Prof. Dr. Hans-Dieter Will Meiningen

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 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Hans-Dieter Will Meiningen 29.04.2008 Bekommt die Pädagogik eine Chance ? -Vorgaben des Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetzes- Prof. Dr. Hans-Dieter Will Meiningen 29.04.2008

Gliederung Was bestimmt das ThürJugStVollzG ? Was brauchen die Gefangenen um sich positiv zu entwickeln? Welche Konzepte gibt es?

Das Verfassungsgericht mahnt: Rd-Nr. 52: „Für den Jugendstrafvollzug hat das Ziel der Befähigung zu einem straffreien Leben in Freiheit ein besonders hohes Gewicht“ Rd-Nr. 53:“Dieser gesteigerten Verantwortung kann der Staat nur durch eine Vollzugsgestaltung gerecht werden, die in besonderer Weise auf Förderung – vor allem auf soziales Lernen sowie die Ausbildung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die einer künftigen beruflichen Integration dienen – gerichtet ist.

Vollzug als Entwicklungschance: In §2 des ThürJStVollzG vom 20.12.2007 ist das Resozialisierungsziel eindeutig verankert: „Der Vollzug dient dem Ziel die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“

§ 3: Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten (Erziehungsauftrag) „…Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt werden. Die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen soll geweckt werden. (dazu Vollzugsplan § 11,3 Punkt 10…“Ausgleich von Tatfolgen“)

Wer bestimmt, was Erziehung ist? Kritik 1: Es wird leider kein Bezug zu SGB VIII (§1)hergestellt – damit ist auch kein Rechtsanspruch auf Erziehung begründet Kritik 2: in §3 bekommt die Erziehung konkurrierende Aufgaben: Schutz der Allgemeinheit

Vorgesehen ist : § 4 Pflicht zur Mitwirkung: Die Gefangenen sind verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. (wie sind beide Aufforderungen zu vereinbaren?) § 107 Mitverantwortung der Gefangenen „Den Gefangenen soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich in ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen.“ § 111 Der Beirat...kann Wünsche Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen.

Beteiligung und Rechte der jungen Gefangenen sind Grundlage erfolgreicher Pädagogik. Kritik: Der Erziehungsauftrag der Anstalt § 3 benötigt seine Entsprechung in den Zugangsrechten der jungen Gefangenen zu diesen Erziehungszielen

Was tun , wenn man anderer Meinung ist? § 87 Beschwerden beim Anstaltsleiter „Die Gefangenen erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden“

Kritik: Ein ausgestaltetes Beschwerderecht ist zentraler Bestandteil eines erzieherischen Klimas. z.B. die Einführung eines Ombudsmannes Vgl. auch Modelle von Beschwerdemanagement in der Jugendhilfe

Zentrales pädagogisches Instrument ist der Vollzugsplan (§ 11) § 10 Feststellung des Erziehungs- und Förderbedarfs ..“in einem Diagnoseverfahren“; darauf aufbauend: (§ 11 )wird in den ersten 6 Wochen ein Vollzugsplan erstellt insbesondere 13 Punkte werden abgearbeitet….

Beispielhafte Punkte des Vollzugsplans Punkt 1) Erläuterung der Ziele, Inhalte und Methoden der Erziehung und Förderung der Gefangenen Punkt 3) Zuweisung zu einer Wohngruppe oder einem anderen Unterkunftsbereich Punkt 5) Teilnahme an schulischen, berufsorientierenden, qualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen… Punkt 6) Teilnahme an therapeutischen Behandlungen oder anderen Hilfs- und Fördermaßnahmen..

Beteiligung und Einbeziehung der Jugendhilfe und ihrer Träger § 7 (2) „Die Anstalt arbeitet mit ausservollzuglichen Einrichtungen und Vereinen eng zusammen, deren Mitwirkung die Eingliederung fördern kann“

Kritik: Die Kompetenz und das Know how der Jugendhilfe werden nicht verbindlich als Kooperationspartner benannt Das Jugendamt ist “out of area“ Auf das Jugendgerichtsgesetz § 38 „durchgehende Betreuung“ wird nicht Bezug genommen (vgl. die Stellungnahme des LJHA)

Es gibt viele unbestimmte Formulierungen wie „zweckentsprechend“ und „geeignet“ im Gesetzestext. Es fehlen Kriterien der Fachlichkeit Standards der Jugendhilfe könnten eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Pädagogik im Jugendvollzug sein. vgl. Betriebserlaubnis; fachliche Empfehlungen der Jugendhilfe z.B. zur Gruppengröße

Kernpunkt der pädagogischen Gestaltung ist die Unterbringung in Wohngruppen. § 26 sagt: „Geeignete Gefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht. Nicht geeignet sind in der Regel Gefangene, die aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind.“ Kein Wort zu Gruppengröße, Betreuerschlüssel, Personalzusammensetzung etc. Warum sollten dafür nicht die Standards der Jugendhilfe gelten?

