Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär 2006 Arbeiten ohne Netz Forum: Freiberufler und (Schein-)Selbstständige - fair oder prekär? Einstiegsthesen von Dr. Andreas Aust und Veronika Mirschel
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Gliederung 1. Selbstständigkeit - Umfang und Dynamik 2. Selbstständige, Ich-AGs, Scheinselbstständige 3. Soziale Lage von Selbstständigen: Einkommen an den Beispielen Medien/ Kultur / Bildung / IT 4. Probleme selbstständig Erwerbstätoger 5. Probleme kollektiven Handelns 6. Gewerkschaftliche Handlungsfelder
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Begriff Selbstständigkeit (amtliche Statistik): „Personen, die einen Betrieb oder eine Arbeitsstätte gewerblicher oder landwirtschaftlicher Art wirtschaftlich oder organisatorisch als Eigentümer/innen oder Pächter/innen leiten sowie alle freiberuflich Tätigen...“ das Gemeinsame aller Selbstständigen: nicht abhängig beschäftigt, sondern sie „verfügen über eigene Betriebsmittel und stellen auf eigene Rechnung Produkte oder Dienstleistungen her“; mit und ohne weitere Beschäftigte (Solo-Selbstständige) wachsende Grauzone zwischen abhängiger und selbstständiger Beschäftigung (u.a. Scheinselbstständigkeit ) äußerst heterogene Gruppe Selbstständigkeit- Definition
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Gründungen = überproportional viele Allein-Selbstständige 3/4 aller Gründungen = Solo-Selbstständige (Nebenerwerb = 93%) Anteil Solo-Selbstständige insgesamt = 49% ( Mikrozensus März 04) 1. Quartal rund 4,36 Mio. Selbstständige (inkl. mithelfender Familienangehöriger) = > Selbstständigenquote (Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen) bei mehr als 10 Prozent. (BA, Juni 06) Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Zunehmend Gründungen aus der Not Push Faktor Outsourcing in (schein)selbstständige Abhängigkeit z.B. Entbeiner/Sporttrainer/Lehrkräfte/Tätigkeiten ohne Berufsbild => gesellschaftliche Belastung (Arbeitgeber-Entzug) vs. Pull-Faktor = Selbstverwirklichung klassische Freie Berufe - auch unverkammerte Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Scheinselbstständigkeit Die berühmten "5 Kriterien" (nur ein Auftraggeber, keine eigenen Angestellten usw.) sindlängst aus dem Gesetz gestrichen. Auch die Vermutung, dass scheinselbstständig sei, wer mindestens fünf Sechstel seiner Honorare von ein und demselben Auftraggeber bekommt, gilt nicht (mehr) zwingend. Hartz-Gesetzgebung als K.O-Kriterium für Scheinselbstständigkeit. Gründungen aus Arbeitslosigkeit - arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Anstieg der arbeitsamtsgeförderten Existenzgründung: Anfang 1990er: etwas über (bei ca Gründungen) Anfang 2000er: etwas unter (bei etwas weniger als ) 2004: Förderungen über Überbrückungsgeld; Ich-AGs Überbrückungsgeld - Existenzgründungszuschuss (Ich- AG) - Neuregelung 2006 Entwicklung Selbstständigkeit
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Selbstständige - soziale Lage Problemfeld Alterssicherung: nur etwa 1/4 aller Selbstständigen sind in ein obligatorisches Alterssicherungssystem eingebunden (Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, der berufsständischen Altersversorgung oder der Alterssicherung der Landwirte )
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Heterogene soziale Lage; polarisierte Einkommensverhältnisse unter Selbstständigen Armutsrisikoquote unter Selbstständigen: etwa 9% Ca Selbstständige sind ALG II Empfänger/innen (Aufstocker) Teilweise geringe Sparfähigkeit -> keine Absicherung gegen Auftragsflaute oder gegen Altersarmut; immerhin 15% aller Haushalte mit selbstständigen HaupteinkommensbezieherInnen verfügt über keinerlei (weder gesetzlich, noch abgeleitete noch private) Alterssicherung Hohe Fluktuation; Gefahr von Verschuldung bei Insolvenz oder Abbruch der Gründung: -> Schuldenstand bei abgebrochenen Ich AGs: 14% > €, 16% € -> Schuldenstand bei ExistenzgründerInnen mit Überbrückungsgeld: 31% > €; 22% 5.bis € (vgl. Noll/Weißner 2006) Selbstständigkeit - Gemeinsamkeiten der soziale Lage
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär für nicht-verkammerte freie Berufe mehrheitlich keine institutionalisierte Regulierung der Arbeit: -> keine Regulierung der Qualitäts- und Preisstandards -> keine Regulierung des Zugangs zu Berufsfeld -> keine umfassende Regulierung der sozialen Sicherung Verhandlungsposition hier teilweise schwach, da -> keine durchsetzungskräftige kollektive Interessenvertretung -> auf Grund der fehlenden Regulierung des Marktzugangs -> Diskrepanz Arbeitsangebot und Nachfrage Selbstständigkeit - Gemeinsamkeiten der soziale Lage
