Das II. Vatikanum und die nachkonziliaren Entwicklungslinien

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Das II. Vatikanum und die nachkonziliaren Entwicklungslinien VI. Die Sozialverkündigung der Kirche: Entwicklungsschritte und Perspektiven III Das II. Vatikanum und die nachkonziliaren Entwicklungslinien

1. Der Paradigmenwechsel in Soziallehre und Sozialverkündigung Drei Gesamttendenzen seit 1961: Vom Blick auf die Industrieländer zur Fokusierung auf die gespaltene Welt Angebot der Wahrheitssuche statt autoritative Rede Vermittlung von Handlungsmotiven und Werten zur Durchsetzung einer gerechteren Gesellschaft (nach J. Schasching S.J.)

2. Johannes XXIII. und das II. Vatikanum

2.1 Mater et magistra. Über die jüngsten Entwicklungen des gesellschaftlichen Lebens und seine Gestaltung im Lichte der christlichen Lehre. Enzyklika Papst Johannes XXIII. 1961 Gestiegene wechsel-seitige Abhängigkeit der Völker Sozialer Ausgleich zwischen Industrie-länder und Entwicklungsländer Zeichen der Zeit Sehen - Urteilen - Handeln

2.1 Mater et magistra “Die Grundsätze der Soziallehre lassen sich gewöhnlich in folgenden drei Schritten verwirklichen: Zunächst muss man den wahren Sachverhalt überhaupt richtig sehen; dann muss man diesen Sachverhalt anhand dieser Grundsätze gewissenhaft bewerten; schließlich muss man feststellen, was man tun kann und muss, um die überlieferten Normen nach Ort und Zeit anzuwenden. Diese drei Schritte lassen sich in den drei Worten ausdrücken: sehen, urteilen, handeln” (Nr. 236).

2. 2 Pacem in terris. Enzyklika Johannes XXIII 2.2 Pacem in terris. Enzyklika Johannes XXIII. Über den Frieden unter allen Völkern in Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit (1963) Anerkennung der der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ aus dem Jahr 1948 („ein Akt von höchster Bedeutung“. Nr. 143) auf der Würde der Person basierend Schutzrechte, kulturelle, soziale, wirtschaftliche und politische Rechte Zeichen der Zeit: Aufstieg der Arbeiter, Würde und Rechte der Frau, Gleichheit.

2.3 Pastoralkonstitution des II. Vatikanum: „Gaudium et spes“ (1965)

2.3 Pastoralkonstitution des II. Vatikanum: „Gaudium et spes“ Dienst am “wahrhaft Menschlichen”, Mitarbeit “an der Errichtung einer brüderlichen Gemeinschaft aller” Aufgabe der Kirche (Nr. 3). “Zur Erfüllung dieses Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten....“ (Nr.4). Fortschritte im “wahrhaft Menschlichen” und tiefgreifende Gefährdungen der Welt halten sich die Waage Gewissheit von der Würde eines jeden Menschen und von der Hoffnung auf eine zur Einheit und universalen Solidarität berufenen Menschheit.

2.4 Neue Akzente kirchliche Sozialverkündigung Kirche als Teil einer sich schnell wandelnden, modernen Welt Erforschung der „Zeichen der Zeit“ als Dauerauftrag der Kirche Positive Rezeption der modernen Menschenrechtsidee Asymmetrische globale Entwicklung, globale Solidarität, globales Gemeinwohl Betonung des theologisch-biblischen Fundaments der Soziallehre

3. Nachkonziliare Entwicklungslinien von kirchlicher Soziallehre 3 3. Nachkonziliare Entwicklungslinien von kirchlicher Soziallehre 3.1 Kirchliche Sozialverkündigung auf der Ebene der Universalkirche

(1) Populorum progressio. Über die Entwicklung der Völker (1) Populorum progressio. Über die Entwicklung der Völker. Enzyklika Papst Paul VI, 1967 Entwicklung - der neue Name für Frieden Entwicklung nicht gleichbedeutend mit wirtschaftlichem Wachstum „Wahre Entwicklung muss umfassend sein, sie muss jeden Menschen und den ganzen Menschen im Auge haben,..“ (Nr. 14) Bestimmung der Erdengüter für alle Gerechte Handelsbeziehungen zwischen Nord und Süd.

