Faktorenmodell zur Genese der Täterschaft von Gewalt

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 Präsentation transkript:

Faktorenmodell zur Genese der Täterschaft von Gewalt Vorstellung eines interaktiven Modells der Bedingungen, die Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder und Gewalt wegen sexueller Orientierung begünstigen

Aufgaben dieses Modells Aktuelles Forschungswissen über Bedingungen, die Täterschaft begünstigen, für Politik und Praxis zugänglich zu machen; die Komplexität der Einflüsse und die verschiedenen möglichen Wege zu erfassen, die in Gewalt einmünden können; Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Entstehungswegen verschiedener Gewaltformen aufzuzeigen; die Suche nach Ideen zur Reduzierung oder Prävention von Gewalt anzuregen.

Vorsicht! Es geht im Folgenden nicht um kausale Erklärungen, sondern um ein Wahrscheinlichkeitsmodell: Unter welchen Umständen ist es wahrscheinlicher als sonst, dass Individuen zu bestimmten Formen von Gewalt greifen werden? Es handelt sich um ein Konfluenzmodell, d.h. es wird gezeigt, wie verschiedene Faktoren auf eine Weise zusammenwirken, die Gewaltausübung wahrscheinlich macht. Das Modell basiert auf Ergebnissen empirischer Forschung, die allerdings große Lücken aufweist! Ein Modell kann nicht Zusammenhänge darstellen, die nicht erforscht worden sind.

Formen und Felder der Gewalt Das Modell fasst die vielen Formen von Gewalt in neun Kategorien zusammen: im Feld der Gewalt gegen Frauen: (1) Vergewaltigung / sexuelle Nötigung, (2) Partnergewalt/Stalking, (3) Sexuelle Belästigung, (4) Menschenhandel, (5) „schädigende traditionelle Praktiken“; im Feld der Gewalt gegen Kinder: (6) Misshandlung und Vernachlässigung, (7) sexueller Missbrauch und (8) sexuelle Ausbeutung von Kindern; und schließlich Gewalt wegen sexueller Orientierung (9).

Warum gerade diese Kategorien und Faktoren? Die Kategorien basieren auf dem verfügbaren Wissen über Täter von Gewalt. Die Faktoren wurden mit hoch differenzierten statistischen Methoden auf Basis einer Fülle von Forschungsergebnissen zu den meistverbreiteten Formen von Gewalt entwickelt. Allerdings gibt es bei einigen Formen von Gewalt kaum Forschung über die Täter. Viele der vorhandenen Studien sind selektiv, weil sie sich auf leicht zugängliche Gruppen (Mütter, inhaftierte Sexualstraftäter, Studierende) beschränken.

Faktoren auf vier Ebenen Die Faktoren fassen Forschungsergebnisse zu verschiedenen Gewaltformen zusammen. Variablen, die einander ähnelten, wurden gebündelt und so zu 24 „Hauptfaktoren“ zusammengefasst. Der Schwerpunkt liegt auf Faktoren, die mittels politischer oder praktischer Maßnahmen beeinflusst werden können. Die Faktoren sind im Modell auf vier Ebenen angeordnet, je nachdem, auf welcher sie hauptsächlich wirken: Makro- (Gesellschaft), Meso- (Institutionen, Organisationen, soziale Umwelten), Mikro- (soziale Nahgruppen) und ontogenetische Ebene (individuelle Lebensgeschichte).

Gesamtstruktur des Modells Ein „Täterschaftsmodell“ ermöglicht es, eine oder mehrere Formen von Gewalt auszuwählen und zu sehen, welche Faktoren diese schwach, moderat oder stark beeinflussen. Dieselbe Information kann auch aus der „Faktorenperspektive“ betrachtet werden. So probieren Sie etwa aus, welche Gewaltformen mittels einer bestimmten Intervention reduziert werden könnten. „Pfadmodelle“ zeigen das Wechselspiel verschiedener Faktoren für sechs zentrale Gewaltformen.

Wichtig zu beachten Ein Modell erlaubt es, mehrere Ebenen in einem Bild zu erfassen und Muster zu erkennen. Dafür muss allerdings akkumuliertes Wissen zu visuellen Elementen kondensiert und vereinfacht werden. Die Wirklichkeit ist wesentlich vielfältiger, als irgendein Modell zeigen kann. Praxiserfahrungen und lokales Wissen können das Bild modifizieren: Nutzen Sie es kreativ!

