Lektion 3: Wie werden Bewegungen im Sport analysiert?

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Lektion 3: Wie werden Bewegungen im Sport analysiert?

3.1 Entstehung und Optimierung einer Bewegung

Höhenentwicklung im Hochsprung Modifiziert nach Jonath et al. (1995,, S. 244-245)

Entwicklungsprozess einer Fertigkeit PRAXIS: Herauskristallisieren einer Technik durch Aktive und Trainer Entwicklungs-prozess einer Fertigkeit PRAXIS: Trainer und Aktive bedienen sich der Entwicklung einer Technik THEORIE: Begründung und Verfeinerung einer Technik durch die Fachwissenschaft

Vervollkommnung einer Bewegung Beobachten Vervoll-kommnung einer Bewegung Bewegungs-optimierung Beschreiben Begründen

Beispiel: Hydrodynamischer Lift im Schwimmen Optimal ist ein Anstellwinkel von 36º. Modifiziert nach Wilke (1994,, S. 21)

Bewegungsanalyse Die Bewegungsanalyse zerlegt sportliche Bewegungen in Bestandteile und untersucht deren Beziehungen. KSP-Absenkung durch Innenlage Längerer Beschleunigungsweg Modifiziert nach Strüder et al. (2013,, S. 561)

3.2 Biomechanische Bewegungsanalyse

Biomechanik = Mechanik der sportlichen Bewegung Die Biomechanik des Sports ist die wissenschaftliche Disziplin, die die sportliche Bewegung unter Verwendung von Begriffen, Methoden und Gesetzmäßigkeiten der Mechanik beschreibt und erklärt (Ballreich, 1988, S. 2).

Mechanik = Kinematik + Dynamik Statik Kinetik

Translation und Rotation Translationsbewegungen (Linearbewegungen) sind linear fortschreitende Bewegungen. Rotationsbewegungen (Kreisbewegungen) beschreiben Drehbewegungen eines Körpers.

Beispiel: Felge aus dem Stütz in den Handstand Translation Rotation Modifiziert nach Gerling (2011, S. 229)

Kinematische und dynamische Größen Kinematik Translationsbewegungen Rotationsbewegungen Länge Winkel Geschwindigkeit Winkelgeschwindigkeit Beschleunigung Winkelbeschleunigung Dynamik Translationsbewegungen Rotationsbewegungen Masse Drehwiderstand Kraft Drehmoment Impuls Drehimpuls Kraftstoß Drehmomentenstoß

Biomechanische Prinzipien P. des optimalen Beschleunigungswegs P. der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf P. der Anfangskraft P. der Koordination von Einzelimpulsen P. der Impulserhaltung P. der Gegenwirkung P. der Kinetion und Modulation

Prinzip des optimalen Beschleunigungswegs Das biomechanische Prinzip des optimalen Beschleunigungswegs beschreibt die optimale Länge des Beschleunigungswegs mit dem Ziel, eine maximale Endgeschwindigkeit zu erreichen.

Optimierung des Beschleunigungsweges Verwringung und Bogenspannung KSP-Senkung Anlauf Modifiziert nach Strüder et al. (2013,, S. 568, S. 561) und Jonath et al. (1995b, S. 108-109)

Beispiel: Strecksprung Optimale = maximale Länge des Beschleunigungsweges? Modifiziert nach Weineck et al. (2009, S. 62)

Beispiel: Strecksprung Merksatz: Ein optimaler Beschleunigungsweg ist nicht immer maximal lang. Modifiziert nach Weineck et al. (2009, S. 62)

P. der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf Das biomechanische Prinzip der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf beschreibt verschiedene Beschleunigungs-Zeit-Verläufe für unterschiedliche Zielstellungen der sportlichen Bewegung.

Abfallende und ansteigende Beschleunigungstendenz Abfallende Beschleunigungstendenz: Boxschlag, Fechtstoß, Tischtennisschlag Maximaler Kraftstoß zu Beginn Ansteigende Beschleunigungstendenz: Würfe, Sprünge, Stöße Maximaler Kraftstoß am Ende

Prinzip der Anfangskraft Bei einer Beuge- und Streckbewegung mit sofortiger Bewegungsumkehr ist durch das Abbremsen der Beugebewegung zu Beginn der Streckbewegung eine positive Anfangskraft für die Beschleunigung vorhanden.

Beispiel: Counter-Movement-Jump

Vergleich: Counter-Movement-Jump & Squat-Jump CMJ = Strecksprung mit Ausholbewegungen der Beine SJ = Strecksprung ohne Ausholbewegungen der Beine

P. der optimalen Koordination von Einzelimpulsen Das Prinzip der (zeitlichen und räumlichen) Koordination von Einzelimpulsen besagt, dass die durch verschiedene Teilbewegungen produzierten Beschleunigungskraftstöße einer sportlichen Bewegung optimal zeitlich und räumlich aufeinander abgestimmt sein müssen.

Zeitliche Aspekte Wurfphase beim Handballsprungwurf: Bogenspannung des Rumpfs und Verwringung der Hüfte Nach-vorne-Bringen der Schulter Schlagartige Streckung des Arms (Peitschenbewegung) Streckung des Ellbogen- und Handgelenks sowie der Finger Abwurf mit maximaler Endgeschwindigkeit

Räumliche Aspekte Sprung- und Schwungbein sowie Arme weisen in die gleiche Richtung. Modifiziert nach Strüder et al. (2013, S. 568)

Prinzip der Impulserhaltung Bei Drehbewegungen kann aufgrund der großen Beweglichkeit des menschlichen Körpers der Drehwiderstand kurzfristig verändert und damit die Drehgeschwindigkeit gesteuert werden.

