VL Diagnostische Kompetenz 10. Hyperkinetische Störungen

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 Präsentation transkript:

VL Diagnostische Kompetenz 10. Hyperkinetische Störungen

Prävalenzen und Verläufe Ursachen Therapieformen Programm Fallbeispiel Begriffe Prävalenzen und Verläufe Ursachen Therapieformen

1. Ein Fallbeispiel

Jan, 7 Jahre, 1. Grundschulklasse Kernprobleme zu Hause: Fallbeispiel Jan, 7 Jahre, 1. Grundschulklasse Kernprobleme zu Hause: Motorische Unruhe bes. bei Mahlzeiten und Hausaufgaben, da auch impulsiv Oppositionelles Verhalten gegen Mutter bei Regeln, Bett gehen. Wutausbrüche. Rivalität mit jüngerer Schwester, permanenter Streit Schule: unruhig, zappeln, Verweigerung schriftlicher Arbeiten, keine Regeln Gleichaltrige: unruhig, ständig neue Ideen, versucht andere zu dominieren, wird gehänselt, schlecht integriert

2. Begriffe

Hyperkinetische Störung ist die Beeinträchtigung von ... Symptomatik Hyperkinetische Störung ist die Beeinträchtigung von ... Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsstörung, Ablenkbarkeit) Impulskontrolle (Impulsivität) Aktivität (Hyperaktivität) ... über mindestens 6 Monate, in einem unangemessenen Ausmaß Subtypen Überwiegend unaufmerksamer Subtyp Überwiegend hyperaktiv-impulsiver Subtypus

Symptome Unaufmerksamkeit Nichtbeachtung von Einzelheiten, Flüchtigkeitsfehler Längere Aufmerksamkeit bei Spielen oder Aufgaben fehlt Scheint nicht zuzuhören Verliert oft Gegenstände Lässt sich durch äußere Reize leicht ablenken Vergesslich bei Alltagstätigkeiten

Symptome Hyperaktivität Zappelt mit Händen und Füßen, rutscht auf Stuhl herum Steht in der Klasse häufig auf Läuft und klettert häufig herum Hat Schwierigkeiten ruhig zu spielen Aufforderungen ändern Verhalten kaum

Symptome Impulsivität Antwortet, bevor Frage fertig gestellt Kann nur schwer warten bis an der Reihe Unterbricht und stört andere häufig Redet übermäßig viel, ohne auf soziale Beschränkungen zu reagieren

3. Prävalenzen und Verläufe

Abhängig von Diagnosekriterien Deutschland 2000 Prävalenzen Abhängig von Diagnosekriterien Deutschland 2000 ca. 6 % aller Grundschüler Mit gestörtem Sozialverhalten: 2,4% Jungen: 7 – 17%; Mädchen: 3 - 6% Relationen Jungen:Mädchen 2:1 unaufmerksamer Subtypus 5:1 hyperaktiv-impulsiver Subtypus Schwache Übereinstimmung Lehrerurteil / Elternurteil!

Häufigkeit komorbider Störungen bei hyperkinetischen Störungen: Komorbidität Häufigkeit komorbider Störungen bei hyperkinetischen Störungen: 50%: oppositionelle Störung des Sozialverhaltens 30-50%: andere Störungen des Sozialverhaltens Bis 30%: Tic-Störungen 10-25%: Lernstörungen, Teilleistungsschwächen

Verlauf durchs Lebensalter Säugling und Kleinkind Hohes psychophysiologisches Aktivitätsniveau Schlaf-, Essprobleme, negative Eltern-Kind-Relation Vorschulalter Hyperaktivität, geringe Spielintensität und –ausdauer Entwicklungsdefizite Oppositionelles Verhalten Grundschulalter Schuleintritt problematisch Unruhe/Ablenkbarkeit im Unterricht Lernschwächen, Teilleistungsschwächen Aggressives Verhalten, Ablehnung durch Gleichaltrige

Verlauf durchs Lebensalter Jugendalter Motorische Unruhe vermindert, Aufmerksamkeitsstörungen bleiben Aggressives Verhalten, dissoziales Verhalten bis zur Delinquenz Alkohol- und Drogenmissbrauch emotionale Auffälligkeiten Erwachsenenalter Persistenz hyperkinetischer Symptome 30-60% Geringere Schulbildung Delinquenz und dissoziale Persönlichkeitsstörung bei 15-30%

4. Ursachen

Trend: biologische Faktoren zunehmend größerer Stellenwert Ursachen Generelle Vermutung: Interaktion zwischen psychosozialen und biologischen Faktoren Trend: biologische Faktoren zunehmend größerer Stellenwert Modell: 1. erhöhte biologische Vulnerabilität, wenn dann 2a. mangelnde Steuerung durch Umgebung und 2b. unpassende Anforderungen, dann entwickeln sich 3. Störungen

3. Hyperkinetische Störung Allgemeines Modell 2a. Mangelnde Steuerung durch die Umgebung Störungen in der kognitiven Entwicklung und Steuerung 3. Hyperkinetische Störung 1. Neurobiologische Faktoren 2b. Spezielle Anforderungen an Aufmerksamkeit

Neurobiologische Faktoren Hohe genetische Disposition: Konkordanz bei eineiigen Zwillingen: 81% Bei zweieiigen: 29% Morphologische Besonderheiten spezieller Hirnregionen Störungen des Neurotransmitter-Stoffwechsels (Dopamin) Aber: Alles kritisch zu sehen!!!

Biopsychosoziales Entstehungsmodell Genetische Disposition Neurobiologische Störungen Störungen in der Impulshemmung Komorbide Symptome Leistungsdefizite Aggressives Verhalten Emotionale Störungen Hyperkinetische Symptome Zunahme an negativen sozialen Interaktionen

4. Therapieformen

Eltern- und familienzentrierte Verfahren Verhaltenstherapie Eltern- und familienzentrierte Verfahren Veränderung der Interaktionen, Verminderung problematischer Verhaltensweisen Wirksamkeit nachgewiesen Schule und Kindergarten Lehrer verstärken ausdauerndes Verhalten, geringere Aktivitäten Patientenzentrierte Interventionen Spieltraining: Einzige Form bei jüngeren Kindern Selbstinstruktionstraining: Stoppen, Abarbeiten Selbstmanagement: Monitoring, Regeln beachten

Behandlung mit Psychostimulanzien Pharmakotherapie Behandlung mit Psychostimulanzien bes. Methylphenidat (Ritalin) 80% der Kinder mit Symptomen werden so behandelt 70-85% sind Responder, 50% Vorschule Wirkung sofort, Halbwertszeit 2,5-4 h Kurzzeiteffekte Verbesserung der 3 hyperkinetischen Symptome Verringerung von oppositionellem/aggressiven Verhalten Verbesserung der Beziehungen Verbesserungen der Leistungsfähigkeit

Langzeiteffekte Nebenwirkungen Ethische Problematik! Pharmakotherapie Langzeiteffekte Wenig untersucht, keine Auffälligkeiten Medikation auch über längere Zeit wirksam Nebenwirkungen Wenig, gut kontrollierbar Ethische Problematik!