Radioiodtherapie der Schilddrüse Referat von Michaela Hanisch, Winfried Schöch und Lincoln Westfall TU-Braunschweig, Nuklearmedizin-Übung, 20.01.2004
Inhaltsübersicht Morbus Basedow und Funktionelle Autonomie Differenziertes Schilddrüsenkarzinom Radioiodtherapie
1. Hyperthyreose - Hauptauslöser Morbus Basedow („Grave‘s Disease“) Funktionelle Autonomie Auto-Immunkrankheit, betrifft ganzen Körper Bei 30-40 jährigen häufigste Ursache für H. Kann zum Tod führen (Thyreotoxische Krise) Rückfälle lebenslang Hormonkreislaufstörung, löst nicht immer H. aus Patienten meist 50-70 Jahre alt Keine Spontanremission Ca. 50:50 oder 70:30 Häufigkeit als Auslöser für Hyperthyreose Thyreotoxische Krise: 50% Sterblichkeit! Wird ausgelöst durch zu großer Jodaufnahme während der Hyperthyreose 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
Hyperthyreose - Symptome Normal: w 18ml, m 25ml Schilddrüsenvolumen Kropf / Struma / Goiter Exophthalmus: 40->85% der M. Basedow Patienten, auch nach Behandlung noch 50% innerhalb von 2 Jahren „endokrine Orbitopathie“: Entzündung, dadurch nehmen Muskeln, Fett und Bindegewebe hinter dem Auge zu 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
Erkrankungsalter Morbus Basedow Autonomie
1840 das erste Mal beschrieben 1-6% der Bevölkerung betroffen Morbus Basedow 1840 das erste Mal beschrieben 1-6% der Bevölkerung betroffen Frauen erkranken 5-10 mal häufiger Ursache weitgehend unbekannt Autoantikörper ahmen TSH nach Exophtalmus, Struma, Herzrasen Psychische Beeinträchtigung Ursachen: Genetisch, Psyche, Hormone, Umwelteinflüsse, Infektionen mit Viren o. Bakterien Merseburger Trias 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
Zellulare Auslösung überaktive Follikelzellen T3 = Triiodothyronin T4 = Thyroxin überaktive Follikelzellen 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
Molekulare Auslösung Normal Morbus Basedow Autonomie 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
Diagnose: Szintigraphie Autonomie „heiße Knoten“ Morbus Basedow Überfunktion überall oder in einem ganzen Lappen
Verschiedene Therapien Radioiodtherapie Hauptbehandlung Begrenzte Operabilität Thyreoidektomie Großer Kropf (> 80 ml) Luftröhren-Kompression (> 50 %) Malignomverdacht, Schwangerschaft,… Anti-Schilddrüse Medikamente Nur für Vorbehandlung der Radioiodtherapie oder Thyreoidektomie Konservative Behandlung des M.Basedow: Erst 6-12 Monate lang thyreostatische Behandlung. RIT/OP nur bei Persistenz oder Rezidivhyperthyreose (ca. 60% der Fälle) Medikamente = Thyreostatika 1) M. Basedow und Funktionelle Autonomie
2. Das differenzierte Schilddrüsenkarzinom Häufigster Typ aller Schilddrüsentumore Art des Schilddrüsenkrebses Relative Häufigkeit Papilläres Karzinom 50-80% Follikuläres Karzinom 20-40% Medulläres Karzinom 4-10% Undifferenziertes Karzinom 2% 3 pro 100.000 Neuentdeckungen bösartiger Tumore/Jahr 40-50 Jährige am Anfälligsten Frauen 3mal häufiger betroffen 2) Das differenzierte Schilddrüsenkarzinom
Entstehung und Symptome Entstehung unbekannt Risikofaktoren: Jodmangel Röntgenbestrahlung im Halsbereich während des Kindes- und Jugendalters Symptome: Plötzlich auftretende Struma Druckgefühl im Hals Luftnot, Schluckbeschwerden Tast- und sichtbar vergrößerte Lymphknoten "kalter" (funktionsloser) Knoten rechts: fast den halben rechten Schilddrüsenlappen einnehmend 2) Das differenzierte Schilddrüsenkarzinom
Diagnose und Therapie Diagnose: Therapie: Feinnadelpunktion Bestimmung der Schilddrüsenhormon-Werte Sonografie Röntgenaufnahme/CT/MR: Lokale Ausdehnung des Tumors Suche nach Lymphknotenmetastasen Therapie: Totale oder fast totale Thyreoidektomie anschließend: Radioiodtherapie 2) Das differenzierte Schilddrüsenkarzinom
