Klimawandel und Anpassung: Instationarität und Zeit

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 Präsentation transkript:

Klimawandel und Anpassung: Instationarität und Zeit Hans von Storch, Helmholtz Zentrum Geesthacht, Universität Hamburg und Ocean University of China, Qingdao 30 min‘s 20. September 2018 - Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V. - Bundeskongreß, Lüneburg

Überblick Der Konsens zum menschgemachten Klimawandel Anpassung Der Fall Hamburg: Hochwasser im Hafen Entscheidungsrelevante Aspekte im Wandel der Zeit Empfehlungen für den Entscheidungsprozeß

Der Konsensus zum menschgemachten Klimawandel Die Aussage „The science is settled“ ist missverständlich, da sie nicht unterscheidet, was tatsächlich wissenschaftlich einvernehmlich ist, und welche Themen fortgesetzt Gegenstand von Forschung und Deutungswettbewerb sind Unstrittig ist, dass das Klimasystem, sich erwärmt, und zwar schneller als man es aufgrund natürlich Vorgänge erwarten sollte (Detektion). Zur Erklärung dieser unnatürlichen Erwärmung ist der Hinweis auf dominante erhöhte Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre unvermeidlich (Attribution), wenngleich Faktoren wie Veränderung der Aerosollast, veränderte Landnutzung auch eine Rolle spielen. Mit der Erwärmung konsistent sind Veränderungen in Größen, die direkt von den Temperaturbedingungen abhängen, wie Hitzewellen, Schneebedeckung, Inlandeisbedeckung u.a.. Unstrittig ist auch, dass der Meeresspiegel steigt. Plausibel ist auch, dass sich der hydrologische Zyklus sich beschleunigt; insbesondere dass es schon jetzt oder in naher Zukunft zur stärkeren Niederschlagsereignissen kommt.

Der Nicht-Konsensus zum menschgemachten Klimawandel Strittig sind jedoch viele Fragen zum regionalen Details des Klimawandels, insbesondere regionale Stürme, einschl. tropischen Wirbelstürmen, die zukünftige Entwicklung des mittleren Meeresspiegels (insbesondre der Beitrag der großen Eisschilde), die Gewissheit des schon jetzt wirkenden Einflusses des Treibhauseffekts auf extreme Niederschläge; die regionale Wirkung von verminderten (Europa) bzw. vermehrten (China) Freisetzungen von Aerosolen. Dies ist nur eine Auswahl von Themen; wie in der Wissenschaft üblich, nimmt die Anzahl der unbeantworteten Fragen bei vermehrter Forschung zu – einfach, weil viele neue Fragen entstehen, was aber nicht bedeutet, dass grundlegende Fragen (wie nach der Realität de Erwärmung und der Beitrag der Treibhausgase) nicht zufriedenstellend geklärt werden können. Grundsätzlich bestehen Restzweifel bei allen wissenschaftlichen Aussagen, die aber häufig gering sind, und keinen Anlaß geben sollten, diese wissenschaftlichen Aussagen nicht als konditionierende Bedingungen in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse aufzunehmen. Allerdings sind wissenschaftliche Aussagen nicht determinierend für gesellschaftliche Entscheidungen, sondern sind Teil des Spektrums der Problemverständnisses.

Dichotomie „Anpassung vs. Vermeidung" Der Klimawandel ist Resultat gesellschaftlichen Aktivität, und kann daher prinzipiell gesteuert werden. Die Folgen des Klimawandels betreffen Ökosystem und Gesellschaft, und können daher auch weitgehend gesellschaftlich abgefedert werden. Vermeidung und Anpassung sind die beiden verfügbaren Vorgehensweisen, über die gesellschaftlich entschieden werden muß. Unter Physikern gibt es die Vorstellung, dass eine gute Analyse der Dynamik optimale Mischungen aus Anpassung und Vermeidung zu bestimmen erlaubt, so dass gesellschaftlich nur eine Vorgabe von Normen vorgegeben werden braucht Diese Vorstellung geht an der gesellschaftlichen und globalen Realität vorbei. (Hasselmann, 1990)

Hier: Anpassung In Paris hat die Conference of the Parties (COP) ein Programm beschlossen, wonach Anstrengungen unternommen werden sollen, die Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich unter 2K, etwa 1.5K, zu halten. Aus einem erfolgreichem Anhalten des Temperaturanstieges bis 2100 folgt nicht das Ende des Anstieges des Meeresspiegels. Dieser wird allen Szenarien zufolge sich weiter in die Zukunft fortsetzen. Ob es gelingt das Pariser Ziel einzuhalten, sei dahin gestellt. Aber selbst wenn es gelingen sollte wird sich der bisherige Klimawandel weiter entfalten, ggfs. verdoppeln. Neben den Anstrengungen der Beendigung der Netto-Emissionen von Treibhausgasen bzw. der Implementierung großskaliger Negativemissionen steht daher das Thema „Anpassung“ auf der Agenda. Wir reden hier von Anpassung, die parallel zu den Bemühungen zur Minderung der Emissionen verhandelt und beschlossen werden muß. Für Städte, Gemeinden und Regionen ist dies vermutlich eine prioritäte Aufgabe.

