Konzepte der Teilhabeplanung – oder:

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Die Zuständigkeitsverlagerung im selbständigen Wohnen – Die Stadt Essen als Projektregion Eine Informationsveranstaltung der Stadt Essen und des Zentrums.
Advertisements

nach dem Konzept „Netzwerke Offener Hilfen (NetOH)“
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
Zugänglich für alle? Das Ziel einer barrierefreien Gesellschaft
International Disability Alliance
Frauen sind anders – Männer auch Geschlecht und Behinderung
Auf dem Weg zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention.
damit es gute Hilfs-Angebote für behinderte Frauen und Mädchen gibt?
Paradigmenwechsel Inklusion in der Lebenshilfe Österreich
Comenius Projekt Liceo F.Petrarca Trieste a.s. 2011/12 M. Lamba, V. Munaò, A. Pascazio.
Perspektive Gemeinwesen? Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Ein Herz besteht aus vielen Räumen, A heart consist of many rooms, Manche groß, Andere klein, Many big, others small, aber das soll nicht heißen, dass.
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste Offene Hilfen in der Landeshauptstadt Düsseldorf – ein Streifzug durch die Geschichte … Dr. Johannes.
Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung
Die Rolle der OBA im Prozess der Planung eines inklusiven Sozialraumes Vortrag am Tag der regionalen OBA im Bezirk Oberbayern
Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen, Mainz e.V.
Wohnformen von Menschen mit Behinderungen
PARTicipation Basis Workshop Inklusion
LVR-Dezernat Soziales und Integration Teilhaben und Teil sein – wie die inklusive Gesellschaft entstehen kann. Eine Zukunftsaufgabe des LVR Vortrag vor.
Evaluationsprojekt PerSEH Evaluationsprojekt PerSEH Prof. Dr. Albrecht Rohrmann und Dipl. Gerontol. Cordula Barth Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer.
Rules of Play - Game Design Fundamentals by Katie Salen and Eric Zimmerman Universität zu Köln Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung.
Bremisches Behindertengleichstellungsgesetz Rückblick sowie Vorstellung und Diskussion von Eckpunkten zur inhaltlichen Notwendigkeit der Überarbeitung.
Disability Mainstreaming Impuls auf der 4. Sitzung der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik am Christine.
Die UN-Behindertenrechtskonvention Aufgaben, Ziele, Spannungsfelder, Perspektiven Vortrag bei der Jahreshauptversammlung des Landesfrauenrates Hessen am.
Diskriminierung von Menschen mit Behinderung
Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Dr. Johannes Schädler Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE), Universität Siegen Sozialraum als Chance zur Teilhabe behinderter Menschen.
Eine „inklusive Haltung“ – was soll das sein?. Exklusion.
M 08 Inklusion Werte und Normen Marianne Wilhelm PH Wien.
Marianne schulze human rights consultant Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen:
Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik.
Das Projekt ‚STEPS‘ „Structures towards Emancipation, Participation and Solidarity“ Ein Projekt zur Bekämpfung der Diskriminierung von Menschen mit Lernschwierigkeiten.
Inklusion Prof. Dr. Bettina Lindmeier Was ändert sich im Landkreis für die Verwaltung?
Amt / Dienststelle1 Informationsvorlage Jugendhilfeausschuss Kinder- und Jugendhilfe auf dem „inklusiven Weg“ Sachbericht Angebote der Kinder-
MMS Workshop 3. Juni 04 1 Wenn Frauen selbst bestimmen könnten… Von Vorzeigeprojekten zu frauenspezfischer Zusammenarbeit Frauenspezifische Ansätze, Gender,
Z entrum für P lanung und E valuation Sozialer Dienste Sport ist Viel(falt)!
Sonderpädagogische Bildungsangebote/ Inklusion
Einführung in die Sonderpädagogik
Konzeption der aufsuchenden Jugendarbeit
Selbst- und Fremdbestimmung in Gesundheitsförderung und Prävention
Die UN-Behindertenrechtskonvention
Die UN-Behindertenrechtskonvention:
Was ist eine Menschenrechtskonvention?
Einführung in die Sonderpädagogik
Selbstbestimmung © ISL e.V.
Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention 10 Jahre UN-BRK – Überblick und Vorausschau Fachkonferenz 10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention – Chancen.
Sachstand und Ausblick zur Maßnahmeplanung Inklusion im Rheinisch-Bergischen Kreis Bericht im Ausschuss für Soziales, Generationen, Inklusion und Kultur.
am Beispiel der Einrichtung
„Gleichstellung vor dem Gesetz und im Alltag“
Themen für Abschlussarbeiten BA im Fachgebiet Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung 2016 Team : Prof. Dr. Andrea Erdelyi.
Vorlesung Völkerrecht Diplomatischer Schutz
Integration in Hessen –
Basiswissen Inklusion
Einstiegsfrage: Wo begegnet Ihnen Inklusion?
Was ist die Behinderten- Rechts- Konvention
Hilfe und Schutz für geflüchtete Frauen und ihre Kinder „Heimat schaffen. Familie schützen. Zukunft schenken“ Einrichtung von „Zentralen Frühe Hilfen“
Persönliche Assistenz – der Schlüssel zu einem Selbstbestimmten Leben
Behinderungsbegriffe im Spannungsfeld zwischen BTHG, SGB IX und UN-BRK ICF-Anwenderkonferenz 2018 Prof. Dr. Felix Welti 12. April 2018, Hamburg.
ICF ICF = (International Classification of Functioning)
Kommunen in Neuer Verantwortung für Gutes Älterwerden
Inklusion als Chance für Alle
THE PERFECT TENSE IN GERMAN
Die Hundert im Rücken, die Wahlen vor Augen
DDr.in Ursula Naue Universität Wien, Institut für Politikwissenschaft
Selbstbestimmtes Leben: Die Deinstitutionalisierung und ihre Folgen
Definitionsversuche auf regionaler Ebene
Ich bin Ihre Kommunale Inklusionsvermittlerin
Schritte auf dem Weg zu interkultureller Kompetenz
Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe
Beratungsstelle – Die Konsulenten
 Präsentation transkript:

Konzepte der Teilhabeplanung – oder: „Wie kann Herr Schmidt darin unterstützt werden, ein ‘alter Mann’ zu werden?” Dr. Johannes Schädler Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

Personen in Wohnheimen für behinderte Menschen älter als 60 J.: 1998: ca.12 % 2009: ca.15 % Quelle: Kennzahlenvergleich BAGÜS, Consens 2011

Herr Schmidt… .

‘Herr Schmidt‘ sagt: ‘Nein!‘ und macht Probleme Im Kontext eines ‚kritischen Lebensereignisses‘ will Herr Schmidt sein alltägliches Leben ändern. Er will seinen sozialen Status altersgemäß weiterentwickeln und ein ‘alter Mann‘ werden. Er stellt das ‚human management model‘ des Wohnheims bzw. des Hilfesystems in Frage, d.h. die für selbstverständlich gehaltenen Annahmen und institutionalisierten Routinen der Versorgung Älterer. ‘a consistent pattern in which the behavior of persons is structured by other persons who exercise authority over them’. (Wolf Wolfensberger 1969: 64).

Teilstationäres Modell der Behindertenhilfe des 20.Jh Sonderkindergarten, Sonderschule, ‚24er Wohnheim‘ an der Werkstatt…

‘Rollenangebot‘ des Hilfesystems an Herrn Schmidt? Heimbewohner in der „8er-Gruppe‘‘ und „Werkstattgänger“ ‘Wohnheim in Deutschland für 32 Menschen mit geistiger Behinderung, gebaut in 2004.

‘Institutionelles Modell’ in stationären Wohneinrichtungen ‘consists of the interaction of the physical environment of the residence with the behavioral roles that managers impose upon or elicit from the managed residents.’ (W.W.1969) ‘Die Sprache der Architektur’ zusammen mit Mitarbeiter/innen-Verhalten bewirken Prozesse der ‘ Rollenzirkularität: ‘Generally people will play the roles they have been assigned. This permits those who define social roles to make self-fulfilling prophecies by predicting that someone cast into a role will emit behavior consistent with that role. Unfortunately, role-appropriateness will then often be interpreted to be a person’s ‘natural’ rather than elicited mode of acting.’ (ebd.) Dr. Wolf Wolfensberger ‚role- valorization‘ geb 1934 in Mannheim, Gest. 2011 in Syracuse, USA

Kann Herr Schmidt im teilstationären Modell der Behindertenhilfe ein ‚alter Mann‘ werden? Sonderkindergarten, Sonderschule, ‚24er Wohnheim‘ an der Werkstatt…

Modernisierungsbedarf Hilfen ‚alten Typs‘ Hilfen ‚neuen Typs‘ Planung nach der Platzierung ‚Platz‘ gruppenbezogen Bewohner Heimlogik ein Kostenträger die Einrichtung… Planung vor Leistungserbringung ‚Hilfreiches Arrangement‘ personenzentriert weibliche / männliche Klient/in Wohnung/private Logik mehrere Kostenträger der Dienst…

‘Unterstützung in inklusiven Settings‘ Modell 21. Jahrhundert: ‘Unterstützung in inklusiven Settings‘ Ermöglichung von privatem Wohnen in der eigenen Häuslichkeit durch flexible, verlässliche und bedarfsgerechte Unterstützung in individuellen Arrangements.

Ansatzpunkte für Modernisierung des Hilfesystems Individuelle Teilhabeplanung 2. Finanzierungsformen ohne ‚perverse Anreize‘ 3. Örtliche Teilhabeplanung

Aufgaben Individueller Teilhabeplanung personenzentrierte Hilfearrangements erarbeiten ressourcen- und sozialraumorientiertes Vorgehen Prinzip der ‚anbieterkontrollierten Antragsstellung und Platzierung‘ überwinden Steuerungsinteressen der Sozialleistungsträger verwirklichen  Was bedeutet dies für Herrn Schmidt?

Dimensionen eines ‘sozialen Rollenmodells‘ für altwerdende und alte Menschen mit Behinderungen Öffentliche Sphäre Familien- sphäre Privatsphäre Planung von ‚rollenorientierten‘ Unterstützungsarrangements für Herrn Schmidt?

Was passiert mit Herrn Schmidt? Abhängig von den institutionalisierten Routinen in der Einrichtung und im örtlichen Feld der Behindertenhilfe sowie des gegebenen kulturellen Kontexts bezogen auf Teilhabeplanung, können drei Handlungszenarien unterschieden werden: ‘Ambulantisierung’ ‘Sektoraler Ansatz ’ ‘inklusives Gemeinwesen’

Artikel 19 der UN-BRK: Inklusion und Partizipation Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens erkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen an, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe ( „inclusion“ – „participation“) an der Gemeinschaft zu erleichtern, … Die Diskussion um ‚Inklusion‘ hat durch die Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen(United Nations 2006; United Nations 2008) einen neuen Impuls erhalten. Nach Einschätzung von Heiner Bielefeldt vom Deutschen Institut für Menschenrechte stellt der Begriff der ‚Inklusion‘ den Kernbegriff der Behindertenrechtskonvention dar. Mit der Forderung der Inklusion wird der Anspruch erhoben, die Gesellschaft und ihre Subsysteme so zu gestalten, dass „dass Menschen mit Behinderungen von vornherein darin selbstverständlich zugehörig sind“ (Bielefeldt 2009: 11). Damit verbindet sich im Menschenrechtsdiskurs weitergehend der Versuch, das kritische Potential der Menschenrechte über Abwehrrechte hinsichtlich der Einschränkung individueller Freiheit durch staatliches Handeln hinaus als Schutz gegen Ausgrenzung zu entfalten. Die bisherige offizielle Übersetzung der Konvention wird stark kritisiert. Sie übersetzt beispielsweise den englischen Begriff ‚inclusion‘ an vielen Stellen und mit Integration und passt in der Übersetzung die sich aus der Konvention ergebende Ausgabenstellung an die in der Bundesrepublik bestehenden Institutionen. Damit wird das Innovationspotential der Konvention zugunsten einer auf Legitimation des Bestehenden zielenden Strategie ausgehebelt. Es empfiehlt sich daher immer die völkerrechtlich verbindliche englische Fassung der Konvention heranzuziehen.

UN Behindertenrechtskonvention: Präambel … in der Erkenntnis, dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern … .

Örtliche Teilhabeplanung als Fachplanung für Menschen mit Behinderungen „ein partizipativer und lernorientierter Prozess unter politischer Federführung der Kommunen, in dem sich die örtlich relevanten Akteure auf den Weg machen, die Zielsetzungen eines ‚inklusiven Gemeinwesens‘ unter den spezifischen örtlichen Bedingungen zu verwirklichen“. Mittelfristiger Aktionsplan für 5 – 7 Jahre

Schritte im Planungsprozess Agenda-Setting Initiierung Schaffung von Planungsstrukturen (Aufgabenverteilung ‚Planungshandbuch‘, Web-Seite etc.) 2. Herstellen bzw. Stärken von Bewusstsein im kommunalen Raum über gemeinsame Aufgabe (Kick-Off-Veranstaltung, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit etc.) Verständigung über strategische Ausrichtung (Was bedeutet Inklusives Gemeinwesen für uns in ….) 4. Verständigung über vorrangige Planungsbereiche

Schritte im Planungsprozess 5. Ist-Analyse 6. Diskussion von Ergebnisse und Empfehlungen in Fachforen (z.B. Wohnen und alltäglichen Lebensführung altwerdender und alter Menschen mit Behinderungen) 7. Verabschiedung des Aktionsplans durch die kommunale Politik 8. Anwendung und Evaluation der Planungen (Auswertung vorhandener sozialstatistischer Daten, Erhebung zu den Angeboten und der Struktur des Netzwerkes der Behindertenhilfe, Erhebungen zu Barrierefreiheit öffentlicher Infrastruktur, Erkundungen n Sozialräumen,Analyse der administrativen und politischen Strukturen, Rekonstruktion der Entwicklung einzelner Hilfearrangements,Hilfebedarfsfeststellung und Antragsbearbeitung, Kostencontrolling etc.)

www.teilhabeplanung.uni-siegen.de Dr. Johannes Schädler Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) Universität Siegen Adolf-Reichwein-Straße 2 57068 Siegen Tel. +49 (0)271 / 740 - 2212