Die soziale Dimension des Rebound-Effekts (REBOUND)

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 Präsentation transkript:

Die soziale Dimension des Rebound-Effekts (REBOUND) Inputvortrag: Reboundeffekte aus psychologischer Sicht Dr. Anja Peters, Fraunhofer ISI, Karlsruhe Kick-Off-Workshop, 19.10.2010 − ZEW, Mannheim

Reboundeffekte aus psychologischer Sicht: Ausgangspunkt Grenzen des klassisch-ökonomischen Ansatzes, auch psychologische oder soziologische Faktoren spielen eine Rolle Auch Aspekte wie Überzeugungen, Normen oder Lebensstile verhaltensrelevant Kosten- und Emissionseinsparungen können von Individuen über- oder unterschätzt und unterschiedlich verbucht werden  psychologische Mechanismen spielen eine Rolle (z.B. Prospect-Theory von Kahnemann und Tversky)

Reboundeffekte aus psychologischer Sicht: Beispiele? Reboundeffekte beim Kauf von Energiesparlampen: => Sind die eingesparten Kosten bekannt bzw. spielt ihre Wahrnehmung die entscheidende Rolle? => Oder geht es (auch) um eigene und soziale Normen, die nun weniger aktiviert werden So kann nach dem Kauf von Energiesparlampen die persönliche Norm einer Person nicht mehr so stark sein, das Licht immer auszuschalten, wenn sie den Raum verlässt. Wer mit einem spritsparenden Fahrzeug unterwegs ist, glaubt die Umwelt zu entlasten, weil er relativ wenig Benzin verbraucht. Das beruhigte Umweltgewissen kann dann dazu beitragen, noch mehr und öfter zu fahren, weil man in der Gewissheit hoher Energieeffizienz nicht mehr auf die gefahrenen Kilometer achtet. Diese Art von Selbsttäuschung ist in der empirischen Sozialforschung zu Umweltverhalten gut nachgewiesen.  Turrentine and Kurani  Menschen rechnen nicht, haben Bausteine gar nicht!

Reboundeffekte aus psychologischer Sicht: Beispiele? Reboundeffekte bei Hybridautos: => höherer Kaufpreis, dadurch Kosten pro km nicht unbedingt niedriger, z.T. wahrscheinlich oft höher => in diesem Fall keine ökonomische Erklärung => falls Reboundeffekte auftreten, sollten andere Faktoren eine Rolle spielen, z.B. subjektive Überzeugungen sowie eigene und soziale Normen So kann nach dem Kauf von Energiesparlampen die persönliche Norm einer Person nicht mehr so stark sein, das Licht immer auszuschalten, wenn sie den Raum verlässt. Wer mit einem spritsparenden Fahrzeug unterwegs ist, glaubt die Umwelt zu entlasten, weil er relativ wenig Benzin verbraucht. Das beruhigte Umweltgewissen kann dann dazu beitragen, noch mehr und öfter zu fahren, weil man in der Gewissheit hoher Energieeffizienz nicht mehr auf die gefahrenen Kilometer achtet. Diese Art von Selbsttäuschung ist in der empirischen Sozialforschung zu Umweltverhalten gut nachgewiesen.  Turrentine and Kurani  Menschen rechnen nicht, haben Bausteine gar nicht!

Studien zu Rebound-Effekten beim Kauf von Hybrid-Autos (Zusammen mit de Haan und Müller, ETH Zürich) Befragungen von Käufern der Hybridmodelle: Toyota Prius 2 Honda Civic IMA Lexus RX400h Annahme, dass ökonomische Faktoren keine Rolle spielen können, aufgrund höheren Kaufpreises Frage: Treten psychologisch bedingte Rebound-Effekte auf?

Arten möglicher Reboundeffekte beim Kauf von Hybridautos Direkter Reboundeffekt: Anstieg der Autogröße („Ersatz eines Kleinstwagens durch ein Mittelklasse-Hybridauto“) Anstieg im Motorisierungsgrad („Hybridautos als zusätzliches Auto im Haushalt“) Anstieg der gefahrenen Autokilometer („Ersatz von Fahrten mit dem ÖV durch Fahrten mit dem Hybridauto“) Indirekter Reboundeffekt: Vermehrter Energieverbrauch in anderen Bereichen („mehr Urlaubsreisen mit dem Flugzeug“) ? ? ?