Der Fall Hamburg: Anpassung an zukünftig erhöhte Risiken von Hochwasser im Hafen Für die Veränderungen der Risiken von Hochwasser im Hamburger Hafen ist der Anstieg des Meeresspiegels maßgeblich. Systematische Veränderungen im Sturmgeschehen zeichnen sich nicht ab. Bis etwa 1960 lief das THW in Hamburg um etwa 30 cm höher auf als in Cuxhaven, seit 1980 hat sich der Wert auf etwa 50 cm erhöht. Dies wird ursächlich den baulichen Veränderungen der Tideelbe zugeschrieben.   Die Veränderung der lokalen Situation hängt also nicht nur von den veränderten Bedingungen in der Nordsee ab, sondern auch von lokalen morphologischen Veränderungen. Dies stellt eine weitere Einflußmöglichkeit dar, die ggfs. auch aktiv genutzt werden kann. Veränderungen der jährlich gemittelten Tidenhochwasser in Cuxhaven und in St Pauli sowie die Differenz (in rot). Daten von WSV Cuxhaven und von HPA.

Aufgrund der beobachteten Veränderungen der Lufttemperaturen wird ein verzögerter und zuletzt beschleunigter Anstieg des global genittelten Meeresspiegels erwartet. Ein durchgehend linearer Trend seit dem 19ten Jahrhunderts wäre kaum dem menschgemachten Klimawandel zuzuordnen, weil dieser sich erst im Lauf des ausgehenden 20ten Jahrhunderts deutlich entwickelt hat; ein derartiger Trend müsste andere Ursachen haben, wie etwa das Ausklingen der sogenannten Kleinen Eiszeit o.ä. Aufgrund dieser Mechanismen ist mit einem stetigen, gegenüber der Lufttemperatur verzögertem Anstieg des Meeresspiegels zu rechnen, der auch nach einer evtl. Stabilisierung der Lufttemperatur für einige Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte weiter gehen wird. Die Auswertung des globalen Meeresspiegels stellt eine Herausforderung dar; Satellitendaten sind zuverlässig erst ab 1993 verfügbar; die Alternative – Pegeldaten von nicht sehr vielen Küstenstationen gibt es seit Ende des 19ten Jahrhunderts. Diese haben Dangendorf et al. in einer 2017 vorgestellten Studie analysiert, Inhomogenitäten, (Änderungen aufgrund von Änderungen im Beobachtungsprozeß) herausgerechnet – und fanden eine Entwicklung mit einen langsamen Anstieg von 1.1 mm/Jahr bis etwa 1990, und einer Beschleunigung auf etwa 3.3 mm/Jahr bis 2017. Demnach findet die Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs tatsächlich statt, wie er als Folge der verzögerten Wirkung der durch atmosphärische Treibhausgase verursachten Temperaturerhöhung zu erwarten ist.  

Die Entwicklung des regionalen Meeresspiegels wird von Daten der Pegel Cuxhaven (von der WSV) und St Pauli (von HPA) beschrieben. Demnach gibt es für den Pegel Cuxhaven keine Beschleunigung wie beim globalen Meeresspiegel, sondern vielmehr eine Stagnation seit etwa 1990. Der Grund für die Inkonsistenz der Cuxhaven-Kurve mit der Kurve eines zuletzt beschleunigten global gemittelten Anstiegs ist mir nicht bekannt; ich vermute, dass dies an regionalen Wettervariationen liegt, und sich auf Dauer der globale Trend durchsetzen wird. Der fast gleichmäßige Anstieg seit mindestens 1900, also deutlich vor jedem Einsetzen des zusätzliche Treibhauseffekts, spricht dafür, dass der bisher in Cuxhaven beobachtete Trend kaum den anthropogenen Klimawandels manifestiert. Zeitliche Entwicklung der jährlich gemittelten Tidenhochwasser und der jährlichen 99%ile der Hochwasser, nach Abzug der jährlich gemittelten Tidenhochwasser, in Cuxhaven. Die blaue THW Kurve beschreibt in guter Näherung die Veränderung des mittleren Meeresspiegels in der Region, während die rote Kurve als Proxy für Wetterbedingte Variationen steht.

