Motivierungs-strategien

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 Präsentation transkript:

Motivierungs-strategien Master Klinische Sozialarbeit: Professionelle Beziehungsgestaltung und Motivationsarbeit Prof. Dr. Ralph Viehhauser

Motivationsprobleme Angst vor Veränderung Verhaltensträgheit (alte Gewohnheiten) Gelernte Inkompetenz Sekundäre Gewinne aus dem Problemverhalten Fähigkeitsdefizite Fehlende/unzureichende Informationen

Klassische Motivierungsstrategien Motivation entsteht, wenn der Leidensdruck hoch genug ist. Motivieren bedeutet v.a., den Klienten mit den negativen Konsequenzen seines Verhaltens zu konfrontieren. Kritik: Heftige, unempathische Konfrontationen machen Veränderungen unwahrscheinlicher!

Grundthesen ‚moderner‘ Motivationsarbeit (1) Klienten sind immer motiviert, die Frage ist nur, wofür! Motivation ist keine stabile Persönlichkeitseigenschaft, kein (innerer) Zustand, sondern etwas Situationsbezogenes, Prozesshaftes und damit auch potenziell Veränderbares. Veränderungen haben i.d.R. einen phasenhaften Verlauf. Therapeuten sollten sich phasengerecht verhalten!

Dauerhafter Ausstieg Rückfall Aufrecht-erhaltung Absichts-losigkeit Absichtsbildung Handlung Vorbereitung Drehtür-Modell der Veränderungsphasen (Prochaska & Di Clemente, 1986)

3 Phasen im Motivationszyklus (nach dem Rubikon-Modell) Phase des Wünschens Phase des Wählens Phase des Wollens Schlussfolgerungen für die Therapie: Im Motivations- zustand des Wünschens und Wählens sind andere Strategien der Motivierung angezeigt als im Zustand des Wollens!

Kliententypen in der lösungsorientierte Beratung Besucher: Klienten ohne (explizites) Problembewusstsein, die von jemanden zur Beratung geschickt wurden. Klagende: Klienten, die sehr wohl ganz konkrete Probleme haben, sich aber darauf beschränken, über das Problem zu klagen. Leidende: Klienten mit diffusem, hohen Leidensdruck, aber sehr vager Problembeschreibung. Kunden: Klienten, die aus eigener Motivation in die Beratung kommen und genau wissen, was sie wollen, einen deutlichen Veränderungswillen haben.

Was motiviert Menschen, sich zu ändern? Dringlichkeit (einer Verhaltensänderung) Zuversicht (das auch schaffen zu können) Bereitschaft (irgendwann zur Tat zu schreiten und die Mühen des Erlernens neuer Gewohn- heiten auf sich zu nehmen)

Ambivalenz das „Ja-Aber-Dilemma“ der Veränderung Ambivalenz ist ein natürlicher Schritt im Prozess der Veränderung! Der Klient kann allerdings in der Ambivalenz stecken bleiben. (Oft kann das „Fehlen“ von Motivation als ungelöste Ambivalenz betrachtet werden). In diesem Fall muss die Motivationsarbeit sich darauf konzentrieren, dem Klienten zu helfen, die Ambivalenz aufzulösen.

3 Arten von Ambivalenz-Konflikten Annäherungs-Annäherungs-Konflikt: zwei Entscheidungen erscheinen gleich verlockend. Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt: es gibt nur die Wahl zwischen zwei Übeln. Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt: ein Ziel wird zugleich als anziehend und abstoßend erlebt.

Ein Annäherungs-Vermeidungskonflikt

Spezieller Ambivalenzkonflikt „Ändern vs. Status Quo“

Bilanzierung der Vor- und Nachteile von Veränderung vs. Status quo Beispiel „Alkoholabhängigkeit“ Weiter trinken wie bisher Abstinenz von Alkohol Vorteile Nachteile

Mehr Leidensdruck führt nicht zwangs-läufig zu mehr Veränderungsmotivation! Ambivalenzen sind oft komplex, z.T. unbewusst, wenig rational fassbar, unlogisch, scheinbar paradox. Selbst wenn aufgrund des (änderungsbedürftigen) Problemverhaltens die negativen Konsequenzen immer mehr zunehmen, können sich die Betroffenen oft dennoch nicht ändern.

Wie können solche scheinbar paradoxen Reaktionen eintreten? Menschen, die sich in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlen (z.B. wegen Kritik an ihrem Problemverhalten), reagieren häufig mit Reaktanz. Die negativen Konsequenzen eines Problemverhaltens können zu einem zunehmenden Verlust an Ressourcen und Zuversicht führen. Das Problemverhalten wird u.U. zur einzigen Belohnungsquelle (v.a. bei Sucht!). Kurzfristige Belohnungen haben eine größere verhaltenssteuern- de Wirkung als langfristig negative Konsequenzen.

Grundthesen ‚moderner‘ Motivationsarbeit (2) Statt sich auf die Frage zu konzentrieren, warum der Klient nicht motiviert ist, sollte man lieber fragen, wozu er motiviert ist! Dabei ist es v.a. wichtig zu verstehen, was der Klient bei der ein oder anderen Entscheidungsalternative für die Zukunft erwartet: Was z.B. würde geschehen, wenn man auf dem gleichen Kurs bleibt, was würde geschehen, wenn man die Richtung ändert? Zu einer Veränderung wird es nur dann kommen, wenn der Klient wahrnimmt, dass diese Veränderung wichtig ist, für das Erreichen oder Erhalten einer Sache, die ihm tatsächlich mehr bedeutet!

