Theorien als Grundlage und Gegenstand des Geschichtsunterrichts Johannes Heinßen, 3.11.2011.

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 Präsentation transkript:

Theorien als Grundlage und Gegenstand des Geschichtsunterrichts Johannes Heinßen,

Einwände gegen die Kernmodule Additum, das die Stofffülle vergrößert Fremdkörper im Geschichtsunterricht, z.B. Soziologisierung der Geschichtswissenschaft Unklarheit über Integration in den Unterricht bzw. in den Lernprozess Auswahl der Themen und der genannten Autoren ist weder transparent noch überzeugend begründet. Unklarheit über faktischen Stellenwert im Abitur

Historismus 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Annales-Schule Gesellschafts- geschichte/ Historische Sozialwissenschaft Historische Kulturwissenschaft Neue Kulturgeschichte KC-relevante Forschungstraditionen (Schulen) der Geschichtswissenschaft

Historismus Ziel: Darstellung der historischen Epochen in ihrem Eigenwert (Unmittelbarkeit zu Gott) Erkenntnistheorie: Das erkennende Subjekt und die historischen Gegenstände partizipieren beide an den der Schöpfung zugrunde liegenden göttlichen Ideen. Insofern gibt es keine Erkenntnisschranke, objektive historische Erkenntnis ist möglich. Der Schwerpunkt liegt auf der Methodik. Gegenstand: Politikgeschichte. Besondere Bedeutung des Staates, individuelles Handeln, Krisensituationen Rückzugsparadigma in Krisenzeiten (nach 1945 und 1989!)

Niederschlag im KC Kompetenzbereich Methoden: Quelleninterpretation Rekonstruktion historischer Zusammenhänge mithilfe von Quellen und Darstellungen Sinnstiftendes Erzählen Kompetenzbereich Deutung und Reflexion Sachgerechte, differenzierte Urteilsbildung Rahmenthema 1: Krisen, Umbrüche und Revolutionen (Formen des Wandels) => Nur noch unhintergehbare Grundlagen historischen Denkens, aber keinerlei theoretische Wirksamkeit mehr. Der Historismus, verstanden als die deutsche Art, Geschichtswissenschaft zu verstehen und zu betreiben, ist im KC überwunden.

Historismus 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Annales Gesellschafts- geschichte/ Historische Sozialwissenschaft Historische Kulturwissenschaft Neue Kulturgeschichte KC-relevante Forschungstraditionen (Schulen) der Geschichtswissenschaft

Annales-Tradition (Frankreich ab 1929) Ausweitung des Gegenstandsbereiches über die Politik- und Ideengeschichte hinaus, auf Geographie, Soziologie, Psychologie. Leitidee der historischen Synthese (fächerübergreifende Kooperation) Untersuchung von Genese und Wandel kollektiver Vorstellungen. Untersuchungseinheiten: Familie, Dorf, Berufsgruppe (statt Klasse, Volk, Nation). Gefühle, Sinneswahrnehmungen, Denkforme  Mentalitätengeschichte  „Histoire totale“, „Histoire-problème“ beruhen auf Konstruktionsleistung des Historikers. Selektivität der Materialsichtung und der Darstellung Dreigeschossige Architektur: OG: Traditionelle Ereignisgeschichte => Ideen, Kurzfristige Planungen, Leidenschaften, individuelles Handeln EG: Phänomene der Wirtschafts- und Sozialgeschichte => Zusammenhänge, Strukturen, Zyklen, Konjunkturen, Trends Keller: Naturgeographische und biologische Grundlagen historischen Geschehens => (Lange) Dauer, Trägheit

Niederschlag im KC Kategorien: „Kontinuität und Wandel“ „Individuum und Gesellschaft“ „Wirtschaft und Umwelt“ Kernmodul 1: Bedingungsfaktoren von Krisen und Revolutionen, Trennung kurz- und langfristiger Folgen Kernmodul 3: Ausprägungen und Veränderungsprozesse im kollektiven Selbstverständnis der Deutschen Erscheinungsformen des nationalen Denkens und Selbstverständnisses

Historismus 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Annales Gesellschafts- geschichte/ Historische Sozialwissenschaft Historische Kulturwissenschaft Neue Kulturgeschichte Historische Kulturwissenschaft II KC-relevante Forschungstraditionen (Schulen) der Geschichtswissenschaft

