Die Europäische Union: Institutionen und Rechtsetzung

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 Präsentation transkript:

Die Europäische Union: Institutionen und Rechtsetzung Prof. Thomas Cottier 1. November 2007 Claims Conference 2007 Lucerne Swiss National Bureau of Insurance

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Mitgliedstaaten der EU 1957: Gründung: D, F, I, NL, B, Lux 1963: Ablehnung UK 1973: Beitritt von UK, D, Irland 1981: Beitritt von GR 1986: Beitritt von SP und P 1995: Beitritt von A, S, SF (vormals EFTA) 1998: Verhandlungen mit CZ, H, PL, SLO, EST, CY 2000: Verhandlungen mit Malta, RO, BG, LV, LT, SK 2004: Beitritt von CZ, H, PL, SLO, EST, CY, Malta, LV,LT, SK; 2007: Beitritt von Bulgarien, Rumänien Kandidaten: Türkei, Mazedonien, Kroatien www.iew.unibe.ch

Agenda Grundanliegen und Entwicklung der EU Institutionen und Wirkungsweise Rechtssetzung und Verfahren Hinweise auf den Reformvertrag 2007 http://europa.eu/pol/inst/index_de.htm www.iew.unibe.ch

Grundanliegen der Europäischen Integration „ ... la conscience européenne est presque synonyome de l‘aspiration à la paix.“ Jacques Delors* Préface, Denis de Rougemont, 28 Ciècle d‘Europe * Präsident der Europäischen Kommission 1985-1995 www.iew.unibe.ch

Vertrag über die Europäische Union: Art. 6 Art. 6 Grundlagen der Europäischen Union, nationale Identität, Menschenrechte, Mittelausstattung Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam. Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. Nov. 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Die Union achtet die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten. Die Union stattet sich mit den Mitteln aus, die zum Erreichen ihrer Ziele und zur Durchführung ihrer Politiken erforderlich sind. www.iew.unibe.ch

Europäische Innenpolitik Wirtschaftliche Integration durch: Marktzugang: „4 Freiheiten“ Abschaffung der Zölle, QRs, TBTs ( Freier Warenverkehr) Freier Personenverkehr, Niederlassung Dienstleistungsfreiheit Freier Kapital- und Zahlungsverkehr Nichtdiskriminierung (Art. 12 EGV) Wettbewerbsbedingungen (Art. 81 ff EGV) Währungsunion (EURO) www.iew.unibe.ch

Andere innenpolitische Zusammenarbeit Art 29 ff. EUV Allgemeine Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (EJPZ) Einreise (Schengener Vertrag; Art 61 ff. EGV) Einzelne Bereiche, z.B. Europäische Patentorganisation (EPO) ausserhalb EU Prozess der schrittweisen Vergemeinschaftung (z.B. Asyl) Supranationale Integrationen dieser Bereiche im Reformvertrag www.iew.unibe.ch

Europäische Aussenpolitik Untrennbarkeit von Innen- und Aussenpolitik Aussenwirtschaftspolitik: Zollunion, Handelspolitik als Kernbereiche der EG (WTO, bilaterale Verträge) Militärische Kooperation: WEU, Eurocorps, NATO, OSZE GASP (Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik)  Kooperation oder Integration? www.iew.unibe.ch

Von der wirtschaftlichen zur politischen Integration Wirtschaftliche Integration verlangt schrittweisen Einbezug weiterer Politikbereiche und Entwicklung der Organe (Demokratische Legitimation): 1974: Europäischer Rat, EPZ 1986: Einheitliche Europäische Akte (EEA, Mehrheitsprinzip) 1992: Unionsvertrag als Quantensprung Währungsunion (EURO) Ziel der GASP Ziel der Zusammenarbeit in Justizsachen 1997: Amsterdamer Vertrag 2001: Vertrag von Nizza 2004: Vertrag über eine Verfassung für Europa (abgelehnt) 2007 Reform Vertrag (pendent) www.iew.unibe.ch

Strukturwandel des Rechts Bildung von Nationalstaaten (1648 Westfälischer Friede)  nationale Betrachtung des Rechts Zivilrecht, Strafrecht, öffentliches Recht  Gebiete des nationalen Rechts Internationales Recht: regelt das Verhältnis zwischen den Staaten (Entwicklung zum regionalen und globalen Recht) Starke Wirkung des EG Rechts auch auf die Schweiz (Europakompatibilität) www.iew.unibe.ch

