Verbraucherschutzpolitik als heterogenes Politikfeld

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 Präsentation transkript:

Verbraucherschutzpolitik als heterogenes Politikfeld PD Dr. Frank Janning

Gliederung Die Heterogenität von Politikfeldern als Problem Heterogenität in der deutschen Verbrau-cherschutzpolitik Implikationen der Politikfeldheterogenität

Politikfelder Was sind Politikfelder? Analytische Konzepte Analytische Konzepte oder reale Tatbestände? Analytische Konzepte Ordnungsmodelle, um Überlappungen, Interdepen-denzen und unklare Ursache-Wirkungsbeziehungen zu sortieren, wenn nicht abzugrenzen Übertragung von Spezialisierungs- und Differenzie-rungsvorstellungen auf die Politik Konstrukte, um Prozesse und Wirkungsverhältnisse beschreibbar und analysierbar zu machen

Politikfelder Reale Tatbestände Felder geteilter (Problem-)Wahrnehmung, Zustän-digkeit und Kompetenz in der Politik Differenzierter Aufgaben- und Kompetenzbereich Gemeinsamer Interessen- oder Problemfokus Regelsysteme der Inklusion und Exklusion für politische Interaktion (Zugehörigkeit) Bezeugung von gegenseitiger Relevanz (mutual relevance) für politische Kommunikationsprozesse Abhängigkeiten zwischen legitimen Entschei-dungsträgern und relevanten stakeholdern

Politikfelder Das Problem der Heterogenität von Politikfeldern: Politikfelder, die sehr unterschiedliche Aufgaben und Themenkomplexe bündeln, stellen Probleme für die Wahrnehmung (als Einheit) und die Organisation (von Zuständigkeit) dar Sie überlappen mit großer Wahrscheinlichkeit mit den Problemwahrnehmungen und Zuständigkeits- und Mit-gliedschaftsregeln von vielen anderen Politikfeldern Sie erschweren es Politikfeldakteuren, eine gemeinsame Perspektive für Mobilisierungen und Interessenartikula-tionen zu entwickeln Sie bieten keine gute Voraussetzung für die Verstetigung (Institutionalisierung) der internen Abläufe und Akteur-konstellationen

Verbraucherschutzpolitik Untersuchungsfrage: Zur Heterogenität: Inwieweit stellt die Heterogenität der deutschen Verbrau-cherschutzpolitik ein Problem für die Institutionalisierung des Politikfeldes dar? Problem: Man kann Institutionalisierungsprozesse nur anhand einzelner Gesetzgebungsprozesse analysieren Welche Gesetzgebungsprozesse sind aber typisch für die Verbraucherschutzpolitik? Wie gelangt man von der Analyse einzelner Prozesse zur Analyse von Strukturphänomen in Politikfeldern?

Verbraucherschutzpolitik Temporäre Lösung: Fokus auf einzelne Gesetzgebungsprozesse und Ver-such der Interpretation der Prozesse aus der Regime-perspektive LFGB von 2004/2005 TKGÄndG von 2007 VerbIG von 2002 und VIG von 2007 Auswahl der Prozesse/Fälle: Gesetzgebungsakte sollten möglichst eindeutig als ver-braucherschutzbezogen identifizierbar sein Gesetzgebungsakte sollten mit Politikfeldkonflikten ein-hergehen (statt bloßer Anpassung der Gesetzgebung) Gesetzgebungsakte sollten nationale Handlungsspiel-räume aufweisen (Spielräume in der Umsetzung von EU-Gesetzgebung)

Verbraucherschutzpolitik Die Konstellationen in der Lebensmittelsicherheit Wenig Delegation von Regulierungskompetenz an regie-rungsfernere öffentliche Akteure, BMELV dominiert die Pro-grammgestaltung und das Risikomanagement im Politikfeld Neugeschaffene öffentliche Akteure (BVL, BfR) verbessern die Koordinationsstruktur, bleiben aber an Weisungen und Aufträge des BMELV gebunden Gestaltungsmacht des BMELV eingeschränkt durch die Kompetenzen und Handlungsspielräume der zuständigen Länderministerien Starke Rolle des BMELV und Beeinflussung durch political cleavages in der Abstimmung mit den Bundesländern schränkt die Autonomie des Politikfeldes ein Starker Verrechtlichungs- und Formalisierungsgrad der Lebensmittelsicherheit wirkt sich konflikthemmend aus

Verbraucherschutzpolitik Die Konstellationen in der verbraucherschützenden Telekommunikationsregulierung Prozesse werden durch das BMWi maßgeblich strukturiert, BNetzA bildet eher Gegengewicht als BMELV (BNetzA aber nicht aktiv im Gesetzgebungsprozess) Programme und Interessen bleiben der wettbewerbsrecht-lichen Telekommunikationsregulierung und dem Ziel der Marktöffnung untergeordnet Verbraucherschutzgesetzgebung liefert zusätzliche Regeln und Sanktionsmittel um den Wettbewerb zu unterstützen und gute von schlechten Anbieter zu unterscheiden Nur Verbraucherschutzverband (VZBV) operiert mit stark auf Schutzapekte abzielender Policy-Definition

Verbraucherschutzpolitik Die Konstellationen in der Verbraucherinformations-gesetzgebung BMELV hat zwar Federführung im Gesetzgebungsprozess muss sich aber Wünschen anderer Ministerien (BMWi, BMJ) beugen Beide Gesetzgebungsakte (VerbIG und VIG) wurden als Prestigeprojekte der Regierung und der zuständigen Mini-ster lanciert (Anregungen kamen aber aus dem Politikfeld heraus) VerbIG und VIG werden als Gesetzgebungsakte des Bun-des wahrgenommen und mobilisieren Gegnerschaft der Länder und Kommunen Starke Politisierung der Gesetzgebungsverfahren (Um-orientierung von Gegnern/Befürwortern bei inhaltlich fast gleichem Gesetz)

Implikationen Deutsche Verbraucherschutzpolitik bleibt stark von den Programmvorgaben unterschiedlicher Ministerien abhängig BMELV hat nicht alle Kompetenzen (Federführung) für Verbraucherschutzpolitik an sich ziehen können Politikfeld wird stark durch die Initiativen und Strategien der Exekutive geprägt Akteure der Exekutive auch Hauptanlaufpunkt für Inter-essengruppeneinfluss Akteure der Exekutive als Stabilitätsfaktoren in der deut-schen Verbraucherschutzpolitik? Problem des politikinduzierten Wechsels der Leitung des BMELV Problem der wenig ausgebildeten Verbraucherschutzperspektive anderer Exekutivakteure (außer dem BMELV)

Implikationen Relativ starke Entparlamentarisierung der deutschen Verbraucherschutzpolitik bei Routineentscheidungen (Übernahme der vorgeklärten Gesetzesentwürfe der Exekutive) Bei politisierten Entscheidungsverfahren führt Interven-tion der zweiten Kammer (Bundesrat, je nach vetofähi-gem cleavage) zur Blockierung der Programmdiskus-sion Tendenz zur Vereinheitlichung von Mobilisierungsstrate-gien eher auf der Verbraucher- als auf der Wirtschafts-seite (integrative Rolle des VZBV) Es ergibt sich große Heterogenität und wenig Überlap-pung (der Akteure und Policy-Definitionen) zwischen den einzelnen Themenfeldern