5. Übungseinheit Oberste Verwaltungsorgane (Stolzlechner S. 164 ff)

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Handl - Politische Bildung
Advertisements

Verwaltungsprozessrecht
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Übung zur Vorlesung „Grundrechte“
Rechtsstaatsprinzip Öffentliches Wirtschaftsrecht I
Wie entstehen neue Gesetze in Deutschland
Massengeschäfte Massengeschäften ähnliche Geschäfte Der Öffentlichkeit
Rechtsgeschäfte Einseitige Mehrseitige (Verträge)‏ z. B. Kündigung
Lernarrangement 3 Seite 33/34 Übungen
Verfassungsorgane + Bundestag + Bundesrat + Bundesregierung
Die Arbeit in der Gemeindevertretung
Einführung in die Rechtsordnung
Grundsätze des Verwaltungsrechts im Zusammenhang mit der Verfügung
Menschen- und Bürger-rechte Politische Philosophie Wahlen und
Behördenaufbau/ Organisationsstrukturen
Vorbesprechung PS 1 WiWi
Rechtsstaatlichkeit Verfassungsstaat, Gesetzesstaat, Rechtsschutzstaat
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Positive Diskriminierung durch Recht. von ao. Univ-Prof. Dr
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene
WS 2004/ Staatsorganisationsrecht - PD Dr. Jürgen Bröhmer
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Bescheidprüfung, Art 144.
Proseminar Grundzüge der Rechtwissenschaft I
法學德文名著選讀(一) Lektion 2 Text 2
Einführung in das Staatsrecht PD Dr. Martin Kment, LL.M.
Die Bundesrepublik Deutschland
Rechtliche Grundlagen bei Katastrophen und anderen Schadensfällen
DEUTSCHE POLITIK.
Demokratisches Prinzip und Gesetzgebung (Stolzlechner S. 134 ff)
Das Ermittlungsverfahren
Folie Beispiel für eine Einzelauswertung der Gemeindedaten (fiktive Daten)
法學德文名著選讀(一) Lektion 4 范文清 / 蕭雯娟.
Klaus Eichhorn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
Übung zur Vorlesung „Grundrechte“
Folie Einzelauswertung der Gemeindedaten
法學德文名著選讀(一) Lektion 3 Text 1
STAATSAUFBAU DER BRD - das Grundgesetz trat am in Kraft
Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland
Übung zu den Vorlesungen im Verwaltungsrecht
Grobschema zur Rechtmäßigkeit des VA
Das Demokratiemodell des Grundgesetzes
Übung zur Vorlesung „Grundrechte“
Rechtsstaatlichkeit Verfassungsstaat, Gesetzesstaat, Rechtsschutzstaat
Vorüberlegung zum Prüfungsaufbau: Zulässigkeit Begründetheit Ergebnis
Die Datei der Verdächtigen
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Gemeinsamer Ausschuss und Bundesversammlung
Ρ. ri x ecker.recht Tödliche Luftsicherheit Vorüberlegungen: Was ist die genaue Fragestellung? (K erhebt Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz, zu fragen.
Die Konsolidierung der Wohnungsbauhilfe
Ρ. ri x ecker.recht Freie, gleiche und geheime Wahlen Vorüberlegungen: Worum geht es?  Der Sache nach: Klärung einer Vielzahl möglicher Wahlfehler im.
Ρ. ri x ecker.recht Die Exzellenzinitiative Vorüberlegung: Was ist die Fragestellung? Landesregierung beantragt beim BVerfG „festzustellen“, das das „Gesetz.
Ρ. ri x ecker.recht Die auserwählte Oberstudienrätin Worum geht es? O erhebt Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen von VG und OVG im Eilrechtsschutz!
Ρ. ri x ecker.recht Erziehung zur Mündigkeit Vorüberlegung: Worum geht es?  T (15 Jahre) erhebt Verfassungsbeschwerde gegen die (behördlichen?) und gerichtlichen.
1 Symposium Der K(r)ampf um das Recht in der Schule
Ρ. ri x ecker.recht Die Shisha-Café Gesellschaft bürgerlichen Rechts Wonach ist gefragt? [S-GbR, A und B erheben VB gegen das NRSchG]  Rechtssatzverfassungsbeschwerde.
Der Bundespräsident / Die Bundespräsidentin …
Was sagt das Grundgesetz über unsere Verwaltungsordnung aus? (Teil 1)‏
Repetitorium Öffentliches Recht FS 20121Prof. Dr. Markus Schefer Repe Öffentliches Recht FS 2012 Prof. Dr. Markus Schefer.
 Verfassungsgesetze und Bestimmungen des Bundesrechtes › Gesetze › Einzelne Bestimmungen › Staatsverträge  Beschluss 1920  Unterbrechung
RA Philipp Franke, wiss. Mit. Übung zu den Grundlagen des Rechts I 5. Stunde Fall: Nach der Handwerksordnung kann nur derjenige selbständig ein Handwerk.
RA Philipp Franke, wiss. Mit. Übung zu den Grundlagen des Rechts I 3. Stunde ALLGEMEINE GRUNDRECHTSLEHREN I. Einteilung der Grundrechte 1. Freiheitsgrundrechte.
ÖSTERREICH PARLAMENT REGIERUNG UND. PARLAMENT Zentrale Funktion: Gesetzgebung Besteht aus zwei Kammern: NATIONALRATBUNDESRAT BILDEN GEMEINSAM DIE BUNDESVERSAMMLUNG.
RA Philipp Franke, wiss. Mit. Übung zu den Grundlagen des Rechts I 4. Stunde Art. 14 GG - Eigentumsgarantie I)Schutzbereich 1)Personaler Schutzbereich.
Das politische System Österreichs Quelle: Bernauer T. et al.: Einführung in die Politikwissenschaft, Nomos, Baden-Baden,
ALLGEMEINE GRUNDRECHTSLEHREN I. Einteilung der Grundrechte
 Präsentation transkript:

5. Übungseinheit Oberste Verwaltungsorgane (Stolzlechner S. 164 ff) Rechtsschutz (Stolzlechner S. 183 ff) Grundrechte (Stolzlechner S. 223 ff)

I. Oberste Verwaltungsorgane Merkmale Instanzenzug gegen seine Entscheidungen an andere Behörden ist ausgeschlossen Keinen Weisungen unterworfen/keine Bindung an Willenserklärungen anderer Organe Umfassende Leitungsbefugnis Unmittelbare/mittelbare demokratische Bestellung Rechtliche/politische Verantwortlichkeit gegenüber dem Volk bzw volksgewählten Organen

Oberste Organe Auf Bundesebene Bundespräsident Bundesregierung (als Kollegium) Bundesminister Auf Landesebene Landesregierung bzw bei Einführung eines Ressortsystems die Mitglieder der Landesregierung

Bundespräsident Oberstes Verwaltungsorgan und Staatsoberhaupt (Zweiteilung) Vom Bundesvolk gewählt (Art 60 B-VG) Angelobung durch die Bundesversammlung Verantwortlichkeit Darf nur mit Zustimmung der Bundesversammlung verfolgt werden (Art 63 B-VG) – Immunität Politische Verantwortlichkeit: Volksabstimmung Rechtliche Verantwortlichkeit: Beschluss der Bundesversammlung (Art 68 und 142 B-VG) Inkompatibilität: keine Mitgliedschaft in einem allgemeinem Vertretungskörper und kein anderer Beruf