Schichten der Rechtsordnung Global (WTO, UNO u.a.) Regional (EU u.a.) National (Bund) Sub-National (Kanton) Lokal (Gemeinde) www.iew.unibe.ch

STRUKTUR UND ORGANE DER EU

Die Struktur der EU Europäische Union GASP PJZS International Keine Rechtrspersönlichkeit Europäische Gemeinschaften Supranational Rechts- Persönlichkeit GASP International Kooperation PJZS International Kooperation 2007: Unionsvertrag und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Getrennt – koordiniert - Rechtspersönlichkeit www.iew.unibe.ch

Hauptorgane der EU Das Europäische Parlament Der Europäische Rat Der Rat (Ministerrat) Die Kommission Der Gerichtshof 2007: EZB, Rechnungshof, Sodann: spezielle Agenturen und Ausschüsse www.iew.unibe.ch

Checks and Balances Das Zusammenwirken der Organe ist geprägt durch das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts Machtkontrolle vertikal und horizontal Nichtigkeit wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften Prinzip der Subsidiarität Integration durch Recht: ausgeprägter Rechtsschutz www.iew.unibe.ch

Das Europäische Parlament (Art. 189 ff. EGV) Anzahl Mitglieder darf 732 nicht überschreiten (Reformvertrag: 750 maximal) seit 1979 in direkten Wahlen gewählt Ständige Kommissionen Fraktionen nach politischen Parteien, nicht nach Ländern www.iew.unibe.ch

Fraktionen im EU Parlament www.iew.unibe.ch

Aufgaben des Europäischen Parlaments Stellung des Europäischen Parlaments wurde in den letzten 15 Jahren wesentlich gestärkt Gesetzgebung Verfahren der Mitentscheidung (eingeführt 1993 durch den EU-Vertrag, Art. 251 EG-Vertrag); im Reformvertrag neu ordentliches Verfahren Bestätigung der Kommission; wählt künftig Kommission und ihren Präsidenten (Reformvertrag) Kontrollrechte gegenüber der Kommission Mitwirkung im Haushaltverfahren www.iew.unibe.ch

Der Europäische Rat (Art. 4 EUV) Pol. Leitungsorgan der Europäischen Union (1974 eingerichtet) Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und Präsident der Kommission Politische Zielsetzungen und Impulse Ernennt den Präsidenten der Kommission (im Rat mit qualifizierter Mehrheit ) (künftig Wahl durch EP) Wählt künftig den Hohen Vertreter f¨ür Aussen- und Sicherheitspolitik Konsensprinzip; Reformvertrag: Wahl des Präsidenten der Europäischen Union für 2 ½ Jahre (einmalige Wiederwahl möglich) Einführung qualifiziertem Mehrheitsprinzip wie im Rat www.iew.unibe.ch

Der Rat (Ministerrat), Art. 202 ff. EGV Wichtigstes Beschlussfassungsorgan der EG Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten durch Fachminister Tagt in rund 25 Konstellationen Neu: Rat für allgemeine Angelegenheiten (Koordination) Rat für Auswärtige Angelegenheiten (Koordination) Vorsitz: Hoher Vertreter für Aussen- und Sicherheitspoliitik Vorsitz durch einen Mitgliedstaat für jeweils 6 Monate (wird neu geregelt durch Rat) Wahl der Kommission (mit Bestätigung EP) www.iew.unibe.ch

Die Aufgaben des Rates Gesetzgebung (Art. 290 EGV) Beitritt von Mitgliedstaaten (Art. 49 EUV) Aussenbeziehungen (Art. 300 EGV) Initiative (Art. 208 EGV, Art. 115 EGV) Kontrolle gegenüber anderen Organen (Art. 230 EGV) Haushalt (Art. 272 EGV) Tätigkeit im Bereich der GASP und PJZS www.iew.unibe.ch

Beschlussfassung im Rat (Art. 205 EGV) Konsensus Politik Einfache Mehrheit qualifizierte Mehrheit  Stimmengewichtung (74 Prozent) Einstimmigkeit (z.B. Steuerrecht) www.iew.unibe.ch

Stimmengewichtung (2007) Deutschland 29 Vereinigtes Königreich 29 Frankreich 29 Italien 29 Spanien 27 Polen 27 Niederlande 13 Griechenland 12 Tschechische Republik 12 Belgien 12 Ungarn 12 Portugal 12 Schweden 10 Österreich 10 Slowakei 7 Dänemark 7 Finnland 7 Irland 7 Litauen 7 Lettland 4 Slowenien 4 Estland 4 Zypern 4 Luxemburg 4 Malta Rumänien 14 Bulgarien 10 Insgesamt 345 www.iew.unibe.ch

