Modul Schreiben / („Aufsatz“)

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Modul Schreiben / („Aufsatz“) Theorie-Praxis-Seminar Modul Schreiben / („Aufsatz“)

Rhetoriklehre der Antike Die wichtigsten Positionen der Aufsatzdidaktik Rhetoriklehre der Antike 19. Jh.: "Aufsatzlehre": Schreiben als Einübung von stilistischen und "poetischen" Normen  Gattungen, "Schreibarten" (z.B.: Geschäftsbrief - Beschreibung - Schönerzählung - ...) 1910 – 1933: Reformpädagogen (Kerschensteiner, Scharrelmann, Lamszus, Münch, ...): expressives, "natürliches" Schreiben Ziel: freie Entfaltung des Kindes 1970er: Kommunikativer Ansatz (Boettcher, Haueis, Hoppe, ...): Mitteilungsfunktion von Sprache; situative Einbettung der Schreibanlässe Ziel: Fähigkeit zur Kommunikation 1970er: heuristischer Ansatz (Ingendahl): Schreiben als Mittel zur Welterschließung Ziel: Emanzipation des Schüler nach 1945: "sprachgestaltender" Aufsatz-unterricht: "Stilformen" und ihre "Kennzeichen"; subjektiv  objektiv (Erzählung  Bericht; Schilderung  Beschreibung, ...) Ziel: Erreichen einer konstruierten Idealtypik 1980er: kreativer / personaler Ansatz (Mattenklott; Merkelbach; ...): Sprache als Mittel zu Selbstreflexion und Kreativität Ziel: Identitätsbildung; Förderung der Kreativität seit 1990er: prozessorientierter Ansatz (Baurmann; Bräuer; ...): "What is basic to writing is not the words on the page but how they get there“ (Glassner) Ziel: Förderung der Schreibkompetenz

Systematik der Aufsatzarten - Einteilung nach Marthaler 1962 (aus: Fritzsche 1994, II, 30)

Systematik der Aufsatzarten - Einteilung nach Huijer 1963 (aus: Fritzsche 1994, II, 31)

Systematik der Aufsatzarten - Einteilung nach Fritzsche 1994 (aus: Fritzsche 1994, II, 33)

lässt sich betrachten unter dem Primat der … Adressatenorientierung Produktorientierung Schülerorientierung Schreiben lässt sich betrachten unter dem Primat der … Prozessorientierung Methodenorientierung

Grundprinzip: Schüler lernt Schreiben am Beispiel des Vorbilds Aufgaben der Didaktik: Klassifizierung verschiedener (Sach-) Textsorten Beschreibung der unterscheidenden (Stil-)Merkmal Modellierung von Text-Prototypen für die schulische Praxis Produktorientierung Beispiele: „der Bericht“ „das Protokoll“ … (Be-)Merkenswertes: Ein Schülertext ist umso besser, je näher er dem Mustertext kommt. Das ermöglicht klare Arbeitsanweisungen und (vermeintlich) objektive Beurteilungskriterien. Die entstehenden Texte sind wirklichkeitsfremd. („Die Erörterung“ findet man nur im schulischen Kontext.) Geringe Schreibmotivation

Adressatenorientierung Grundprinzip: Echte Schreibanlässe mit echten Adressaten schaffen Einsicht in die kommunikativen Funktionen des (sachlichen) Schreibens: informieren, überzeugen, beeinflussen, … Aufgaben der Didaktik: Entwicklung und Beschreibung möglicher „echter“ Schreibanlässe Projekte, … Adressatenorientierung Beispiele: Projekt „Gestaltung des Pausenhofs“ Brief an den Direktor … (Be-)Merkenswertes: Leserorientierung wird Beurteilungskriterium Höhere Motivation durch Einsicht in Sinn des Schreibens Keine schulischen Kunstformen Reduzierung auf bestimmte Textsorten und Funktionen des Schreibens (es entfällt z. B. das heuristische Schreiben)

Grundprinzip: Berücksichtigung des Schülers, seiner Interessen und seiner Lebenswelt, denn: Schreiben ist nur sinnvoll, wenn man auch etwas „zu sagen“ hat und die Mitteilung einem Mitteilungsbedürfnis entspringt Aufgaben der Didaktik: Entwicklung von Schreibaufgaben, die an der Lebenswelt der Schüler anknüpfen Schülerorientierung Beispiele: Texte für die Schülerzeitung Protokollierung naturwissenschaftlicher Experimente … (Be-)Merkenswertes: Höhere Motivation durch eigene Betroffenheit Ausweitung der möglichen Textsorten

