Evolutorischer Institutionalismus und Evolutorische Ökonomik

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 Präsentation transkript:

Evolutorischer Institutionalismus und Evolutorische Ökonomik TU Dresden WS 2006/07 Institut für Politikwissenschaft Lehrstuhl für Politische Systeme und Systemvergleich HS Evolutionstheorie in der Politikwissenschaft Dozent: Prof. Dr. Werner J. Patzelt/ Jakob Lempp M.A. Referent: Sebastian Thuß (Politikwissenschaft/Neuere und Neueste Geschichte/ Anglistik, 6. Semester) Anschlussstellen: Evolutorischer Institutionalismus und Evolutorische Ökonomik

Gliederung: 1.) Was ist Evolutorische Ökonomik? 1.1.) Grundlagen und Denktraditionen 1.2.) Einordnung der EÖ innerhalb der Wirtschaftswissenschaft: Teilgebiet oder Reform? 1.3.) Warum EÖ? Abgrenzung zur ‚herkömmlichen‘ Wirtschaftswissenschaft 2.) Wie funktioniert Evolutorische Ökonomik? 2.1.) Ausgewählte Inhalte und Kategorien 2.2.) Das VSB-Paradigma 2.3.) Evolutionsökonomische ‚Vokabelliste’ 3.) Wie verhält sich Evolutorischer Institutionalismus zu Evolutorischer Ökonomik? 3.1. Gemeinsamkeiten 3.2.) Unterschiede 3.3.) Überschneidungen 4.) Fallbeispiel: Der ‚Edsel‘

Verwendete Literatur: Herrmann-Pillath, Carsten: Grundriß der Evolutionsökonomik, 2002. München: UTB. Patzelt, Werner J.(Hrsg.): Evolutorischer Institutionalismus. Kapitel 16, 17 und 18. Internetquellen: European Association for Evolutionary Political Economy: http://eaepe.org/eaepe.php?q=node/view/4 EVO-Seite des Instituts für Volkswirtschaftslehre an der TU Dresden: http://www.tu-dresden.de/wwvwlme/html/evo/evo.html Verein für Sozialpolitik: http://vfs.dmz.uni-wh.de/

1. ) Was ist evolutorische Ökonomik 1.) Was ist evolutorische Ökonomik? Evolutorische Ökonomik (auch: Evolutionsökonomik, evolutionäre Ökonomie, Evolutorik, im Folgenden: EÖ) ist ein junges, schnell wachsendes Forschungsgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Es befasst sich mit „der Rolle des Wissens und seinem Wandel für die Wirtschaft.“ (Herrmann-Pillath) Im Mittelpunkt stehen Schlüsselbegriffe wie Innovation, Kreativität, Technologieentwicklung, Ordnungsbildung, wirtschaftliche Wandlungsprozesse, komplexe Interaktionen - und eben (Un-) Wissen. Seine praktische Anwendung besteht hauptsächlich in der Erforschung von Voraussetzungen für Bestehen und Expansion von Unternehmen als ökonomischem Pendant zur biologischen Art.

1.1.) Grundlagen und Denktraditionen Klassische Nationalökonomie: Thomas Malthus („Das Bevölkerungsgesetz“) David Ricardo („komparative Kostenvorteile“) Österreichische Schule: Friedrich A. von Hayek („Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“) Joseph A. Schumpeter („Schöpferische Zerstörung“) Ökonomischer Institutionalismus: Thorstein Veblen („Why Is Economics Not An Evolutionary Science?“) Moderne wissenschaftliche Etablierung: Richard R. Nelson/Sidney G. Winter („An Evolutionary Theory of Economic Change“, 1982)

1.2.) Einordnung der EÖ innerhalb der Wirtschaftswissenschaft: Teilgebiet oder Reform? EÖ als neuer Ansatz: Definiert festgelegte Grundlagen neu Berührt alle anderen Teildisziplinen Bringt neue Methodologie mit sich = Reform der Wirtschaftswissenschaft EÖ als Teilgebiet: Subdisziplin mit Fokus auf Innovationsprozesse, Unternehmertum und technologischem Wandel Gleichberechtigt neben andern Teilfächern (Umweltökonomik, Internationale Wirtschaftsbeziehungen,…) = Integration in bestehendes Muster der Wirtschaftswissenschaft

1.3.) Warum EÖ? Abgrenzung zur ‚herkömmlichen‘ Wirtschaftswissenschaft Hauptproblem: Optimierung der Bedürfnisbefriedigung bei knappen Gütern Wissen der Akteure wird vorausgesetzt Homo oeconomicus als Prototyp Bedürfnisse als gegeben betrachtet (exogen) Wirtschaft: Ort von Optimierungsprozessen Konstruktivistischer Denkansatz (planbar, berechenbar) Marktgleichgewicht Methode: beschränkt auf formal-exakte Verfahren (z.B. Prinzip der ‚rationalen Optimierung‘) Eher physikalisch-mechanischerHerangehensweise Hauptproblem: Unwissen – wie lässt sich Wissen über Bedürfnisbefriedigung gewinnen? Wie verändert es sich, wie findet die Auswahl statt? Heterogenität der Handelnden Bedürfnisse werden hinterfragt (endogen) Wirtschaft: Ort der Erzeugung und Koordination von sich veränderndem Wissen Evolutionärer Denkansatz (Dynamik, spontane Veränderungen) Konkurrenz -> Ungleichgewicht! Methode: Prinzip der Methodenvielfalt und Transdisziplinarität -> Weg zurück zur Integrativen Sozialwissenschaft Eher biologische Herangehensweise

