Tierschutz in der Veterinärverwaltung 2005 Praktische Tipps zur Überwachung der Putenhaltung Haus Riswick, den 16.11.2005
Themenübersicht Einleitung Zuchtlinien Schnabelkürzen Besatzdichte Tierverluste Schwarzkopfkrankheit Fazit Tierschutz 1
Putenhaltung macht Schlagzeilen! … so entsteht Billigfleisch - Der Wahnsinn in deutschen Mastställen Extremzucht - Tierqual auf zwei Beinen Puten - hässlich, dämlich, lecker! Vom Elend eines ehemals herrlichen Vogels - Raus aus dem Ei, Rein in das Vergnügen Lebensmittelskandal: Salmonellen im Putenfleisch! Tierschutz 2
Strukturen der Putenerzeugung Tierschutz 3
Verteilung der Puten in Deutschland auf Ebene der Landkreise Quelle: ISPA nach Datenbasis Agrarstrukturerhebung 2003 Tierschutz 4
Verteilung der Puten in NRW auf Ebene der Landkreise Putenhaltungen Anzahl der Puten Kleve 49 411.100 Warendorf 35 158.500 Wesel 23 132.000 Borken 27 125.100 Gütersloh 31 102.200 Soest 19 82.600 Coesfeld 11 64.100 Paderborn 60.000 Hochsauerlandkreis 18 40.700 Erftkreis 9 32.800 Unna 10 26.400 Euskirchen 13 20.100 Summe 268 1.255.600 Quelle: Allgemeine Viehzählung vom 3. Mai 2001 Tierschutz 5
Entwicklung des deutschen Geflügelmarktes Tierschutz 6
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauches von Putenfleisch Tierschutz 7
Selbstversorgungsgrad Geflügelfleisch in Deutschland 2004 Quelle: ZMP Tierschutz 8
Puten- und Hähnchenpreise im Vergleich Tierschutz 9
Putenmastalleinfutter Phase 4 Tierschutz 10
Putenmastverfahren im Überblick Kurzmast Langmast Saisonal Rein-Raus Rotation Babyputen 24-Wochen- Rhythmus 9-Wochen- 13-Wochen- 19-Wochen- Stallzahl 1 3 4 2 - 3 Durchgänge pro Jahr saisonal 2 - 2,2 bis 6,5 (Aufzuchtstall) 3,5 2,9 Altersstufen im Betrieb > 2 2 Aufzucht ♂♀ Mast ♂ bis 11. LW Aufzucht ♂♀ Mast ♀ Aufzucht ♂♀ Aufzucht ♂♀ Mast Mast ♂♀ Mast ♂♀ Mast ♂ ab 11. LW Mast ♂ ab 11. LW Mast ♀ ab 4. LW Mast ♂ Tierschutz 11
Biologische Leistungen Mastdauer: ♂ 19 - 21 Wochen ♀ 15 - 17 Wochen Mastendgewichte: ♂ 18 - 20,5 kg ♀ 9 - 10,5 kg Futterverwertung: 2,65 Tageszunahmen: ♂ 137 g ♀ 89 g Besatzdichte: Aufzucht 9 - 10 Tiere/m2 Mast ♂ ≤ 2,8 Tiere/m2 ♀ ≤ 5 Tiere/m2 Verluste: ♂ 8 - 10 % ♀ 3 - 5 % Tierschutz 12
Zuchtlinien im Überblick Tierschutz 13
Welt-Puten-Produktion Quelle: Hybrid 1999 Tierschutz 14
Putenproduktion in der EU Bruttoeigenerzeugung 2004 in 1.000 t SG Quelle: ZMP Tierschutz 15
Putenherkünfte Tierschutz 16
Puten-Schlachtgewichte der Welt Quelle: Hybrid 1999 Tierschutz 17
Übersicht der Zuchtprodukte BIG 6 T 9 T 8 Europa, USA, Kanada, Israel schwere Verarbeitungspute späte Entwicklung LG > 18 kg Frankreich Zerlegung/ Ganzkörper kürzere Mastzeiten LG 6 - 14 kg England Ganzkörper Mastdauer 10 Wo. ♀ 18 - 20 Wo. ♂ LG 6 - 18 kg Tierschutz 18
Übersicht der Zuchtprodukte N 700 N 300 schwere Langmastpute hoher Brustfleischanteil Zerlegung weites Anwendungsspektrum mittelschwere Pute Ganzkörper/Zerlegung Tierschutz 19
Übersicht der Zuchtprodukte Grade Maker Converter Euro FP Ganzkörper/ Zerlegung LG 8 - 13 kg Amerika Ganzkörper/Zerlegung LG 9 - 17 kg Europa Zerlegung hohe Schlachtausbeute Tiergesundheit/ Fitness LG > 18 kg Tierschutz 20