Analyse von Größe und Anzahl von Autos, die beim Kauf eines Toyota Prius ersetzt wurden Befragung von 303 Käufern des Toyota Prius 2, Sept. 2004 Kontrollgruppe: Käufer des Toyota Corolla und Toyota Avensis (N = 156 bzw. 133), Mai 2005 Fragebogen: u.a. Ersetztes Auto Übrige Autos im Haushalt Mobilitätsverhalten Entscheidungskriterien Soziodemographie Prius: 303 out of 367 (82.6 %) Avensis: 133 out of 250 (53.2 %) Corolla: 156 out of 250 (62.4 %)

Analyse von direkten Rebound-Effekten Reboundeffekt 1: (überdurchschnittlicher) Anstieg der Autogröße Reboundeffekt 2: Anstieg des durchschnittlichen Motorisierungsgrades des Haushalts [Reboundeffekt 3: Anstieg der gefahrenen Autokilometer]

Reboundeffekt 1: Anstieg der Autogröße Leergewicht als Stellvertreter für Autogröße Ø Baujahr der durch den Prius ersetzen Autos: 1996 Ø Leergewicht 1996: 1309 kg Ø Leergewicht 2004: 1462 kg Anstieg 9604: +153 kg Ø Leergewicht ersetzter Autos: 1366 kg Leergewicht Prius: 1375 kg Anstieg + 9 kg Prius wegen Batterie + zus. Antriebsstrang eh noch schwerer

Reboundeffekt 1: Anstieg der Autogröße Ø CO2 Emissionen 1996: 214.9 g/km Ø CO2 Emissionen 2004: 192.0 g/km Abnahme 9604: – 22.9 g/km Ø CO2 Emissionen ersetzter Autos: 210.6 g/km CO2 Emissionen Prius: 104.0 g/km Abnahme: –105.4 g/km

Reboundeffekt 2: Anstieg Motorisierungsgrad Frage: Was ist die Referenz für eine Stichprobe von Neuwagenkäufern zur Beurteilung des Motorisierungsgrades? Ansatz 1: Autobesitz- und Transaktionsmodell (Kohortenansatz) Ansatz 2: Vergleich mit Corolla/Avensiskäufer-Stichprobe Distinguish first-time purchase / additional vehicle / replacement / dispose Ansatz 1: Based on Swiss micro-census transport (27,000 households)

Reboundeffekt 2, Ansatz 1: Autobesitz- und Transaktionsmodell Ergebnisse: Schweizer Bevölkerung: 23.3% kein Autoersatz Altersverteilung = Priuskäufer: 20.1% kein Autoersatz Stichprobe der Priuskäufer: Kauf mit Ersetzen eines Autos: 89.0% (269) Erstmaliger Kauf: 3.0% ( 9) Kauf eines zusätzlichen Autos: 7.9% ( 24)  Gemäß Modell: Käufe ohne Ersetzen eines Autos deutlich unterdurchschnittlich

Reboundeffekt 2, Ansatz 2: Vergleich mit Corolla- und Avensiskäufern

Soziodemographische Unterschiede? Alter Priuskäufer im Vergleich: Ø wenig älter (2–3 Jahre) Prozent

Soziodemographische Unterschiede? Kinder < 16 Jahre im Haushalt Priuskäufer im Vergleich: Ø wenig älter (2–3 Jahre) Kinder: kein Unterschied Prozent kein Kind 1 2 3

Soziodemographische Unterschiede? Bildung Priuskäufer im Vergleich: Ø wenig älter (2–3 Jahre) Kinder: kein Unterschied Höheres Bildungsniveau Prozent Schulbildung Berufsausbildung (Fach-)Hochschule

Soziodemographische Unterschiede? Einkommen Priuskäufer im Vergleich: Ø wenig älter (2–3 Jahre) Kinder: kein Unterschied Höheres Bildungsniveau Höheres Einkommen Prozent

Reboundeffekt 2, Ansatz 2: Vergleich mit Corolla- und Avensiskäufern

Diskussion: Rebound-Effekte bei Käufern des Toyota Prius 2 Reboundeffekt 1: Anstieg der Autogröße  nicht gefunden (vielmehr: leichte Abnahme der Autogröße) Reboundeffekt 2: Anstieg Motorisierungsgrad  nicht gefunden Annahmen zu „durchschnittlichem“ Kaufverhalten notwendig  ?? Besondere Stichprobe: Early Adopters Die Frage war: Treten Reboundeffekte auf ohne rein ökonomische Treiber?  Ziel: Diagnose, noch keine Analyse der Ursachen und Mechanismen Seitenzahlen noch raus Übersetzen!

Zusammenfassung Forschung zur psychologischen/soziologischen Dimension von Rebound- Effekten noch ganz am Anfang Spezifische methodische Herausforderungen, u.a.: Trennung von ökonomisch vs. psychologisch/soziologisch bedingten Rebound-Effekten, wenn ökonomische Treiber vorhanden Erhebung von psychologischen Rebound-Effekten: Bewusstheit, Soziale Erwünschtheit, Erhebung bzw. Verfügbarkeit objektiver Daten, ...  Exploratives Design als Basis für Breitenerhebung

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!