Grundprinzip: Der Weg zum Ziel, nicht das Ziel steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Es genügt nicht, zu wissen, was und wo das Ziel ist; man muss vor allem wissen, wie man dorthin gelangt. Aufgaben der Didaktik: Untersuchung von Schreibprozessen Modellierung von Unterrichtseinheiten, die der Bedeutung der verschiedenen Phasen des Schreibprozesses Rechnung tragen Prozessorientierung Beispiele: Schreibjournal Prozessportfolio Schreibkonferenz … (Be-)Merkenswertes: Der Schreibprozess in seinen verschiedenen Phasen wird begleitet Beurteilt werden die Fortschritte zwischen den einzelnen Stadien bei der Entstehung eines Textes Texte verbessern statt Texte korrigieren als zentrale Aufgabe des Schreibunterrichts

Methodenorientierung Grundprinzip: Schreibkompetenz vermitteln heißt, dem Schüler bestimmte Methoden zu vermitteln, mit denen er gute Texte verfassen / Texte optimieren kann Aufgaben der Didaktik: Entwicklung von Methoden, mit denen die Schreibkompetenz erhöht werden kann Methodenorientierung Beispiele: Methoden zur Ideengenerierung (Cluster, Brainstorming, …) Methoden zur Überarbeitung (Textlupe, Feedback…) Methoden zur Erstellung eines Schreibplans (Zielplanung, Textsortenwahl, …) (Be-)Merkenswertes: Es gibt ein reichhaltiges Methodenrepertoire z. B. in Bezug auf die Ideengenerierung Zu anderen wichtigen Aspekten der Textproduktion (Textgestaltungskompetenz, Arbeit am Stil etc.) finden sich nur vereinzelte oder keine methodische Vorschläge

Fazit: Alle beschriebenen Ansätze erfassen wichtige und bedenkenswerte Aspekte des Schreibens. Aus der historischen Perspektive erkennt man Phasen der Übergewichtung bzw. der Vernachlässigung einzelner Aspekte als didaktische Moden und Trends. Für die Schule kann die Lösung nicht in der Entscheidung für einen dieser Ansätze (und gegen die anderen) liegen. Gefragt und gefordert ist vielmehr eine ausgewogene und reflektierte Nutzbarmachung der Erkenntnisse, die hinter all diesen Ansätzen stehen.

Gelernt werden muss (und kann an jedem neuen Text), glaubwürdig, verständlich und rhetorisch wirksam zu formulieren. ! Dazu brauchen Lernende Rückmeldungen von der Lehrkraft, und diese sind unser schreibdidaktisches Geschäft, nicht Texte ("Aufsätze") mit roter Tinte zu überziehen. Übrigens: 75% der Lehrer glauben nicht, dass die Schreibkompetenz der Schüler durch die Lehrerkorrekturen verbessert werden… (vgl. Ivo 1982, 45)

Schreibstrategien für die Schule Perlenketten-Strategie Drauflosschreiben Durchhangeln Kooperatives Schreiben/ Schreibberatung Versionen-Schreiben Kreatives Schreiben Schreibstrategien für die Schule Entwickelndes Schreiben Maurerstrategie Im-Kopf-Planen Immer-dem-Muster-nach Standard-Strategie Systematisches Schreiben Textmuster-Training Exposee-Schreiben Geplantes Schreiben

Schreibstrategien in der Schule (1) Perlenketten-Strategie: Schreiben von Einfall zu Einfall, von Satz zu Satz, manchmal miteinander verhakt. Drauflosschreiben: Ein Thema löst einen Schreib-“flow“ aus, dem der Schreibende folgt. Durchhangeln: Ohne Konzept und Gedankensammlung wird ein erster Text verfasst. Versionen-Schreiben: Zu einem Einfall wird eine erste Version verfasst, diese regt zur zweiten Version an, eventuell zu einer dritten ... (nur bei kleinen Textformen gebräuchlich). Maurerstrategie: Satz auf Satz geschichtete Gedankengänge werden ausgefeilt, ein Text nach und nach entwickelt. Immer-dem-Muster-nach: Eine formale Vorgabe löst in der Anwendung auf ein Thema einen oft überraschenden Gedankengang und Text aus. Beispiele: Elfchen / Serielle Texte (Ich weiß ..., Ich frage mich ..., Ich erinnere mich ..., ); TABZ-Texte: These, Argument, Beispiel, Zusammenfassung; Viersatz-Muster: HS, HS + NS, NS + HS, HS; 30-Worte-Satz…