Kurzbeschreibung „Motivierende Gesprächsführung“ Motivierende Gesprächsführung ist eine: klientenzentrierte, direktive Methode zur Verbesserung der intrinsischen Motivation für eine Veränderung mittels der Erforschung und Auflösung von Ambivalenz (Miller & Rollnick, 2004).

2 Phasen der Motivierenden Gesprächsführung Phase 1: Motivation zur Veränderung aufbauen Phase 2: Die Selbstverpflichtung für Veränderungen verstärken

Aufbau von Dringlichkeit: 3 Grundprinzipien Prinzip 1: „Diskrepanz entwickeln“ Prinzip 2: Den „Es-richten-wollen- Reflex“ einschränken Prinzip 3: Change-talk hervorrufen

Definition von Change-talk Unter Change-talk versteht man eine Kommunikations- weise, die die persönlichen Gründe und Vorteile der Person hervorruft, die für eine Veränderung sprechen. Es handelt sich um Äußerungen, mit denen Klienten ihre Fähigkeit, ihre Bereitschaft, ihre Gründe, ihre Wünsche und ihre Selbstverpflichtung für eine Veränderung zum Ausdruck bringen.

Aufbau von Dringlichkeit (Zsfg.): Der grundlegende Ansatzpunkt besteht darin, beim Klienten Diskrepanz (zwischen dem Ist-Zustand und den gewünschten Soll-Zustand) zu entwickeln (falls diese noch nicht in genügendem Maße vorhanden ist). Diskrepanz entsteht v.a., wenn der Klient die Nachteile des Status Quo und die Vorteile einer Veränderung erkennt. Den Nutzen einer Veränderung kann ein Klient dann besser wahrnehmen, wenn er erkennt, welche Ziele und Werte ihm wichtig sind. Diskrepanz entsteht v.a. wenn er dann merkt, dass diese für ihn bedeutsamen persönlichen Ziele, mit seinem gegenwärtigen Verhalten in Konflikt stehen. Der Berater sollte aber nicht versuchen, den Klienten von sich aus dazu überzeugen oder überreden zu wollen (er sollte seinen „Es-richten-wollen-Reflex“ kontrollieren), sondern es geht darum, beim Klienten „Change-Talk“ anzuregen, den Klienten durch eine geschickte Interaktionsgestaltung dazu zu bringen, die Argumente für eine Veränderung selbst aussprechen zu lassen.

Motivierung durch Entwicklung von positiven Anreizen und Zielen Den Klienten sich seine Ziele selbst setzen lassen. Den Klienten darüber nachdenken lassen, was er anstelle des Problems als positive Alternative zu setzen wünscht und ihn somit mit positiven Zielzuständen in Kontakt bringen. Bei fehlenden positiven Zielvorstellungen mit dem Klienten eine ausführlichere Ziel- und Wertklärung durchführen.

Zur Wirkung des Faktors „Zuversicht“ In der psychologischen Grundlagenforschung konnte wiederholt die Wirkung von Hoffnung, Glaube (bzw. Selbstwirksamkeits- erwartungen) im Hinblick auf die Förderung von Veränderung belegt werden (siehe Beispiel „Placeboeffekt“). Personen, die glauben, dass es wahrscheinlich ist, dass sie sich ändern, ändern sich. Klienten, deren Therapeuten glauben, dass es wahrscheinlich ist, dass sie sich ändern, ändern sich. Die Personen, denen man sagt, dass man nicht erwartet, dass sie sich ändern, ändern sich tatsächlich nicht.

Aufbau von Zuversicht/ Selbstwirksamkeitserwartungen durch Förderung von Change-Talk (insbesondere Confidence-Talk), durch ein starkes, Optimismus ausstrahlendes Hilfeangebot, durch eine selbstwirksamkeitserfahrungsförderliche Gestaltung der Rahmenbedingungen und Grundsätze des Therapiegeschehens: Prinzip 1: Ausmaß der persönlichen Kontrolle des Klienten optimieren Prinzip 2: Entdeckung der Wirksamkeit des eigenen Verhaltens und Handelns durch Erfolge Prinzip 3: Der Therapeut als Katalysator für entdeckendes Lernen

Die Selbstverpflichtung für Veränderung verstärken Sobald Dringlichkeit und Zuversicht für Veränderung vorhanden und erste Anzeichen für Bereitschaft auftauchen, ist es an der Zeit, den Fokus auf die Verstärkung der Selbstverpflichtung zu richten. Aber Vorsicht! Die Ambivalenz verschwindet nicht alleine deshalb, weil der Veränderungsprozess begonnen hat. Ziel ist es, die intrinsische Motivation in einen auszuhandelnden brauchbaren Veränderungsplan einfließen zu lassen und die Selbst- verpflichtung der Person zu stärken, diesen Plan umzusetzen.

Der geschickte Umgang mit Widerstand als wichtiges Motivierungsprinzip Grundhaltungen zum Phänomen „Widerstand“: Widerstand ist nicht das Werk einer Person, sondern das zweier! Widerstand ist ein Zeichen von Dissonanz in der therapeutischen Beziehung! Widerstand ist kein Klientenproblem, sondern hat mit den Fertigkeiten des Therapeuten zu tun!

Grundprinzipien konstruktiven Therapeu-tenverhaltens im Umgang mit Widerstand Prinzip 1: Nicht für die Veränderung argumentieren! Prinzip 2: Widerstand nicht direkt begegnen, sondern geschickt umlenken (vgl. „Judo“)! Prinzip 3: Zu neuen Perspektiven einladen, nicht vorschreiben! Prinzip 4: Den Klienten aktiv in den Prozess der Problemlösung einbinden!