In der wissenschaftlichen Gemeinschaft gibt es große Unterschiede in den Erwartungen zum zukünftigen Anstieg des globalen Meeresspiegels.   Das naturwissenschaftliche Wissen zum erwarteten Anstieg des Meeresspiegels im Zuge des menschgemachten Klimawandels ist über die Jahre vom „Uno-Klimarat“ IPCC dokumentiert und bewertet worden. Demnach stellt sich eine Bandbreite von wenigen Dezimetern bis etwa 1 m an Anstieg in 2100 als möglich, plausibel und konsistent (Eigenschaften von Szenarien) dar. Die Vorbehalte in der Wissenschaftlichen Gemeinschaft gegenüber der Aussage im 4. Sachstandbericht aus 2007 wurde in einer Umfrage unter internationalen Wissenschaftlern erfragt. Eine kleine Mehrheit der Wissenschaftler votierte mit Zustimmung (52%), aber fast 50% stimmten nicht zu, wobei davon fast 2/3 zu kleine Zahlen konstatierten, und etwas mehr als 1/3 zu große. Spannbreite der vom IPCC für das Ende des 21.ten Jahrhunderts erwarteten Anstiege des global gemittelten Meeresspiegels. © Conrad & Shephard. Einschätzung durch Wissenschaftler, ob der 2007-Bericht des IPCC die zu erwartenden Änderungen im globalen Meeresspiegelanstieg richtig (4) dargestellt hat, oder die Zahlen unterschätzt (1-3) oder überschätzt (4-7).

Entscheidungen zur Anpassung sind mit verschiedenen Instationaritäten verbunden Es verändert sich in Zukunft : Der geophysikalischer Zustand, weil dieser sich aus welchen Gründen auch immer beständig ändert. In Bezug auf Meeresspiegelanstieg: dieser steigt, aber wie schnell? Das Wissens über die zukünftigen Veränderungen des geophysikalische Zustandes, insbesondere was bis dato nicht erkannte Risiken und Möglichkeiten angeht, aber auch die Unsicherheit aller Abschätzungen für die Zukunft. In Bezug auf Meeresspiegelanstieg: Die Unsicherheit nimmt ab. Die technologisch-organisatorischen Möglichkeiten zur Anpassung. In Bezug auf Meeresspiegelanstieg: Möglichkeiten nehmen zu, es sei denn es werden zwischenzeitlich Maßnahmen umgesetzt, die zukünftige Anpassung erschweren, Die gesellschaftlichen Bedarfe und Präferenzen. In Bezug auf Meeresspiegelanstieg: unbekannt.

Generelle Empfehlungen Entscheidungen so spät wie möglich. Modernisierungen so, dass spätere Reaktionen auf unerwartete Reaktionen möglich bleiben.

Empfehlungen Planung einer flexiblen Bebauung mit der Festlegung einer „Bemessungshöhe “zu einem möglichst späten Zeitpunkt der Bauvorbereitung und dem Vorhalten von Möglichkeiten späterer Nachbesserungen. Hintergrund dieser Empfehlung ist die erst im Laufe von Jahrzehnten verschwindende Unsicherheit über die ablaufenden Änderungen sowohl im geophysikalischen Zustand (also Tide- und Hochwasser-Statistiken) als auch im geophysikalischen Wissen über die dahinterstehende Dynamik sowie über die politisch-technologischen-planerischen Randbedingungen.

Empfehlungen Festlegung eines Zeithorizont, für den die gewählte kritische Höhe gelten soll für die Nutzung, z.B. 2070. Hintergrund dieser Empfehlung ist die gut gesicherte Erwartung, dass sich der Anstieg des globalen Meeresspiegels als Folge der erhöhten Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auch bei eine erfolgreichen Klimaschutzpolitik auch im 22.ten Jahrhundert fortsetzt. Man kann also nicht davon ausgehen, dass in absehbarer Zeit wieder „stationäre“ (zeitunabhängige) Verhältnisse eintreten, vielmehr werden sich Planer sich einem stetig fortschreitendem Wandel, sowohl im Hinblick auf die geophysikalischen Bedingungen als auch dem Wissen gegenüber sehen.

Empfehlungen Laufendes Monitoring der geophysikalischen Veränderungen – idealerweise durch Betreiben eines eigenen Pegels, ggfs. aber auch durch Nutzung der ohnehin erhobenen Daten in Cuxhaven (durch die WSV) und in St. Pauli (durch HPA). In Anbetracht der Unsicherheiten scheint es erforderlich, die tatsächlich ablaufenden Veränderungen mit den erwarteten Änderungen zu vergleichen, um ggfs. weitere Anpassungen vornehmen zu können.