Schreibstrategien in der Schule (2) Standard-Strategie: Zu einem Thema wird nach einer Phase des Überlegens in einer Aktion ein Text verfasst. Dies ist wohl die schulübliche Grundform des Schreibunterrichts. Textmuster-Training: Erarbeitete Textordnungsmuster werden eingeübt und automatisiert. Geplantes Schreiben: Nach einem Stichwortgerüst oder nach einer Gliederung wird eine erste Textfassung ausgearbeitet, eventuell später überarbeitet, neu gefasst. Exposee-Schreiben: Die Leitlinie für einen später zu erstellenden Text wird ausformuliert. Systematisches Schreiben: Teilschritte des Lern- und Schreibprozesses werden planvoll nacheinander ausgeführt. Im-Kopf-Planen: Nach längerer inhaltlicher Auseinandersetzung mit einem Thema wird ein Text direkt „runtergeschrieben“.

Schreibstrategien in der Schule (3) Entwickelndes Schreiben (heuristisches Schreiben): Aus verschiedenen zusammengetragenen Texten und Materialien wird ein eigener Gedankengang in einem eigenen Text dargestellt. Zum Schreibbeginn stehen weder der Inhalt noch die Struktur des Textes fest. Das Schreiben pendelt zwischen verschiedenen Materialien hin und her, bis es unter einen Hut gebracht werden kann (Collecting + Connecting). Kreatives Schreiben (nach Clustern, Mind Maps): Aus nicht-linear notierten Ideenkernen und Gedankennetzen, die assoziativ erstellt werden, entsteht ein „Gefühl“ für eine mögliche Richtung des Textes, der dann - dieser „Eingebung“ folgend - in die lineare Form gebracht wird. Kooperatives Schreiben/Schreibberatung: Hier wird Schreiben als eine Sozialform des Unterrichts aufgefasst. In Schreibkonferenzen, durch authentische Leserreaktionen, mit rollenspielartigen Beratungen, durch „Experten“-Gutachten, durch Textinterviews, Textlupen und andere Feedback-Formen werden intensive Auseinandersetzungen mit den Themen und den Texten arrangiert.

Schreiben im Lehrplan der Grundschule (4. Jgst.)

Welche Text-Analyseraster und Möglichkeiten der Bewertung von Texten gibt es?

1. Das „Zürcher Textanalyseraster“ im Überblick Korrelate / Bezugs-größen (Wortschatz, Textlänge, usw.) A. Sprachsystema-tische und ortho-grafische Richtig-keit B. Angemessenheit B1. Funktionale Angemessenheit: Verständlichkeit, Kohärenz B2. Ästhetische Angemessenheit B3. Inhaltliche Relevanz Nach: Peter Sieber (Hrsg.): Sprachfähigkeiten – besser als ihr Ruf und nötiger denn je! Aarau: Sauerländer 1994, S.153-155; Vgl. die Darstellung in Nussbaumer 1996

B1. Funktionale Angemessenheit: Verständlichkeit, Kohärenz B.1.1 Gesamtidee, Thema, Absicht B.1.2 Aufbau, Gliederung (Textmakrostruktur) B.1.3 Thematische Entfaltung B.1.4 Grad an Implizitheit/ Explizitheit B.1.5 Ausdrückliche Rezipientenführung B.1.6 Angemessenheit der Sprachmittel B.1.7 Erfüllung von Textmusternormen B2. Ästhetische Angemessenheit B.2.1 Sprachlich-formales Wagnis B.2.2 Qualität der Sprachmittel (Attraktivität/Repulsivität) B3. Inhaltliche Relevanz B.3.1 Inhaltliches Wagnis B.3.2 Inhaltliche Wegqualität (Attraktivität/Repulsivität) „Wir fassen einen Text in die Metapher des Weges, der „von irgendwo aus – irgendwo durch – irgendwohin“ führt und den man gesamthaft als lohnend, vorwärtsbringend oder überflüssig, als geradlinig oder labyrinthisch verschlungen, als Weg am Licht oder durch dunkle Gänge, als Weg auf festem Grund oder über Sumpf und durch Morast, als steinigen Pfad mit unerwarteten Aussichtspunkten oder als Autobahn in der sattsam bekannten und reichlich zersiedelten Ebene (...) charakterisieren kann.“ (Ebd., 168)

