Jugendsprachen – Teil II UNIVERSITÀ DEGLI STUDI DI BERGAMO Lingua Tedesca LT I cod. 3006 a.a. 2018/2019, SoSe 2019 Jugendsprachen – Teil II
Exkurs: Jugendsprachen in Italien – La lingua dei giovani in Italia (vgl. Fusco 2007: 34ff.)
Componenti che confluiscono nella LG, determinandone la fisionomia
LG: osservatorio delle linee tendenziali del sistema dell’italiano; dei movimenti/mutamenti La fortuna delle LG è uno dei tanti indizi dei processi di destandardizzazione tesi per lo più ad allentare la prescrizione normativa in favore di una crescente apertura dell’informalità, anche in contesti formali
Studie: Phraseme in italienischen und deutschen Jugendsprachen (vgl Studie: Phraseme in italienischen und deutschen Jugendsprachen (vgl. Ehrhardt 2007: 99ff.) Untersuchtes Textmaterial: Aufzeichnungen aus einem italienischen und einem deutschen Internet-Forum über den Hip-Hop-Sänger Eminem Bestand: It: insgesamt 461 Phraseme, 392 Typen De: insgesamt 335 Phraseme, 281 Typen Prototypische Phraseme: Ausdrücke, die pragmatisch geprägt sind, d.h. die durch den Gebrauch in bestimmten Kontexten eine idiomatische Bedeutung haben, ansonsten aber wohlgeformte Syntagmen sind Mehr oder weniger feste Wortverbindungen
Jugendsprachliche Phraseme in De und It Wendungen sind jugendsprachlich, wenn sie in Nachschlagewerken stilistisch markiert sind (umgangssprachlich, vulgär) oder (noch) gar nicht erfasst werden Das haut mich aus den Socken: das ist unglaublich
Jugendsprachliche Phraseme in De und It Absolute Äquivalenz: Übereinstimmungen zwischen den beiden Sprachen Partielle Äquivalenz: Übereinstimmungen des Bildes bei leichten Abweichungen in der lexikalischen Realisierung / funktionale Äquivalenz: gleiche phraseologische Bedeutung bei vollkommen anderer lexikalischer bzw. morphosyntaktischer Struktur
Jugendsprachliche Phraseme in De und It Divergenzen: Keine Entsprechungen in der anderen Sprache
Jugendsprachliche Phraseme in De und It Bewusste/absichtliche Modifikation und Variation
Kiezdeutsch „eine Jugendsprache […], die sich in Wohngebieten mit hohem Migrantenanteil ausgebildet hat“ (Wiese 2010) „ein[.] neue[r], urbane[r] Dialekt des Deutschen, der - ebenso wie andere deutsche Dialekte auch - systematische sprachliche Besonderheiten in Bereichen wie Aussprache, Wortwahl und Grammatik aufweist“ (ebd.)
Kiezdeutsch http://www.kiezdeutsch.de/index.html
Kiezdeutsch Alternative Bezeichnungen: Kanak Sprak aber: auf Jugendliche nicht-deutscher Herkunft bezogen und negativ konnotiert; deutsch-türkische Kontaktvarietät; Ghettodeutsch; Ghettoslang; Ethnolekt Kiezdeutsch hat sich im Kontakt unterschiedlicher Sprachen, im gemeinsamen Alltag junger Menschen unterschiedlicher Herkunft entwickelt. Es ist nicht auf Jugendliche mit Migrationshintergrund beschränkt und auch nicht für Sprecher einer bestimmten Herkunftssprache typisch (etwa Türkisch) "Kiezdeutsch", die Bezeichnung, die hier benutzt wird, ist aus mehreren Gründen besonders passend für diese Jugendsprache. Zum einen macht sie deutlich, dass wir es mit einer Varietät des Deutschen zu tun haben. Zum anderen weist sie darauf hin, dass diese Jugendsprache im Kiez beheimatet ist, der im Berlinerischen ein alltägliches Wohnumfeld identifiziert, dass es sich also um eine informelle, alltagssprachliche Form des Deutschen handelt. Schließlich beinhaltet der Begriff keine ethnische Eingrenzung und kann so erfassen, dass Kiezdeutsch nicht nur von Sprecherinnen und Sprechern einer bestimmten Herkunft gesprochen wird. (vgl. Wiese) „Kanak“: türkische Gastarbeiter, herabsetzend „Ich mach dich Messer“ entstammt einer jugendsprachlichen Varietät, die in der politischen Diskussion oft als „Kanak Sprak“ bezeichnet wird. Dieser Ausdruck, der einer breiteren Öffentlichkeit insbesondere durch die Romane und Interviewsammlungen Feridan Zaimoglus (etwa Zaimoglu 1995) bekannt geworden ist, basiert auf einer Umdeutung des pejorativen Begriffs „Kanake“ in Migrantenbewegungen, ähnlich dem reclaim des Ausdrucks „Nigger“ in afroamerikanischen politischen Kontexten. Von den jugendlichen Sprechern der Varietät wird der Begriff „Kanak Sprak“ allerdings kaum verwendet; sie bezeichnen ihren Sprachgebrauch eher als „krass reden“ oder auch als „Kiez-Sprache“. (vgl. Wiese)
Kiezdeutsch zitiert nach Nied Curcio (2016: 294) Kiez-Sprache unterscheidet sich von anderen Jugendsprachen darin, dass sie zum einen einen Hintergrund im ungesteuerten Zweitspracherwerb hat und in Beziehung zu ethnolektalen Varietäten steht (insbesondere zu „Türkendeutsch“, dem Ethnolekt, der sich aus dem Deutsch türkischer Migranten entwickelt hat), zum anderen über solche Ethnolekte jedoch hinausgeht und grammatische Merkmale einer Kontaktsprache aufweist, die sich in multi-ethnischen und multi-lingualen Kontexten entwickelt hat. Der jugendsprachliche Status motiviert den Gebrauch von Kiez-Sprache und den genannten anderen europäischen Varietäten in Gruppen Jugendlicher und junger Erwachsener; ihr Status als Kontaktsprachen motiviert ihren Gebrauch in ethnisch gemischten Gruppen mit unterschiedlichen Herkunfts- und Zweitsprachen und führt zu Formen der grammatischen Reduktion. Die Bedeutung von Kiez-Sprache als Lingua Franca in multilingualen Wohngebieten, zum anderen auf ihre Verbindung zu Varietäten des ungesteuerten Zweitspracherwerbs. Die sprachliche Ökonomie, die hier deutlich wird, hat ihren Ursprung vermutlich in erster Linie in der kontaktsprachlichen Verständigung, heute bietet sie jedoch die Basis für die Entstehung eigener Konstruktionen. Kiez-Sprache ist damit gegenüber dem Standarddeutschen nicht als lediglich grammatisch defizitär anzusehen, sondern weist eine sprachliche Produktivität auf, die sich nicht nur an der Integration nicht-nativer lexikalischer Elemente und der Entstehung neuer Partikeln, also auf lexikalischer Seite zeigt, sondern ebenso im grammatischen System. https://www.youtube.com/watch?v=65n8V5saU7U
Sprachkontakt „Zwei Sprachen sind in Kontakt nicht in erster Linie dadurch, daß ihr Sprachgebiet aneinandergrenzt, sondern dadurch, daß ein Teil mindestens einer der zugehörigen Sprachgemeinschaften bilingual ist, also die jeweils andere Sprache bis zu einem gewissen Grade spricht. So sind z.B. Deutsch und Französisch Kontaktsprachen nicht deshalb, weil Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Grenze haben, sondern weil ein Teil der französischen Sprachgemeinschaft (u.a. im Elsaß) auch Deutsch spricht und ein Teil der deutschen Sprachgemeinschaft (z.B. infolge Schulbildung) auch Französisch.“ https://www.christianlehmann.eu/fundus/Sprachkontakt.html
Ethnolekt https://www.youtube.com/watch?v=ldYsMBXOInU Pidgin: Mixvarietät, Hilfsvarietät, vereinfachte Form einer Sprache Ethnolekt: Ethnolekt (von griech. ethnos „Volk“ und legein „sprechen“) ist ein Sammelbegriff für sprachliche Varianten bzw. Sprechstile, die von Sprechern einer ethnischen (eigentlich: sprachlichen) Minderheit in einem bestimmten Sprachraum verwendet und als für sie typisch eingestuft werden. Einen einheitlichen Ethnolekt, den alle Menschen mit derselben sprachlich-ethnischen Herkunft in einem Land sprechen, gibt es allerdings nicht: „Es gibt vielerlei Ethnolektales, es gibt aber keinen Ethnolekt“ (Jannis Androutsopoulos). Ein Ethnolekt ist eine Sonderform eines Soziolekts. Die Basis multi-ethnischer Jugendsprachen sind vermutlich Ethnolekte, d.h. etwa nach einer Definition von Clyne (2000: 86) „varieties of a language that mark speakers as members of ethnic groups who originally used another language or distinctive variety“. Ein solcher Ethnolekt ist z.B. das sog. „Türkendeutsch“ türkischer Migranten in Deutschland. Ethnolekte haben ihren Ursprung im Zweitspracherwerb, insbesondere in Varietäten des ungesteuerten Zweitspracherwerbs, wie sie häufig in der älteren Generation türkischer Migranten auftreten, aber auch bei Jugendlichen, die neu nach Deutschland emigriert sind.
Kiezdeutsch: Charakteristika bevorzugte Verwendung innerhalb einer Gruppe Gleichaltriger Abgrenzung gegenüber Erwachsenen Einfluss des US-Amerikanischen grammatische Dynamik, gestützt durch die vielsprachigen Kompetenzen der Sprecher Entlehnungen aus dem Türkischen: Kiz (Mädchen); Lan (Mann); Moruk (Alter)
Kiezdeutsch: Charakteristika Auf phonologischer Ebene ist besonders die Koronalisierung des stimmlosen palatalen Frikativs ([ç] – „Ich-Laut“) alveopalatale/postalveolar (Artikulationsort ändert sich) zu nennen, die ähnlich z. B. auch aus Dialekten im Rheinland bekannt ist.
https://www.welt.de/wissenschaft/article3800025/Alter-isch-schwoer-dir-isch-mach-dich-Messer.html