Einführung in die Literaturwissenschaft

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 Präsentation transkript:

Einführung in die Literaturwissenschaft 17. Januar 2011 Dirk Werle

Nachtrag 1: Die wichtigsten Grundbegriff der Rhetorik Redeteile: Exordium (Einleitung) Narratio (Darlegung des Hergangs) Argumentatio (Beweisgang und These) Peroratio (Appell an die Zuhörer)

Nachtrag 2: Die wichtigsten Grundbegriff der Rhetorik Stilprinzipien: Sprachrichtigkeit (puritas) Deutlichkeit im Ausdruck (perspicuitas) Redeschmuck (ornatus): rhetorische Figuren Angemessenheit gegenüber Inhalten und Situation (aptum) Kürze (brevitas)

Was sind literarische Gattungen?

Was ist das? Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort. Joseph von Eichendorff: Wünschelrute [1835], in: Werke in einem Band. Hrsg. von Wolfdietrich Rasch, München und Wien 51996, S. 103.

Eigenschaften Kurz Verse Reim Metrum ‚Sangbarkeit‘ Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort. Kurz Verse Reim Metrum ‚Sangbarkeit‘

Doch was ist das? Morgen Ich erleuchte mich durch Unermeßliches. Giuseppe Ungaretti: Gedichte. Mit einem Nachwort. Übersetzt von Ingeborg Bachmann, in: I. B.: Werke. Hrsg. von Christine Koschel u.a. Erster Band: Gedichte, Hörspiele, Libretti, Übersetzungen, Neuausgabe München und Zürich 1993, S. 513-620, hier S. 515.

Merkmale von Lyrik Morgen Ich erleuchte mich durch Unermeßliches. Kurz Verse [Reim] [Metrum] [‚Sangbarkeit‘]

Das hier ist auch kurz: Das Wiedersehen [1932]   Ein Mann, der Herrn Keuner lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“ „Oh!“ sagte Herr Keuner und erbleichte. Bertolt Brecht: Werke. Große Kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Hrsg. von Werner Hecht u.a. Band 18: Prosa 3. Sammlungen und Dialoge. Bearbeitet von Jan Knopf u.a. Berlin u.a. 1995, S. 21.

Merkmale von Lyrik Morgen Ich erleuchte mich durch Unermeßliches. [Kurz] Verse [Reim] [Metrum] [‚Sangbarkeit‘] Kein Rollenspiel, kein Versepos Vgl. Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Stuttgart und Weimar 1995, S. 1-21.

Merkmale von Erzähltexten Das Wiedersehen   Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“ „Oh!“ sagte Herr K. und erbleichte. Erzählinstanz Verarbeitungsformen der Handlung: story (Geschehen als chronologische Abfolge) und plot (Geschichte als geordneter Zusammenhang) und Text der Geschichte Gegenstand: Fiktionale oder reale Vorgänge

Noch was Kurzes: Herzstück Eins Darf ich Ihnen mein Herz zu Füßen legen. Zwei Wenn Sie mir meinen Fußboden nicht schmutzig machen. Eins Mein Herz ist rein. Zwei Das werden wir ja sehn. Eins Ich kriege es nicht heraus. Zwei Wollen Sie daß ich Ihnen helfe. Eins Wenn es Ihnen nichts ausmacht. Zwei Es ist mir ein Vergnügen. Ich kriege es auch nicht heraus. Eins heult Zwei Ich werde es Ihnen herausoperieren. Wozu habe ich ein Taschenmesser. Das werden wir gleich haben. Arbeiten und nicht verzweifeln. So, das hätten wir. Aber das ist ja ein Ziegelstein. Ihr Herz ist ein Ziegelstein. Eins Aber es schlägt nur für Sie. Heiner Müller: Herzstück. Texte 7, Berlin 1983, S. 7.

Merkmale von Dramentexten Für szenische Aufführung gemacht [Haupttext (Dialog, Monolog) und Nebentext (Bühnenanweisungen)] [Gliederungseinheiten: Akt, Szene, Auftritt]

Gedicht, Erzähltext, Theaterstück – drei Gattungen „Es gibt nur drei echte Naturformen der Poesie: die klar erzählende, die enthusiastisch aufgeregte und die persönlich handelnde: Epos, Lyrik und Drama.“ Johann Wolfgang Goethe: Naturformen der Dichtung. Noten und Abhandlungen zu besserem Verständnis des west-östlichen Divans [1819], in: Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Hrsg. von Erich Trunz, Band 2: Gedichte und Epen 2, S. 126-267, hier S. 187-189.

Problem 1: Ist die ‚Naturform‘ eine Textsorte oder eine Texteigenschaft? „Diese drei Dichtweisen können zusammen oder abgesondert wirken. In dem kleinsten Gedicht findet man sie oft beisammen, und sie bringen eben durch diese Vereinigung im engsten Raume das herrlichste Gebild hervor, wie wir an den schätzenswertesten Balladen aller Völker deutlich gewahr werden.“

Problem 2: Die individuellen Texte sind ziemlich vielfältig. „So wunderlich sind diese Elemente zu verschlingen, die Dichtarten bis ins Unendliche mannigfaltig; und deshalb auch so schwer eine Ordnung zu finden, wonach man sie neben- oder nacheinander aufstellen könnte.“

Problem 3: Die ‚Naturformen‘ sind in Wirklichkeit gar nicht natürlich. „Und obgleich diese Verfahrungsart mehr zu eigener Belehrung, Unterhaltung und Maßregel als zum Unterricht anderer geeignet sein mag, so wäre doch vielleicht ein Schema aufzustellen, welches zugleich die äußeren zufälligen Formen und diese inneren notwendigen Uranfänge in faßlicher Ordnung darbrächte.“

Trotzdem hat die Dreiergliederung Schule gemacht und wurde metaphysisch, anthropologisch, existenzialphilosophisch oder nach zugrunde liegenden Sprachfunktionen zu begründen versucht: Epik als objektive Dichtart, Lyrik als subjektive, Drama verknüpft Objektives und Subjektives (Friedrich Schlegel, Georg Wilhelm Friedrich Hegel) Epik entspricht dem Menschen als erkennendem, Lyrik als fühlendem, Dramatik als handelndem Wesen (Karl Viëtor) Epik repräsentiert die menschliche Existenz in Raum und Zeit, Lyrik in einem überzeitlichen Zustand, Dramatik in der Spannung zwischen Zeitlichkeit und Überzeitlichkeit (Emil Staiger)

Moderne Gattungstheorie Unterscheidung von Schreibweisen als generischen Invarianten und Gattungen als historisch transformierten Konkretisationen (Klaus Hempfer) oder von Textsorten als systematischen Ordnungsbegriffen und Genres als literarisch-sozialen, historisch bedingten Institutionen (Harald Fricke)

Definition Unter Gattungen versteht man in der Literaturwissenschaft Ensembles von Texten, die in einer bestimmten Menge alternativer Eigenschaften wie Kommunikationssituation, sprachliche Darstellungsweise, Inhalt oder Medium eine Familienähnlichkeit bilden. Gattungen sind „institutionalisierte Organisationsformen literarischer Kommunikation“ zwischen Autoren und Rezipienten, „soziokulturelle Verständigungsbegriffe“ (Wilhelm Voßkamp) sowie „aus der Interaktion von Erkenntnissubjekt und -objekt resultierende Konstrukte“ (Klaus Hempfer).

Literatur Wilhelm Voßkamp: Gattungen, in: Helmut Brackert und Jörn Stückrath (Hrsg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs, Reinbek 62000, S. 253-269. Rüdiger Zymner: Gattungstheorie. Probleme und Positionen der Literaturwissenschaft, Paderborn 2003. Dirk Werle: Gattungen. VI. Literaturwissenschaftlich. In: Oda Wischmeyer u. a. (Hrsg.): Lexikon der Bibelhermeneutik. Berlin, New York 2009. S. 192-193. Dirk Werle: Mikrogattungen/Makrogattungen, literarische. IV. Literaturwissenschaftlich. In: Oda Wischmeyer u. a. (Hrsg.): Lexikon der Bibelhermeneutik. Berlin, New York 2009. S. 389-390.

Die Welt der Gattungen und Textsorten Kurzgeschichte, Autobiographie, Sonett, Epigramm, Dramolett, Novelle, Essay, Elegie, Roman, Ballade, Versepos, Lehrgedicht, Tragödie, Briefroman, Figurengedicht, Rätsel, Erzählung, Komödie, Volksstück, Hymne, Tagebuch, Biographie, Städtelob, Fürstenspiegel, Interview, Dokufiktion, Glosse, Dialog, Bürgerliches Trauerspiel, Witz...