Gewerbliche Infektion einer Berufsausübungsgemeinschaft

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 Präsentation transkript:

Gewerbliche Infektion einer Berufsausübungsgemeinschaft Stand: April 2015 www.pfb.iww.de

Berufsausübungsgemeinschaften & die Abfärbewirkung gewerblicher Einkünfte Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): Charakterisiert durch die gemeinsame Berufsausübung von (Zahn-)Ärzten in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer geführter Patientenkartei und einer eigenen Abrechnung(snummer). Als Rechtsformen kommen die GbR oder die Partnerschaftsgesellschaft in Betracht. Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit: Personengesellschaften erzielen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (§ 18 EStG), wenn die darin organisierten Gesellschafter freiberuflich tätig. Zur freiberuflichen Tätigkeit gehört u.a. die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker und weiterer Gesundheitsfachberufe. Abfärbewirkung von Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit: Als Gewerbebetrieb in vollem Umfang gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft mit im Übrigen freiberuflichen Einkünften, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit erzielt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Gründe für gewerbliche Einkünfte neben der freiberuflichen Tätigkeit (I) Originär gewerbliche Tätigkeiten: Zu den originär gewerbliche Tätigkeiten einer BAG können zählen: Leistungen eines Praxislabors, die für Dritte erbracht werden, der Verkauf von Hygieneartikeln in einem Praxisshop, bestimmte nicht-heilkundliche Leistungen. Fortführung durch nicht freiberuflich tätige Erben: Betreiben die Erben einer freiberuflichen Arztpraxis, die nicht selbst Freiberufler sind, die Praxis als BAG weiter, erzielen sie ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nicht freiberuflich tätiger Gesellschafter: Übt ein einzelner Gesellschafter einer BAG keinen freien Beruf und auch keine sonstige selbstständige Arbeit i. S. des § 18 Abs. 1 EStG aus, so gilt die gesamte Tätigkeit der BAG als Gewerbebetrieb. Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Gründe für gewerbliche Einkünfte neben der freiberuflichen Tätigkeit (II) Integrierte Versorgung: Bei Beteiligung an Verträgen der Integrierten Versorgung, bei denen die Fallpauschale medizinische & gewerbliche Leistungen umfasst, kann die Abfärbung ein- treten. Bei den Fallpauschalen ist auf die strikte Trennung des freiberuflichen und gewerb- lichen Teils der vereinbarten Leistungen in den Verträgen mit den Krankenkassen zu achten (siehe auch S. 5) Anstellung von (Zahn-)Ärzten: Zwar erlaubt § 18 EStG die Anstellung fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte. Der Praxisinhaber muss aber in der Lage sein, der Arbeit seiner Angestellten „den eigenen Stempel“ aufzudrücken (siehe auch S. 6). Nullbeteiligungsgesellschafter: Ein eintretender Arzt, der weder am Erfolg noch am Vermögen der BAG beteiligt ist, wird zivilrechtlich zwar u.U. Gesellschafter, aber in der Regel nicht Mitunternehmer, da er kein Mitunternehmerrisiko trägt (siehe auch S. 7). Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Integrierte Versorgung (PFB 12, 320) Fallpauschalen: Problematisch sind Vergütungen, nach denen die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen zahlt, die die medizinische Betreuung und die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln abdecken. Sie umfassen Vergütungen sowohl für freiberufliche als auch für gewerbliche Tätigkeiten. Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Anstellung von (Zahn-)Ärzten (PFB 13, 304) Stempeltheorie Wesentlich dafür, dass der Berufsträger der Leistung seiner Beschäftigten überhaupt seine Stempel aufdrücken kann, ist, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Hinweis: Die notwendige – patientenbezogene – leitende Eigenverantwortlichkeit der Gesellschafter einer BAG ist bei ausschließlich von ihnen geführten Voruntersuchungen, der Festlegung der Behandlungsmethode sowie Vorbehalt der Selbstbehandlung schwieriger Fälle gegeben (BFH 16.7.14, VIII R 41/12). Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Nullbeteiligungsgesellschafter (PFB 14, 201) Mitunternehmerstellung fehlt Eine ärztliche Gemeinschafts- praxis kann in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen sein, wenn eine zivilrechtlich als Gesellschaf- terin in die GbR aufgenom- mene leitend und eigenver- antwortlich tätige Ärztin nicht Mitunternehmerin ist, weil sie weder am Erfolg noch an den stillen Reserven beteiligt ist (FG Düsseldorf 19.9.13, 11 K 3969/11 G, Rev. BFH VIII R 62/13). Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Rechtsfolgen der Abfärbung Umqualifizierung der Einkünfte: Wenn eine ärztliche BAG zusätzlich zu freiberuflichen auch gewerbliche Einkünfte erzielt und die gewerblichen Einkünfte die Geringfügigkeitsgrenze (siehe S. 9) übersteigen, werden ihre gesamten Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert. Gewerbesteuerpflicht: Durch die Umqualifizierung unterliegt der Gewinn der BAG nicht mehr nur der Einkommensteuer, sondern auch der Gewerbesteuer. Im Gewerbesteuergesetz ist zwar ein Freibetrag von 24.500 EUR verankert, doch da durch die Abfärbung alle Einkünfte zu gewerblichen werden, wird der Freibetrag immer überschritten sein. Wechsel der Gewinnermittlungsart: Wenn der Gewinn mehr als 50.000 EUR bzw. der Umsatz mehr als 500.000 EUR pro Jahr beträgt (§ 141 AO) muss von der einfachen Einnahmen- Überschussrechnung zur komplexeren Bilanzierung gewechselt werden. Folge hiervon ist u.a., dass Einnahmen (und Ausgaben) sich bereits dann steuerlich auswirken, wenn sie entstanden sind, und nicht erst, wenn sie bezahlt werden. Das kann Auswirkungen auf die Liquidität haben. Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Geringfügigkeitsgrenze (PFB 15, 109) BFH legt eine Grenze fest: Ausnahmsweise kommt es zu keiner Abfärbung, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnetto- umsatzerlöse der Gesell- schaft und den Betrag von 24.500 EUR nicht übersteigen. Damit werden eine absolute (feste Grenze von 24.500 EUR) und eine relative (3 %- Anteil) Grenze miteinander. Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften

Weiterführende Hinweise Ein Nullbeteiligungsgesellschafter kann die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis infizieren (PFB 14, 201) BFH setzt Bagatellgrenze für die Abfärbung von geringfügigen gewerblichen Einkünften fest (PFB 15, 109) Berufsausübungsgemeinschaft - Gewerbliche Infizierung der Einkünfte (PFB 12, 183) Das Risiko der gewerblichen Infektion durch pauschale Vergütungen der Krankenkassen (PFB 12, 320) Steuerliche Fallstricke bei der Anstellung von (Zahn-)Ärzten (PFB 13, 304) Freiberufliche Tätigkeit selbstständiger Ärzte trotz Beschäftigung angestellter Ärzte (PFB, 15, 61) Gewerbliche Infektion von Berufsausübungsgemeinschaften