Aufgaben (taxativ, s Art 65 Abs 3 B-VG): Vertretung der Republik, Abschluss von Staatsverträgen (Art 65 B-VG) Ernennung und Entlassung des BK (Art 70 B-VG, ohne Vorschlag) Entlassung der gesamten BReg (ohne Vorschlag) Ernennung und Entlassung der einzelnen BM (Vorschlag des BK) Angelobung der Mitglieder der BReg Oberbefehl über das Bundesheer (ohne Vorschlag) Ernennung von Beamten einschl. Offiziere Einberufung des neugewählten NR Auflösung des NR (Art 29 Abs 1 B-VG) oder eines LT (Art 100 B-VG) Beurkundung der Bundesgesetze Notverordnungsrecht nach Art 18 Abs 3 B-VG Begnadigungen

Achtung: Grundsätzliche Vorschlagsbindung des BP !!! BP bedarf für sämtliche Akte eines Vorschlages der BReg bzw des von ihr ermächtigten BM (Art 67 Abs 1 B-VG, Ausnahmen im B-VG) Alle Akte bedürfen darüber hinaus der Gegenzeichnung durch den BK (Art 67 Abs 2 B-VG) Keine Gegenzeichnung bedürfen aber etwa die Entlassung der BReg oder einzelner Mitglieder (Art 70 Abs 1 B-VG), Einberufung einer außerordentlichen Tagung des NR (Art 28 Abs 2 B-VG), Exekution von Erkenntnissen des VfGH gegen Bund oder Bundesorgane (Art 146 Abs 2 B-VG), völkerrechtliche Verträge der Länder

Bundesregierung Mit den „obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes“ betraut (Art 69 Abs 1 B-VG, Generalklausel zugunsten der BReg) Unterscheide: BK/VK/BM und BReg als Kollegium Bildung einer BReg: Vorschlag des BK Bestellung durch BP Angelobung durch BP Überreichung der Bestallungsurkunde

Willensbildung BReg ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend sind (Art 69 Abs 3 B-VG) Beschlüsse idR einstimmig Aufgaben: Ressortsystem!!! – Pendant zur Ministerverantwortlichkeit (Art 77 B-VG, in eigener Verantwortung!!!) Aufgaben der BM ergeben sich aus den Verwaltungsmaterien – grundsätzlich: Erlassung von VO; Letzte Instanz in Bescheidangelegenheiten; Privatwirtschaftsverwaltung; Legislative Vorbereitungstätigkeiten Kollegiale Entscheidungen: Gesetzesvorlagen (Art 41 B-VG), Anordnung der Wahl des NR (Art 27 Abs 2 B-VG) und des BP (Art 64 Abs 4 B-VG), Einspruch gegen Gesetzesbeschlüsse des Landtages (Art 98 Abs 2 B-VG), Stellung von Anträgen an den VfGH (Art 138, 139, 140, 142 B-VG) Verantwortlichkeit: politisch (Art 74 B-VG), rechtlich (Art 76, 142 B-VG)

II. Rechtsschutz Rechtsschutz- und Kontrolleinrichtungen: VfGH VwGH UVS RH VA

VfGH: Wichtigste Agenden: Grundrechtsschutz und Klärung von Kompetenzstreitigkeiten Entscheidungen von Zivilgerichten sind allerdings nicht dem VfGH unterworfen! Kompetenzen: Kausalgerichtsbarkeit (Art 137 B-VG) Kompetenzgerichtsbarkeit (Art 138 B-VG) Verordnungsprüfung (Art 139 B-VG) Gesetzesprüfung (Art 140 B-VG) Wahlprüfung (Art 141 B-VG) Staatsgerichtsbarkeit (Art 142 B-VG) Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit (Art 144 B-VG)

VwGH (Art 129 B-VG): „Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung“ (Bescheid- und Sämnisbeschwerden) Abgrenzung VfGH zu VwGH: Während der VfGH zu prüfen hat, ob ein Bescheid verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (Grundrechte) verletzt oder ob die einem Bescheid zu Grunde liegenden generellen Normen rechtswidrig sind, prüft der VwGH nur, ob ein Bescheid gegen einfachgesetzliche gewährleistete Rechte verstößt.

