Europäisches Patentübereinkommen Einspruch und Beschwerde

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Europäisches Patentübereinkommen Einspruch und Beschwerde Patent- und Lizenzvertragsrecht II FS 2009 Dr. H. Laederach

2 Wege Ein erteiltes Europäisches Patent kann auf 2 unterschiedlichen Wegen angegriffen werden: Über einen Einspruch beim EPA Via nationale Nichtigkeitsklage in einem oder mehreren der designierten Staaten

Die nationale Nichtigkeitsklage Rechtliche Basis in der Schweiz: Art. 26 PatG Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patentes fest, wenn der Gegenstand des Patentes nach den Artikeln 1 und 1a nicht patentfähig ist; wenn die Erfindung nach Artikel 2 von der Patentierung ausgeschlossen ist: wenn die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann:

Die nationale Nichtigkeitsklage (2) wenn der Gegenstand des Patentes über den Inhalt des Patentgesuches in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht: wenn der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist, noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte. Hinweis: Diese Liste der Nichtigkeitsgründe ist abschliessend.

Teilnichtigkeit Art. 27 PatG gibt ergänzend zu Art. 26 PatG vor: Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken.

Klagerecht Art. 28 PatG definiert den Klageberechtigten: Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist;

Wertung Die nationale Nichtigkeitsklage kann jederzeit angehoben werden. Da dazu ein ordentliches Gericht angerufen werden muss, ist sie teuer und dauert oft lange. Deutlich eleganter (billiger und rascher) ist die „Nichtigkeitsklage“ (im EPUe Einspruch genannt) vor dem Europäischen Patentamt. Nachteil: Der Einspruch muss innerhalb von 9 Monaten nach Patenterteilung erfolgen.

Wertung (2) Das Einspruchsverfahren ist nicht im Sinne einer Erweiterung des europäischen Patentprüfungsverfahrens zu verstehen, obwohl es ein Verwaltungsverfahren ist. Es ist ein separates Verfahren zur Entscheidung über die von Dritten behaupteten Nichtigkeitsgründe gegen ein schon erteiltes Patent. (= „inter partes- Verfahren“ zwischen Dritten und dem Patentinhaber, die gegensätzliche Interessen vertreten)

Einspruch beim EPA Art. 99 EPUe regelt das Verfahren. Unter anderem sind folgende Punkte festgehalten: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäische Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt,wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. Jedermann ist jede handlungsfähige natürliche Person. Sie braucht keine Interessen nachzuweisen (vergl. nat. Nichtigkeitsverfahren).Zulässig ist auch ein Einspruch, der gemeinsam von mehreren Personen eingelegt wird, solange diese keine juristische Person bilden. Beachte: Einsprechende müssen nicht Angehörige eines EPO- Vertragsstaates sein.

Einspruch beim EPA (2) Am Einspruchsverfahren sind neben dem Patentinhaber die Einsprechenden beteiligt. Der Einspruch erfasst das europäische Patent für alle Vertragsstaaten, in denen es Wirkung hat.

Einspruchsgründe Der Einspruch kann laut Art. 100 EPUe nur darauf gestützt werden, daß a) der Gegenstand des europäischen Patents nach den Artikeln 52 bis 57 nicht patentfähig ist; b) das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (s. Art. 83 EPUe); Zu a) Diese Bestimmung umfasst folgende Einspruchsgründe: Der Gegenstand des Patents kann nach Art. 52(2) bis (3) EPUe nicht als Erfindung angesehen werden (fehlende Technizität). Die Erfindung unterliegt einer Ausnahme von der Patentierbarkeit nach Art. 53 EPUe Der beanspruchte Gegenstand ist nicht neu nach Art. 54 EPUe Der beanspruchte Gegenstand beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit nach Art. 56 EPUe Der beanspruchte Gegenstand ist nicht gewerblich anwendbar (Art. 52 (4) bzw. 57 EPUe)

Einspruchsgründe Der Einspruch kann laut Art. 100 EPUe nur darauf gestützt werden, dass c) der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ...... Hinausgeht (s. Art. 123 (2) EPUe).

Umfang des Einspruchs Der Einspruch kann sich gegen einzelne Patentansprüche richten. Diese sind in der Einspruchsschrift von Beginn weg zu nennen. Der Einspruch kann sich auch gegen das Patent in vollem Umfang richten. Richtet sich der Einspruch nur gegen einzelne Ansprüche, darf das Amt die nicht angegriffenen Ansprüche nicht mit einbeziehen, auch wenn diese offensichtlich unhaltbar sind.

Die Einspruchsschrift In einer der Amtsprachen oder in beliebiger Sprache mit anschliessender Übersetzung (Art. 14 EPUe und Regel 6 (2) EPUe). Regel 55 EPUe definiert den Inhalt Das EPA stellt ein inoffizielles Formblatt bereit (Benutzung empfohlen) Achtung: Das EPA muss verspätet, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel nicht berücksichtigen (Art. 114(2) EPUe). Praxis, beruhend auf Präzedenzurteilen: EPA muss verspätete Unterlagen nur berücksichtigen, wenn sie für den Ausgang des Entscheides relevant, d.h. entscheidend sind. Es ist zu empfehlen, den Nachweis zu offenkundigen Vorbenutzungen (=nicht papierförmiger SdT) schon in der Einspruchsschrift glaubhaft zu machen.

