Kraniomandibuläre Dysfunktionen bei Kindern und Jugendlichen

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Kraniomandibuläre Dysfunktionen bei Kindern und Jugendlichen 24.10.2009 in Berlin Dr. Horst Kares Saarbrücken

Schmerzen bei Kindern Saarbrücker Zeitung 21.2.03

Swafford and Allen MedClinNAm 1968 „Pädiatrische Patienten benötigen nur selten Schmerzmedikamente. Im Allgemeinen tolerieren sie Schmerzen gut“. Swafford and Allen MedClinNAm 1968

Durch die hohe zerebrale Plastizität in der Kindheit, verändern starke Schmerzen das nozizeptive System so stark, dass dies noch lange nachweisbar ist. Taddio et al. , Lancet 1997

Schmerz wird gelernt Geburt 1 Monat 2 Monate 6 Monate 15 Monate Gehirn und Geist 04/2002

Chronische Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen n = 6636 Perquin C et al. (2000) The Clinical Journal of Pain

Kopfschmerzen vor 6 Jahren mit hohem Leidensdruck Pothmann R, 1999, Kopfschmerzen im Kindesalter n = 7000

Kopfschmerzerfahrung bis 12 Jahren Pothmann R, 1999, Kopfschmerzen im Kindesalter n = 7000

Evidenzbasierte Zahnmedizin Klinische Erfahrung Klinische Entscheidung Forschungs- ergebnisse Patienten -wünsche www.cochrane.de, www.ebm-netzwerk.de

Suchstrategie CMD/Kinder Temporomandibular joint dysfunction syndrome AND children/adolescents Cochrane= 0 Treffer Pubmed= 24 RCT, 943 Artikel Medpilot= 2 Prävalenzstudien in BRD

Der Mensch ist ein kybernetisches System Ursache –> Wirkung Individuellen Risikofaktoren

Risikofaktoren für CMD bei Kindern Prädisponierende Faktoren Genetik Hormone Entwicklungstörungen??? Emotionaler Stress Frühere Schmerzerfahrungen Initiierende Faktoren Physischer Stress Makrotrauma, Weisheitszahnextraktion Okklusaltrauma? Kieferorthopädie? Perpetuierende Faktoren Lokale Faktoren Fehldiagnose Iatrogene Behandlung??? Systemische Faktoren Schlafstörungen Reduzierung des Deszendierenden Inhibitorischen Nozizeptiven Systems Katastrophisieren Sekundärer Krankheitsgewinn Depression Erlerntes Verhaltensmuster Post-Traumatisches-Stress-Syndrom Okeson 2005, Bell´s Orofacial Pain, LeResche 2007

Diagnostische Verfahren bei CMD Helkimo-Index Beweglichkeit des UK Schmerzen bei Bewegung der UK Palpationsschmerz der Kaumuskulatur Funktion des Kiefergelenks Palpationsschmerz der Kiefergelenke RDC/TMD Myofasziale Schmerzen Diskusverlagerungen Erkrankungen des Kiefergelenks + Psychosoziale Beeinträchtigungen Helkimo 1974, RDC/TMD Dworkin 1993

Diagnostik der CMD bei Kindern/Jugendlichen Unter 10 ist der Einsatz von Fragebögen fraglich RDC/TMD heute Standard OPG im Einzelfall sinnvoll Instrumentelle Diagnostik umstritten

Häufigste klinische CMD-Zeichen Gazit 2001, Widmalm 1995

Klinische Zeichen / Symptome einer CMD (17 jährige) Sonmez H et al. J Oral Rehabil 2001 n = 285

CMD nach Geschlecht Keine Unterschiede 6-8 Jahre: Jungen häufiger CMD n = 400, Sonmez et al. H. J Oral Rehabil 2001 6-8 Jahre: Jungen häufiger CMD n = 208 Ettala-Ylitalo et al.Arch Oral Biol 1991 12-18 Jahre: Mädchen häufiger CMD n = 862 List et al. J Orofac Pain 1998

Klinische Zeichen einer CMD 10-25% 51 % 31% 50 % 40 % 68 % 4-6 Widmalm et al. 1995 n = 203 10-13 Gazit et al. 2001 n =369 12-14 Morinushi et al. 1991 n = 160 15 Pilley et al. 1992 n = 791 15-17 Morinushi 1991 n = 480 16-18 Gazit et al. 2001 n = 369

Symptome einer CMD bei Kindern/Jugendlichen

Subjektive Symptome „Kraniomandibuläre Dysfunktionen“ Eine seltene Ursache für Kopfschmerzen ? Holmes GL, Zimmerman AW. Dev Med Child Neurol 1983

Schmerzhafte CMD, 4-6 Jahre Widmalm SE, et al. J Oral Rehabil 1995 n=203

Schmerzhafte CMD, 12-18 Jahre List T, et al. J Orofac Pain 1998 n = 862  

Praxisstudie n = 40, 3-17 Jahre Kares,H: Komplement.integr.Med.01/2007

N = 285, 17-19 Jahre . Wanman A, Agerberg G.Cephalalgia 1987 Mar;7(1) Deutliche Korrelation zw. klinischen Zeichen / subjektiven Symptomen (Kopfschmerzen) N = 285, 17-19 Jahre . Wanman A, Agerberg G.Cephalalgia 1987 Mar;7(1)

Entwicklung der CMD-Zeichen/Symptome Starke Fluktuation Selten starke Verschlimmerung Selten totale Remission Zunahme von Knirschen und Pressen Rückgang anderer Parafunktionen Egermark, et al. Acta Odontol Scand 2001 n = 240, Longitudinalstudie 20-Jahre