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Erhebung zur beruflichen und sozialen Lage von Lehrenden in Weiterbildungseinrichtungen (BMBF ) insgesamt = 100% Sozialversicherungspflichtige (14 %) Honorarkräfte / Selbstständige (74 %) Ehrenamtliche (10 %) Sonstige ( 3 %) 23 % aller Lehrenden leben als hauptberufliche Honorarkräfte ausschließlich von der Honorartätigkeit Outsourcing-Trend (durch Hartz-Ausführung = Abbau Weiterbildung) hält an Entwicklung Selbstständigkeit Beispiel Weiterbildung
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Berechnung Aktion Butterbrot Honorarsatz / UE in Euro 18,00 € 24,00 € Jahreshonorar brutto (1064 U E)19.152,00 €25.536,00 € gRV-Beitrag (pflichtvers.) 3.734,64 € 4.979,52 € gKV-Beitrag p.a. (freiw.Vers.) 4.536,68 € 4.536,68 € gPV-Beitrag (wie KV) 618,64 € 618,64 € steuerlich abziehbare SV-Beiträge nach Günstigerprüfung (2005) 5.069,00 € 5.069,00 € Sonstige steuerliche abziehbare Größen Arbeitszimmer 3.000,00 € 3.000,00 € Unterrichts-, Büromaterial 1.000,00 € 1.000,00 € Fahrtkosten 500,00 € 500,00 € Zu versteuerndes Einkommen 9.583,00 €15.967,00 € Steuerschuld 320,00 € 1.786,00 € Solidaritätszuschlag 17,60 € 98,23 € Jährliches Nettoeinkommen: 9.924,45 €13.516,94 € Einkommen Vollzeit-Honorarkraft Beispiel Deutsch als Fremdsprache
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Durchschnittseinkommen aktiv Versicherte auf Bundesebene( laut KSK ) Bereich und Geschlechtunter über 60Insgesamt Wort männlich weiblich Bildende Kunst männlich weiblich Musik männlich weiblich Darstellende Kunst männlich weiblich Alle Bereiche männlich weiblich insgesamt Einkommen - am Beispiel hauptberufliche Kultur-/ Medienschaffende
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Durchschnittseinkommen IT-Freiberufler Statistik - Alter, Berufserfahrung und Kenntnisse der IT-Freiberufler und Manager auf Zeit Im Folgenden werden die Durchschnittswerte aus allen Profilen angezeigt. Zum Beispiel bedeutet Kenntnisse von Programmiersprachen 5, dass der "durchschnittliche Softwareentwickler" 5 verschiedene Programmiersprachen kennt. IT Freiberufler Jahrgang1966 Berufserfahrung seit1989 Stundensatz in EUR 67 Kenntnisse von Hardware 4 Kenntnisse von Betriebssystemen 4 Kenntnisse von Programmiersprachen 6 Kenntnisse von Datenbanken 4 Kenntnisse von Datenkommunikation 6 Kenntnisse von Fremdsprachen 3 Seite generiert am :46:38 - aus GULP.de - Das Portal für IT-Projekte Einkommen - am Beispiel IT-Freiberufler
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär häufig ungleiche Augenhöhe mit Vertragspartnern überproportional häufig in unteren Einkommensstufen bei überlangen Arbeitszeiten fehlende soziale Sicherung fehlende zahlbare Angebote zur Qualifikation (Marktbehauptung) fehlende Angebote zum Gesundheitsschutz (Stress) Orientierungslosigkeit bei Markteinstieg Ausnutzung als Schmutzkonkurrenz Normalarbeitsverhältnis: unpassender Maßstab (Folge z.B.: ALG II) kartellrechtliche Schranken Problemfelder
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär soziale Lage von Selbstständigen: Einzelkämpfer -> keine feste Betriebszugehörigkeit und daher kein sozialer Ort zur Entstehung kollektiven Handelns -> keine Ansprache durch gewerkschaftlich organisierte Betriebsräte -> andere Selbstständige erscheinen eher als Konkurrenten denn als „Kollege“ -> kaum Anreiz für solidarisches Handeln -> individuelles Aushandeln von Entgelten; kartellrechtliche Schranken für Tarifverträge (Ausnahme: „arbeitnehmerähnlich“ nach § 12a TVG) -> autonome Gestaltung der Arbeitsbedingungen -> damit greifen die wichtigsten gewerkschaftlichen Handlungs- instrumente (Tarif- und Betriebspolitik) für Selbstständige nicht Probleme kollektiven Handelns
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär Gewerkschaftliche Handlungsfelder eigene Selbstständigen-Strukturen Finanzierung z.B. von mediafon politische Lobbyarbeit Aktionen anschieben Vorurteile bekämpfen Basis erweitern Branchen-Infos Beratung Musterverträge Empfehlung zu Honoraren Tipps zu Recht und Steuern eigene Weiterbildung Vernetzung untereinander Reflexion über eigene Arbeit Kontakt mit Angestellten soziale Absicherung Rechtsschutz z.T. 12a Tarifvertrag
Freiberufler und (Schein-)Selbstständige fair oder prekär NGG Bau Handel Finanzdienstleistungen Besondere Dienstleistungen IT Weitere Branchen mit hohem bzw. wachsendem Selbstständigenanteil