Beispiele zum Prinzip der Impulserhaltung Weitere Beispiele? Im Vergleich zum gestreckten Salto vorwärts reduziert sich der Drehwiderstand beim gehockten Salto vorwärts auf etwa ein Drittel, was eine Verdreifachung der Drehgeschwindigkeit bedeutet (Hochmuth, 1981). Modifiziert nach Hochmuth (1981, S. 197, linke Abbildungen) und Donskoi (1975, S. 236, rechte Abbildung)

Prinzip der Gegenwirkung Das Prinzip der Gegenwirkung entspricht dem dritten Axiom von Newton („actio et reactio“) und erfolgt zur Erhaltung des Gleichgewichts, zur Optimierung des Beschleunigungsverlaufs, zur Erhöhung der Zielgenauigkeit und zur Erreichung zweckmäßiger Körperhaltungen.

Sprungauslage – Amortisation – Absprungstreckung Modifiziert nach Jonath et al. (1995, S. 69-70

Landungsvorbereitung im Weitsprung Modifiziert nach Weineck et al. (2009, S. 70)

Prinzip der Kinetion und Modulation „Im Ablauf einer zielgerichteten sportlichen Bewegung in aufrechter Körperhaltung besorgen im Wesentlichen die kräftigen Muskeln der unteren Extremitäten und der Hüfte die Antriebsenergie (Kinetion), während die feinmotorischen Muskeln der Hand und der Finger die Energie auf das gewünschte Maß abstimmen (Modulation).

Schon fit? „Erläutern Sie am Beispiel des Basketballsprungwurfs aus der Ballannahme möglichst viele biomechanische Prinzipien.

3.3 Morphologische Bewegungsanalyse

Morphologische Bewegungsanalyse Die morphologische Bewegungsanalyse zerlegt sportliche Bewegungsablaufe in von außen wahrnehmbare Merkmale der äußeren Form oder Gestalt und untersucht deren Beziehung.

Bewegungsmerkmale Nach Schnabel (2014) lassen sich neun Bewegungsmerkmale benennen: Struktur sportlicher Bewegungsakte, Bewegungsrhythmus, Bewegungskopplung, Bewegungsfluss, Bewegungspräzision, Bewegungskonstanz, Bewegungsstärke, Bewegungstempo, Bewegungsumfang.

Struktur sportlicher Bewegungsakte Vorbereitungsphase Anlauf, Einsprung Hauptphase Absprung, Flugphase 1, Stütz, Flugphase 2 Endphase Landung Modifiziert nach Schnabel (2014, S. 81)

Zyklische Bewegungen Eine zyklische Bewegung baut sich aus vielen Einzelzyklen der gleichen Grundstruktur auf, weil der Bewegungszweck nur durch diese zyklische Grundstruktur erreichbar ist Modifiziert nach Strüder et al. (2013, S. 174)

Azyklische Bewegungen Eine azyklische Bewegung ist ein Bewegungsakt, bei dem der Bewegungszweck durch nur eine Hauptphase erreichbar ist. Modifiziert nach Strüder et al. (2013, S. 658)

Zyklisch oder azyklisch? Oben: Modifiziert nach Jonath et al. (1995a, S. 108-109)

3.4 Funktionale Bewegungsanalyse

Funktionale Bewegungsanalyse Funktionales Bewegungsverständnis im Sinne Göhners (1979; 1987) liegt vor, wenn eine sportliche Bewegung als Lösungsmöglichkeit einer Bewegungsaufgabe angesehen wird, bei der unter gegebenen Rahmenbedingungen bestimmte Bewegungsziele zu erreichen sind.

Grundstruktur einer Bewegungsaufgabe Bewegerattribute Bewegerziele Movendumattribute Regelbedingungen Umgebungsbedingungen

Lösungsmöglichkeiten beim Hüftumschwung Der Hüftumschwung kann gehockt oder gestreckt erfolgen. Modifiziert nach Gerling (2011, S. 155)

Funktionsphasen Hauptfunktionsphasen sind funktional unabhängig, indem sie nur mit dem Bewegungsziel in Verbindung stehen, nicht aber auf andere Funktionsphasen verweisen. Hilfsfunktionsphasen sind hingegen funktional abhängig, d. h., ihre Funktion steht stets im Zusammenhang mit anderen Funktionsphasen.

Kippbewegung vorlings am Reck Hauptfunktionsphase? Annähern des Körpers an die Drehachse Modifiziert nach Gerling (2011, S. 230)

Funktionsphasenstruktur Schwungkippe am Reck Hauptfunktionsphase Annähern des Körpers an die Drehachse des Recks Vorbereitende Hilfsfunktionsphase Erreichen der Kipphangposition Vorbereitende Hilfsfunktionsphase Erreichen der ausgelenkten Hanglage Überleitende Hilfsfunktionsphase Absichern der erreichten Aufschwunghöhe Unterstützende Hilfsfunktionsphase Umsetzen des Obergriffs Unterstützende Hilfsfunktionsphase „Fixieren der Handgelenke“ … Modifiziert nach Göhner (1992, S. 153) und Stein (2013, S. 165)

Schon fit? Analysieren Sie den Basketballsprungwurf morphologisch und funktional. Arbeiten Sie für diese Sportbewegung die Unterschiede beider Analysemöglichkeiten heraus.