2. Texte bewerten in der Grundschule: Basiskatalog zur Textbeurteilung Dimension Kriterium Grad 1 0,5 0 Sprache I Orthografie 1. Werden die vermittelten Rechschreibregeln angewandt? (Wortform) 2. Sind die Wortformen grammatisch richtig gebildet? Satzbau 3. Sind die Sätze grammatisch korrekt? Sprache II Wortwahl 4. Wird ein der Aufgabe angemessenes Wortmaterial verwendet, z.B. Fachwörter? Sprachstil 5. Ist der gewählte Sprachstil der Aufgabe angemessen und wird er beibehalten (sachlich, anschaulich ...)? Wagnis 6. Sind Wortwahl und Satzbau dem Thema in bes. Weise angepasst (wörtl. Rede, Leseranrede ...)? Inhalt (Gesamtidee) 7. Lässt der Text eine Gesamtidee erkennen (vgl. z.B. Überschrift)? Umfang 8. Ist der Umfang der Aufgabe (und den Adressaten?!) angemessen? Relevanz 9. Sagt der Text etwas für die Aufgabe bzw. das Thema Relevantes oder Neues aus? Aufbau (Textmuster) 10. Wird ein der Aufgabe angemessenes Textmuster verwendet (Erzählung, Beschreibung, Anleitung ....)? Textaufbau 11. Ist der Text sinnvoll aufgebaut? Lässt er eine innere/äußere Gliederung erkennen? Prozess (Planen/Überarbeiten) 12. Lässt der Text /lassen Entwürfe Planungs- und Überarbeitsspuren erkennen? (nach Böttcher/Becker-Mrotzek 2003, 56)

Welche Verfahren des Umgangs mit Schülertexten gibt es?

1. Die Schreibkonferenz (nach Donald Graves) als „Lernumgebung“, die einen Austausch von Strategien erlaubt als „kleine kritische Öffentlichkeit“ (Vorbilder: Schriftstellerzirkel, Dichtercafés) als Organisation eines „rekursiven Problemlösungsprozesses“

Woher kommt die Schreibkonferenz? relativ neue Methode des Schreibunterrichts Anfang der 1980er Jahre in England von Donald H. Graves entwickelt, um die Veränderung kindlicher Schreibstrategien möglichst genau beobachten und dokumentieren zu können Ab 1989 vor allem von Gudrun Spitta in Deutschland aufgegriffen und weiterentwickelt

Was ist das Neue an der Methode der Schreibkonferenz? 1. Sozialpsychologischer und rollentheoretischer Aspekt Aufbrechen der konventionellen Lehrerrolle, Schüler übernehmen Rolle des Lehrers. Der Lehrer verliert die Position des Allwissenden und wird zum Beobachter und Berater. 2. Unterrichtspraktischer Aspekt Der Schüler handelt selbstverantwortlich in Bezug auf Zeitpunkt, Zeitdauer, Thema, Textsorte usw. 3. Sprachdidaktischer Aspekt Die wesentlichen Ergebnisse der Schreibprozessforschung erfordern eine neue Didaktik des Texteverfassens. Innerhalb der Schülergespräche soll ein emotionaler, inhaltlicher und sprachanalytischer Austausch über den Text stattfinden.

Selbstbewertung als Lernziel: auf Distanz zum eigenen Produkt(entwurf) gehen können (was würde ich davon halten, wenn es nicht mein Text wäre?) in Alternativen denken können (wie könnte ich es noch machen?) eigene Schwächen erkennen und ausgleichen (womit habe ich meistens Schwierigkeiten – wie ist es diesmal?) erkennen, wie und wo ein Entwurf entwicklungsfähig ist (was kann man draus machen?) Lesermeinungen einholen, Kritik und Ratschläge annehmen und abwägen können (wie sieht mein Text in den Augen anderer aus?)