Differenzierte pädagogische Angebote sind möglich der offene Vollzug, die Sozialtherapie Vollzugslockerungen

Der offene Vollzug §13: „Die Gefangenen sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich dem Vollzug nicht entziehen und die Möglichkeiten des offenen Vollzuges nicht zur Begehung von Straftaten mißbrauchen werden.“ (vgl. bisherige Zahlen!) Kritik: Zwischenformen wie ein „halboffener Vollzug“ sind nicht vorgesehen

Statistik: Disziplinierungen

Die Sozialtherapie § 14: „Gefangene können in einer Sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, wenn deren besondere therapeutischen Mittel und soziale Hilfen zum Erreichen des Vollzugsziels angezeigt sind.“ Kritik: der Rechtsanspruch darauf fehlt (§ 105 formuliert nur): „In der Anstalt soll eine sozialtherapeutische Anstalt eingerichtet werden“ Wer trifft die Entscheidung (vgl. z.B.Hilfeplan nach § 36 SGB VIII)

Vollzugslockerungen § 15 (3) Vollzugslockerungen sieht vor: „Unterbringung in besonderen Erziehungseinrichtungen oder Übergangseinrichtungen freier Träger“ (Wer sorgt dafür,dass es solche Einrichtungen gibt?) Vgl. das Projekt Chance in Baden Württemberg

Gewährleistung des erforderlichen Personals Im ganzen Gesetz werden keine konkreten Aussagen über die personelle Ausstattung zu Personalschlüssel und Qualifikationsstandards gemacht: Vgl. § 102: „Die Anstalt wird mit dem für das Erreichen des Vollzugsziels erforderlichen Personal ausgestattet.“

Deeskalationspflicht der Bediensteten Zu einem gewalt-reduzierenden Anstaltsklima gehört das entsprechend geschulte Personal: Keine Schusswaffen im Alltag Keine Sanktionsautomatik, Keine unrealistischen Pflichten

Beratungs- und Motivationsangebote Im Gegensatz zu den Sanktionen und Eingriffsmaßnahmen der Anstalt (11.Abschnitt) werden die Beratungs- und Motivationsangebote (vgl. §4) nicht präzisiert und festgeschrieben

Ziel des Vollzugs sollte sein: eine offene und direkte pädagogische Aufarbeitung der Tat und Lebensverhältnisse, Im §82 wird als „erzieherische Maßnahmen“ ein Erziehungsbegriff verwendet, der in der Pädagogik nicht mehr gebräuchlich ist.(= identisch mit negativer Sanktion)

Fundierte Behandlungskonzepte § 97(1) formuliert nach BVG-Vorgabe: „Behandlungsprogramme für die Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.“ 1 Person soll dazu im JM eingestellt werden

Fazit I. Teil: Der Wortlaut des ThürJStVollzG lässt viele für die Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit wichtige Regelungen offen – eine Chance zur Ausgestaltung Das Gesetz zwingt nicht zur konsequenten Umsetzung Das Gesetz versäumt, den Stand fachlicher Erkenntnisse -insbesondere der Jugendhilfe- einzufordern

Was brauchen die Gefangenen, um sich positiv zu entwickeln?

Was braucht der Jugendgefangene?

Um sich zu entwickeln: Schulische Förderung Berufliche Ausbildung Soziales Lernen

Rückfalluntersuchung Adelsheim (nach J.Walter 2007) Allgemeine Rückfallquote (Wiederkehrerquote) nach 4-5 Jahren 56% Berufsausbildung im Jugendstrafvollzug mit Abschluss: 21 % Untergebracht überwiegend im gelockerten Vollzug: 37 % Nach Entlassung in Arbeit: 46 % Schulabschluss im Jugendstrafvollzug: 51 % Berufsausbildung im Jugendstrafvollzug ohne Abschluss: 51 % Urlaub oder Ausgang erhalten: 52 % Entlassung zur Bewährung: 53 % Entlassung zum Strafende: 62 % Überwiegend im geschlossenen Vollzug untergebracht: 63 % Weder an Schule noch an Berufsausbildung teilgenommen 64 % Arbeitslos nach Entlassung: 64 %

Die Kriminologie und Pädagogik bieten bereits jetzt Wirksame Resozialisierungskonzepte (Folgerungen für den Lernort Jugendstrafanstalt) auf ihre rückfallvermindernde Wirkung überprüfte Lernangebote konkrete, für den betreffenden Gefangenen „maßgeschneiderte“ schulische, berufliche und soziale Fördermaßnahmen Auch Organisation und Struktur wirken auf spätere Legalbewährung

Was schützt unsere Kinder davor, gewalttätig, kriminell oder Opfer von Gewalt bzw. von Drogen abhängig zu werden? (nach Lösel) Eine sichere Bindung an eine Bezugsperson Emotionale Zuwendung und zugleich Kontrolle in der Erziehung Erwachsene, die auch unter widrigen Umständen gute Vorbilder sind Eine gute Intelligenz und gutes Planungsverhalten Soziale Unterstützung durch nicht-delinquente Personen Ein mehr aktives und weniger vermeidendes Verhalten in Problemsituationen Erfolg in der Schule und Bindung an schulische Werte und Normen Zugehörigkeit zu nicht-delinqenten Gruppen oder eine gewisse soziale Isolation Erfahrungen der Selbstwirksamkeit in nicht gewalttätigen Aktivitäten (z.B. Hobby) Ein positives aber nicht unrealistisch überhöhtes Selbstwerterleben Soziale Kompetenz und ein positives Konfliktmanagement Ein positives Schulklima Das Gefühl von Sinn und Struktur im eigenen Leben