Prozentualer Anteil Brust, Oberkeule, Unterkeule und Flügel vom LG Age (Weeks) Breast Meat Breast Skin Total Breast Thigh Meat Thigh Skin Thigh Bone Total Thigh Drum Meat Drum Skin Drum Bone Total Drum Wing Meat Wing Skin Wing Bone Total Wing BUT 8 20 27.7 4.9 32.6 11.7 1.4 1.2 14.2 7.0 1.0 1.5 9.5 4.6 1.3 2.5 8.4 BUT 9 27.5 32.4 11.6 7.2 0.9 1.7 9.9 4.2 2.8 8.2 Big 6 27.2 32.1 11.5 0.8 2.0 10.1 4.1 1.1 3.2 8.3 Quelle: BUT 2002 Tierschutz 21
Aussichten … Neue Zuchtziele Tiergesundheit/Fitness Fleischqualität Feldversuche Euro N 700 Tierschutz 22
Kürzen der Schnabelspitze bei Puten Tierschutz 23
Tierschutzgesetz Vierter Abschnitt: Eingriffe an Tieren § 6 Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen … eines Wirbeltieres. Abweichend … kann die zuständige Behörde das Kürzen der Schnabelspitze bei Nutzgeflügel erlauben. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn glaubhaft dargelegt wird, dass der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung der Tiere unerlässlich ist. Tierschutz 24
Mit veränderter Technik in die Zukunft 1990 Brenneisen - Methode Lichtbogen - Laser-Methode Infrarot - Lichtstrahl -Methode 2005 Tierschutz 25
PFP - Infrarotlichtstrahl Tierschutz 26
Kürzen des Oberschnabels 1. LW 1. LW 5. LW Tierschutz 27
Einflüsse des Schnabelkürzens und der Besatzdichte bei Putenhähnen Gruppe Behandlung Besatzdichte Hähne m2 Alter Tage Gewicht kg FVW 1 : Verluste % 1 Schnabel gekürzt 2,7 148 18,56 2,67 8,00 2 Schnabel gekürzt 2,0 (Minus 25 %) 18,64 2,77 12,10 3 nicht 18,85 2,87 35,48 4 18,82 2,76 30,12 Quelle: Kartzfehn1996 Tierschutz 28
Unerlässlichkeitserklärung Hiermit bescheinige ich … , dass die Haltung des Tierbestandes … von … nach den fachlichen Anforderungen ausgerichtet ist und somit alle Maßnahmen getroffen werden, um die bekannten Ursachen von Federpicken und Kannibalismus weitestgehend auszuschließen. Da dennoch die Gefahr des Auftretens dieser Verhaltensweise gegeben ist und der damit verbundenen Schmerz-, Leidens- und Schadenszuführung der Tiere untereinander anders nicht begegnet werden kann, halte ich als Tierarzt die Unerlässlichkeit des Schnabelkürzens für gegeben. Tierschutz 29
Aussichten … Nach derzeitigem Stand der gesicherten wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisse kann in der Putenhaltung auf das Schnabelkürzen nicht verzichtet werden. Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Puten Initiative Nachhaltige Deutsche Putenwirtschaft - Arbeitsgruppe Tierschutz Tierschutz 30
Besatzdichte in der Putenhaltung Tierschutz 31
Besatzdichte Aufzucht Tierschutz 32
Besatzdichte Anfang Mast Tierschutz 33
Besatzdichte Ende Mast Tierschutz 34
Bundeseinheitliche Eckwerte Zweistufenmodell Henne 52 kg/m2 Hahn 58 kg/m2 Henne 45 kg/m2 Hahn 50 kg/m2 Zusatzanforderungen Sachkenntnis monatlicher Tierarztbesuch Ruhezone Einstreupflege Reduzierung unter tiergesundheitlichen Aspekten Tierschutz 35
Aussichten … Managementabhängiges Besatzdichtemodell Außenklimabereich Tierschutz 36
25 % von der Stallgrundfläche Außenklimabereich Süd-Ansicht Stallgrundfläche 20 m x 90 m = 1800 m² abzgl. Vorraum 5,5 m x 3,0 m = 16,5 m² gleich Nutzfläche (Innenbereich) = 1783,5 m² zuzgl. Außenklimabereich 5,0 m x 87,5 m = 437,5 m² gleich Nutzungsfläche incl. Außenklimabereich = 2221 m² 25 % von der Stallgrundfläche Tierschutz 37
Außenklimabereich Tierschutz 38
Außenklimabereich Tierschutz 39