Die Radioiodtherapie 1/7 Voraussetzungen: Jodarme Ernährung 3-10 Tage vor der RIT Verminderung des Schilddrüsenhormons im Körper Keine jodhaltigen Medikamente oder Kontrastmittel Keine bestehende Schwangerschaft / keine Stillperiode Vorbereitung: Blutabnahme, körperliche Untersuchung Ultraschall der Halsregion, ggf. Röntgenuntersuchung Bei benignen Erkrankungen: Speicherungsmessung Aufklärung des Patienten Patient muss nüchtern sein Absetzen der Thyreostatika 2-3 Tage vor RIT (M.B.) Sono zur Ermittlung der „zu therapierenden Masse“ („Zielvolumen“) Speicherungsmessung: 1 MBq -> Berechnung der Therapieaktivität 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 2/7 Ablauf: Gabe von Radiojod I-131 als Salz in Gelatine-Kapsel oder Flüssigkeit Resorption im Dünndarm, Radiojod wird vom Schilddrüsengewebe aufgenommen Jod zerfällt am Ort der Speicherung intensive -Bestrahlung des Gewebes Nachweis der Speicherung mit einer Gamma-Kamera Wirkungseintritt erst nach 2-3 Monaten! Salz = Natriumjodid Jod-131 emittiert 90% Beta- und 10% Gamma-Strahlung Halbwertzeit 8 Tage Reichweite der Beta-Strahlen im Gewebe: 0,5mm Glukokortikoid-Behandlung bei endokriner Obitopathie Gamma-Kamera 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 3/7 Weitere betroffene Organe: Organ Schutzmöglichkeit Ziel Speicheldrüsen Etwas Saures lutschen Jod wird in die Mundhöhle gespült Magen Medikament Verminderung der Magensäureproduktion Blase Viel trinken Entleerung der Blase Darm Abführmittel Darmentleerung RIT bei Metastasen: Voraussetzung: Thyreoidektomie Höhere Mengen an Jod/höhere Dosierung 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 4/7 Strahlenschutz: Patient darf Therapiestation für min. 48h nicht verlassen Kein Besuch für Patienten Krankheit Dosis (Gy) Morbus Basedow ablativ funktionell – optimiert 300 150 - 200 Unifokale Autonomie 300 - 400 Multifokale Autonomie Metastasen > 500 Normalerweise KH-Aufenthalt 5-10 Tage Entlassung bei max. 95 MBq (tägliche Messungen) „Herddosis“ 3) Radioiodtherapie
Berechnung der Jod-131-Dosis* Dosis (Gy) x Volumen (ml) x K Aktivität (MBq) = max Uptake (%) x HLeff (d) 3,7 GBq x d K = 149 Gy x ml „Marinelli-Formel“ Alternativ: Bockisch-Formel HLeff = 8 Tage, Beta-Zerfall (effektive Halbwertszeit) *Marinelli LD. Et al.: Dosage determination with radioactive isotopes. Am J Roentgenol 59: 260 – 281 (1948) 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 5/7 Risiken und Nebenwirkungen: Frühe Nebenwirkungen: Vorübergehende Knochenmarksveränderungen mit Minderung der Leukozyten oder der Thrombozyten (Häufigkeit bis zu 70%) Entzündung der Speicheldrüsen (Häufigkeit 30%) Vorübergehende Magenbeschwerden (Häufigkeit: 30%) Schmerzhafte Schwellung der Restschilddrüse (Häufigkeit: 10-20%) Späte Nebenwirkungen: Mundtrockenheit infolge Schädigung der Speicheldrüsen (Häufigkeit 10-20%) Knochenmarksschädigung Leukämie (Häufigkeit 1%) Zeugungsunfähigkeit des Mannes (sehr selten) Entzündung der Speicheldrüsen = Sialodenitis Spätfolge: Sicca-Syndrom (trockenes Auge) Leukämie nur bei der hohen Belastung bei Karzinomtherapie 3) Radioiodtherapie
Hypothyreose nach Radioiodtherapie Hypothyerose wird nach M. Basedow angestrebt! (>90%) Bei funktionsoptimiertem Konzept ca. 50% Thyreosubstitutive Therapie mit Levothyroxin 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 6/7 Tc-99m-Szintigramme einer 40-jährigen Patientin mit autonomem Adenom im linken Schilddrüsenlappen vor (links) und 5 Monate nach (rechts) Therapie 1.Therapie 02/95 3.Therapie 12/95 4.Therapie 07/96 Posttherapeutische Szintigramme bei einem Kind, bei dem im Alter von 13 Jahren ein Schilddrüsenkarzinom infolge des Reaktorunglücks in Tschernobyl diagnostiziert wurde. Nach 4 Therapien sind keine krankheitsbedingten Anreicherungen mehr erkennbar. 3) Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie 7/7 Links: 99mTechnetium- Ganzkörperszintigraphie bei einer 72-jährigen Patientin 3 Jahre nach Operation eines papillären Karzinoms: geringgradige pathologische Aktivitätsbelegung (Pfeil) Rechts: Zusätzliche SPECT-Aufnahme bei der selben Patientin: Zeichen eines Rezidivs (Pfeil). 3) Radioiodtherapie
Quellen Kursus der Nuklearmedizin, Uni Würzburg (www.uni-wuerzburg.de/nuklearmedizin/kursus/Kursus.htm) Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (www.nuklearmedizin.de/publikationen/leitlinien.php) www.morbusbasedow.de www.uni-muenster.de/Nuklearmedizin/info/sd/I131.html Pschyrembel (www.pschyrembel.de) Roche Lexikon Medizin (www.gesundheit.de/roche/) www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/hyperthyreose.html „Anatomie: Text und Atlas“, H. Lippert u.a. www.radiojodbehandlung.de http://www-immuno.path.cam.ac.uk/~immuno/ http://www.lkhf.at/-neu_abteilungen/nuklearmedizin uvm.