Institut für Zeitgeschichte

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
politischen System der EU
Advertisements

Unterrichtsinhalte im Fach Geschichte/Oberstufe
(bitte als Bildschirmpräsentation starten)
Geschichte und Sozialkunde kombiniert
Maria Theresia 13. Mai 1717 in Wien; † 29. November 1780 in Wien.
Quo Vadis Ruhr Universität Bochum am 06. November 2013
Das Parlament Gebäude wurde zwischen 1874 errichtet nach Plänen des Architekten Theophil Hansen und während ihres Bestehens als Sitz der verschiedenen.
Die Ordnung des menschlichen Zusammenlebens Menschen leben in Staaten.
(bitte als Bildschirmpräsentation starten)
Geschichte und Sozialkunde kombiniert
BERLIN - geteilte Stadt
Erbkrankheiten.
Österreichische Geschichte
Theorie des Neoliberalismus
Österreich-Ungarn, Deutschland, Bulgarien, Osmanisches-Reich
Herausforderungen für die Gewerkschaft
Viele ungelöste Probleme  Druck auf Kaiser Niederlage gegen Preußen  Wiener Hof gibt nach Neue Form der Monarchie – Dualismus (k. u. k. Monarchie)
Der Wohlfahrtsstaat im Zeitalter der permanenten Austerität Festvortrag an den Bremer Universitäts- Gesprächen Prof. Dr. Klaus Armingeon Institut für Politikwissenschaft.
Überblick Die Beteiligten Datum Ort Beginn Ende Wilhelm Friedrich IV
Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg Österreich von 1918 bis 1938
Der dreißigjährige Krieg ( )
Verfassung – allgemein (1)
Von Joseph Strasser.
Wien, die Hauptstadt der Habsburgermonarchie
...ich seh´es kommen !.
...ich seh´es kommen !.
Er ist da, Ladies & Gentlemen !!!
Projekt Titel Bürger Europas – Gemeinsam leben und arbeiten in Europa.
Area for co- branding logo Region Britische Gewerkschaften und Gewerkschaftspolitik Sam Gurney, TUC European Union and International Relations.
Ökonomische und politische Systeme der Welt
Versuche zur Lösung der sozialen Frage
Der Kaiser, offensichtlich regierungsunfähig, floh nach Innsbruck.
GPA(-DJP) Internationale Mitgliedschaft – bis 2006/07
Steuerprogression – Abbau der kalten Progression?
Die Entstehung der Parteien
Die Berliner Mauer.
I. Krieg und Frieden in einer globalisierten Welt
Europa geht nur zusammen Piraten für „Integration und Migration“
Die Zukunft von Zuwanderung und Integration
Die Parteien der Weimarer Republik (Auswahl)
Die Wiedererrichtung der Republik Österreich
Der Kollektivvertrag Kollektivvertrag. Jede Partnerschaft braucht Regeln!
Staatsaufgaben Polizei z. B. Armee §§§§ Behörden
Dott.ssa Verena SCHMEISER
Politik in Deutschland
Einführung in die Wirtschaft 2
Die Währung in beideN TeileN Deutschlands während dES KALTEN KRIEGES
Theorien der Internationalen Beziehungen (Denkschulen)
Reifeprüfungsverordnung für neuen Lehrplan, Schulversuch
(bitte als Bildschirmpräsentation starten)
TUNESISCHER GERMANISTEN- UND DEUTSCHLEHRERVERBAND الجمعية التونسية لدارسي و مدرسي اللغة و الاداب الألمانية ASSOCIATION TUNISIENNE DES.
GK/LK Sozialwissenschaften
Warum ein Betriebsrat bei ……………?
Colloquiumsprüfung Geschichte Folie 1.
Parlamentarische Demokratie
Quiz zum Österreichischen EU-Ratsvorsitz 2018
Verfassungsgeschichte des GG
Beschäftigtenbefragung zur Sozialpartnerschaft in Brandenburg
UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil
Die Ordnung des menschlichen Zusammenlebens Menschen leben in Staaten.
JANUAR MONTAG DIENSTAG MITTWOCH DONNERSTAG FREITAG SAMSTAG
Flüchtlingssituation
Januar 2016 Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag
FRANZ KAFKA ( ).
GK/LK Sozialwissenschaften
Russische Revolution.
Förderung der Gleichstellung von LGBTI in derEuropäischen Union
Förderung der Gleichstellung von LGBTI in derEuropäischen Union
JUNGES EUROPA 2017 DIE JugendStudie der TUI STIFTUNG
 Präsentation transkript:

Institut für Zeitgeschichte 1918 – 2018: Sozialstaat in Österreich zwischen zwei Globalisierungen und vier Generationen Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb Tagung für FunktionärInnen der FSG GPA-djp, Austria Trend Hotel Savoyen, 10. Nov. 2017

1918 – Transition statt Revolution, aber ein Revolutionärer Akt

1918 – „Der Rest ist Österreich“

Parlamentarische Demokratie in einem „Staat, den keiner wollte“: Monarchie-Nostalgie, Anschlussideologie und Angst vor der ‚Bolschewistischen‘ Revolution und die 1848er-Revolution Ein Obelisk aus Mauthausner Granit erinnert an die Opfer der Wiener Märzrevolution 1848. Das Denkmal wurde ursprünglich 1864 auf dem Schmelzer Friedhof errichtet. Nach der Auflösung des Friedhofes fand es 1888 auf dem Zentralfriedhof einen neuen Platz. Insgesamt sind hier 35 Personen bestattet, unter ihnen vier Frauen.

Der Staat, den keiner wollte. (Hellmut Andics) Und doch funktionierte die parlamentarische Demokratie 1918/1919-1920 – aus Angst vor einer “Räterepublik” und trotz der Grenzkonflikte und dem sozialen und ökonomischen Desaster.

Der Lange Schatten der Monarchie: Das Parteien-System – Lagerbildung bereits vor 1914 Kontinuitäten im Rechtssystem Die Verwaltung, Polizei, Teile der Armee Kultur und Wissenschaft Der lange Schatten der Religion -Umkämpfte Themen – Erziehung und Ehe (Sever-Ehen)

Diskontinuitäten Neue Staatsform mit allgemeinem Wahlrecht für Frauen und Männer und dann auch Landesverweisung und Beschlagnahme des Habsburger Vermögens sowie Aufhebung der Adelsvorrechte. Volkswehr Sozialgesetze

Ferdinand Hanusch (1866-1923), in Schlesien geboren, 1900 Sekr Ferdinand Hanusch (1866-1923), in Schlesien geboren, 1900 Sekr. Union der Textilarbeiter in Wien; 1907 Reichsratsabgeordneter. 1918-1920 Staatssekretär für soziale Fürsorge bzw. soziale Verwaltung; 1921 Dir. Wiener Arbeiterkammer

https://www. mediathek https://www.mediathek.at/portaltreffer/atom/135E5DDC-213-00044-000004A4-135DCBB9/pool/BWEB/ Karl Renner zu den Sozialreformen (1931)

Boom an Sozialgesetzen, aber das Scheitern der Sozialisierungsidee Otto Bauers Einführung einer Arbeitslosenunterstützung Einführung des achtstündigen Arbeitstag Beschränkung der Arbeitszeit für Frauen und Jugendliche auf 44 Wochenstunden Einführung des Urlaubsanspruchs für ArbeitnehmerInnen Anerkennung von Kollektivverträgen (Einigungsämter) Verankerung der Mitbestimmung am Arbeitsplatz (Betriebsrätegesetz) Gründung der Kammer für Arbeiter und Angestellte

(„Konstituierende Nationalversammlung“) 26. Februar 1920 („Konstituierende Nationalversammlung“) beschließt das Gesetz über die Errichtung von Kammern für Arbeiter und Angestellte. Die Arbeiterkammern sollen den Handelskammern als „gleichwertige Partner“ gegenüberstehen. So soll „ein Zusammenwirken der beiderseitigen Körperschaften bei der Lösung von wichtigen Aufgaben der wirtschaftlichen Verwaltung ohne Schwierigkeiten möglich sein“ – ein erstes Konzept für die Sozialpartnerschaft.

Auch hier der lange Schatten der Monarchie: Gewerkschaftskongresse (bis 1934) 1.: 24.-27. Dezember 1893, Schwenders Bierhalle (Hauptthemen: Einrichtung eines Sekretariats, Stellung bei Streiks und Boykotts, Normalstatuten:). 2.: 25.-29. Dezember 1896 (Fortschritte der Sozialgesetzgebung, Probleme der Hausindustrie, Arbeitsvermittlung als kommunale Einrichtung). 3.: 11.-15. Juni 1900, Hotel Savon (Englischer Hof) außerordentlicher: 8.-10. Dezember 1905 (Konflikt der Reichsgewerkschaftskommission mit der tschechoslowakischen Gewerkschaftskommission in Prag). 4.: 8.-12. Juni 1903, Arbeiterheim Favoriten (Konsum- und Wirtschaftsgenossenschaften, autonomer Zolltarif, Alters- und Invaliditätsversicherung). 5.: 21.-25. Oktober 1907 (Betriebsorganisation, Arbeiterschutz, Alkoholismus). 6.: 17.-22. Oktober 1910, Arbeiterheim Favoriten (Sozialpolitik im Parlament, Taktik bei Streiks und Lohnbewegungen, Arbeitszeitverkürzung, Abschaffung des Arbeitsbuchs). 7.: 6.-10. Oktober 1913, Arbeiterheim Favoriten (Jugendorganisation, Heimarbeit, Arbeitsschutz, Zoll- und Handelsverträge). 8. (1. Deutschösterreichischer): 30. November-4. Dezember 1919, Arbeiterheim Favoriten (Organisationsausbau, Betriebsräte, Sozialpolitik und Sozialversicherung, Ernährung der Arbeiter).

http://tvthek.orf.at/archive/Zwischenkriegszeit-Austrofaschismus/13425180/Friedrich-Hillegeist-Rettung-Oesterreichs-in-letzter-Minute/13251198

1945 – Kalter Krieg und Alliierte Besetzung ermöglichen das österreichische Modell: Sozialpartnerschaft auch durch starke zentralistische Gewerkschaftsorganisation und die Erfahrung der „Lagerstrasse“ Verstaatlichung als Maßnahme im Kalten Krieg und nicht um „Volkseigentum“ zu schaffen– Stichwort: Ehemal. Deutsches Eigentum in der Industrie und im Bankenbereich Große Koalition und Hochkonjunkturen der Sozialpartnerschaft in der ÖVP-Alleinregierung Klaus und den SPÖ-Alleinregierungen unter Kreisky bis 1983

Stehen wir vor einem autoritären Zeitalter? (Ralf Dahrendorf 1997) Oder verhandeln wir in der 2. Globalisierung die Strukturen aus der 1. Globalisierung 1870-1914 neu: Rolle der beiden ehemaligen Massenparteien und die Rückkehr der Deutschnationalen (unter der Österreich-Fahne) und der Liberalen (unter Neos-Devise) Bedeutung von Migration (und Asyl) und sozialen Strukturen in der Neuverhandlung des Nationalstaates in der Europäischen Union Sozialstaat ohne die „Wächter“ des Sozialstaates – Gewerkschaften, Betriebsräte, Kammern, Sozialpartnerschaft, die ebenso ihre Wurzeln in der 1. Globalisierung bzw. der Jahre 1919/1920 haben ? Ökonomische Globalisierung und die Rückkehr zum Kapitalismus vor 1914.

Institut für Zeitgeschichte Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich freue mich auf die Diskussion!