VL Bewegungswissenschaft 6. Motor Control: Traditionelle Theorien
Zuordnung der Betrachtungsweisen Ganzheitliche Betrachtungsweisen Morphologie Systemdynamischer Ansatz Konnektionismus Bewegungs- Wissenschaftliche Betrachtungs- weisen Biomechanische Betrachtungsweise Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise Funktionale Betrachtungsweisen Informationsverarbeitungstheorien Funktionsanalysen Modularitätshypothese Außenaspekt Innenaspekt
Ein Bewegungs-Paradigma Motorik Sensorik Umwelt Bewegung ZNS
Informationsverarbeitungsansätze In Informationsverarbeitungsansätzen wird der Mensch nach dem technischen Vorbild des Computers als Prozessor von Informationen aufgefasst. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen Aspekte der Speicherung, Kodierung, Transformation und des Abrufs verhaltensrelevanter Informationen.
Open-loop vs. closed loop-Steuerung Regelkreismodelle Die GMP-Theorie Programmpunkte Open-loop vs. closed loop-Steuerung Regelkreismodelle Die GMP-Theorie Kritik
Open- vs. closed loops
„Closed-loop“ Bewegungen Closed-loop kontrollierte Bewegungen beruhen auf der Regelung durch sensorische Rückmeldungen während der Bewegung. Beispiel: Zielvorgang beim Sportschießen
Closed-loop-Modell der Bewegung Steuerungs- zentrum Regelung Efferenzen: Ausgehende Signale Afferenzen: Eingehende Signale Re-Afferenzen: Afferenzen, die Reaktionen auf Efferenzen sind Bewegungskommandos Feedback Effektoren
Kritik am Closed-loop-Modell Umwelt? Alles unter Kontrolle? Speicherungsproblem! Killerargument: Zeitproblem, da Reizleitung und Informationsverarbeitung biologisch Zeit brauchen
„Stop-before-eight“ Durch Fingerheben Zeiger vor Durchlaufen einer Marke stoppen! Außer: Zeiger stoppt selbst vorher! Grafik: X: Zeigerstopp in Millisekunden vor Marke Y: Prozent der Fälle mit unterdrückter Reaktion Slater-Hammel (1960)
„Closed-loop“ Bewegungen Open-loop kontrollierte Bewegungen basieren auf Muskelinstruktionen, die vollständig vor Bewegungsbeginn festgelegt werden. Sensorische Rückmeldungen während der Bewegung werden nicht wirksam. Beispiel: Schlagbewegung des Schlagarms beim Angriffsschlag im Volleyball
Open-loop-Modell der Bewegung Steuerungs- zentrum Steuerung Efferenzen: Ausgehende Signale Bei sehr kurzen Bewegungen, t < 150-200msec z.B. Würfe, Schläge, Sprünge, „ballistische“ Bewegungen Bewegungskommandos Effektoren
Closed: Open: Bilanz: Langsam, aufwändig Sicher, genau, änderungsfähig Bilanz open-closed Closed: Langsam, aufwändig Sicher, genau, änderungsfähig Open: Nicht änderbar, vorprogrammiert Schnell Bilanz: Feedback auf unterschiedlichen Hierarchien Gemischte Strategien wahrscheinlich Konsequenzen für die Vermittlung?
Regelkreismodelle
Regelkreis der Bewegungskoordination Handlungsziel Steuerung-Regelung (efferente Impulsgebung) Bewegungsausführung Programmierung Soll-Istwert-Vergleich Informationsaufbereitung (Afferenzsynthese) Störgrößen Umwelt (Boden, Geräte, Wasser, Schnee)
GMP-Theorie (generalisierte motorische Programme)
Zentrale Repräsentationen Wenn Bewegungen gesteuert und Efferenzen und Afferenzen verglichen werden können, dann muss es Zentrale Repräsentationen + Motorische Programme geben! Stimmt das? Wie sehen die aus?
Definition „motor program“ Motorische Programme Definition „motor program“ „... a set of muscle commands that are structured before a movement sequence begins, and that allows the sequence to be carried out uninfluenced by peripheral feedback“ Keele, 1968
Bewegungen auch ohne periphere Rückmeldungen möglich (Tierversuche) Existenzbeweise Bewegungen auch ohne periphere Rückmeldungen möglich (Tierversuche) Bewegungen auch ohne Üben erlernbar (Lernen auf Anhieb) Schnelle Bewegungen ohne Reafferenzen (open loop) Bewegungen mit unterschiedlichen Muskelgruppen ausführbar (Schreiben mit links, mit Fuß, mit Mund) Automatisierte Bewegungen
Definition Ein generalisiertes motorisches Programm (GMP) steuert eine ganze Klasse von Bewegungen und ist gekennzeichnet durch bewegungsübergreifende Merkmale (Invarianten) und bewegungsspezifische variable Merkmale (Parameter)
GMP-Theorie nach R.A. Schmidt: Was wird gespeichert? GMP-Theorie nach R.A. Schmidt: 1 GMP pro Bewegungsklasse (z.B. Schlagwurf) Invariant sind: Sequencing: Reihenfolge der Muskeleinsätze Relative Timing: Relative Zeitpunkte und -dauer Relative forces: Relativer Krafteinsatz Variabel sind: Overall duration: Gesamtdauer Overall forces: Absoluter Krafteinsatz
Invarianten und Parameter B C D Parametrisierung: kurz, kräftig A B C D GMP A B C D Parametrisierung: lang, schwach
Übergang vom Gehen zum Laufen Beispiele Übergang vom Gehen zum Laufen Standwurf beim Basketball
ABC des Techniktrainings Prinzip der Programmverkürzung A B C D Roth, 1990
ABC des Techniktrainings Prinzip der Programmverkürzung A B C D Roth, 1990
ABC des Techniktrainings Prinzip der Programmveränderung A B C D Roth, 1990
ABC des Techniktrainings Prinzip der Programmveränderung A B C D Roth, 1990
Zahlreiche Belege für Invarianzen, aber Empirische Evidenzen Roth, 1989: Programmentscheidungen brauchen länger als Parameterentscheidungen Zahlreiche Belege für Invarianzen, aber Methodische Probleme Immunisierung, d.h. immer gültige Erklärung für widersprüchliche Befunde Gegenbelege für viele Bewegungsklassen Bilanz: Relative Timing eher fakultativ als obligatorisch
Golfbeispiel
Gegen Programme und explizite zentrale Repräsentationen sprechen: Gegenargumente Gegen Programme und explizite zentrale Repräsentationen sprechen: Speicherproblem Erlernen von Bewegungen Physiologische Korrelate Modellbildung: Computer-Metapher Es gibt in der Sportwissenschaft eine Falle, in die man tappen kann: Man leitet aus Theorien praktische Hinweise ab, die plausibel sind, aber dann wird die Theorie erschüttert! Mehr beim nächsten Mal!
Literaturhinweise WIEMEYER, J. (1994). Motorische Kontrolle und motorisches Lernen im Sport. Grundlagen und Probleme der Theorie der generalisierten motorischen Programme I. Sportpsychologie, 6 (1), 2-11. WIEMEYER, J. (1994). Motorische Kontrolle und motorisches Lernen im Sport. Grundlagen und Probleme der Theorie der generalisierten motorischen Programme II. Sportpsychologie, 6 (2), 5-12. ROTH, K. (1990). Ein neues „ABC“ für das Techniktraining im Sport. Sportwissenschaft, 20, (1) 9-26.