(2. ) Octogesima adveniens. Zum achtzigsten Jahresgedächntnis (2.) Octogesima adveniens. Zum achtzigsten Jahresgedächntnis. Apostolisches Schreiben Papst Paul VI. 1971 Christen und Ortskirchen werden aufgefordert, in der eigenen Gesellschaft die Situation der Gerechtigkeit wahrzunehmen Finden je eigener Wege zur Gerechtigkeit Neue soziale Probleme: Situation der Frauen, der Jugendlichen und der Armen Gleichheit und Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben

(3. ) Laborem exercens. Über die menschliche Arbeit (3.) Laborem exercens. Über die menschliche Arbeit. Enzyklika Papst Johannes Paul II, 1981

(3.) Laborem exercens, 1981 Als Person ist der Mensch ... Subjekt der Arbeit Gefahr, „die Arbeit wie eine Art von Ware ,sui generis‘ zu behandeln (materialistischer Ökonomismus) Prinzip des Vorrangs der Arbeit vor dem Kapital „das private Eigentumsrecht ist dem Recht auf gemeine Nutzung, der Bestimmung der Güter für alle untergeordnet“ (Nr. 14,3) Miteigentum an Produktionsmitteln, Mitbestimmung, Gewinnbeteiligung Gerechte Entlohnung muss ausreichen, eine Familie zu gründen, angemessen zu unterhalten und ihr Fortkommen zu sichern Arbeit als Teilnahme am Werk der Schöpfung

(4. ) Sollicitudo rei socialis. Die soziale Sorge der Kirche (4.) Sollicitudo rei socialis. Die soziale Sorge der Kirche. Enzyklika Papst Johannes Paul II. 1987 Tiefe Spaltung der Welt zwischen Nord und Süd, aber auch innerhalb der Industrieländer Die Ursachen sind letztlich in „Strukturen der Sünde“ zu suchen Globale Solidarität und die Option für die Armen als Leitperspektive Kritik am liberalen Kapitalismus wie am marxistischen Kollektivismus.

(5. ) Centesimus annus. Zum 100. Jahrestag von Rerum novarum (5.) Centesimus annus. Zum 100. Jahrestag von Rerum novarum. Enzyklika Papst Johannes Paul II., 1991 „Geistige Leere“ als Ursache des Scheiterns des marxistischen Systems Kritik des ungebändigten Kapitalismus mit seiner „Vergötzung des Marktes“. Gemeinwohlorientierung des marktwirtschaftlichen Systems notwendig Bekenntnis zur Demokratie (Beteiligung, Schutz der Menschenrechte, Subjektcharakter der Gesellschaft Kritik des westlichen Konsumismus

(6. ) Deus caritas est. Enzyklika Benedikt XVI (6.) Deus caritas est. Enzyklika Benedikt XVI. über die christliche Liebe, 2005

(6. ) Deus caritas est. Enzyklika Benedikt XVI (6.) Deus caritas est. Enzyklika Benedikt XVI. über die christliche Liebe, 2005 Klärung des Verhältnisses von Liebe und Gerechtigkeit Durchsetzung einer gerechten Gesellschaftsordnung eine politische Aufgabe u. nicht unmittelbar Auftrag der Kirche Kath. Soziallehre will zur Reinigung der Vernunft beitragen Eintreten für eine gerechte Ordnung Aufgabe der gläubigen Laien

3. 2 Teilkirchliche Dokumente kirchlicher Sozialverkündigung (1 3.2 Teilkirchliche Dokumente kirchlicher Sozialverkündigung (1.) Die Kirche in der gegenwärtigen Umwandlung Lateinamerikas im Lichte des Konzils. Dokumente der II. General-versammlung des lateinamerikanischen Episkoptas in Medellin, 1968 Dependenz als Ursache der Armut Christliche Erlösung als Befreieung Ungerechte soziale Strukturen als strukturelle Sünde

(2. ) Die Evangelisierung Lateinamerikas in Gegewart und Zukunft (2.) Die Evangelisierung Lateinamerikas in Gegewart und Zukunft. Dokument der III. Generalversammlung des lateiname-rikanischen Episkopats in Puebla, 1979 Die vorrangige Option für die Armen Kirchliche Basisgemeinschaften Brennpunkte der Evangelisierung Motoren der Befreiung und Entwicklung

(3.) Wirtschaftliche Gerechtigkeit für alle: Katholische Soziallehre und die amerikanische Wirtschaft. Hirtenwort der Katholischen Bischofskonferenz der USA, 1986 Öffentliches Konsultationsverfahren mit breiter Beteiligung Ambivalenz der amerikanischen Wirtschaft als Zeichen der Zeit Soziale Gerechtigkeit als Beteiligungsgerechtigkeit

(4. ) Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit (4.) Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit. Wort des Rates der Evangelischen Kirche und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaflichen und sozialen Lage in Deutschland, 1997 Konsultationsprozess auf ökumenischer Basis Gesellschaft im Umbruch: Krise des Sozialstaat; ökologische Krise; Europäische Integration; globale Herausforderungen Perspektiven und Impulse aus dem christlichen Glauben Grundkonsens einer zukunftsfähigen Gesellschaft Ziele und Weg Aufgaben der Kirchen

3.3 Neuorientierungen in der christlichen Sozialethik. Grundtendenzen Glauben und Theologie rücken stärker in den Mittelpunkt Sozialethische Theoriebildung und gesellschaftliche Praxis Subjektstellung der Betroffenen Rezeption von Diskursethik, Gerechtigkeitstheorie und Kommunitarismus.