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Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Erwachsenenalter und Alter: Intellektuelle Entwicklung und Entwicklung der Persönlichkeit Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Gliederung Architektur des Lebensverlaufs Dynamik von Gewinn und Verlust SOK – Theorie Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Evolutionäre und ontogenetische Abhängigkeiten von Mechanik und Pragmatik Individuelle Entwicklungszugewinne im Alter Kognitive Plastizität Determinanten der mechanischen Entwicklung Kognitive Neurowissenschaften des Alterns Dilemma behavioralen Alterns aus neurokognitiver Sicht Wie geht das…erfolgreich altern? Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Dieter Tasso, 71, Jongleur Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

1. Architektur des Lebensverlaufs Mittleres Erwachsenenalter ( ca. 35-65 Jahre) Differenzierung und Expansion von Aufgaben, Kompetenzen und Ressourcen Hineinwählen in verschieden Bereiche des Lebens Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

1. Architektur des Lebensverlaufs Höheres Erwachsenenalter (ca. 65-80 Jahre) Hohes Alter (ab 80 Jahre) Konzentration der Kräfte Nutzung vorhandener Stärken Abwählen von Bereichen (z.B. Elternschaft, Beruf) und damit Pflege der vorhandenen Bereiche (Gesundheit, Bildung, Kultur)  Der Übergang von Expansion zu Konzentration ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe des höheren Erwachsenenalters Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

1. Architektur des Lebenslaufs Abnahme des evolutionären Selektionsdrucks Wirkungsgrad des evolutionären Selektionsdrucks nimmt nach der reproduktiven Phase ab Indirekte Selektionsvorteile können diesen Prozeß abschwächen, aber nicht außer Kraft setzen Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

1. Architektur des Lebenslaufs Zunahme des Bedarfs an Kultur Zusammenhang zwischen lebenslanger Entwicklung und Kultur Menschliche Entwicklung besteht in allen Lebensphasen in der Interaktion kultureller und biologischer Faktoren. Im Säuglings-/Kindes- und Jugendalter dienen Reifung und Plastizität des neuronalen Systems als biologisches Gerüst für das Erzeugen kulturell geprägter Entwicklungsgewinne, Am Ende der Adoleszenz lässt die strukturierende Kraft dieses Gerüsts deutlich nach. Entwicklungszugewinne werden zu einer kulturellen Aufgabe unter zunehmend schwierigeren biologischen Bedingungen. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

1. Architektur des Lebenslaufs Abnahme der Effektivität von Kultur Der Bedarf an Kultur nimmt zu, die Effizienz kultureller Ressourcen nimmt jedoch ab. Mit zunehmendem Alter sind mehr materielle, soziale, ökonomische oder psychologische Ressourcen erforderlich, um ein hohes Funktionsniveau zu halten oder neu zu erzeugen Das maximale Leistungsniveau liegt bei älteren Erwachsenen niedriger als bei jungen Erwachsenen Hierfür gibt es neben der Abnahme des biologischen Potentials noch andere Gründe; es ist z.B. schwerer, in Bereichen, in denen man bereits ein hohes Niveau erreicht hat, weitere Gewinne zu erzielen, als in Bereichen, die man neu erlernt. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

2. Dynamik von Gewinn und Verlust Es gibt drei Kategorien von Entwicklungszielen, deren Verhältnis interaktiv und dynamisch ist: Zuwachs (Erreichen hoher Funktionsniveaus) Aufrechterhaltung (des bestehenden Funktionsniveaus unter erschwerten Bedingungen) Regulation von Verlusten Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

