Dorothee Drees, 8. Semester

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 Präsentation transkript:

Dorothee Drees, 8. Semester Referat für das Seminar: „Gesundheit und Krankheit: Theoretische, diagnostische, gesundheitspolitische und persönliche Aspekte.“ C. Eichenberg

Diagnostische Fertigkeiten: Erstgespräch und Anamnese in Theorie und Praxis

Inhaltsverzeichnis 1. Definitionen 1.1. Wesentliche Informationen stammen aus drei verschiedenen Quellen: 1.1.1. Objektive Informationen 1.1.2. Subjektive Informationen 1.1.3. Szenische oder situative Informationen 1.1.4. Zusammefassung 2. Motivation 2.1. Bewusste Motivation 2.2. Unbewusste Motivation 2.3.Verschiedene Motivationstypen

Inhaltsverzeichnis 3. Herstellung der Gesprächssituation in drei Schritten 4. Umgang mit Widerstand 5. Dynamik der Gesprächssituation 6. Gestalt der Gesprächsinhalte 7. Auswirkungen der Gesprächssituation 8. Das Interview als Grenzsituation 8.1. Das diagnostische Interview 8.2. Das therapeutische Interview

1. Definitionen Erstinterview : „Der Psychotherapeut versteht unter einem Erstinterview eine erste und im allgemeinen einmalige, zeitlich begrenzte Gesprächssituation mit einem Patienten, die einem bestimmten Zweck dient.“ (Argelander 1970, S. 16)

1. Definitionen 1. Das definitive Ergebnis eines Erstinterviews kommt als das Resultat einer Materialverarbeitung von Interviewinformationen zustande.

1.1. Diese Informationen stammen aus drei verschiedenen Quellen: Objektive Informationen Subjektive Informationen Szenische oder situative Informationen

1.1.1. Objektive Informationen Demographische Daten Nachprüfbare Verhaltensweisen oder Persönlichkeitseigentümlichkeiten Werden zur psychologischen Aussage mit dem Charakter objektiver Informationen auf Grund einer best. Datenkonstellation Das Instrument der Wahrnehmung dieser Zusammenhänge aus den objektiven Daten ist das Fachwissen

1.1.1. Objektive Informationen Als Kriterium für den relativen Wahrheitsgehalt der Interpretationen bietet sich die logische Evidenz an Für wiss. Zwecke sehr fruchtbar Für die Voraussage eines individuellen Behandlungsprozesses haben sie nur wenig Wert

1.1.2. Subjektive Informationen Entscheidend ist ausschließlich die Bedeutung, die der Patient ihnen verleiht Nur die gemeinsame Arbeit mit der Patientin macht sie erfahrbar Das Instrument der Wahrnehmung der subjektiven Informationen beruht allein auf dem gekonnten Umgang mit der Patientin

1.1.3. Subjektive Informationen Das Kriterium für die Verlässlichkeit der Information ist die situative Evidenz (Gefühl einer prägnanten Übereinstimmung zwischen Informationen und Situationsgeschehen) Sehr geeignet für die Voraussage eines individuellen Behandlungsprozesses Nicht mit anderen Persönlichkeiten zu vergleichen wegen der individuellen Züge und der Haftung an die aktuelle Situation

1.1.3. Szenische oder situative Informationen Unterschied zur Subjektiven Information ist nur eine Akzentverschiebung: Bei der Subjektiven Information stehen noch die berichteten Daten im Vordergrund, denen der Patient die subjektive Bedeutung verleiht, hier dominiert das Erlebnis der Situation mit all seinen Gefühlsregungen und Vorstellungsabläufen, auch, wenn die Patientin schweigt Als Kriterium für die Verlässlichkeit der Informationen gilt auch die situative (szenische) Evidenz inklusive „Vorfeld“ - Phänomene

1.1.3. Szenische oder situative Informationen Eine solche Info ist niemals durch Wiederholung nachprüfbar, sie ist aber für die Prognose des therapeutischen Prozesses am aufschlussreichsten Das Instrument der Wahrnehmung ist die Persönlichkeit des Interviewers, eingesetzt und abgestimmt auf das unbewusste Beziehungsfeld mit dem Patienten

1.1.4. Zusammenfassung Die Zuverlässigkeit des gewonnenen Persönlichkeitsbildes und seiner psychischen Störungen wächst mit der Integration der Informationen aus allen drei Quellen

2. Motivation Gute Motivation ist nach einer Studie von Muck und Paàl (ebd. S. 24) die Kombination von Leidensdruck und Motivation Es gibt Bewusste Motivation Unbewusste Motivation

2.1. Bewusste Motivation Gute Motivation wäre z.B. eine gute Vorbereitung auf das Gespräch oder der Wunsch des Patienten, anstatt mit Tabletten mit seelischen Mitteln behandelt zu werden. Mittelmäßig motiviert wäre jemand, der vom Therapeuten die Lösung seiner Probleme erwartet. Schlecht motiviert wäre jemand, der meint, keine Probleme zu haben.

2.2. Unbewusste Motivation Sie „verrät sich an den Arrangements in der ungewöhnlichen Gesprächssituation selbst.“ (ebd., S. 26) Krankheit lässt sich an der unbewussten Motivation typisieren, da Krankheit und unbewusste Motivation in einer Wechselbeziehung zueinender stehen.