Empfehlungen Verwendung von „maximal denkbaren Veränderungen“ im Wasserstand. Für die Möglichkeit, dass die Wasserstandhöhen doch schneller ansteigen als angenommen, sollten Plan-B Maßnahmen durchdacht werden, etwa im Sinne der Tideelbe-Maßnahmen der HPA. Spannbreiter der nach der für die niederländischen Delta-Kommission ermittelten „high-end“ Anstiege des Meeresspiegels in der Nordsee (Minimum – Maximum). Das „Maximum“ wurde dabei so gewählt, dass es eine Art obere Grenze des Denkbaren darstellt. Die grüne Kurve („Estimate St Pauli“) ist von der blauen Kurve (Maximum denkbar in Cuxhaven) abgeleitet und berücksichtigt den Anstau in der Elbe nach einem empirischen Ansatz. Die roten Linien geben den heutigen Zeitpunkt sowie den avisierten Zeithorizont 2070 an.

Diese „oberen Grenzen des möglichen Meeresspiegelanstiegs“ wurden im Rahmen einer Kommission für die niederländischen Delta Kommission erarbeitet als kritische Werte, wobei eine geringfügige Anpassung an die regionalen Spezifika (Ästuarsituation Hamburgs, Sturmfluten) durchgeführt wurden. Für den Zeithorizont 2070 ergibt sich dabei ein Wert von maximal 60 cm gegenüber der bisherigen Bemessungshöhe. Die Abschätzungen der o.g. niederländischen „Delta“-Studie für 2120 liegen deutlich höher als jene für 2070; die Erwartungen sind aber deutlich weniger belastbar. Für den Zeithorizont 2220 liegen die Zahlen nochmals deutlich höher, aber mit sehr großen Unsicherheiten, da zu dem Zeitpunkt auch wesentlich sein wird, wie sich die Treibhausgasemissionen sich in den dann abgelaufenen 200 Jahren entwickelt haben werden. Die Zahlenangabe ist notwendigerweise grob gewählt wegen der schon erwähnen inhärenten Unsicherheit des Wissens. Sollte diese Wert tatsächlich erreicht werden, dann ist für die folgenden Jahrzehnte mit einem weiter schnell steigenden Wasserstand zu rechnen mit der Notwendigkeit drastischer Anpassungsmaßnahmen; werden bis 2070 geringere Werte erreicht, was möglich und auch konsistent mit dem derzeitigen Wissen wäre, wird auch der weitere Anstieg zwar durchaus deutlich aber weniger dramatisch sein.

  Die wesentliche Unsicherheit besteht in der Quantifizierung und dem zeitlichen Ablauf der Änderungen des Meeresspiegels. Neben dem Umfang zukünftiger Emissionen sind Unsicherheiten im Verhalten der großen Eisschilde sowie die generelle quantitative Sensitivität des Klimasystems gegenüber der „Störung“ erhöhter Konzentrationen von atmosphärischen Treibhausgasen zu nennen. Hier scheint nur die Verfügbarkeit zukünftiger Daten (10 Jahre und mehr) deutliche Abhilfe zu erlauben. Diese Unsicherheit ist daher unabweisbar, und muss im Planungsprozeß berücksichtigt werden. Unsicher ist auch, ob und in welchem Maße es in den kommenden Jahrzehnte zu wasserbaulichen Veränderungen im Bereich der Tideelbe oder des Hafens kommen kann oder wird.

Zusammenfassung und Ausblick Die Planung der zukünftigen Entwicklung im Hamburger Hafen muß den Aspekt der Anpassung, und die damit verbundenen zeitlich veränderlichen Wissensdefizite im Entscheidungsprozeß berücksichtigen. Die Entwicklung des Meeresspiegels in Hamburg hängt vor allem davon ab, wie sich der globale Meeresspiegel als Folge des menschgemachten Klimawandels entwickelt, und von möglichen zukünftigen wasserbaulichen Maßnahmen. Für ersteres gibt es High-End Abschätzungen, die im Laufe der kommenden 200 Jahre sehr unscharf werden, für letzteres ist derzeit nichts Wesentliches bekannt. High-End Schätzungen für den Zeithorizont heute+50 Jahre liegen zwischen ca. 25 und 60 cm, für heute+100 Jahre bei 60-120 cm, und für heute+200 Jahre bei 100-350 cm. Die Zahlen für heute+50 Jahre sind bedingt belastbar; die für die beiden andren Zeithorizonte sind sie sehr unscharf, insbesondere die Zahlen für heute+200 Jahre sind nicht belastbar. Jetzt durchgeführte Baumaßnahmen sollten so gestaltet werden, dass „Nachbesserungen“ später möglich sind, etwa durch die Möglichkeit einer nachträglichen Anhebung von Brücken oder die Erhöhung von Fluttoren. Dazu ist ein laufendes Monitoring erforderlich.