Zwischenbilanz Uchtmann, 2004 Wartemann, 2005 positiver Einfluss auf Gefiederverschmutzung Tendenz zu erhöhter Knochenbruchfestigkeit keine signifikanten Unterschiede bei Brusthautveränderungen Wartemann, 2005 keine Unterschiede in den Verhaltensmerkmalen Liegen, Stehen und Fortbewegung geringe Unterschiede im Sozial-, Komfort- und Erkundungsverhalten erhöhte Konzentrationen von NH3, CO2 und Staub v. a. im Winter kein Einfluss auf Lauffähigkeit, Beinstellung und Gefiederzustand keine signifikanten Unterschiede in der Schlachtkörper- und Fleischqualität Tierschutz 40
Ursachen der Tierverluste Tierschutz 41
Verteilung der Tierverluste Gemischtmast Aufzucht bis 4. LW Mast 4. LW - 16. LW Mast ab 16. LW 1 - 3 % 3 - 5 % 2 - 3 % Tierschutz 42
Ursachen der Tierverluste Infektiöse Erkrankungen Ernährungsstörungen Intoxikationen Erkrankungen des Skelettsystems Federpicken/Kannibalismus Technopathien Managementversagen Entalphiestress … Tierschutz 43
Aussichten … Stallbautechnische Neuheiten Beschäftigungsmaterial Tiermedizinische Forschung Neue Futterkonzepte Entwicklungsorientierte Mast (EM) Tierschutz 44
Versuchsaufbau Herkunft Masttyp Fütterungskonzept Einsatzzeitraum BUT Big 6 Standard P - 1 bis P - 6 EM-Konzept P - 1 bis P - 7 Nicholas N 700 Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 45
EM-Konzept Rohprotein, % Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 46
EM-Konzept Lysin, % Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 47
EM-Konzept Methionin und Cystin, % Tierschutz 48 Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 48
EM-Konzept Energie ME, MJ/kg Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 49
Basis: Big 6 (Standard) in % absolut Tierverlust-Index Mastdauer 147 Tage Basis: Big 6 (Standard) in % absolut Quelle: Frackenpohl 2005 Tierschutz 50
Schwarzkopfkrankheit Aktuelle Situation in Deutschland Tierschutz 51
Histomonadose Histomonas meleagridis schwefelgelbe Diarrhoe Mortalität 70 - 90 % Lebernekrosen fibrinös-diphteroide Entzündungen der Blinddarmschleimhaut Tierschutz 52
Tierschutz oder Verbraucherschutz? 1995 2003 Es gibt keine therapeutischen Präparate zur Behandlung von Histomonadose mehr. Die Anwendung von Nifursol wird verboten. Tierschutz 53
Aktuelle Situation in Datum Bundesland Betroffene Tiere Alter in Wochen Größe des Betriebes Juni 2003 Hessen 9.000 ♂ 8 9.000 Puten August 2003 Niedersachsen 5 15.000 Puten Dezember 2003 Baden-Württemberg 3.500 ♂ 7 April 2004 2.500 ♂ Mai 2004 25.000 Puten Sachsen-Anhalt 4.000 ♂ 11 8.000 Puten Juni 2004 Bayern 15.000 ♂ August 2004 4.500 ♂ 4 16.000 Puten September 2004 5.000 ♂ 10.000 Puten Februar 2005 Brandenburg 12.000 ♂ Juni 2005 5.500 18 Gesamt 11 Ausbrüche 71.000 - 144.000 Puten Quelle: Hafez et al. 2005 Tierschutz 54
Aktuelle Situation in Alter in Wochen Tierschutz 55 Quelle: Hafez et al. 2005 Tierschutz 55
Aussichten … Ropadiar ® Protophyt ® Tierschutz 56
Fazit Die Bundeseinheitlichen Eckwerte zeigen, dass durch intensive Zusammenarbeit von Tierhaltern, Tierschutzorganisationen, Wissenschaftlern und Behörden auch ohne Rechtsvorschriften konkrete Tierschutzvorgaben in die Praxis umgesetzt werden können. Ziel muss es sein, durch Integration neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Tierschutzaspekte ständig weiterzuentwickeln. Tierschutz 57
Veterinärverwaltung Geflügelpraxis Tierschutz 58