2. Dynamik von Gewinn und Verlust Mit zunehmendem Alter werden weniger Ressourcen für Funktionszunahmen und mehr Ressourcen für den Erhalt des Funktionsniveaus sowie die Regulation von Verlusten investiert. Die der biologischen Alterung geschuldeten Verluste geben ständig Anlaß zur Suche nach (neuen) Verhaltensweisen und sozialen Strukturen, welche trotz nachlassender personaler Ressourcen in ausgewählten Bereichen Erhalt und Zugewinn ermöglichen. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK-Theorie Mit Hilfe des SOK-Modells kann untersucht werden, in welchem Maße und in welcher Weise verschiedene Personen Entwicklungsgewinne maximieren und Verluste minimieren. Diese sind jedoch nie einheitlich, sondern hängen von den Werten, den Ressourcen und der Lebensgeschichte der Person ab. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK-Theorie Selektion (Auswahl von Handlungszielen)  Bezeichnet die Auswahl von Funktionsbereichen, auf die sich die zu jedem Zeitpunkt der Lebensspanne begrenzten Ressourcen konzentrieren; sie ermöglicht Spezialisierung. Elektive Selektion: Notwendigkeit, die Handlungsziele auszuwählen, die den eigenen Werten und Kompetenzen möglichst gut entsprechen. Verlustbasierte Selektion: Verändern oder Aufgeben von Zielen als Reaktion auf antizipierte oder bereits eingetretene Verluste an Verhaltens- und Handlungsspielraum. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK - Theorie  Elektive und verlustbasierte Selektion können nicht isoliert betrachtet werden; sie stützen oder behindern sich gegenseitig. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK - Theorie Optimierung (Zielverfolgung) Dient der Produktion von Entwicklungsgewinnen und bezieht sich auf den Erwerb, die Verfeinerung und die Anwendung von Ressourcen zum Erreichen von Entwicklungszielen. Anwendung und Ausgestaltung von Mittel-Zweck-Relationen bei der Zielverfolgung Hierbei bestehen positive und negative Wechselwirkungen Ein Handlungsmittel für ein bestimmtes Ziel kann auch anderen Zielen dienen oder selbst ein Ziel im Kontext anderer Handlungen darstellen. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK - Theorie Kompensation (Ausgleich zwischen Zielen und Mitteln)  Dient der Aufrechterhaltung des Funktionsniveaus bei Verlusten und bezeichnet somit den Erwerb, die Verfeinerung und die Anwendung von Ressourcen, die diesen Verlusten entgegenwirken Entwicklung ohne Verlust ist unmöglich, weil sich Handlungsmittel gegenseitig behindern Die alterungsbedingte Abnahme biologisch bestimmter Ressourcen (kognitiv, sensorisch, gesundheitlich) führt zu einem kontinuierlichen, in hohem Alter sich beschleunigendem Verlust von Handlungsmitteln. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 3. SOK - Theorie  Bei knapper werdenden Ressourcen ist für eine erfolgreiche Entwicklung die Koordination von SOK erforderlich.  SOK können bewusst oder unbewusst, aktiv oder passiv, intern oder extern erfolgen Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Macht es Sinn, im mittleren Erwachsenenalter (oder später) noch Psychologie zu studieren? Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Das mittlere Alter, in dem Personen zum ersten Mal Weltmeister werden, beträgt beim Turnierschach 30 Jahre und beim Korrespondenzschach 46 Jahre. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Im Bereich der intellektuellen Entwicklung gibt es: Eine alterungsanfällige biologische Determinante Die Mechanik der Kognition Eine alterungsresistente kulturelle Determinante Die Pragmatik der Kognition Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Die Mechanik der Kognition repräsentiert den Einfluss der Biologie auf die intellektuelle Entwicklung sie ist die biologische Komponente der kognitiven Leistungsfähigkeit und des Entwicklungspotentials Leistungen, die auf Schnelligkeit, Genauigkeit und Koordination elementarer Prozesse basieren (z.B. induktive und deduktive Denkprozesse) Die Mechanik kommt vor allem bei neuartigen Aufgaben, für die noch kein Vorwissen vorliegt, zum Ausdruck mechanische Fähigkeiten sind vor allem mit dem gegenwärtigen Leistungsniveau des Gehirns verknüpft Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Altersveränderungen der Mechanik Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Die Pragmatik der Kognition umfasst die kulturelle Dimension der intellektuellen Entwicklung und die funktionale Bedeutung von kulturgebundenen Wissen wird vor allem durch soziobiographische Faktoren bestimmt man unterscheidet im Bereich der pragmatischen Fähigkeiten: a) Fertigkeiten Dabei handelt es sich um prozedurales Wissen. Die Umsetzung erfolgt automatisch, in Form von Prozeduren, in Anwendung von Wissen (z.B. Fahrrad fahren)  das Wissen, wie (z.B. Kopfrechnen) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes b) Wissensbestände Dabei handelt es sich um deklaratives Wissen. Dieses Wissen ist bewusst verfügbar, in Form von Faktendarstellung. Es sind verbale oder verbalisierte Inhalte, die keine direkten Handlungsanweisungen und keine Angaben über den Wissensprozess (Erwerb, Veränderung, Anwendung enthalten) enthalten Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Altersveränderungen der Pragmatik Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Normativ-pragmatische Wissensbestände pragmatisches Wissen, das durch Sozialisationsvorgänge erworben wird, die es nur in einigen Gesellschaften gibt, dort aber normativ sind (z.B. Schulpflicht) individuelle Unterschiede basieren auf ungleichen Bildungschancen (z.B. soziale Ungleichheit) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Personenspezifisches pragmatisches Wissen resultiert aus den individuellen Konstellationen aus Erfahrung, Motivation, Handlungskontrollerleben, bereichsspezifischer sowie genereller Begabung ein großer Teil kognitiver Zugewinne im mittleren Erwachsenenalter geht auf den Erwerb von personenspezifischem pragmatischen Wissen zurück (Expertisebereiche) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Expertiseparadigma Leistungen von Experten und Anfängern in einem bestimmten Bereich werden verglichen und zwar innerhalb und außerhalb des entsprechenden Bereichs (z.B. Schach, Musik) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Zwei Schlussfolgerungen aus diesen Untersuchungen: Die Auswirkungen der Expertise überschreiten selten die Grenzen des entsprechenden Bereiches, d.h. es gibt kaum Hinweise dafür, dass Expertenwissen im Erwachsenenalter die Mechanik der Kognition verändert. Wenn es Effekte jenseits der Inhaltsbereiche der Expertise gibt, dann vor allem durch den Transfer pragmatischen Wissens Erworbenes Wissen befähigt alternde Menschen in diesem einzelnen Expertisebereich die Auswirkungen der altersbedingten Abnahme der Mechanik auszugleichen oder wenigstens abzuschwächen. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