Reform des Qualifizierten Beschlusses Art. 205 Abs. 4 EGV (Nizza) (4) Ein Mitglied des Rates kann beantragen, dass bei einer Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit überprüft wird, ob diese qualifizierte Mehrheit mindestens 62 % der Gesamtbevölkerung der Union umfasst. Falls sich erweist, dass diese Bedingung nicht erfüllt ist, kommt der betreffende Beschluss nicht zustande. Übergang zu doppeltem Mehr im Reformvertrag (per 1.1.2014) 55 % MS, mindestens 15 MS und 65% der Gesamtbevölkerung (Art. I-25 ECT); zusätzlich 72% bei Eigeninitiativen; Sperrminorität mindestens 4 MS. www.iew.unibe.ch

Die Kommission (Art. 211 ff. EGV) Zusammensetzung: 27 Mitglieder (ein pro Mitgliedstaat) Wahl und Bestätigung Art. 214 EGV Amtsenthebung Art. 216 EGV Kollegialbehörde; kein gebundenes Mandat Art. 213 II EGV Reduktion auf 2/3 Mitgliedstaaten im Reformvertrag (per 1.11.2014) ohne Sitzanspruch grosser Mitgliedstaaten www.iew.unibe.ch

Aufgaben der Kommission Initiativmonopol Art. 250 EGV Kontrolle über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts Art. 226 EGV („Hüterin der Verträge“) Rechtsetzung Aussenbeziehungen Art. 133, 300, 302 EGV, GASP (Verhandlung von Verträgen) Haushalt Art. 274, 275 EGV Gesamtbericht Art. 212 EGV www.iew.unibe.ch

Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Art. 220 ff.) Zusammensetzung: 27 Richter (pro Mitgliedstaat ein Richter) Amtszeit: 6 Jahre, Wiederernennung zulässig, alle 3 Jahre teilweise Neubesetzung 8 Generalanwälte (Art. 222 EGV) Aufgaben: Wahrung des Gemeinschaftsrechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge (Art. 220 EGV), Vorabentscheidungen (Art. 234) Gutachten (Art. 300 Abs. 6 EGV) www.iew.unibe.ch

Vorabentscheidungsverfahren Art. 234 EGV Vorlageberechtigung Art. 234 Abs. 2 EGV Jedes Gericht eines Mitgliedstaates Vorlageverpflichtung Art. 234 Abs. 3 EGV Gerichte, die letztinstanzlich entscheiden (kein innerstaatliches Rechtsmittel) Rechtsfolgen: Auslegung: Bindung des vorlegenden Staats im zu beurteilenden Fall and die Auslegung des EuGH (inter partes) Präjudizwirkung des Urteils www.iew.unibe.ch

Das Gericht erster Instanz (Art. 225, 225a EGV) Entlastung des EuGH, seit 1989 Aufgaben Zuständig für die Anfechtung von Entscheidungen der Kommission (zB. Kartellrecht) Streitigkeiten zwischen der EG und ihren Bediensteten Organisation Ähnlich wie EuGH Fachkammern Art. 225a IV Reformvertrag: Bildung von Fachgerichten www.iew.unibe.ch

RECHTSSETZUNG IN DER EU

Vertragsänderungsverfahren Art. 48 EUV Seit dem Maastrichter Vertrag (1992): einheitliches Verfahren zur Änderung von EGV, EAGV und EUV Spezialfall zwangsläufiger Vertragsänderung: Art. 49 EUV (Beitritt zur EU) Vertragsänderungsverfahren als völkerrechtliches Verfahren mit Gemeinschaftselementen (z.B. Initiativrechte und Stellungnahmen der Kommission, Stellungnahme des Rates, Anhörungsrechte des EP und der EZB, Initiativrechte der Mitgliedstaaten) www.iew.unibe.ch

Völkerrechtliche Verträge Mandat des Rates Aushandlung durch die Kommission Teilweise Genehmigung durch Parlament Staatsverträge mit Drittstaaten als Teil der Gemeinschaftsordnung Unmittelbare Anwendbarkeit von Integrationsverträgen in der EU (z.B. FHA, Bilaterale I und II mit der Schweiz) Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO Rechts in der EU www.iew.unibe.ch

Sekundäres Gemeinschaftsrecht Art. 249 EGV Sekundäres Recht ist von den Organen der EG geschaffenes Recht: Verordnung Richtlinie Entscheidung Empfehlung Stellungnahme Weitere Instrumente www.iew.unibe.ch