Die Historische Sozialwissenschaft (Bielefelder Schule) Historismus Primat der Außenpolitik Politikgeschichte Ereignisse, individuelles Handeln, Krisen Erkenntnistheoretischer Realismus Kontemplative Rezeption der Ergebnisse Historische Sozialwissenschaft Primat der Innenpolitik Sozialgeschichte Strukturen Explikation des Erkenntnisinteresses Theoriebezüge Funktionalisierung der Ergebnisse im politischen Diskurs Gesinnungskonsens: Westliches Demokratiemodell (Modernisierung)

Niederschlag im KC Objekttheoretisch ausgerichtete Theoriemodule mit einschlägigen sozialhistorischen Themen: Theorien zur Modernisierung Migration Transformationsprozesse

Historismus 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Annales Gesellschafts- geschichte/ Historische Sozialwissenschaft Historische Kulturwissenschaft Neue Kulturgeschichte Historische Kulturwissenschaft II KC-relevante Forschungstraditionen (Schulen) der Geschichtswissenschaft

Neue Kulturgeschichte Historische Sozialwissenschaft Primat der Innenpolitik Sozialgeschichte Strukturen Explikation des Erkenntnisinteresses Theoriebezüge Funktionalisierung der Ergebnisse im politischen Diskurs Gesinnungskonsens: Westliches Demokratiemodell (Modernisierung) Neue Kulturgeschichte Favorisierung der subjektiven Ebene unterhalb der Makro- strukturen. Rückwendung zu: – Subjektivität der Handelnden – Denk- und Deutungsmustern – Formen kultureller Praxis – Kultur statt Gesellschaft Entpolitisierung der Intentionen Internationalität Linguistic turn => Vielfalt der Themen und methodischen Zugriffe. Postmodernität

Niederschlag im KC Ausrichtung des Rahmenthemas 3: Mentalitätsgeschichtliche Voraussetzungen, kollektives Selbstverständnis, Erscheinungsformen nationalen Denkens und Selbstverständnisses Kernmodul: Nation – Begriff und Mythos Rahmenthema 4: Geschichts- und Erinnerungskultur: Formen, Funktion von und Umgang mit historischer Erinnerung

Historismus Gesellschaftsgeschichte/ Historische Sozialwissenschaft Neue Kulturgeschichte Geschichte erzählen Geschichte umerzählen Geschichte immer wieder neu erzählen => Subjektivierungsprozess historischer Erkenntnis in den letzten 150 Jahren (Stefan Jordan) RealismusKonstruktivismus

Das Problem: Der verengte Fokus der Historischen Sozialwissenschaft ist veraltet. Aber die Pluralisierung der Theorien und Methoden der neuen Kulturgeschichte führt, verglichen mit der Historischen Sozialwissenschaft, zu theoretischer Beliebigkeit.

Ein Ausweg: Umschalten von Objekttheorien auf Subjekttheorien: Rückbesinnung auf die Erkenntnistheorie der Historischen Kulturwissenschaft der Jahrhundertwende (Max Weber, Georg Simmel)

Objekttheorien Wahrheit, die sich in der Ordnung der Dinge widerspiegelt Theoretischer Zugriff auf die Gegenstandsebene erfolgt ohne erkenntnistheoretische (Reichweiten)reflexion Beispiele: Historischer Materialismus, Historismus Versprechen eindeutiger Orientierung => Was ist historisch wahr? Subjekttheorien Es gibt viele Wirklichkeiten. Anerkennung des Konstruktivismus: Historische Erkenntnis ist Konstruktion anhand von Bedeutungszuschreibungen. Historiographie ist eine Auslegung zweiter Ordnung aus der Feder des Historikers (Multi)perspektivität => Wie ist Geschichte möglich?

Historismus 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Annales Gesellschafts- geschichte/ Historische Sozialwissenschaft Historische Kulturwissenschaft Neue Kulturgeschichte Historische Kulturwissenschaft II KC-relevante Forschungstraditionen (Schulen) der Geschichtswissenschaft

