Selbstorganisiertes Lernen (SoL)

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 Präsentation transkript:

Selbstorganisiertes Lernen 27.03.2017 Schlüsselqualifikationen/ Metakompetenzen für beruflichen Erfolg Univ.-Prof. Dr. Hermann Hill SS 2009 DHV Speyer

Selbstorganisiertes Lernen (SoL) „Es ist schlimm genug, dass man jetzt nichts mehr für sein ganzes Leben lernen kann. Unsere Vorfahren hielten sich an den Unterricht, den sie in ihrer Jugend empfangen; wir aber müssen jetzt alle fünf Jahre umlernen, wenn wir nicht ganz aus der Mode kommen wollen.“ Aus Goethes „Die Wahlverwandtschaften“ (1809)

Definition nach Greif und Kurtz (1998) „Selbstorganisiertes Lernen (…) lässt sich zunächst einmal durch das Ausmaß beschreiben, in dem die Lernenden in der Gruppe (oder in individuellen Lernphasen allein) selbstbestimmt entscheiden können, was und wie sie lernen.“

Definition nach Greif und Kurtz (1998) Bereiche, über die Lernende selbst entscheiden können: Lernaufgaben und Lernschritte Regeln der Aufgabenbearbeitung (individuell/in der Gruppe) Lernmittel, Lernmethoden zeitliche Intervention und Wiederholung bei der Bearbeitung der Aufgaben Form des Feedbacks bzw. der Expertenhilfe soziale Unterstützung durch Kollegen und Lernpartner

These 1: Selbstorganisiertes Lernen: erfolgreich und effektiv oder lücken- und fehlerhaft? GEFAHREN Für Lernende kann SoL anstrengend sein, denn es fordert: mehr Eigeninitiative mehr Mitarbeit mehr Verantwortung eigene Entscheidungen Selbstorganisation Selbstaktivitäten

These 1: Selbstorganisiertes Lernen: erfolgreich und effektiv oder lücken- und fehlerhaft? GEFAHREN Verunsicherung und Angst der Lernenden (das Gefühl „allein gelassen zu werden“) Überforderung der Lernenden Schaffen neuer Lernbarrieren (v. a. bei Lernenden aus bildungsfernen Schichten) Motivationsbarrieren durch Schwellenängste Verlust an Systematik

These 1: Selbstorganisiertes Lernen: erfolgreich und effektiv oder lücken- und fehlerhaft? POTENZIALE größere Berücksichtigung der Lernwünsche der Lernenden mehr Lernzielflexibilität mehr inhaltliche Flexibilität mehr räumliche und zeitliche Flexibilität (bessere Lern-chance für zeitlich stark Beanspruchte) mehr Praxisgerechtigkeit Steigerung der Fähigkeit zur Selbstkritik höhere Lernmotivation nachhaltiges Wissen

These 1: Selbstorganisiertes Lernen: erfolgreich und effektiv oder lücken- und fehlerhaft? FAZIT SoL benötigt Selbstlernkompetenzen, d.h. Bereitschaft und Fähigkeit zur Planung, Realisation und Evaluation von Lernprozessen SoL erfordert Vorbereitung und Unterstützung (so genannte „Eingewöhnungsphase“) Nicht-Vorhandensein der Selbstlernkompetenzen sowie fehlende Unterstützung bei deren Ausbildung bzw. Weiterentwicklung führt zu Misserfolg!!

These 1: Selbstorganisiertes Lernen: erfolgreich und effektiv oder lücken- und fehlerhaft? Modell der Selbstlernkompetenz nach Arnold et al. (2002):

These 2: Selbstorganisiertes Lernen und Institutionen – Widerspruch in sich oder lohnende Herausforderung? Das Thema der gegenwärtigen Debatte um selbstorganisiertes Lernen: die Rolle der Institutionen beim SoL: Selbstorganisiertes und institutionelles Lernen als Gegensätze? Förderung oder eher Behinderung des SoL durch Institutionen? Erfüllung eventueller Prämissen durch Institutionen zur Stärkung von SoL?

These 2: Selbstorganisiertes Lernen und Institutionen – Widerspruch in sich oder lohnende Herausforderung? Institutionen werden nicht überflüssig, sondern erhalten vielmehr weitere Aufgaben (nachhaltige Veränderungen) Institutionen haben im Kontext des SoL nicht nur Angebote zu planen, bereit zu stellen und zu didaktisieren Anforderungen an Institutionen bzgl. SoL: Direkte Förderung der Kompetenzen für SoL im Sinne der Vermittlung eines Repertoires von Techniken und Strategien Indirekte Förderung der Kompetenzen für SoL durch die entsprechende Gestaltung von Lernumgebungen