Verordnung “Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt in allen Mitgliedstaaten” (Art. 249:1 EGV) www.iew.unibe.ch

Die Richtlinie “Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlasst jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.” (Art. 249:2 EGV) Umsetzung in der Regel in 18 Monaten erforderlich; Möglichkeit der direkten Anwendung bei Säumnis der Umsetzung www.iew.unibe.ch

Richterrecht Herausragende Bedeutung im Europarecht kontinental-europäische Tradition: Präjudizien i.S. einer Berücksichtigungs-Pflicht In Staatsverträgen z.T. vereinbart, dass Präjudizien verbindliche Wirkung haben sektorielle Abkommen Schweiz - EG 1999 www.iew.unibe.ch

Rechtsstaatliche Grundsätze Rechtssprechung des EuGH: Schutz der Grundrechte Verhältnismässigkeitsprinzip Vertrauensschutz Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung Schutz wohlerworbener Rechte Gebot der Rechtssicherheit Rückwirkungsverbot Grundsatz des rechtlichen Gehörs www.iew.unibe.ch

Rechtsstaatliche Grundsätze (Fortsetzung) Grundsatz des kontradiktorischen Charakters disziplinarischer Ermittlungsverfahren Grundsatz „ne bis in idem“ Grundsatz der Gleichbehandlung Untersuchungsgrundsatz Recht auf Akteneinsicht Grundsatz der Vertraulichkeit bei Rechtsberatung Grundsätze für den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten www.iew.unibe.ch

Gesetzgebung: Das Initiativrecht (1/2) Kommission  Initiativmonopol Der Kommission kommt die Funktion zu, die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts in Gang zu halten: „Motor der Integration“ Exploration, Studien, Grünbücher, Weissbücher Abklärung der Subsidiarität Konsultationen mit Zivilgesellschaft (Verbände, Lobbies) Wahl der Rechtsgrundlage durch die Kommission (entscheidend für die Beteiligung des EP / Mehrheitsbeschluss im Rat) Vorschlag  Untätigkeitsklage Art. 232 EGV www.iew.unibe.ch

Gesetzgebung: Das Initiativrecht (2/2) Rat  Art. 208 EGV: Aufforderung der Kommission Europäisches Parlament  Art. 190 Abs. 4 EGV: Bestimmungen über die Wahl zum EP (Erlass durch Rat ohne Kommission!)  Art. 192 Abs. 2 EGV: Aufforderung der Kommission zu Initiativen  Art. 251 EGV „hinkendes Initiativrecht“ Reformvertrag:  Europäisches Bürgerbegehren (1 Mio Unterschriften aus verschiedenen Mitgliedstaaten) www.iew.unibe.ch

Exkurs: Das Petitionsrecht Petitionsrecht beim EP (Art. 21 Abs. 1 EGV i.V.m. Art. 194 Abs. 1 EGV) sowohl Unionsbürger wie auch alle natürlichen oder juristischen Personen mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat schriftlich Amtsprache: Art. 21 Abs. 3 EGV i.V.m. Art. 314 EGV www.iew.unibe.ch

Rechtsetzungsverfahren in der EG – Übersicht 5 Hauptverfahren mit ca. 27 Varianten! (Sachspezifische Zuweisungen) Anhörungsverfahren (Art. 250 EGV – Ursprüngliches Verfahren) Zusammenarbeitsverfahren (Art. 252 EGV, eingeführt durch EEA, 1986) Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EGV, eingeführt durch Vertrag von Maastricht, 1992) Zustimmungsverfahren (Art. 49 EUV, Art. 105 VI EGV, Art. 161 EGV) Weitere Verfahren z.B. Staatsvertragsverfahren (Art. 133, 300 EGV) Anhörungsverfahren: Parlament wird nur angehört, ebenso der WSA und der Ausschuss der Regionen weitere Verfahren: Verfahren der Haushaltfestsetzung (Art. 272), Erlass der Geschäftsordnungen (bspw. von Ausschüssen) www.iew.unibe.ch

