Willkommen zur Fortbildung in Dillingen „Fallbearbeitung“ Prof. Dr. Dipl.-Psych. Ludwig Haag Lehrstuhl für Schulpädagogik
Vormittags: - Erläuterung des Allgemeinen Rahmenmodells „Bedingungen schulischer Leistungen“ nach PISA - Bedeutung von Variablen der Schulkarriere - Fall 1 Nachmittags: - Bedingungsfaktoren der Lernmotivation - Fall 2
Bedingungen schulischer Leistungen in PISA (Baumert et al., 2001) Sozio- ökonomischer Status der Eltern Kulturelles Kapital Soziales Kapital Schule/ Fach- bereich Lehrerexpertise subjektive Theorie/Überzeugungen allgemeine Berufsmerkmale Lern- und Leistungs- ergebnisse Unterrichtsprozesse (Instruktions- /Interaktionsgeschehen) Klassen- kontext Bildungs- niveau der Eltern Alters- gruppe Individuelle Lernvoraus- setzungen: kognitiv motivational sozial Individuelle Verarbeitung aktive Lernzeit Anstrengung/ Aufmerksamkeit Lernstrategien Handlungskontrolle Emotionen Medien- umwelt Ethnische Herkunft der Familie Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten
Bedeutung von Variablen der Schulkarriere kognitive Persönlichkeitsfaktoren: intellektuelle Fähigkeiten, fachliche Vorkenntnisse affektive Persönlichkeitsfaktoren: Prüfungsangst, Fähigkeitsselbstbild, Schulinvolvement (= positive schulische und lernbezogene Einstellung) Leistungsmotivation, Interesse, Aufmerksamkeit im Unterricht Lern- und Arbeitsverhalten schulische Determinanten: schulorganisatorische Faktoren, ökologische Faktoren; Klassenkontext (Zusammensetzung, Klima), Prozessvariablen des Unterrichts (= hohe Leistungserwartungen, individuelle Hilfen, klarer Unterricht, ausgeprägte Lehrstofforientierung, Toleranz von Langsamkeit, effizientes Management) familiäre Determinanten: hohes Anspruchsniveau, Engagement für die Schule, leistungsbezogene Sanktionen, Zuversicht in die Leistungsfähigkeit, prozessorientierte fachliche Unterstützung)
Fähigkeitsselbstkonzept Aufgabenmotivation Personinterne Beziehungen + Fähigkeitsselbstkonzept Aufgabenmotivation + - + Prüfungsangst Schulleistung -
= energetische Ursachen des Handelns Motive = energetische Ursachen des Handelns = allgemeine, zeitlich überdauernde, wiederkehrende Anliegen = nicht beobachtbare, hypothetische Konstrukte, aktualisiert in bestimmten Situationen Interessen besondere Qualität der Beziehung von Menschen zu bestimmten Gegenständen: - die Gegenstände erkennen - sie verstehen - sie erschließen - selbst Bereicherung erfahren Motivation = Prozess der Motivaktivierung = abhängig von einem Motiv und den äußeren Anreizen = Sammelbegriff für Beweggründe menschlichen Handelns = Gruppe unbekannter Faktoren, die Verhalten in Gang setzen, steuern und zu einem Abschluss führen ·
Bedingungsfaktoren der Lernmotivation Lernmotivation = Wechselwirkung zwischen Person- und Situationsfaktoren (Rheinberg) Person Befriedigung der Bedürfnisse nach (vgl. Deci & Ryan, 1985) - Autonomie oder Selbstbestimmung d. h. sich als eigenständiges Handlungszentrum erleben (De Charms: „origin – pawn feeling“) d. h. nicht: minutiöses Vorschreiben, wie Schüler Aktivitäten auszuführen haben; Entziehen oder Einengen von Spielräumen und Wahlmöglichkeiten Setzung eigener Ziele Erfüllen aktueller Erwartungen
d.h. sich als handlungsfähig erleben, den Anforderungen gewachsen sein Kompetenz d.h. sich als handlungsfähig erleben, den Anforderungen gewachsen sein d.h. nicht: Rückmeldungen über unzureichende Lernfortschritte, die vom Schüler weniger als Information über seinen Könnenstand denn als massive Kontrolle empfunden werden anspruchsvolle, realistische Zielsetzung günstige Kausalattribuierung individuelle Bezugsnormorientierung verfügen über folgende Handlungskompetenzen: Kognitive: Arbeitstechniken/Lernstrategien/metakognitives Wissen/Vorwissen Volitionale (Kuhl, 1987): Aufmerksamkeitskontrolle/ Motivationskontrolle/ Emotionskontrolle/ Umweltkontrolle
Soziale Eingebundenheit d.h. sich als geborgen erleben d.h. nicht: geringe soziale Einbeziehung oder Einbindung aufgrund eines Interaktions- und Unterrichtsklimas, welches durch mangelnde Partnerschaftlichkeit und Kooperation gekennzeichnet ist Kooperative Unterrichtsformen
Situationsfaktoren (Lernsituation) Aufgaben (interessenanregend; herausfordernd als Chance zur Kompetenzsteigerung) Ernstfallcharakter („authentisches“ bzw. „situiertes“ Lernen) soziale Lerneinbettung Erzeugen von Flow Anforderungen und Fähigkeiten auf hohem Niveau in Balance klare Handlungsschritte und Rückmeldung eng umgrenztes Arbeitsfeld
Aufgabenschwierigkeit Stabilität Lokation internal external stabil Fähigkeit Aufgabenschwierigkeit variabel Anstrengung, Stimmung, Müdigkeit, Krankheit Zufall
Kenntnisse 2 3 1 Lernzeit 1 = individuelle Bezugsnorm 2 = soziale Bezugsnorm 3 = sachliche Bezugsnorm
Begriff des Selbstkonzepts • Selbstkonzepte stellen generalisierte Wahrnehmungen über die eigene Person dar, beispielsweise: • „Ich bin hässlich“ (physisches Selbstkonzept) • „Ich habe viele Freunde“ (soziales Selbstkonzept) • „Ich bin schnell traurig“ (emotionales Selbstkonzept) • „Ich bin ein schlaues Kerlchen“ (Fähigkeitsselbstkonzept) • Sie entstehen aus der Interaktion mit der Umwelt und der Wahrnehmung und Bewertung von Situationen und den eigenen Handlungen in diesen Situationen.
Das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner & Stanton (1976) Allgemeines Selbstkonzept Schulisches Selbstkonzept soziales SK emotionales SK physisches SK Mathematik
Typisches Ergebnismuster zur Selbstkonzeptgenese ++ Verbale Leistung Verbales Selbstk. - ++ - Mathemat. Selbstk. Mathemat. Leist. ++ Folge dimensionaler Vergleiche Folge sozialer Vergleiche
Leistung von Schüler A und B Schulleistung M Klasse 1 Leistung von Schüler A und B M Klasse 2 Klasse 2 Klasse 1
Warum fördern Selbstkonzepte Lernerfolge? (Helmke,1992) Vorwissen (Test) + Anstrengungs- intensität + + + + Mathematik- leistung (Test) Anstrengungs- initiierung Selbst- konzept + + – – – Leistungs- angst Intelligenz – +
Literatur Hartinger, A. & Fölling-Albers, M. (2002). Schüler motivieren und interessieren. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Rheinberg, F. (2008). Motivation. Stuttgart: Kohlhammer. Rost, D. H. (Hrsg.) (2010). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. Weinheim: Beltz/PVU. S. 577-583 und 760-767.