III. Grundrechte Funktion: Schutz existenzieller Freiheitsräume Beschränkung staatlicher Machtausübung Rechtsquellen: StGG 1867 (Art 149 B-VG) MRK StV St. Germain BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit

Keine uneingeschränkte Gewährleistung Ausgestaltungsvorbehalt – Gesetzesvorbehalt Art 5 und 6 StGG: formeller Gesetzesvorbehalt Öffentliches Interesse Verhältnismäßigkeit Sachliche Rechtfertigung Materieller Gesetzesvorbehalt Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt

Schema der Grundrechtsprüfung: Ermittlung der grundrechtlich geschützten Sphäre Eingriff in diese? – Schutzbereich muss in belastender oder einschränkender Weise betroffen sein Eingriff auf Gesetzes- oder Verwaltungsebene? Verletzt der Eingriff das Grundrecht?

Grundrechtsformeln (Bsp) Gleichheitssatz: Rechtsquellen: Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG, Art 66 Abs 1 und 2 und Art 67 StV v St. Germain Grundrechtsträger: Staatsbürger bzw inländische juristische Personen („Staatsbürgerrecht“) Bindung der Gesetzgebung: der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen vorzusehen. Der Gesetzgeber hat sohin Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Ergo sind an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen (Verbot unsachlicher Differenzierung/Gebot sachlicher Differenzierung). allgemeines Sachlichkeitsgebot Vertrauensschutz: der VfGH stellt relativ strenge Anforderungen an rückwirkende belastende Gesetzesvorschriften (va im Steuerrecht). Die Beurteilung ist abhängig vom Ausmaß des Eingriffs und vom Gewicht der für ihn sprechenden Gründe. Bindung der Vollziehung: Ein Bescheid verletzt das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz, wenn er sich auf ein gleichheitswidriges (nicht bloß verfassungswidriges!) Gesetz stützt, wenn die Behörde bei der Bescheiderlassung Willkür übt oder wenn die Behörde dem anzuwendenden Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.

Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums: Rechtsquellen: Art 5 StGG, Art 1 1.ZP-MRK Grundrechtsträger: natürliche und juristische Personen, Staatsbürger und Fremde („Jedermannsrecht“) Schutzbereich: alle vermögenswerten Privatrechte. Bindung der Gesetzgebung: Von Enteignung spricht man, wenn eine Sache dem Eigentümer zwangsweise durch Verwaltungsakt (zB Bescheid) oder unmittelbar auf Grund eines Gesetzes (sog „Legalenteignung“) entzogen und das Eigentumsrecht einem Dritten übertragen wird. Bei einer Eigentumsbeschränkung kommt es hingegen „bloß“ zu einer Einschränkung der Nutzungsbefugnisse des jeweiligen Eigentümers, ohne jedoch das Eigentumsrecht gänzlich zu entziehen Eine Enteignung ist nach der Rspr des VfGH nur dann zulässig, weinn ein konkreter Bedarf vorliegt, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, es muss weiters das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet sein, diesen Bedarf unmittelbar zu decken und es muss schließlich unmöglich sein, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken.“ (VfSlg 3666/1959) Ein Eingriff in das Eigentum durch Eigentumsbeschränkung ist zulässig, wenn ein öffentliches Interesse besteht, und er verhältnismäßig (s unten) ist.

Bindung der Vollziehung: Ein Bescheid verletzt das Grundrecht auf Eigentum, wenn er entweder gesetzlos ergeht oder ein Gesetz denkunmöglich anwendet oder sich nur zum Schein auf ein Gesetz stützt oder sich auf ein verfassungswidriges Gesetz stützt.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Eine Regelung ist dann verhältnismäßig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt und sie zur Erreichung des öffentlichen Interesses geeignet ist und erforderlich (dh dass sie ein möglichst schonendes (gelindes) Mittel zur Erreichung dieses Zieles bildet) sowie angemessen ist (Eingriff in die Grundrechtsposition und das öffentliche Interesse müssen in einer vernünftigen Relation stehen; hierbei ist eine Güterabwägung vorzunehmen).