Das Anhörungsverfahren (Art. 250) Vorschlag (Initiative) der Kommission Stellungnahme des EP und Wirtschafts- und Sozialausschusses, ev. Ausschuss der Regionen Rat ist nicht an Stellungnahmen gebunden Einstimmigkeit bei Abänderungen des Kommissionsvorschlags (Art. 250 Abs.1 EGV) Anhörungsverfahren kommt nur noch zur Anwendung in Fällen, die nicht ausdrücklich dem Verfahren der Zusammenarbeit oder der Mitentscheidung unterstellt sind: z.B. Art. 13, Art. 22, Art. 37 Abs. 2, Art. 52 Abs. 2, Art. 67 Abs. 1 EGV. „Ursprüngliches“ Verfahren oder Anhörungsverfahren: Ursprünglichste Form der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsetzung. Seit der Einführung der Verfahren der Zusammenarbeit und der Mitentscheidung hat seine Bedeutung stetig abgenommen. Es kommt nur noch in den Fällen zur Anwendung, die nicht ausdrücklich dem Verfahren der Zusammenarbeit oder zur Mitentscheidung unterstellt sind. Art. 13, 22, 37 II, 52 II, 67 I 83, 89, 93, 128 II, 133, 137 III, 172, 175 II EGV. www.iew.unibe.ch

Zusammenarbeitsverfahren Art. 252 EGV Erste Etappe der Mitentscheidung EP (EEA 1986): Vorschlag der Kommission Stellungnahme des EP und WSA (ggf. AdR) Festlegung des „gemeinsamen Standpunktes“ durch den Rat Je zwei Lesungen im Rat und EP Bei Ablehnung/Abänderung des gemeinsamen Standpunktes durch EP  Einstimmigkeit im Rat erforderlich Letztes Wort beim Rat Zusammenarbeitsverfahren: nur noch auf Akte im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) beschränkt Beruht auf Anhörungsverfahren, stärkt aber den Einfluss des Parlaments, beschränkt sich heute ausschliesslich auf die Wirtschafts- und Währungsunion (Art. 99 V, 106 II EGV) ABC S. 76,78 www.iew.unibe.ch

Mitentscheidungsverfahren (1/2) Art. 251 EGV Durch den Unionsvertrag von Maastricht eingeführt; im Reformvertrag: „ordentliches Gesetzgebungs-verfahren“ von EP und Rat (mit Anpassungen) Gemeinsamer Standpunkt Rat Parlamentarische Lesungen Vermittlungsverfahren Beidseitige Zustimmung erforderlich Weiterentwicklung des Verfahrens zur Zusammenarbeit. Während der Rat sich aber im Verfahren der Zusammenarbeit über die Stellungnahmen des EP hinwegsetzen kann, ist ihm dies im Mitentscheidungsverfahren verwehrt. Inzwischen: wichtigstes Verfahren ABC: S. 80 ff. www.iew.unibe.ch

Mitentscheidungsverfahren (2/2) Art. 251 EGV Die einzelnen Verfahrensschritte: - erste Phase (1. Lesung)  Beratung über den Vorschlag der Kommission - zweite Phase (2. Lesung)  Beratung über den gemeinsamen Standpunkt des Rates - dritte Phase (Vermittlungsverfahren)  Beratungen des Vermittlungsausschusses  Entwicklung zum Zweikammersystem www.iew.unibe.ch