Hamburger CMD-Studie bei Jugendlichen N = 507 zw. 10-16 40% Schmerzen im Kiefer-Gesichtsbereich 36% Geräusche der Kiefergelenke 5% eingeschränkte Mundöffnung 0,2-6,2% RDC/TMD Diagnosen 86% Kinische Dysfunktionen nach Helkimo CMD-Kinder hohe Einschränkung der Lebensqualität Immigranten häufiger schwere Befunde Krizmanic 2005

RDC/TMD-Diagnosen bei Jugendlichen von 10-18 Jahren in Deutschland Hirsch, John 2003, 2005

20% nehmen regelmäßig Schmerzmedikamente ein Typisch ist starke/sehr starke Beeinträchtigung bei 10% der Jugendlichen 20% nehmen regelmäßig Schmerzmedikamente ein Hirsch et al 2006 Qintessence Int.

Zahnfehlstellungen und CMD-Zeichen/Symptome = keine Korrelation bei Kindern + Barone et al.1997 + Keeling et al. 1994(Kreuzbiss) + Farella et al. 2007 (Kreuzbiss)

Deutliche Korrelation von Zahnfehlstellung mit CMD-Zeichen/Symptome Klasse II: Henrikson T, et al.Acta Odontol Scand 1997 n = 183 Kreuzbiss, Kopfbiss, Offener Biss, Kl. III: Alamoudi,et al.Clin Pediatr Dent 2000, n=386 Egermark,et al.: J Oral Rehabil 1995 n = 50 Ueda HM, et al: Am J Orthod Dentofacial Orthop 2000 n = 30

Gelenkgeräusche drei mal häufiger bei Erwachsenen mit Kreuzbiss Pullinger et al. 1993 Egermark et al. 2003

Vertikales Schädelwachstum korreliert mit CMD-Zeichen und Symptomen (Druckdolente Muskulatur) Sonnesen L, et al.: Eur J Orthod 2001 n = 96, 7-13 Jahre Ueda HM, et al.: K. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2000 n = 30

KFO-Behandlung hat keinen Einfluss auf die CMD Rendell JK, et al. Am J Orthod Dentofacial Orthop 1992 n = 451

KFO-Behandlung hat Einfluss auf CMD Bei CMD-Kindern Headgear- und Kontrollgruppe 7x mehr Schmerzen in den Kiefergelenken als Bionator-Gruppe Kein Einfluss bei Gesunden Keeling SD, et al.: S. Semin Orthod 1995 N = 191

Keine Korrelation zw. CMD und Parafunktionen (Knirschen/Pressen?) Barone A, et al. J Oral Rehabil 1997 n = 240, 7-16 Jahre

Deutliche Korrelation zw. Parafunktionen und CMD Fingernägel, Daumen Widmalm SE, et al.: J Oral Rehabil 1995 n = 203 zw. 4-6 Jahren Widmalm SE, et al.: Cranio 1995 n = 525, 4-6 Jahre Kaugummi: Winocur,Gawisch, J Oral Rehabil 2001 n = 323 Mädchen zw. 15-16 Jahren Knirschen: Alamoudi,et al. Clin Pediatr Dent 2000, n = 386, 6-10Jahre

Okklusale Instabilität und CMD?

Okklusions-Störungen und CMD korrelieren! 5-15 Jahre N = 1008 Vorkontakte 12-15 Jahre N = 29 ZÄ Restaurationen! Pahkala R, Laine T. J Clin Pediatr Dent 1991 Kampe T, et al. Acta Odontol Scand 1987

Kein Zusammenhang zw. Okklusionsstörungen und CMD 6-10 Jahre N = 386 12-15 Jahre N = 1182 7, 11,15 Jahre N = 240 Long. 5 Jahre Alamoudi et al. Clin Pediatr Dent 2000 Verdonck et al. J Oral Rehabil 1994 Egermark-Eriksson et al. J Dent Res 1987

Was sind Okklusionsstörungen? Was ist eine perfekte Okklusion? 28 okkludierende Zähne! IKP/RKP Differenz<2mm! Keine Interferenzen bei Laterotrusion!

Es gibt keine perfekte Okklusion! Morphologische Abweichung im Gebiss sind die Regel 14% leichte Okklusionsstörungen 86% schwere Okklusionsstörungen Helkimo 1974

Für die Entstehung einer CMD sind immer mehrere Risikofaktoren notwendig!

Therapie der CMD bei Kindern und Jugendlichen auf Grundlage der EbZ Aufklärung (Kinder, Eltern, Lehrer) Reversible Maßnahmen Verhaltensänderungen (Bewegung / Entspannung / Stressmanagement) Physiotherapie Funktionskieferorthopädie/Okklusionsschienen/NTI sehr effektiv Komplementäre Verfahren Medikamentöse Schmerztherapie Wahlund et al. 2003

NTI-tss Schiene Stapelmann & Türp 2008

Bionator nach Balters

Behandlung von Kopfschmerzen mit Bionator Praxisstudie n = 9

Zusammenfassung CMD-Screening bei allen Kindern RDC/TMD Diagnostik + Nachkontrollen bei KFO Gesunde Kinder vertragen KFO Vorsicht mit aufwändiger KFO bei CMD-Kindern! Okklusion ist nur ein Risikofaktor von vielen

Herzliche Grüße aus dem Saarland Ludwigskirche Saarbrücke Friedrich Joachim Stengel (1694-1787)