2. ) Wie funktioniert Evolutorische Ökonomik. 2. 1 2.) Wie funktioniert Evolutorische Ökonomik? 2.1.) Ausgewählte Inhalte und Kategorien I Ordnungsformen (=Abwesenheit von Entropie) sind Ergebnis und gleichzeitig Determinanten evolutionärer Entwicklung. Innerhalb des Entstehens, der Weitergabe und des Wandels von Ordnungen spielen Prozesse wie das pfadabhängige und selbstorganisierte VSB-Paradigma eine wichtige Rolle, welche wiederum im Spannungsfeld von Technologien, Macht und Institutionen stehen. „Markt“ – Nicht einfach nur „Angebot-Nachfrage-Schema“ als unantastbare, ultimative Voraussetzung, sondern nur als eine spezielle Form der Netzwerken zwischen Aktoren. Welche Ausschnitte als Märkte bezeichnet werden, ist eine Frage verschiedener (besonders kultureller Prägefaktoren). Märkte werden also als Ergebnis und nicht nur als Voraussetzungen des Wirtschaftsprozesses betrachtet.

Ausgewählte Inhalte und Kategorien II Die bimodale Ontologie der EÖ setzt voraus, dass alle Strukturen und Prozesse in Aktoren (Entität, der Handlung zugeschrieben wird) und Elemente (Einheiten, denen Wissen zugeschrieben wird) zerfallen. Konkret bedeutet dies die Unterscheidung zwischen Mensch und Wissen. Da kein Individuum sämtliche Zusammenhänge, Kausalbeziehungen und Regeln (kurz: Wissen) überschauen kann, ist besteht immer eine Diskrepanz zwischen dem individuellen Wissen und dem Wissen des Systems (vgl. Walter Eucken: Alle tragen zur Preisbildung bei aber keiner kann sie steuern). Jeder ist prinzipiell unwissend, da er an Prozessen (z.B. der Produktion) partizipieren kann, ohne über einen entsprechenden „Masterplan“ zu verfügen. Paradoxerweise führt mehr Wissen eines Individuums somit zu Unwissen der Population. Eine weitere Folge besteht darin, dass eine globale (also sämtliches, sich über Raum und Zeit veränderndes Wissen berücksichtigende) Problemlösung äußerst unwahrscheinlich ist. Selbiges gilt für das Anpassungsphänomen – statt der „besten der Welten am Ende eines Entwicklungprozesses steht lediglich ein lokales Optimum!

2.2. Das VSB-Paradigma Das Variation, Selektion und Bewahrung stellen das fundamentale Paradigma der EÖ dar – eben so wie jeder anderen auf Evolutionstheorie basierenden Analyse. Es erklärt Neuheit, Wissen und Anpassung. Voraussetzung: Ressourcenknappheit; singuläre Individuen; Reproduktion spezifischer Eigenschaften abhängig vom Reproduktionserfolg des Eigenschaftsträgers Mechanismus: Auslese (lokal!) optimaler Angepasstheit durch ‚Belohnung‘ mit Ressourcen (Wo ist wohl Gedeih und Verderb je nach eigener Fitness deutlicher zu Beobachten als in der Wirtschaft?!) Folge: Generierung von Neuheit und gleichzeitig Rückwirkung auf die Umwelt

2.3. ‚Evolutionsökonimische Vokabelliste‘ Markt Unternehmen Marktsegment/Marktlücke/ Zukunftsmarkt Know-how, Bedürfnis, Wissen Aktor Wettbewerb ‚Innovation‘ Produktpiraterie Konzepte, Wissen, Abläufe, Einstellungen (Replikator) Materieller Besitz (Interaktor) - Selektionsinstanz - Art - Nischen - Mem - Individuum - Wettbewerb - Darwinistische Vererbung - Lamarckistische Vererbung - Genotyp - Phänotyp

3.) Verhältnis von Evolutorischem Institutionalismus zu Evolutorischer Ökonomik Gemeinsamkeiten, Beide sind Anwendungsgebiete der Allgmeinen Evolutionstheorie Teilen sich ähnlich Kategorien, Begriffe, Axiome und Denkmuster (Bsp.: das VSB-Paradigma) institutionelle Strukturen… …als „Aggregatzustand sozialer Wirklichkeit“ (Patzelt) – …als „geronnenes Wissen“ (Herrmann-Pillath) Berufen sich nicht selten auf gleiche Vordenker (Bsp.: C. Darwin las angeblich A. Smith) Unterschiede… ...aber verschiedene Untersuchungsgegenstände und Erkenntnisziele (politisch-kulturell vs. ökonomisch) …dennoch diverse fachsprachliche Spezialisierungen als Folge geringerer Abstraktion (Bsp. Individuum vs. Aktor) - Begriff der ‚Institutionen‘ beim EÖ ist recht abstrakt und hat keinen zentralen Stellenwert (steht neben z.B. Technologie)

…und Überschneidungen:

4.) Fallbeispiel: Der ‚Edsel‘ Es war einmal…

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1958 Ford Motor Company Pricing (FOB) Structure EDSEL MERCURY LINCOLN Custom 300 $1,977-2,119   Fairlane $2,196-3,407 Fairlane 500 $2,410-3,138 Ranger $2,484-$2,643 Medalist $2,547-$2,617 Pacer $2,700-$3,766 Monterey $2,652-$3,081 Corsair $3,311-$3,390 Montclair $3,236-$3,597 Citation $3,500-$3,766 Park Lane $4,280-$4,405 Capri $4,803-$4,951 Premiere $4,334-$4,798 Continental $4,802-$4,927

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