II. Fazit: Erfolgversprechende Behandlungsansätze sind: Kleine Gruppen Vollzugslockerungen Vervollkommnung der Schulbildung Berufsausbildung soziales Lernen ( bes. Stärkung der Eigenverantwortung) Antigewalttraining interkulturelle Kommunikation Entlassung zur Bewährung Vor- und Nachbereitung der Entlassung

III.Herausforderungen und Aufgaben Es geht darum mit dem Wissen von heute den modernen Jugendstrafvollzug zu gestalten Ein Beispiel dazu liefert das „Just community-Konzept“ Praktiziert in de VA Adelsheim seit 1996

Zentrales Problem: die Subkultur Siegburg ist überall „Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Resozialisierungsarbeit von der überkommenen Anstaltsorganisation und der existierenden Insassenkultur ganz eindeutig mehr behindert als gefördert wird.“ (Harbordt)

Fachlicher Rat aus der Jugendhilfe Die Heimerziehung hat den erfolgreichen Weg beschritten, mit Heimreformen und Ausdifferenzierung bei den stationären Hilfen zur Erziehung die Subkultureffekte abzubauen Daher die Forderung nach Einführung der Qualitätsstandards der Jugendhilfe in den Vollzug

Kohlbergs Theorie des moralischen Urteilens Niveau I ) präkonventionell Stufe 1: heteronome Moralität Stufe 2: Zielbewußtsein und Austausch Niveau II) konventionell Stufe 3: Interpersonelle Konformität Stufe 4: Soziales System und Gewissen Niveau III) postkonventionell, prinzipengeleitet Stufe 5: gesellschaftliche Nützlichkeit Stufe 6: universale ethische Prinzipien

Daraus leitet sich ab, Die moralische Entwicklungist ein lebenslanger Prozess Ein Mensch kann nicht hinter eine einmal erreichte Stufe zurück Sein moralisches Bewußtsein ist maßstab seines Handelns Ohne die Bereitschaft, andere Standpunkte, Perspektiven anzunehmen ist keine moralische Entwicklung möglich Moralische Entwicklung ist ohne Autonomie nicht möglich

Das Projekt Chance Übertragung des Just-community-Konzeptes auf den Vollzug in freier Form Inzwischen in drei Standorten in Baden-Württemberg (vorzugsweise für Jugendliche Strafgefangene unter 18 Jahren Siehe Eva Dreßel, „Projekt Chance“ Eine Alternative zu herkömmlichen Strafanstalten, Verlag Waxmann 2007

Identifikation mit der Einrichtung statt Subkultur: der Arxhof Das Massnahmenzentrum für junge Erwachsene Arxhof bei Basel (seit 1991) Macht Sozialtherapie statt Sicherheitsvorkehrungen Baut auf Opferschutz Reduziert Strafen(aber: 4 Kardinalsregeln) Pflegt eine Kultur der Beziehungsgestaltung und des Umgangs miteinander Baut auf demokratische Strukturen und flache Hierarchie

Konsequenzen für die Lehrer im Vollzug Arbeit nach Kohlberg: Bewusste Dilemma-Diskussionen-vgl. das „Heinz-Dilemma“ Die Plus-Eins-Konvention: im sokratischen Dialog – als gleichwertiger Interaktionspartner – konfrontiert der Lehrer die Schüler mit Argumeten, die jeweils eine Stufe höher liegen als die der Schüler.

Im Konflikt entsteht soziales Lernen und moralisches Bewusstsein Der konstruktive Umgang mit Konflikten ist Gegenstand von Mediation Die Schulen richten Streitschlichtergruppen als Maßnahme zur Gewaltprävention ein Vgl. den Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) im Jugendstrafrecht als alternative Sanktion Warum nicht auch im Vollzug?

Einführung von Mediation bedeutet (Lernziele der Mediation:) Verantwortungsübernahme Kommunikationsfähigkeit Gewaltfreiheit Perspektivenwechsel Empathiefähigkeit Erkennen und Artikulieren der eigenen Bedürfnisse

Mein Angebot an Sie: Entwicklung von „Streitschlichterprogrammen“ für den Jugendvollzug!

III. Fazit Das Bundesverfassungsgericht hat eine Tür aufgestoßen, die zu mehr Pädagogik im Rahmen der Jugendstrafe führen kann. Es liegt daran die Türe zu ölen und nicht einrosten zu lassen

Th. W. Adorno Die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz wäre Autonomie, wenn ich den Kantischen Ausdruck verwenden darf, die Kraft zur Reflexion, zur Sebstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen.“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit