstellt nach Anhörung der Kantone die Bussenliste und bestimmt den Bussenbetrag; folglich gilt: Was nicht auf der Bussenliste aufgeführt ist, muss als Tatbestand ordentlich verzeigt werden Bezahlung der Busse: sofort, oder mit Bedenkfristformular innert 30 Tagen; Art. 6 OBG Es entstehen keine Kosten; Art. 7 OBG Mit der Bezahlung wird die Busse rechtskräftig; Art. 8 OBG Mit der Ablehnung der Busse wird das ordentliche Verfahren eingeleitet; Art. 10 OBG; Achtung: Zeugnisverweigerungsrechte! Ordnungsbussen können auch im ordentlichen Verfahren ausgesprochen werden; Art. 11 OBG Betreff Betreff

Ordnungsbussen und Staatsfinanzen Ordnungsbussen sind zu einem wichtigen Budgetposten von Gemeinden und Kantonen geworden Insbesonders die Kommunen drängen auf die Kompetenz, Bussen erheben zu können. Eine Delegation dieser Kompetenz ist unter gewissen Umständen an die Gemeinden möglich; vgl. Art. 8 PolG BE; mit der Schaffung der Einheitspolizei wird den Gemeinden eine gewisse Abgeltung der Ordnungsbussen garantiert Es ist aber nicht zu verantworten, wenn dem Bürger „Bussenfallen“ gestellt werden; es gilt immer die Vermutung, dass die Bürger sich gesetzeskonform verhalten Betreff Betreff

Opportunität und Legalität Das Recht, von der Strafverfolgung abzusehen, kann im Vorverfahren von der Untersuchungsbehörde und der Staatsanwaltschaft, im Hauptverfahren vom urteilenden Gericht wahrgenommen werden Die Polizei hat keine Kompetenz, ein Verfahren einzustellen Und trotzdem: ein gewisses faktisches Opportunitätsprinzip wird von der Polizei schon längst praktiziert; dies wird von der Lehre akzeptiert Ermittlungsschwerpunkte werden von der Polizei gelegt; z.B. bei Drogendelikten Es gilt das Verhältnismässigkeitsprinzip, z. B. Demonstrationen Auch bei Verkehrsdelikten ist dies zumindest denkbar Betreff Betreff

Opportunität und Legalität ( II ) Art. 100 Ziff. 1 Abs 2: Umgang von Strafe in besonders leichten Fällen Diese Bestimmung richtet sich an den Richter Besonders leicht: „wenn der Täter gute Gründe hatte, von den Vorschriften abzuweichen, und wenn er zudem nach den gegebenen Umständen die Gewissheit haben konnte, durch sein verkehrswidriges Verhalten niemanden zu gefährden“ ( 95 IV 26 ) Diese Bestimmung gilt nicht nur in Bezug auf Art. 90 Ziff. 1 SVG, sondern für alle Strafbestimmungen des SVG Ausgeschlossen, wenn zugleich Art.125 StGB angewandt wird ( 95 IV 172 ) Ein Absehen von der Strafe ist möglich, wenn die Busse im Vergleich zur begangenen Tat nahezu schockierend erscheinen würde ( 105 IV 213 ) Strafbefreiung ist nicht gleich Freispruch Betreff Betreff

Opportunität und Legalität ( III ) Ein gewisser Ermessensspielraum bleibt in der Praxis Problemfall Tatbestandsaufnahme von Verkehrsunfällen Art. 51 SVG regelt den Beizug der Polizei Was passiert, wenn die Polizei zufällig an einen Verkehrsunfall kommt, ohne dass sie gerufen worden ist? Gemäss Legalitätsprinzip muss eine Anzeige erfolgen; aber letztlich wird nur die Arbeit der Versicherungen erleichtert… Betreff Betreff

Fragen zur Rechtshilfe Art. 101 SVG: Widerhandlungen im Ausland; dies ist eine Norm des internationalen Strafrechts. Darin werden die Zuständigkeit des schweizerischen Strafrichters sowie die Anwendbarkeit des schweizerischen Strafrechts für im Ausland begangene Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften umschrieben Voraussetzung: Verkehrsregelverletzung im Ausland oder eine andere bundesrechtlich mit Freiheitsstrafe bedrohte Widerhandlung im Strassenverkehrsrecht Mit Bussen belegte Delikte fallen nicht darunter Voraussetzungen: Doppelte Strafbarkeit Wohnsitz des Täters in der Schweiz und Aufenthalt in der Schweiz Betreff Betreff

Fragen zur Rechtshilfe ( II ) Nicht Unterziehen unter die ausländische Strafgewalt; d.h. nicht nur nicht vor Gericht gehen, sondern nicht anerkennen resp. Ablehnung der ausländischen Strafe Strafübernahmebegehren Art. 101 SVG wird durch IRSG relativiert. Art. 35 Abs 1 IRSG definiert die Auslieferungsdelikte. Dies betrifft Delikte mit einer Höchststrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsentzug; somit fallen darunter: Art. 90 Ziff.2; Art. 91 Abs 1 und 2; Art. 91a Abs 1; Art. 92 Abs 2; Art. 93 Ziff.1 Abs 1; Art. 94 Ziff.1 und Art. 97 Ziff.1 SVG Folglich: Anwendungsbereich von Art. 101 SVG auf Übertretungen reduziert Betreff Betreff

Rechtshilfe in der Praxis Schweizerisch – deutscher Polizeivertrag vom 27. 4. 1999, in Kraft seit 1. März 2002; allerdings ohne das Kapitel VI; Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Strassenverkehrs Abkommen der EU vom 8. Mai 2003, modifiziert am 24. Februar 2005 über gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Bussen. Der Grenzbetrag wurde auf 70 Euro festgelegt Die Kantone verfolgen unterschiedlich; vom Radschuh bis Ausschreibungen im RIPOL Es besteht seit kurzem die Möglichkeit auf den Zugriff der Halterdaten des deutschen Kraftfahrzeug-Bundesamtes in Flensburg Vielfach werden die Rechnungen einfach an die ausländische Adresse geschickt Betreff Betreff

Rechtshilfe in der Praxis ( II ) Mit Frankreich und Italien bestehen ähnliche Verträge; es bestehen in Genf und Chiasso Kooperationszentren. Dort können auf direktem Wege Informationen über Verkehrssünder in Erfahrung gebracht werden. Betreff Betreff