ADS und Komorbiditäten ADS bei Erwachsenen

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 Präsentation transkript:

ADS und Komorbiditäten ADS bei Erwachsenen 1.1 Definition Komorbidität 1.2 Komorbidität unter zwei Gesichtspunkten 1.2.1 Medizinisch 1.2.2 Psychologisch Exkurs: Hochbegabung und ADS 2. ADS im Erwachsenenalter 2.1 Symptome von ADS bei Erwachsenen 2.2 ADS und Paarbeziehungen 3. Zusammenfassung

1.1 Definition Komorbidität Komorbidität meint das gleichzeitige und gleichberechtigte Nebeneinander-Vorhandensein einer oder mehrerer voneinander unabhängiger Erkrankungen auf einer kategorial-syndromalen Betrachtungsebene. Gemeint ist dabei sowohl sukzessive (Längsschnitt) als auch simultane (Querschnitt) Komorbidität. Schwierigkeiten bereitet jedoch die Abgrenzung von Symptomen die zum eigentlichen Syndrom gehören, und denen die zu einem weiteren, komorbiden Syndrom gehören (können). Einzelne Symptome können zu vielen Syndromen gehören, die aber unterschiedlich behandelt werden müssen.

1.2 Komorbidität unter zwei Gesichtspunkten ADS selbst ist ein Syndrom mit sehr vielen Symptomen. Dies allein macht die Diagnostik, speziell von komorbid vorhandenen Störungen sehr schwierig. Jedoch ist eine genaue Diagnose unumgänglich, auch um ADS möglicher Weise auszuschliessen und um die komorbid vorhandenen Störungen „getrennt“ vom ADS zu behandeln. Wird „nur“ das ADS behandelt, ist die Prognose immer signifikant schlechter, als wenn alle diagnostizierten Störungen behandelt werden. Andererseits haben Kinder mit ADS und anderen Störungen meist insgesamt eine schlechtere Prognose als Kinder die nur unter ADS leiden.

1.2.1 Komorbiditäten aus medizinischer Sicht Hör- und Sehstörungen Kinder mit Schwerhörigkeit wirken oft unaufmerksam, in sich gekehrt. Schulische Schwierigkeiten sind vorprogrammiert. Bei Verdacht auf ADS sollte immer die Hörfähigkeit mit überprüft werden. Gleiches gilt für Sehstörungen, wo Probleme z. B. beim Lesen-Lernen voraussehbar sind. Oft genügt die Korrektur der Hör- bzw. Sehstörungen um die vermeintlichen ADS-Symptome zu behandeln.

1.2.1 Komorbiditäten aus medizinischer Sicht Schilddrüsenüberfunktion Kinder mit einer Schilddrüsenüberfunktion wirken hyperaktiv (zappelig), leiden unter motorischer Unruhe, können sich schlecht konzentrieren und sind oft gereizt. All diese Symptome deuten auch auf ADS hin, sind jedoch oft recht einfach pharmakologisch zu behandeln. Daher sollte auch immer die Funktion der Schilddrüse überprüft werden, bevor womöglich fälschlicherweise die Diagnose ADS gestellt wird (Bluttest).

1.2.1 Komorbiditäten aus medizinischer Sicht Anfallsleiden (Epilepsie) Beginnende Epilepsie bei Kindern äussert sich häufig oft nur durch sogenannte Absencen. Dies sind kurzzeitige Bewusstseinseintrübungen, die oft nur Sekunden anhalten. Diese Zustände können auch als Unaufmerksamkeit, „Träumen“, interpretiert werden. In der Schule treten Probleme auf, weil das Kind dem Unterricht nicht folgen kann. Im EEG lässt sich der Verdacht auf Epilepsie überprüfen Absencen lassen sich im Allgemeinen gut medikamentös behandeln.

1.2.1 Komorbiditäten aus medizinischer Sicht Gilles-de-la-Tourette-Syndrom Auffälligstes Merkmal sind sogenannte Tics. Beispielsweise Blinzeln, Kopfnicken, Grimassieren, aber auch Lautäußerungen, wie Räuspern, Schnalzen etc. Weiterhin wird beim Tourette-Syndrom auch eine Störung der Aufmerksamkeit und der Lernfähigkeit angenommen, bzw zeigen Personen mit Tourette-Syndrom oft auch Hinweise auf eine Aufmerksamkeitsstörung. Die Ursachen des Tourette-Syndrom sind vermutlich ähnlich denen des ADS (besonders Störungen des Transmitterhaushaltes im Gehirn), daher ist eine genaue Diagnose unumgänglich. Diagnostik: Yale-Tourette-Syndrom-Symptomliste, Elternbefragung, Verhaltensbeobachtung

1.2.2 Komorbiditäten aus psychologischer Sicht Lernstörungen Angaben über Häufigkeit schwanken zwischen 10 und 92 %. Das Problem sind die verschiedenen Definitionen von Lernstörungen. Außerdem überlappen sich oft die Symptome beider Störungen. ADS kann so stark ausgeprägt sein, dass es eine Lernstörung „vortäuscht“. Beide Störungen haben vermutlich ähnliche (genetische und soziokulturelle) Risikofaktoren, was die hohe Komorbidität erklärt. Diagnostik: informelle Interviews (Eltern, Lehrer, Kind selbst), Lese-Rechtschreib-Tests, Mathe-Tests, die das Wissen des Kindes altersgerecht abprüfen

1.2.2 Komorbiditäten aus psychologischer Sicht Verhaltensstörungen: 1. oppositionelles Verhalten Verbindungsglied zwischen beiden Störungen ist die Impulsivität. Kinder mit oppositionell-aggressivem Verhalten haben eine niedrigere Frustrationstoleranz. Dieses Verhalten erschwert zusätzlich die Therapie, die Prognose bei ADS + oppositionellem Verhalten ist schlechter als bei ADS allein. Als Ursache haben sich oftmals familiäre Faktoren (allerdings nicht nur!) herausgestellt, weshalb hierbei die Familie besonders in die Therapie mit einbezogen werden muss. Diagnostik: Fragebogen für Eltern/ Lehrer, Interview

1.2.2 Komorbiditäten aus psychologischer Sicht Verhaltensstörungen: 2. Depression und Angststörungen Durch die vielen negativen schulischen und sozialen Erfahrungen, die Kinder mit ADS machen (Ausgrenzung, schlechte schulische Leistung etc.) entwickeln sich häufig auch depressive und ängstliche Verhaltensweisen. Tendenziell neigen eher Mädchen zu diesem Verhalten, wohingegen Jungen mit ADS eher zum oppositionell-aggressiven Verhalten neigen Depression und Angst ihrerseits können sich wiederum negativ auf Aufmerksamkeit und Konzentration auswirken, weshalb auch hier wieder alle diagnostizierten Störungen behandelt werden müssen, um maximale Erfolge zu erzielen. Diagnostik: z. B. Depressions-Test für Kinder (DTK)

3. Zusammenfassung Komorbidität Art Häufigkeit (bei Grundschulkindern) Symptome Testverfahren Hör- und Sehstörungen 3-4 % 5-6% Wirken unaufmerksam, können Unterricht nicht folgen, Probleme beim Lesen-Lernen Seh-, Hör-Test Schilddrüsenüberfunktion Sehr selten Übererregbarkeit, Konzentrationsstörungen, Hyperaktivität Bluttest Epilepsie Ebenfalls sehr selten Absencen: „Filmriss“, Schwierigkeiten dem Unterricht zu folgen, Aufmerksamkeitsstörungen EEG Tourette-Syndrom Bis 12 % Tics, Lern- und Aufmerksamkeitsstörungen Yale

3. Zusammenfassung Komorbidität Art Häufigkeit (mit ADS) Symptome Testverfahren Lernstörungen Zwischen 10 und 92 % Schwierigkeiten dem Unterricht zu folgen, schlechte schulische Leistungen Lese-Recht-schreib-Tests, Mathe-Tests, Interviews Oppositio-nell-aggressives Verhalten Zwischen 30 und 50 % Größere Reizbarkeit, „Ungehorsam“, Aggressivität gegen Eltern, Lehrer, Mitschüler Eltern/Lehrer-fragebögen, Interviews, Beobachtung Depression und Angststörungen Zwischen 15 und 75 % Gedrückte Stimmung, Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, Zurückgezogenheit DTK, Eltern/Lehrer-befragung

3. Zusammenfassung ADS bei Erwachsenen Den beruflichen Anforderungen können Erwachsene mit ADS meist noch gerecht werden, die typischen Symptome treten eher im Privatleben auf. Im Vordergrund stehen die Aufmerksamkeitsschwierigkeiten und die mangelnde Impulskontrolle, weniger die motorische Hyperaktivität, die durch ein “innere Unruhe” ersetzt sein kann Zur Diagnose ist das Ausmass, nicht nur das Vorhandensein der Symptome ausschlaggebend.

3. Zusammenfassung ADS bei Erwachsenen Bei Therapiebeginn von ADS erst im Erwachsenenalter, ist die Prognose meist eher schlecht Vier Typen von ADS bei Erwachsenen Diagnostik ist noch nicht ausgereift, Therapie: meist verhaltenstherapeutisch

Literatur Biedermann, Joseph et. al.: Comorbidity of Attention Deficit Hyperactivity Disorder with Conduct, Depressive, Anxiety, and Other Disorders. In: Am. J. Psychiatry. 1991 Barkley et. al.: Adolescents with ADHD: Patterns of Behavioral Adjustment, Academic Functioning, and Treatment Utilization. In: J. Am. Acad. Child Adolesc. Psychiatry. 1991 Döpfner, Manfred et. al.: Hyperkinetische Störungen. Göttingen: Hogrefe. 2000 Döpfner et. al.: Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten. Weinheim: Beltz. 2002 Fitzner, Thilo; Stark, Werner: ADS – verstehen, akzeptieren, helfen. Weinheim: Beltz. 2002 Hallowell, E. M., Ratey, J.: Zwanghaft zerstreut oder Die Unfähigkeit, aufmerksam zu sein. Reinbek: Rowohlt. 1999.

Literatur http://eigen-sinn.bei.t-online.de http://www.ads-koeln.de http://www.paediatrica.de/dat_med/ads.htm http://www.ads-erkelenz.de/