Kulturwissenschaftliche Erkenntnis ist an subjektive Voraussetzungen gebunden. Sie setzt die Beziehung der Kulturerscheinungen auf Bedeutungszuschreibungen voraus. Ihre Probleme verändern sich ständig. Ablehnung eines naiven Realismus: Kulturwissenschaftliche Erkenntnis entsteht in Abhängigkeit von der Richtung des Erkenntnisinteresses. „Nicht die sachlichen Zusammenhänge der ‚Dinge’, sondern die gedanklichen Zusammenhänge der Probleme der Probleme liegen den Arbeitsgebieten der Wissenschaften zugrunde.“ (Max Weber) Akzentuierung der Bedeutung des Begriffs und des Idealtyps in der Kulturwissenschaft Trennung von Erfahrungswissen und Werturteil: Wissenschaftliche Forschung kann keine Werte hervorbringen. => Konsequent subjekttheoretische Reflexion des historischen Erkennens (Wie ist Geschichte möglich?) Historische Kulturwissenschaft der Jahrhundertwende

Niederschlag im KC Kategorien, Dimensionen, Perspektiven: Können sämtlich aus dem Erkenntnismodell abgeleitet werden. Keine Verengung der Erkenntnisgegenstände (maximale Integrationskraft) Kompetenzbereich Sachwissen: Entwicklung eigener erkenntnisleitender Fragestellungen (ohne inhaltliche Verengung: Reintegration der Politikgeschichte) Kompetenzbereich Deutung und Reflexion: Reflexion des Konstruktcharakters von Geschichte Dekonstruktion des Objektivitätsbegriffes Trennung von Sach- und Werturteil (Erfahrungswissen vs. Wertideen) Formulierung einer Erkenntnistheorie der Kulturwissenschaften

Das Beispiel „Modernisierung“ US-Modernisierungstheorien der 50er/60er Jahre: USA als normatives Modell Schroffe Scheidung Traditional – modern: Denkfigur der „Großen Dichotomie“ Interdependenzaxiom: simultaner, gleichgerichteter Fortschritt von der Tradition zur Moderne Nur eine einzige Logik der Moderne: Modernisierung ist revolutionär, irreversibel, unausweichlich, global, komplex, systematisch, langwierig, homogenisierend, progressiv Subprozesse: Wirtschaftswachstum, soziale Differenzierung, Wertewandel, Mobilisierung, Partizipation, Institutionalisierung von Konflikten

Erster Schritt: Objekttheorien Erwerb von Sachwissen Anwendung der Theorie auf das Sachwissen Erschließung einer Theorie Reichweitenreflexion: Wie tragfähig ist die Theorie, bezogen auf die Sachebene? Wahlmodul Y Wahlmodul X Wahlmodul X Gemäß Kernmodul

Das Beispiel „Modernisierung“ Kritik an dieser Theorie: Normative und kategoriale Bindung an amerikanische Gesellschaft Ausblendung von Krieg und Kolonialherrschaft, Imperialismus, internationaler Machtpolitik Aufleben sozialdarwinistischer Gedanken Geschichte zwischen den beiden Polen (T-M) wird zur Übergangsgeschichte, die ihren Wert verliert. Unklarheit über Strukturen und Prozesse des Übergangs von der Tradition zur Moderne Epoche der Tradition wird unzulässig nivelliert und deformiert (Statik, Konsistenz von Normen, Opposition zur Moderne, Rückzug vor Moderne, …) Indikatoren unzuverlässig Linearer Aufstieg unterschlägt die Rückentwicklungen (Entdifferenzierung, Entmodernisierung, z.B. NS) Axiom, dass die Form der Funktion folgt. Zweifel an Theorie des Sozialen Systems Unterschätzung von Politik

Das Beispiel „Modernisierung“ Der theoretische Ausweg: Historisch-komparative Modernisierungsforschung Rückwendung zu Max Weber Abschied von Großtheorien Historisch fundierte, sorgfältig vergleichende Modernisierungsforschung ohne naives Passepartout. Erarbeitung eines auf breiter empirischer Grundlage gewonnenen Idealtypus der westlichen Modernisierung Ausdehnungsfähige Grundlage, empirische Kontrolle der Idealtypen Flexibilität der Theoriekombinatorik Notwendigkeit des Vergleichs wird ernstgenommen Klärung evolutionstheoretischer Prämissen: Strukturwandel mit inhärenten Krisen, Konflikten und Disparitäten; Thematisierung des internationalen Transfers von Ideen und Technologien Eigengewicht des Kampfes um Macht und Herrschaft Mit weiten und engen Erkenntnisinteressen vereinbar Krisen als Knotenpunkte Erarbeitung okzidentaler Rahmenbedingungen möglich Explikation normativer Elemente.