Delegation der Rechtssetzung des Rates an die Kommission Komitologie-Beschlüsse 87/373/EWG + 1999/468/EG + 2006/512/EG (zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG) Ausschussverfahren I. Beratungsverfahren II. Verwaltungsausschussverfahren III. Regelungsausschussverfahren (IV. Verfahren bei Schutzmassnahmen) Unter Komitologie versteht man die Konsultation von Ausschüssen, die die Kommission bei der Verabschiedung von Durchführungsmaßnahmen zu Rechtsakten des Rates unterstützen, wobei die Durchführungsbefugnisse der Kommission übertragen wurden. Diese Ausschüsse setzen sich aus Beamten der einzelnen Mitgliedstaaten zusammen; den Vorsitz führt die Kommission. In dem Beschluß 87/373/EWG des Rates vom 13. Juli 1987 wird zwischen verschiedenen Ausschußtypen unterschieden, wobei der Unterschied zwischen den verschiedenen Typen darin besteht, wie weiter vorzugehen ist, wenn die Kommission und ein Ausschuß unterschiedlicher Meinung sind. Es wird zwischen folgenden Ausschüssen unterschieden: I.Ausschuß mit beratender Funktion (v.a. bei Rechtsakten die in Zusammenhang mit der Verwirklichung des Binnenmarktes) Ein solcher Ausschuß gibt eine Stellungnahme zu einer von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahme ab. Die Kommission berücksichtigt zwar die Stellungnahme des Ausschusses so weit wie möglich, ist jedoch nicht daran gebunden. II.Verwaltungsausschuß (v.a. Agrar- und Fischereipolitik) Auch dieser Ausschuß gibt eine Stellungnahme zu der von der Kommission zu treffenden Maßnahme ab. Die Kommission legt die beabsichtigte Maßnahme fest, wenn diese mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, sind folgende zwei Varianten möglich: a. Die Kommission nimmt die Durchführungsmaßnahme an, kann jedoch deren Durchführung um einen im voraus festgelegten Zeitraum verschieben. Spricht der Rat sich innerhalb dieses Zeitraums nicht mit qualifizierter Mehrheit für einen anderslautenden Beschluß aus, tritt der Kommissionsvorschlag in Kraft. b. Wie unter a, aber: die Kommission muß die Durchführung der Maßnahme jedoch so lange verschieben, bis der Rat sich geäußert hat. III. Regelungsausschuß (bei Massnahmen von allg. Tragweite, wie Gesundheitsschutz, Sicherheit von Menschen, Tieren od. Pflanzen). Die Kommission nimmt die beabsichtigte Maßnahme an, wenn diese mit der vom Ausschuß abgegebenen Stellungnahme übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, geht die Sache an den Rat, wobei wiederum zwei Varianten möglich sind: a. Die Kommission kann nicht über die Durchführungsmaßnahme entscheiden und muß dem Rat einen Vorschlag unterbreiten. Fasst der Rat nicht innerhalb eines im voraus festgelegten Zeitraums mit qualifizierter Mehrheit einen Beschluß über diesen Vorschlag, wird die vorgeschlagene Maßnahme von der Kommission selbst erlassen. b.Wie unter a. aber mit dem Unterschied, daß die vorgeschlagene Maßnahme nicht von der Kommission selbst erlassen werden kann, wenn der Rat sich mit einfacher Mehrheit dagegen ausgesprochen hat. Das Parlament sprach sich bereits 1987 gegen jede Art von Ausschuß aus, der die Kommission dazu verpflichtet, dem Rat die Entscheidung zu überlassen. Praktisch bedeutet dies, daß das Parlament jeden Ausschuß ablehnt, mit Ausnahme des Ausschusses I (Beratender Ausschuß) oder IIa (Verwaltungsausschuß, der nicht die Entscheidung des Rates abwarten muß). Da das Parlament in diesem Bereich oft "ausser acht" gelassen wurde, hat die Kommission im Laufe der Zeit mehrere Zusagen gemacht, um das EP besser über den Stand der Dinge zu informieren. www.iew.unibe.ch

Zustimmung zu Staatsverträgen Zustimmung EP zu gewissen Staatsverträgen erforderlich keine Einwirkung auf Inhalt Anwendung: Art. 49 EUV (Beitritt neue Staaten); Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV (Assoziierungsabkommen, Abkommen Drittstaaten) Ausbau Zustimmung im Reformvertrag www.iew.unibe.ch

Anhörung zu Staatsverträgen Parlamentarische Mitwirkungsrechte kein Anhörungsrecht bei Handelsverträgen Art. 133 Abs. 5 EGV (aber wohl in der Praxis) Anhörungsrecht bei andern Verträgen Art. 300 Abs. 3 EGV, vorbehältlich Zustimmung Ausbau im Rahmen des Reformvertrages zu Genehmigung Kein Anhörungsrecht Parlament nach Art. 133, welches insbesondere umfasst: Änderung von Zollsätzen, Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen (in Praxis relevant!!), Vereinheitlichung Liberalisierungsmassnahmen, Ausfuhrpolitik und handelspolitische Schutzmassnahmen Nach Art. 300 Abs. 3 Anhörung bei sonstigen Abkommen mit dritten Staaten oder Organisation, nur Zustimmung erforderlich Art. 300 Abs. 3 Unterabs. 3/2 Nach VVE Art. 314 ff. Und 325ff. Grundsätzlich stärkerer Einbezug des EP auf diesem Gebiet. www.iew.unibe.ch

Demokratiedefizit? EG traditionell exekutivlastig Starke Stellung von Rat und Kommission und der Gerichte Fehlen einer europäischen Öffentlichkeit und gesamteuropäischer Debatte Nationale Themen dominieren in EU Fragen Rat ist demokratisch legitimiert Checks and Balances Schrittweise Stärkung des EP (Zweikammersystem) Einfluss Lobbies und Interessenvertreter Stärkung der nationalen Parlamente Volksbegehren www.iew.unibe.ch

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.iew.unibe.ch