Beschränkungen des Modells Zu Partnergewalt, sexuellen Übergriffen und Vergewaltigung sowie Kindesmisshandlung innerhalb der Familie liegen umfangreiche empirische Daten vor. Für alle anderen Formen von Gewalt ist Täterschaft bisher wenig erforscht. Ein Großteil der vorhandenen empirischen Daten bezieht sich auf die individuelle und die Mikroebene. Aber ohne Bezug auf Institutionen, gesellschaftliche Machtverhältnisse und Werte können diese empirische Ergebnisse nicht sinnvoll interpretiert werden. Ein Vergleich zwischen Daten verschiedener Forschungsfelder ist nicht möglich; die Aussagekraft eines Faktors ist daher immer relativ zum Forschungsfeld.

Aufgabe von Pfadmodellen Dynamische Pfadmodelle veranschaulichen das Zusammenwirken verschiedener Faktoren auf allen vier Ebenen. Sie zeigen also mögliche Interaktionen zwischen Faktoren, keine deterministische Kausalkette. Solche Modelle konnten nur für Bereiche erstellt werden, in denen die Genese von Täterschaft hinreichend erforscht ist. Wichtig: Es gibt jeweils verschiedene Wege, die zur Ausübung einer bestimmten Gewaltform führen. Das Modell bildet diese Wege einen nach dem anderen ab.

Unterschiedliche Relevanz der Ebenen Faktoren verschiedener Ebenen sind für verschiedene Pfade unterschiedlich bedeutsam: Bei einigen Individuen ist der Weg zur Ausübung von Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder oder Gewalt wegen sexueller Orientierung stark von ihrer Kindheit oder individuellen Lebensgeschichte beeinflusst. Bei anderen kommen die Prozesse, die zur Täterschaft führen, unter dem Einfluss gesellschaftlicher Werte und Vorurteile in Gang und werden durch Anerkennung in der Peergroup oder ein diskriminierendes Umfeld vorangetrieben.

Kombinieren und vergleichen Verschiedene Gewaltformen können zusammenhängen, ähnliche Quellen haben oder gemeinsam auftreten. Das Modell bietet drei kombinierte Pfadmodelle an: Vergewaltigung und sexueller Kindesmissbrauch haben ähnliche Wurzeln, aber die meisten Täter ‚entscheiden‘ sich für eine der beiden Gewaltformen; Partnergewalt einerseits und Misshandlung oder Vernachlässigung von Kindern andererseits treten häufig gemeinsam auf, kommen aber auch getrennt vor; Sexuelle Belästigung und Gewalt wegen sexueller Orientierung finden in verschiedenen Kontexten statt, scheinen aber einige verwandte Wurzeln zu haben.

Zur Nutzung kombinierter Modelle In den kombinierten Modellen folgen der Übersicht über alle Querverbindungen diejenigen Faktoren, die in beiden Modellen auftauchen, die einfachen Pfadmodelle für jede Gewaltform. Dies ermöglicht es, Vergleiche zu ziehen, mögliche Beziehungen zu erkennen und Ideen für Strategien gegen beide Gewaltformen zu entwickeln. VORSICHT: Diese kombinierten Modelle bewegen sich am äußersten Rand unseres Forschungswissens!

Wie dieses Modell NICHT angewandt werden sollte Das Modell ist ein Werkzeug zum strategischen Denken – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Verwechseln sie die beteiligten Faktoren nicht mir „Ursachen“ von Gewalt! Die „Interventionen“ in den Pfadmodellen sind strategische Optionen; sie sind nicht gemeint als direkte Empfehlungen zur Umsetzung. Seien Sie nicht enttäuscht: Dieses Modell erklärt Ihnen nicht, wie Gewalt abgeschafft werden kann. Das ist eine Aufgabe für viele Handelnde an vielen Orten!

Weitere Informationen Wenn Sie das Modell selbst ausprobieren oder für eine Präsentation oder ein Seminar verwenden möchten, werfen Sie bitte einen Blick in die Gebrauchsanleitung auf dieser CDRom (Link „Handbuch“ auf der Startseite) Einen ausführlichen Bericht über die Forschungsliteratur finden Sie in der „Forschungsübersicht“. Einen kurzen Überblick über die Ebenen, Faktoren und Interventionen bietet die Datei „Faktoren, Ebenen und Maßnahmen“.

Und nun: kehren sie zur Titelseite zurück, öffnen Sie das Modell und entdecken Sie…