4. Das Zweikomponentenmodell nach P.Baltes Also, wir müssen unser Studium nicht abbrechen. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 5. Evolutionäre und ontogenetische Abhängigkeiten von Mechanik und Pragmatik Forschungen zur Säuglingsentwicklung (z.B.Wellmann, Gelman 1992) Ergebnisse: Entwicklung des Verhaltens findet schon im Mutterleib statt => der Mensch kommt mit leistungsfähigen Lernmechanismen auf die Welt und verfügt über Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 5. Evolutionäre und ontogenetische Abhängigkeiten von Mechanik und Pragmatik constraints: Vorannahmen, durch diese werden die zahlreichen Bedeutungsmöglichkeiten auf ganz wenige reduziert (Beispiele: Wahrnehmungsleistungen im Bereich Gesichtererkennen und der Sprache, grundlegendes physikalisches, biologisches, soziales Wissen) => werden der Mechanik zugeordnet Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 5. Evolutionäre und ontogenetische Abhängigkeiten von Mechanik und Pragmatik Die Pragmatik baut auf diesen Kernbedingungen auf indem sie diese weiterentwickelt oder sich analog zu ihnen herausbildet. => d.h.: Kognitive Entwicklung braucht immer die Interaktion zwischen Mechanik und Pragmatik Qualität und Funktion der Interaktionen verändern sich im Laufe des Lebens (Beispiel: Schachspieler) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

6. Individuelle Entwicklungszugewinne im Alter 2 Standpunkte zur Entstehung: => folgen strukturalistischer, stufenhafter Logik und können als Bewegung zu höheren Denkformen beschrieben werden (z.B. Labonvie- Vief 1982) oder => durch funktionalistische Zugänge entstehend (Lindenberger 2001) Zweikomponentenmodell => typischer Vertreter des funktionalen Zusammenhangs Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

7. Kognitive Plastizität kognitive Intervention als direkter Weg zur Bestimmung der intellektuellen Leistung Kognitive Plastizität bleibt bei geistig gesunden älteren Erwachsenen bis ins hohe Alter erhalten selbstgesteuertes Üben und angeleitetes Training sind am wirksamsten Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

7. Kognitive Plastizität Positiver Transfer trainierter oder geübter Leistungen auf andere Aufgaben ist eher gering Koordination mehrerer Wahrnehmungs- und Handlungsstränge besonders schwierig Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

7. Kognitive Plastizität Durch kognitives Training werden keine Fähigkeiten (generell) sondern Fertigkeiten (aufgabenspezifisch) verbessert oder erlernt Es sollten Dinge trainiert werden, die eine hohe Alltagstauglichkeit haben Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Dieter Tasso, 71, Jongleur Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

8. Determinanten der mechanischen Entwicklung a)  Ressourceorientierung (hier wird kognitives Altern eher einheitlich gesehen) b)  Prozessorientierung (...kognitives Altern wird vielgestaltig gesehen)  Übergreifende und spezifische Ursachen Altersveränderungen in der Mechanik der Intelligenz bestehen wahrscheinlich aus einer Mischung von übergreifenden (Ressourcen) und spezifischen (Prozessen) Ursachen. Ressourcenorientiert werden in erster Linie drei Konstrukte untersucht: - Verarbeitungsgeschwindigkeit - Arbeitsgedächtnis - Inhibition Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

9. Kognitive Neurowissenschaften des Alterns Anatomische, neurochemische und funktionale Veränderungen des Gehirns werden in Bezug auf Altersveränderungen im Verhalten untersucht. Neuronale und neurochemische Ebenen hängen vermutlich eng zusammen, weil Funktionen des Stirnhirns auf dopamingestützte Verarbeitungswege angewiesen sind. Anatomische Veränderungen des Stirnhirns im Alter bewirken, dass einige Eigenschaften des kognitiven Systems (Areale im Stirnhirn) nicht mehr so gut ausgeprägt sind. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

10. Das Dilemma behavioralen Alterns aus neurokognitiver Sicht Man spricht von einem "Dilemma ....", weil kognitive, aber auch motorische und sensorische Aspekte dabei betroffen sind. Das Verhalten ist auf kognitive Kontrolle angewiesen, aber das Funktionsniveau des kognitiven Systems lässt im Alter stark nach. Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

11. Wie geht das…erfolgreich altern? 1. ein festes, facettenreiches Selbstkonzept als Basis  geistige Gesundheit und die Fähigkeit, mit gesundheitlichen Veränderungen umzugehen Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

11. Wie geht das…erfolgreich altern? 2. das SOK Modell (zur Erinnerung: das Beste machen aus eingeschränkten körperlichen Energien und nachlassenden Ressourcen: Verluste minimieren, Gewinne maximieren) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

11. Wie geht das…erfolgreich altern? Prioritäten setzen: welche Ziele werden beibehalten, welche abgesetzt? Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

11. Wie geht das…erfolgreich altern? 3. Coping (Bewältigungsverhalten) Def.: Entwicklungsaufgaben stellen Herausforderungen dar, die Personen auf unterschiedliche Weise bewältigen. Ein großes Instrumentarium an Bewältigungsstrategien als Garant für Bewältigung neuer Aufgaben auch im Alter (Resilienz= Widerstandsfähigkeit) Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

11. Wie geht das…erfolgreich altern? Assimilation = „zähes“ Festhalten an einmal gewählten Zielen Akkommodation = flexible Zielanpassung an die Ressourcenlage In empirischen Versuchen wurde nachgewiesen, dass Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit mit Problemen bei der Zielanpassung einhergehen. Assimilatives und akkommodatives Bewältigungsverhalten in angemessener Balance als Garant für erfolgreiches Altern Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Dieter Tasso, 71, Jongleur Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Danke, ihr wart tapfer! Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06

Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06 Literaturhinweise Oerter, R. & Montada, L. (Hrsg.). Erwachsenenalter und Alter, Entwicklungspsychologie (2002, 5. Aufl.) (S. 350-392). Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlage Schenk, H. (2005). Altwerden: Lebenskunst für Fortgeschrittene. Psychologie Heute, 8, 20-27 Bayen, U. & Hacker, W. (2005). Was geschieht mit dem Gedächtnis, wenn wir älter werden?. Psychologie Heute, 8, 30-34 Streckfuß, Ch. (Regie). (2005). Das Geheimnis der Gene. Dem Jungbrunnen auf der Spur (TV-Dokumentations-reihe). Strasbourg: Arte Entdeckung Entwicklungspsychologie Seminar Prof. zur Oeveste WS 05/06 31.01.06