Modernisierungstheorien Stufen- theorien Max Weber US-Theorien 50er/60er Jahre Historisch- komparative Modernisierungs- forschung Z.B. Marx Doppelte Konstituierung der Wirklichkeit durch realhistorische Potenzen und Weltdeutungen Konzept des Okzidentalen Rationalismus als Bedingung westlicher Modernisierung USA als normatives Modell „Große Dichotomie“ Tradition – Moderne Interdependenzaxiom Nur eine einzige Logik der Moderne Geschichts- philosophie Linearer Fortschrittsprozess Abschied von Großtheorien, historisch fundierte, vergleichende Modernisierungsforschung, empirisch ermittelter Idealtypus der Modernisierung, Messung von Äquivalenzen und Abweichungen, mit engen und weiten Erkenntnisinteressen vereinbar.

Zweiter Schritt: Subjekttheorien Erschließung von Theorie I Theorienvergleich Erschließung von Theorie II Reichweitenreflexion: Welche Funktion besitzen Theorien zum Verständnis von Geschichte? Revolutions- definitionen Modernisierung Theorien zu Krisen Relationalität historischer Erkenntnis

Konsequenzen für den Umgang mit Theorien Theorien sind zu jeder Zeit Grundlage historischer Erkenntnis, auch wenn sie nicht expliziert werden. Die Integration theoretischer Reflexionen - z.B. in Gestalt der Kernmodule - in die einzelnen Semester ist ein prinzipiell gebotener Schritt zur Herausbildung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins. Es muss sorgfältig zwischen Objekt- und Subjekttheorien unterschieden werden. Objekttheorien stellen die einfachere Variante dar. Sie bilden eine gut handhabbare Kriterienbasis für das Zustandekommen historischer Urteile. Andererseits bilden sie einen (verengten) kategorialen Zugriff auf den Gegenstandsbereich der Geschichtswissenschaft. Sie sind daher immer kritisch zu überprüfen. Die subjekttheoretische Reflexion ist zentral für die Erfahrung lebenslangen Lernens in der globalisierten Gesellschaft. Die damit verbundene Einschränkung des Quellenstudiums in rekonstruktiver Absicht stellt eine logische Überwindung des historistischen Erbes und seines naiven Objektivitätsglaubens dar.

Ein (einfaches) Kompetenzmodell zum Umgang mit Theorien AFB Die SuS können … 3Reflektierendie Reichweite von Theorien beurteilen. Sie erörtern, inwieweit die Theorie die Inhalte hinreichend erklären kann (objekttheoretisch). Sie reflektieren die Reichweite von Theorien im Allgemeinen (subjekttheoretisch). 2Anwendenhistorische Gegenstände (Krisen, Transformations- prozesse, Identitätsvorstellungen) auf der Grundlage von Theorien erläutern/erklären 1WiedergebenTheoriemodelle eigenständig wiedergeben.

Literatur: Zum Historismus in der hier verwendeten Wortbedeutung: Friedrich Jaeger, Jörn Rüsen, Geschichte des Historismus. Eine Einführung, München Zu den Forschungstraditionen der Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert: Lutz Raphael, Geschichtswissenschaft im Zeitalter der Extreme. Theorien, Methoden, Tendenzen von 1900 bis zur Gegenwart, München Zur Aktualität der Historischen Kulturwissenschaft: Otto Gerhard Oexle, Geschichte als Historische Kulturwissenschaft. In: Wolfgang Hardtwig, Hans- Ulrich Wehler (Hgg.), Kulturgeschichte Heute, Göttingen 1996, S Zur Erkenntnistheorie der Historischen Kulturwissenschaft: Max Weber, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. In: Ders., Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, Tübingen, , S Ders., Wissenschaft als Beruf, Ebd., S Georg Simmel, Die Probleme der Geschichtsphilosophie (Zweite Fassung 1905/1907). In: Georg Simmel Gesamtausgabe Bd. 9, Frankfurt am Main 1997 (stw 809), S Zum Konstruktivismus: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 12/2009. Zur Unterscheidung von Objekt- und Subjekttheorien vgl. hier den Aufsatz von Jörg van Norden, Lob eines narrativen Konstruktivismus, ebd., S Die Ausführungen Theorie der Modernisierung stützen sich auf: Hans-Ulrich Wehler, Modernisierung und Modernisierungstheorie. In: Ders., Umbruch und Kontinuität. Essays zum 20. Jahrhundert, München 2000, S