2.3.Verschiedene Motivationstypen Vorgeschickter oder vorgeschobener Patient Anspruchsvoller Patient Anspruchsloser oder unergiebiger Patient Aufgeklärter Patient

3. Herstellung der Gesprächssituation in drei Schritten Technik des Vorfeldes Aktivität wird dem Patienten überlassen und seine Wünsche und Forderungen so weit erfüllt, wie es die Realität des Therapeuten zulässt Situative Bedingungen Ort und Zeit Haltung der Therapeutin Gleichschwebende Aufmerksamkeit ohne Bewertung Ausschließliche Suche nach dem Sinn der gebotenen Informationen Kann sowohl pos., als auch neg. Reaktionen hervorrufen

4. Umgang mit Widerstand Zwei Techniken: Vermeidung jeder Auseinandersetzung mit dem Patienten, Ziel ist möglichst viel für die Urteilsbildung zu erfahren Informationsmaterial wird gemeinsam mit dem Patienten mit Deutungen oder Fragen, die nur den Sinn der momentanen Gesprächsphase reflektieren erarbeitet.

5. Dynamik der Gesprächssituation Die schöpferisch gestaltete Szene (Kerngerüst des Erstinterviews und Schlüsselinformation zur Erfassung fremdseelischen Geschehens) hat eine eigene Dynamik, die aus unbewussten Quellen gespeist ist. Geschulte Wahrnehmung ist nötig, um sie verwerten zu können und nicht den Fehler zu begehen handelnd mit ihr umzugehen, d. h. ins Agieren zu geraten.

6. Gestalt der Gesprächsinhalte Verdichtung der Sinnstrukturen des Materials zu einer eigenen Gestalt Die Strukturelemente gehören zu einem Sinngefüge Wenn die Gestalt sichtbar wird, erkennt man die besondere Bedeutung einzelner Informationen  der Darstellungsprozess des Patienten darf nicht gestört werden Technische Konsequenz: zirkuläres anstelle von linear progredientem Vorgehen

6. Gestalt der Gesprächsinhalte Ursachen dieses Phänomens Unbewusste Vorgänge stoßen im Lauf des Lebens mit den vorbewussten Wahrnehmungsprozessen zusammen und hinterlassen Spuren Ausformung der individuellen Gestalt durch Anpassung an die inneren seelisch-ökonomischen Bedingungen und die äußere Realität

7. Auswirkungen der Gesprächssituation Alle Patienten empfinden sich als Opfer fremdartiger, unbewusster Kräfte, die „ichfremd“ bleiben, auch wenn sie bereits gemerkt haben, dass diese etwas mit ihrer Person zu tun haben Der Widerstand der Patienten, dieses auf sich selbst zu beziehen und in ihr Bewusstsein zu integrieren, bietet einen natürlichen Schutz Krankheit ist offensichtlich das „kleinere Übel“ gegenüber der Gefahr der Selbsterkenntnis,

7.Auswirkungen der Gesprächssituation d. h. jede Konfrontation mit dem Unbewussten steigert entweder den Widerstand oder hat traumatische Folgen, geäußert in Form von Kränkung, gepaart mit einem Vorwurf an den Interviewer

8. Das Interview als Grenzsituation Die Grenzsituation ist die Verflechtung der verschiedenen Informationsprozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt des Gespräches. Die fortschreitende Materialverdichtung, die Szenendynamik und die Auswirkung einer Deutung in Frageform fließen zu einer neuen Information zusammen.

8. Das Interview als Grenzsituation Bei einem Mikroskop ist eine starke Vergrößerung mit Verlust der Übersicht verbunden. Die Grenzsituation ist als starke Vergrößerung zu sehen.

8. Das Interview als Grenzsituation Daraus folgen zwei wichtige Gesichtspunkte: Zur geschulten Deutung gehören Wissen und Erfahrung Nur wer die großen Zusammenhänge kennt, kann scharf eingestellte Details richtig interpretieren Es ist eine sehr genaue, aber nur auf diese Situation begrenzte Aussage zu erreichen Gesprächssituationen mit einem anderen Interviewer können völlig anders verlaufen, Lickint zeigte die Andersartigkeit der Informationen durch verschiedene Erwartungshaltungen bei demselben Interviewer

8. Das Interview als Grenzsituation Zeitpunkt der Datenabfrage ist von Bedeutung Datenauslegung der Interviewerin Interviewerin gibt den Informationen im Zusammenhang mit der dynamischen Szene eine Bedeutung Datenauslegung des Patienten Patient hat die Bedeutung der Auskunft bereits festgelegt

8. Das Interview als Grenzsituation Die Grenzsituation ist die Schaltstelle für die Entscheidung, welche Absicht mit dem Interview verfolgt wird Diagnostisch Therapeutisch Notfalltherapeutisch oder Wissenschaftlich forschend

8.1. Das diagnostische Interview Erste Phase: Das Suchen nach diagnostischer Klarheit Aufklärung des Sinnzusammenhangs des Symptoms mit dem hinter ihm verborgenen Konflikt Persönlichkeitsstruktur des Patienten, Fähigkeiten und Widerstände Zweite Phase: die dosiert zugespielte Teilnahme des Patienten am Erkenntnisprozess als Probe-Erfahrung Konkreter Behandlungsvorschlag Motivierung und Vorbereitung des Patienten

8.2. Das therapeutische Interview Für Menschen, die keine Behandlung wünschen oder sich frühzeitig als ungeeignet erweisen Wechsel des Gesprächs zu einer Beratung Die Informationsgestalt sollte erschöpfend behandelt werden, nicht aber über die von dieser Struktur gesetzten Grenze hinausgehen (hieraus entwickelte Balint eine Kurzzeittherapie, die in wenigen Stunden einen festgelegten „fokalen“ Konflikt bearbeitet)

Literatur, Referentin Argelander, H. (1970). Das Erstinterview in der Psychotherapie. Darnstadt: wisswnschaftliche Buchgesellschaft.

Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit!