Reichsreform und Reformation Epochenwechsel um 1500 Reichsreform und Reformation 21.09.2018 Helga Schultz
Gliederung Unvollendete Reichsreform Reformation Die Revolution des „gemeinen Mannes“ Krise des Reiches 21.09.2018 Helga Schultz
1. Unvollendete Reichsreform 21.09.2018 Helga Schultz
Nationalbewusstsein Um 1500 entwickelte sich ein von der römischen universalen Tradition abgelöstes deutsches Nationalbewusstsein. Der Name Deutschland ersetzt allmählich die deutschen Lande. Seit Kaiser Maximilian I.: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation. Daraus entwickelten sich Reichsreformbewegung und Reformation. 21.09.2018 Helga Schultz
Humanisten Erasmus von Rotterdam: nicht Universalmonarchie, sondern kooperierende Nationen sichern den europäischen Frieden. Die Humanisten konstruieren seit der Entdeckung der Germania des Tacitus eine germanische Vorgeschichte. Hans Holbein der Jüngere: Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536) 21.09.2018 Helga Schultz
Identitäten und Stereotypen Mit Berufung auf Tacitus wurden seitdem der offenherzige, gutmütige und tapfere Deutsche dem hinterhältigen, leichtsinnigen weichlichen welschen (italienischen) oder französischen Nachbarn entgegen gesetzt. Die Nachbarn im Osten kommen kaum besser weg. (Tiroler Völkertafel aus dem Beginn des 18. Jahrh.). 21.09.2018 Helga Schultz
Reichsreform Die Reichsreformprojekte streben eine Institutionalisierung des Reiches an, um es handlungsfähig zu machen. Maximilian I. erreicht auf dem Reformreichstag von Worms 1495: Ewigen Landfrieden, Reichskammergericht. Einteilung in zehn Reichskreise. Die Reichssteuer des Gemeinen Pfennigs wird nicht durchgesetzt, sowenig wie das zentrale Reichsregiment. 21.09.2018 Helga Schultz
Maximilian I. von Habsburg (1449-1519) Römischer Kaiser 1486-1519: „Der letzte Ritter„, Freund des Humanismus und der Renaissance. Zeichnung von Albrecht Dürer, dem Maximilian eine jährliche Rente gewährte. 21.09.2018 Helga Schultz
2. Die Reformation Luthers 21.09.2018 Helga Schultz
Kirchenkritik Die geistlichen und weltlichen Reichsstände klagen über Eingriffe der römischen Kurie in die Angelegenheiten des Reiches und der Reichskirche. Die Gravamina der deutschen Nation werden 1456 anlässlich römischer Geldforderungen erstmals zusammengestellt und dann immer aktualisiert. Das Verlangen nach einer nationalen, volksnahen Kirche verbindet alle Stände. Die Reformbewegungen von Jan Hus in Böhmen und John Wicliff in England werden immer offener als Vorbild genannt. 21.09.2018 Helga Schultz
Martin Luther (1483-1546) Verwirft das Gnadenmonopol und schließlich die gesamte Institution der römischen Kirche. Wege zur Gnade: Sola gratia, Sola fide, Sola scriptura. Lucas Cranach der Ältere: Martin Luther 1529. 21.09.2018 Helga Schultz
Durch Predigt zur Massenbewegung Einblattdruck mit Versen von Hans Sachs und Holzschnitt von Georg Pencz, 1529. 21.09.2018 Helga Schultz
Verbreitung der Reformation bis 1570 21.09.2018 Helga Schultz
Ulrich (Huldrych) Zwingli 1484-1531 Der Schweizer Reformator ist radikaler als Luther: Im Abendmahlsstreit; In der Autonomie der Gemeinden, die sich ihren Pfarrer wählt; Im Widerstandsrecht gegen ungerechte Obrigkeiten. 21.09.2018 Helga Schultz
Johannes Calvin 1509-1564 Der Genfer Reformator gab der Reformation Luthers eine radikale und europäische Dimension. Göttliche Gnadenwahl und Gemeindeautonomie (wie bei Zwingli) begründen die Unabhängigkeit von jeglicher Obrigkeit. Bürgerliche Pflicht und religiöse Ordnung fallen zusammen. 21.09.2018 Helga Schultz
3. Die Revolution des Gemeinen Mannes 21.09.2018 Helga Schultz
Bauernkrieg – religiöse Auslöser Vertiefte Volksfrömmigkeit in kirchenfernen Formen (Wallfahrten; Nothelfer) verbindet sich mit Endzeiterwartungen. Die Reformation Luthers weist neue Heilswege. Antikirchliche Bewegungen bündeln sich mit Forderungen nach Gemeindeautonomie und Erleichterung der feudalen Lasten. 21.09.2018 Helga Schultz
Verbreitung durch Flugschriften "On Aplas von Rom kan man wol selig werden durch anzaigung der götlichen hailigen geschryfft“. Totentanzbild: »Der Bapst«. (Hans Holbein d. J. Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz.) 21.09.2018 Helga Schultz
Forderungen Das Göttliche Recht und das Alte Recht liefern die soziale und religiöse Begründung. Die weit verbreiteten Zwölf Artikel sind gemäßigt: Freie Predigt des Evangeliums und freie Pfarrerwahl; Wegfall von Zehnt und Todfall; freie Jagd und Fischerei (Allmende). 21.09.2018 Helga Schultz
Bauernkrieg Kein Elendsaufstand. Die Bauern erheben sich in den Kerngebieten des Reiches, die wirtschaftlich und kulturell am besten entwickelt sind. 21.09.2018 Helga Schultz
Fürstenheere gegen Bauern Fürstenaufgebote (Schwäbischer Bund) werfen die Aufständischen grausam nieder. Nach Schätzungen werden mehr als 70.000 Bauern getötet. Luther hatte die Niederwerfung der Bauern unterstützt: „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern.“ Die lutherische Obrigkeitslehre lehnt den Widerstand gegen ungerechte Obrigkeit ab. 21.09.2018 Helga Schultz
Reformation in den Städten Wie auf dem Lande verbinden sich auch in den Städten soziale und religiöse Opposition. Die Stadträte werden durch „das Volk aus Buden und Kellern“ gezwungen, die Reformation einzuführen. Stärkung der Stadtgemeinden: Kontrolle der Räte durch neue Kollegien der Zünfte. Armenpflege durch die Gemeinden: Der Gemeine Kasten. 21.09.2018 Helga Schultz
Der Gemeine Mann In den großen Bauernhaufen verbinden sich die kleinen Städte und die Bauerngemeinden. Reformatorische Prediger sind die geistigen Führer (Thomas Müntzer). Eine Revolution des Gemeinen Mannes (Peter Blickle). Sebald Beham (1500-1550) 21.09.2018 Helga Schultz
Werner Tübke: Panorama 21.09.2018 Helga Schultz
4. Krise des Reiches 21.09.2018 Helga Schultz
Karl V. Auf dem Reichstag zu Worms wird Luther zum schärfsten Widersacher des jungen Kaisers. Die romfeindliche Fürstenpartei, die sich hinter ihm sammelt, vereitelt auch die Reichsreformpläne des Kaisers. Gemälde von Peter Paul Rubens, 1. Viertel 17. Jh. (Deutsches Historisches Museum, Berlin). 21.09.2018 Helga Schultz
Krise des Reiches Kaiser Karl V. kann nach der Niederlage auf dem Reichstag zu Worms 1521 die Einheit des Reiches in der Einheit der Kirche nicht mehr herstellen. Der Reichstag zu Augsburg von 1530 soll Einigung der Bekenntnisse erreichen. Die „Augsburger Konfession“ seitdem Bekenntnis der Lutheraner. Er bringt dem Kaiser keinen Sieg über die Ketzer und den Protestanten keine Akzeptanz ihres Bekenntnisses. 21.09.2018 Helga Schultz
Reichstag zu Augsburg 1530 21.09.2018 Helga Schultz
Fürstenreformation Luthers Reformation wird zur Fürstenreformation: Die Landesherren gewinnen das Kirchengut (Säkularisation). Sie erhalten im Augsburger Religionsfrieden von 1555 die Kirchenhoheit : Wessen Land, dessen Religion. Das Diktum vor allem der katholischen Historiker: Die lutherische Reformation hat Deutschland zur Zeit seiner Geburt zerrissen. 21.09.2018 Helga Schultz
Nationalsprache Städtewesen und Handel hatten um 1500 zwei deutsche Schriftsprachen hervorgebracht: Niederdeutsch, Oberdeutsch. Erst im Ergebnis der Reformation bildet sich eine einheitliche hochdeutsche Schriftsprache: Bibelübersetzung, Predigt. 21.09.2018 Helga Schultz
Mythos Luther Paul Thumann: Luther verbrennt die Bannandrohungsbulle, 1872/73. (Eisenach, Wartburg-Stiftung). 21.09.2018 Helga Schultz
Bilanz Die Reformation stärkt die Fürstenherrschaft und schwächt die Reichsgewalt. Aber: Die reformatorischen Schriften und besonders Luthers Bibelübersetzung einen den Sprachraum. Die Reformation entfaltet Weltwirkung durch Modernisierung des Denkens, der Kirche und der Staaten. 21.09.2018 Helga Schultz