Beitritt zum laufenden Verfahren In der Regel nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht möglich Ausnahmen: Vermeintliche Patentverletzer, gegen die vor einem nationalen Gericht Klage wegen Verletzung des Patentes erhoben wurde (Art. 105 EPUe). Dritte, die vom Patentinhaber verwarnt wurden und anschliessend vor einem nationalen Gericht Klage auf Feststellung der Nichtverletzung erhoben haben (= negative Feststellungsklage; für CH Art. 74 PatG).

Negative Feststellungsklage Art. 74 CH PatG Wer ein Interesse daran nachweist, kann auf Feststellung des Vorhandenseins oder des Fehlens eines nach diesem Gesetz zu beurteilenden Tatbestandes oder Rechtsverhältnisses klagen, insbesondere: 1. dass ein bestimmtes Patent zu Recht besteht; 2. dass der Beklagte eine der in Artikel 66 genannten Handlungen begangen hat; 3. dass der Kläger keine der in Artikel 66 genannten Handlungen begangen hat....

Prüfung des Einspruchs Ist der Einspruch zulässig, so prüft die Einspruchsabteilung gestützt auf Art. 101 EPUe , ob die in Artikel 100 genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen. Bei der Prüfung des Einspruchs...., fordert die Einspruchsabteilung die Beteiligten so oft wie erforderlich auf, innerhalb einer von ihr zu bestimmenden Frist eine Stellungnahme zu ihren Bescheiden oder zu den Schriftsätzen anderer Beteiligter einzureichen.

Widerruf oder Aufrechterhaltung (1) Ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass die in Artikel 100 genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen, so widerruft sie das Patent. (2) Ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass die in Artikel 100 genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in unveränderter Form nicht entgegenstehen, so weist sie den Einspruch zurück.

Widerruf oder Aufrechterhaltung (Art. 102 EPUe) (3) Ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen dieses Übereinkommens genügen, so beschließt sie die Aufrechterhaltung des Patents in dem geänderten Umfang.....

Publikation des geänderten Patents Artikel 103 EPUe Ist das europäische Patent nach Artikel 102 Absatz 3 geändert worden, so gibt das Europäische Patentamt gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Hinweises auf die Entscheidung über den Einspruch eine neue europäische Patentschrift heraus, in der die Beschreibung, die Patentansprüche und gegebenenfalls die Zeichnungen in der geänderten Form enthalten sind.

Rückzug des Einsprechenden Zieht sich der oder einer der Einsprechenden während des laufenden Verfahrens freiwillig zurück, kann das EPA von Amtes wegen den Einspruch alleine weiterbehandeln (Regel 60 EPUe).

Zusammensetzung der Einspruchsabteilung 3 Prüfer des Amtes, wovon 2 bei der Erteilung des Patentes nicht mitgewirkt haben dürfen. Einer der 3 Prüfer bearbeitet den Einspruch. Beim Entscheid sind alle 3 gleichberechtigt.

Beschwerdeverfahren Das EPUe sieht vor, dass alle Entscheidungen der Prüfungsstelle und der Einspruchsabteilung durch eine 2. Instanz überprüfbar sind. Dazu stellt das Amt eine unabhängige Instanz bereit (Beschwerdekammern). Das Beschwerdeverfahren ist ein verwaltungsgerichtliches Verfahren, in dem der sog. Verfügungsgrundsatz gilt. Durch Rücknahme der Beschwerde wird das Verfahren auch unmittelbar beendet.

Beschwerdeverfahren (2) Einseitiges Verfahren: Beschwerden gegen Entscheidungen des EPA im Prüfungsverfahren (ex parte) Mehrseitiges Verfahren: Beschwerden gegen Entscheidungen der Einspruchsabteilung (inter partes)

Beschwerdeverfahren Artikel 106; Beschwerdefähige Entscheidungen (1) Die Entscheidungen der Eingangsstelle, der Prüfungsabteilungen, der Einspruchsabteilungen und der Rechtsabteilung sind mit der Beschwerde anfechtbar. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Beschwerdeberechtigte Artikel 107 : Beschwerdeberechtigte und Verfahrensbeteiligte Die Beschwerde steht denjenigen zu, die an dem Verfahren beteiligt waren, das zu der Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind. Die übrigen an diesem Verfahren Beteiligten sind am Beschwerdeverfahren beteiligt.

Frist und Form Artikel 108 Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim Europäischen Patentamt einzulegen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen.

Entscheid Die Entscheidung der Beschwerdekammer ist endgültig und kann nicht angefochten werden. Materieller Direktentscheid Zurückweisung an die erste Instanz

Die Grosse Beschwerdekammer Zuständig für die Bearbeitung von Rechtsfragen, die von den Beschwerdekammern oder vom Präsidenten des Amtes an sie gestellt werden (letzteres, wenn 2 Kammern unterschiedlich geurteilt haben). 7 Mitglieder Beantwortet nur die Fragen, stellt keine Urteile aus.