Ablauf der Schreibkonferenz Autor(in) liest vor, spontan werden Fragen gestellt. Möglicherweise gibt es einen Kriterienkatalog. Stellen, die für die Zuhörer inhaltlich unklar waren, werden besprochen, geklärt und gegebenenfalls für eine Überarbeitung markiert. Die Runde geht den Text Satz für Satz durch und achtet auf inhaltliche und sprachliche Aspekte. Die / der Verfasser(in) markiert Stellen, die möglicherweise geändert werden sollen, und notiert sich Vorschläge. Rechtschreibprobleme werden gelöst. Der Text wird von der Autorin / vom Autor inhaltlich, sprachlich und orthographisch überarbeitet und der Lehrkraft zur Endredaktion vorgelegt. Der Text wird „veröffentlicht“ (vorgelesen, mit Musik präsentiert, gedruckt, gestaltet, im Internet publiziert…).

Regeln für die Schreibkonferenz „Autor(in)“: Widersteh dem Bedürfnis, sofort alles, was „da steht“, gegen jede Kritik zu verteidigen! (Ja, aber ...) Erkläre den Zuhörern dein Ziel und deinen Schreibplan! (Ich habe eigentlich gedacht ...) Bemühe dich, die Perspektive zu verstehen, aus der andere den Text sehen und beurteilen! (Sagst du das, weil ...?) „Leser(in)“: Mach dir die Erwartungen klar, die Titel und Genre, ggf. auch Autor(in), in dir hervorrufen! Suche nicht nach „Fehlern“, sondern nach Verbesserungsmöglichkeiten! Äußere Kritik und Vorschläge angemessen und mit sachlicher Begründung! (Bei deinem Thema wäre es vielleicht besser, wenn ...)

Probleme und Stolpersteine Die Schreibkonferenz ist – wie alle Methoden – einzuüben. Anfängliche Misserfolge sollten nicht entmutigen. Erst mit zunehmender Routine wird sie ihre Wirkkraft entwickeln. Verschiedene Phasen bei der Einführung sind zu berücksichtigen. (Lehrer zieht sich z.B. nur allmählich aus seiner Rolle zurück…) Empirische Untersuchungen (Becker-Mrotzek 2000) weisen darauf hin, dass Schüler erhebliche Probleme mit diesem Verfahren haben, da es sehr komplexe Gesprächsstrategien erfordert (vgl. Steinig/Huneke2004, 116). Antos (1982) weist darauf hin, dass derartige kooperative Formen des Überarbeitens selbst Erwachsene überfordern kann. In vielen Fällen wird (zunächst) nur an der Oberfläche von Texten (z.B. Rechtschreibung) gekratzt. Tiefergehende Textrevisionen sind eher selten. Mitunter werden Texte durch Schreibkonferenzen sogar schlechter. (!)

Fazit Die Schreibkonferenz ist – entgegen anders lautender euphorischer Publikationen, die sich gelegentlich finden – nicht die eierlegende Wollmilchsau der Schreibdidaktik! Vor überzogenen Erwartungen ist zu warnen! Aber: Die Schreibkonferenz kann eine sinnvolle Ergänzung zum herkömmlichen Schreibunterricht sein, weil sie kritische und selbstbewusste Schreiber hervorbringt. Der Erfolg ist weniger am einzelnen Produkt zu messen. Längerfristige Erfolge beim Bemühen um eine Verbesserung der Schreibkompetenz sind insofern zu erwarten, als eine geänderte Einstellung zum eigenen Schreiben antrainiert wird: der verfasste Text ist nicht Endprodukt, sondern Zwischenstation; die Textüberarbeitung wird Routine. "Der Lernprozess ist wichtiger als das einzelne Produkt." (Spitta 1993, S.13)

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Wie funktioniert die Textlupe? Die Schüler verfassen alle einen Text. Es werden Gruppen gebildet (jeweils ca. 4 Schüler) Jeder bekommt eine „Textlupe“. Jeder reicht seinen Text zusammen mit der Textlupe an seinen Nachbarn weiter. Nach ca. 10 Minuten wandern Text und dazugehörige Textlupe weiter. Nach 30 Minuten erreichen Text und Textlupe wieder den Verfasser. Jetzt kann die Überarbeitung beginnen.