Weitere Anforderungen: These 2: Selbstorganisiertes Lernen und Institutionen – Widerspruch in sich oder lohnende Herausforderung? Weitere Anforderungen: Beratungsangebote für Lernende im Sinne einer Weiterbildungs-beratung Lernberatung Einführung in den Umgang mit neuen Medien Zeitliche und räumliche Flexibilisierung von Angeboten (z.B. durch Lernzentren) Bereitstellung erforderlicher Lernquellen wie Medien und Arbeits-mittel (z.B. Lernquellenpool) Angebote, die auch außerinstitutionelle Lernerfahrungen der Lernenden aufgreifen (problemorientiertes Lernen) Angebote, in denen Lernende Ziele, Inhalte und Lernwege bestim-men können (offene Curricula) Vernetzung der Lernenden und Arrangieren sozialer Bezüge für den Austausch mit anderen Lernenden (z.B. durch elektronische Austauschforen)

These 2: Selbstorganisiertes Lernen und Institutionen – Widerspruch in sich oder lohnende Herausforderung? GEFAHREN Die notwendigen Veränderungen können folgende Gefahren mit sich bringen: starke Verunsicherungen bei Mitarbeitern und der Leitung Sorge der Mitarbeiter und der Leitung vor Machtverlust Angst vor der neuen Rolle z.B. als Lernbegleiter Angst vor Veränderung hohe Arbeitsbelastung enge Finanzierung  Ohne notwendige Veränderung der Institutionen hat SoL keine wirkliche Realisierungschance!!

These 3: E-Learning als ein optimaler Weg zum selbstorganisierten Lernen? E-Learning enthält sowohl eine Komponente des selbstorganisierten Lernens als auch eine Kommunikations- komponente (K. der Lernenden untereinander und K. mit einer Lehrperson).  Inwieweit gilt E-Learning als eine sinnvolle Unter-stützung für SoL?

These 3: E-Learning als ein optimaler Weg zum selbstorganisierten Lernen? POTENZIALE Erhöhung der Flexibilität (orts- und zeitunabhängig) Lernziele, -schritte und –tempo sind vom Lernenden frei wählbar (die Anpassung an den individuellen Lernstil und an die Lerngeschwindigkeit ist dadurch möglich) Anschauliche Vermittlung von komplizierten Lerninhalten zusätzliche Motivation durch den spielerischen Umgang mit dem Medium Förderung der schriftlichen Ausdrucksweise Möglichkeit der formativen und summativen Lernkontrollen Senkung der Qualifizierungskosten

These 3: E-Learning als ein optimaler Weg zum selbstorganisierten Lernen? GEFAHREN Gebunden an die persönliche Motivation und Anstrengungen des Lernenden („Reiz des Neuen“ lässt schnell nach) Verlust der Systematik Be- oder Verhinderung wichtiger Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit oder Empathie (Vereinzelung der Lernenden) Schwellenängste bei Bedienungsschwächen Standardisierung von Lerninhalten aufgrund der zunehmenden Anfor-derung einer Individualisierung der Lerninhalte nur begrenzt möglich höhere Anforderungen an die Lehrpersonen (erforderlich auch Kompetenz im Umgang mit multimedialen Lernumgebungen)

Literaturhinweise Arnold, Rolf, Tutor Gomez, Claudia, Kammerer, Jutta (2002): Selbstgesteuertes Lernen braucht Selbstlernkompetenzen. In: Kraft, Susanne: Selbstgesteuertes Lernen in der Weiterbildung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S.76-89. Faulstich, Peter, Gnahs, Dieter, Seidel, Sabine, Bayer, Mechthild (Hrsg.) (2002): Praxishandbuch selbstbestimmtes Lernen. Konzepte, Perspektive und Instrumente für die berufliche Aus- und Weiterbildung. Weinheim, München: Juventa. Faulstich, Peter (2002): Lernen braucht Support-Aufgaben der Institutionen beim „selbstbestimmten Lernen“. In: Kraft, Susanne: Selbstgesteuertes Lernen in der Weiterbildung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S. 144-157. Frackmann, Margit, Tärre, Michael (Hrsg.) (2003): Lernen & Problemlösen. Ein Handbuch für LehrerInnen und AusbilderInnen in der Beruflichen Bildung. Hamburg: VSA. Greif, Siegfried, Kurtz, Hans-Jürgen (Hrsg.) (1998): Handbuch Selbstorganisiertes Lernen. 2. Aufl. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Mayer, Hanna, Sittner Elisabeth (Hrsg.) (2006): Selbstorganisiertes Lernen. Gelebte Konzepte zur aktiven Herstellung von Wissen. Wien: Facultas. Siebert, Horst (2005) : Formen des selbstgesteuerten Lernens. In: Burow, Olaf-Axel, Hinz, Heinz (Hrsg.): Die Organisation als kreatives Feld. Evolutionäre Personal- und Organisationsentwicklung. Kassel: University Press. S. 157-172.