Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch

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 Präsentation transkript:

Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch Fernando Martins Braga

Definition Chronischer Kopfschmerz (≥15d/Mo) Entsteht infolge einer regelmäßigen (10-15d/Mo seit ≥3Mo) Schmerz- oder Migränemitteleinnahme Der Übergebrauch jeglicher Kopfschmerzmittel kann zur Entwicklung eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch führen

Definition IHS-Kriterien - KS ≥15d/Mo - Übergebrauch seit > 3Mo - deutliche Zunahme der KS An ≥10d/Mo: Ergotamin, Triptane, Opioide, Kombinationsanalgetika An ≥15d/Mo: Einfache Analgetika

Epidemiologie Prevalenz in der allgemeinen Bevölkerung: ca. 1-2%

Klinik und Risikofaktoren Typischerweise Patienten mit Migräne oder Spannungskopfschmerz Einzelfallberichte: Clusterkopfschmerz (häufig haben auch Migräne in der Eigene- oder Familienanamnese) Patienten mit anderer Schmerzen (z.B. Rückenschmerzen oder Arthritis) ohne primäre KS: keine chronischen KS bei Schmerzmittelübergebrauch

Klinik und Risikofaktoren Analgetika Übergebrauch: diffusen holokraniellen, dumpf-drückenden KS ohne vegetative Begleiterscheinungen Migränepatienten mit Triptan-Übergebrauch: Zunahme der Migränefrequenz; später: pulsierenden klopfenden KS, teilweise in Verbindung mit Übelkeit Weitere Risikofaktoren: Übergewicht, niedriger sozialer Status, depressive Erkrankung

Diagnostik Klinisch gestellt, keine Zusatzuntersuchungen Bildgebung nur in Einzelfälle (zum Auschluss des symptomatischen Kopfschmerzes): Erstmanifestation in hohen Alter Untypische Symptomatik Auffällige neurologische Untersuchung Liquoruntersuchung auch in Einzelfälle: V.a. chronisch entzündliche Ursache V.a. Liquorzyrkulationsstörung

Therapie Empfehlungen DGN: Multidisciplinäre Behandlung (Neurologen/Psychologen) Medikamentenentzug Der Entzugskopfschmerzen kann mit Kortikoiden (100mg, 5d) behandelt werden Gleichzeitig mit der Entzugsbehandlung soll die Prophylaxe des primären Kopfschmerzes (Migräne, Spannungskopfschmerz) Vermindung der Rückfälle: neurologische und psychologische Nachbetreuung über einen Zeitraum von mindenstens einem Jahr nach der Entzugsbehandlung

Therapie Bei Patienten mit Migräne und KS bei Medikamentenübergebrauch: in 50% der Fälle, Prophylaxe mit Topiramat = signifikante Reduktion der Migränetage Reduktion der Tage mit Einnahme von Migränemitteln Die Kriterien eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch sind nicht mehr erfüllen

Therapie Vor einer formalen Entzugsbehandlung ist ein Therapieversuch mit einer medikamentösen Prophylaxe (z.B. mit Topiramat) sinnvoll

Medikamentenentzug Bei patienten ohne Komorbität oder Missbrauch psychotroper Substanzen kann ambulant erfolgen Ein ambulanten Entzug ist möglich: Keine Einnahme von Opioiden oder Tranquilizern Hohe Motivation Mithilfe durch die Familie

Medikamentenentzug Ein stationärer Entzug ist notwendig: Langjähriger medikamentinduzierter Dauerkopfschmerz Übergebrauch von Opioiden Einnahme psychotroper Substanzen (z.B. Schlafmittel) Mehrere erfolglose Selbstentzüge Angst des Patienten vor dem ambulanten Entzug Nicht ausreichende soziale Bindungen Ausgeprägte Begleitdepression

Therapie der Entzugsercheinungen In den ersten 2-6 Tagen – Entzugssymptome: (Entzugs-)Kopfschmerz Übelkeit Arterielle Hypertonie Tachykardie Schlafstörungen Unruhe Angst und Nervosität

Therapie der Entzugsercheinungen Patienten mit einem triptaninduzierten Medikamentenübergebrauch Kopfschmerz haben leichteren und kurzeren Entzug als Patienten mit einem Analgetika- oder Ergotaminentzug Gleichzeitig mit der Entzugsbehandlung: medikamentöse Profilaxe des primären Kopfschmerzes

Praktisches Vorgehen beim KS bei Medikamentenübergebrauch Aufklärung des Patienten Abruptes Absetzen aller Schemerzmittel Behandlung der Entzugsymptome Profilaxe des primären Kopfschmerzes (Migräne bzw. Spannungskopfschmerz) Verhaltenstherapeutische Begleittherapie

Behandlung der Entzugssymptome Gegen Übelkeit und Erbrechen: Metoclopramid 20º 1-1-1 oder Domperidon 10mg 1-1-1 Gegen Entzugskopfschmerz: Kortison (z.B. Prednison) 100mg über 5 Tage Ggf. NSAR (z.B. Naproxen) 500mg 2x täglich Bei stärkeren Kopfschmerzen: ASS 500-1000mg i.v.

Rückfälle Trotz einer erfolgreichen Entzugstherapie: 30% aller Patienten im ersten Jahr

Rückfälle Prädiktoren für den Rückfall Männliches Geschlecht KS vom Spannungstyp als primärer KS Übergebrauch von Kombinationspräparaten oder Opioiden Patienten mit Triptan-Übergebrauch: deutlich bessere Langzeitprognose im Vergleich zu Patienten mit einem Analgetika- bzw. Ergotamin-Übergebrauch

Rückfälle Nach dem Entzug: Kopfschmerzkalender führen Medikamenteneinahme kontrollieren Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln soll nur an maximal 10 Tagen erfolgen

Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch Quelle Deutsche Gesellschaft für Neurologie Leitlinien der DGN 2008 http://www.dgn.org/-leitlinien-online.html Vielen Dank fürs Zuhören