Wie schaut eine Textlupe aus? „Textlupe“ zu _____________________ Wie schaut eine Textlupe aus? Das hat mir gut gefallen! Hier stört mich etwas: Ein Vorschlag: Leser 1 Leser 2 Leser 3

Literatur: Bobsin, Julia: Textlupe: neue Sicht aufs Schreiben. In PRAXIS Deutsch, 137/1995, 45-49. Baurmann, Jürgen: Schreiben, Überarbeiten, Beurteilen. Ein Arbeitsbuch zur Literaturdidaktik, Kallmeyer 2002, 108 ff

3. Die Schreibberatung durch peer feedback Was ist Feedback? „Rückmeldung“ an den Autor, ob bzw. wie sein Text(entwurf) verstanden wird / ankommt / wirkt. Warum Feedback? Jeder Schreiber, jede Schreiberin hat Stärken und Schwächen; gegenseitige Beratung und Hilfe kann Schwächen ausgleichen und dafür in der Lerngruppe schon vorhandene Kompetenzen nutzen. Was ist zu beachten? Nicht bewerten, sondern beschreiben! (Nicht „Du hast das nicht verständlich ausgedrückt“ – sondern: „Hast du damit sagen wollen, dass ...?“) Nicht nur nach Schwächen suchen, sondern Stärken hervorheben und nach Möglichkeiten der Verbesserung suchen! Als „Feedbacker“ die eigene Position deutlich machen: Was erwarte ich von dem Text? Aber auch den Willen des Autors respektieren; den Text nicht „umbiegen“, sondern in ihm Angelegtes unterstützen! Was muss noch in das Feedback? sagen, was man sich von dem Text noch wünschen würde sagen, was einem gut gefallen hat Anregungen geben, welche Veränderungen oder Umstellungen gut wären

Schreibberatung in der Klasse (nach Gerd Bräuer):

Grundprinzipien der Schreibberatung (nach Gerd Bräuer): Die nicht-direktive Beratungsmethode spielt eine zentrale Rolle. Mithilfe offener Fragen und des Spiegelns dessen, was im Text vorgefunden wird, treten die Schreibberater/innen im Gespräch über die jeweils vorliegende Schreibaufgabe als authentische Leser/innen auf. Sie fragen, wenn sie etwas nicht verstehen, anstatt Fehler festzustellen. Sie beschreiben ihre Wahrnehmungen im Leseprozess, anstatt das Gelesene aus ihrer Sicht zu interpretieren. Dort, wo Textstellen nicht klar formuliert sind, stellen sie die möglichen Lesarten und die damit verbundenen Missverständnisse vor, anstatt eine neue Formulierung vorzugeben. Insgesamt geht es also bei der nicht-direktiven Beratungsmethode darum, gemeinsam Handlungskonzepte zu entwickeln, anstatt von Seiten der TutorInnen Handlungsrezepte vorzugeben. Damit verbleibt die Verantwortung für den entstehenden Text stets in den Händen der Autorin oder des Autors.

Betrachten Sie das Bild. Verfassen Sie zu diesem Bild einen kurzen Text. Sie haben 15 Minuten Zeit… Verdichten Sie nun das, was Ihnen an Ihrem Text als zentrale Aussage erscheint, in einem Haiku. (Ein Haiku besteht aus insgesamt 17 Silben und gilt als die kürzeste Gedichtform der Welt. Als Aufbau ist vorgegeben: 1. Zeile: 5 Silben 2. Zeile: 7 Silben 3. Zeile: 5 Silben) Die letzte Zeile sollte eine Pointe / eine überraschende Wendung enthalten.

Versuchen Sie 4 Kriterien zu formulieren, nach denen ein solcher Text beurteilt werden könnte.

Folgerungen für den wertenden Umgang mit Texten: Bewertungskriterien müssen in Hinblick auf die jeweilige Gattung, das Genre, die Textsorte interpretiert oder angepasst werden. Es gibt so viele Lösungen, wie es entstandene Texte gibt; ein Vergleich zwischen ihnen führt weniger zu einer klaren Rangfolge als zu einer Abwägung zwischen Beobachtungen in verschiedenen Wertungskategorien. Kriterien können nicht sinnvoll angewandt werden, ohne dass der beurteilte Text mit einem „hermeneutischen Blick“ gelesen wird und damit denselben Vertrauensvorschuss hinsichtlich erwarteter Sinnhaftigkeit erhält wie jeder (andere) literarische Text.