Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

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Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU Tutorium SS 2003 7. Sitzung 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU Inhalt des Tutoriums Lernziele der heutigen Sitzung: Fragen zur Vorlesung Die Kommission !!!! Sitzung am 2.7.2003 (Mittwoch) fällt aus, alternativ: Tutorium von Anja Thomas am 7.7.2003 (Montag)!!!! 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU 1

Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU Erläuterungen Primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht EU-Primärrecht: Zum EU-Primärrecht zählen die der Gemeinschaftsrechtsordnung zugrunde liegenden Verträge - EWG-Vertrag, EAGV, EGKSV -, deren Anhänge und Protokolle sowie deren spätere Änderungen. EU-Sekundärrecht: Kraft der Gemeinschaftsverfassung ergangenen Rechtsakte der Gemeinschaft (Richtlinie, Verordnung, Entscheidung) der Gemeinschaftsorgane (Rat, EP, Kommission). Auch Verordnungen hierarchisch über dem Primärrecht. Verstöße gegen das Sekundärrecht der Gemeinschaft werden vom EuGH geahndet . Instrumente der sekundären Rechtsetzung (s. Art. 249 EGV ) ·  Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. ·   Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in all ihren Teilen verbindlich und gilt in jedem Mitgliedstaat unmittelbar. ·   Die Entscheidung ist in alle Teilen für diejenigen verbindliche, die sie bezeichnet. ·   Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich. 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission - Geschichte 1951 EGKS: Hohe Behörde, bereits damals zentrale Entscheidungsrechte 1958 Römische Verträge: Kommission der EWG und EAG 1967 „Fusionsvertrag“: eine einzige Kommissionen für alle drei Gemeinschaften 80er Jahre unter Delors (1985-95) politische Vorreiterrolle, da großen Einfluss auf Ausarbeitung der EEA (1987; Binnenmarkt, WWU) Seit 1993 Eigenbezeichnung als „Europäische Kommission“ Maastricht (1993) / Amsterdam (1999) / Nizza (2003): „Vergemeinschaftung“ weiterer Politikfelder, damit Kompetenzausweitung der Kommission (s. auch Funktionen) Genuin „europäische“ Instanz: vertragsrechtliche Verpflichtung, auf das Wohl der Gemeinschaft zu achten, keine Weisungsgebundenheit gegenüber nationalen Regierungen 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Strukturen I 3 Ebenen: Entscheidungsgremium: Kollegium (20 Kommissare, 2004: 25) (5 „große“ MS – D, F, I, GB, E - bisher 2 Vertreter) Präsident: zunächst „primus inter pares“, durch Nizza zunehmend politische Führung (Handlungsfähigkeit!), z.B. Entscheidung über interne Organisation, Zuständigkeitsverteilung, Mitglied des Europäischen Rates 2. Kabinette (kleine Gruppe politischer Vertrauter) Vorbereitung der Beschlussvorlagen der Kommission, wöchentliche Treffen der Kabinettschefs (Filterfunktion) (A-Punkte: bereits Einigkeit, B-Punkte: Entscheidung im Kommissionskollegium) Generaldirektionen (funktionale Gliederung) & Dienste 36 GD und Dienste (Generalsekretariat, Juristischer Dienst, Amt für Veröffentlichungen ...) 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Strukturen II Expertengruppen / beratende Ausschüsse Vorlagen für Gemeinschaftsentscheidungen i.d.R. nicht allein von Kommission ausgearbeitet, sondern in speziellen Expertengruppen und beratenden Ausschüssen (ca. 700) vorbereitet, Ausschüsse besetzt aus nationalen Beamten, Verbandsvertreter, unabhängigen Sachverständigen. Funktion: Ausschüsse und informelle Treffen mit Kommission zur a) Problemidentifizierung, b) Informationssammlung und c) Optionensichtung d) erste Konsensbildung „Kameraderie unter Experten“ (Westlake 1995: 127). 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Wahl I „Doppelte / duale Legitimität“: Kommission wird sowohl durch Vertreter der nationalen Regierungen (Ministerrat), als auch durch das Europäische Parlament eingesetzt. Amtszeit: 5 Jahre (Wiederwahl de jure möglich) Nizza: Rücktritt eines Mitglieds, wenn es der Präsident nach Billigung durch das Kollegium dazu auffordert, für dieses Mitglied wird vom Rat mit qualifizierter Mehrheit ein Nachfolger ernannt. (Kommissionspräsident damit abhängig vom Konsens bzw. Mehrheit seiner Kollegen bzw. Personalinteressen nationaler Regierungen) Abwahl: durch Misstrauensvotum des EP (2/3 der abgegebenen Stimmen und Mehrheit der Mitglieder, Art. 201 EG-V), bisher nicht eingetreten (vorheriger Rücktritt Santer, März 1999) 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Wahl II s. Graphik III.4.3 im Skript! 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Funktionen I Die Funktionen der Europäischen Kommission: 1. „Motor der Integration“ Initiativmonopol / Ko-Initiative 1. Säule: Initiativmonopol, d.h. Rat und EP können Rechtsakte nur auf Vorschlag der Kommission beschließen 2. Säule (GASP): KOM kann den Rat mit Fragen befassen und Vorschläge an ihn richten. Ansonsten ist sie an den Arbeiten der GASP „in vollem Umfang beteiligt“ (Art. 27, 36 EUV), partielles Initiativrecht 3. Säule (PJZ): Initiativrecht in in Strafsachen (neben Mitgliedstaaten) Die Mitwirkungsrechte der KOM sind in der GASP und der PJZ geringer als in der 1. Säule 2. „Hüterin der Verträge“ (Art. 226 EGV) Kontrollorgan (Überwachung der Anwendung & Umsetzung des Vertragsrechts durch MS, Vertragsverletzungsverfahren: Klage vor EuGH) 3. „Exekutive“ (verbindliche Durchführungsbeschlüsse, v.a. in Wettbewerbspolitik, EG-Haushalt, Binnenmarkt, internationale Abkommen)  Komitologie 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Funktionen II 4. Vertretung der EU in Drittstaaten / Internationalen Organisationen (Art. 133, 302-304 EGV) (Verhandlungsmandat des Rates; Delegationen) Kontrollorgan: „Um das ordnungsgemäße Funktionieren und die Entwicklung des des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten“ (Art. 211 EGV). z.B. Stellungnahmen, Empfehlungen Überwachung und Begutachtung von Verfahren (Art. 104 EGV), z.B.: Überprüfung der Haushaltsdisziplin der MS ‚living constitution‘ aktive und extensive Wahrnehmung der Kommissionsrechte. Zentrale Rolle bei Entscheidungsvorbereitung in der ersten Säule. Teils Mitwirkung an Entscheidungsfindung durch Einflussnahme auf auf Rats- / Parlamentsausschüsse. Nachhaltige Kontrollfunktion. 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Klageverfahren Nutzung der Klageverfahren: Urteile des EuGH (1960-2000) (Quelle: Europäische Kommission: Gesamtberichte über die Tätigkeit der Europäischen Union) 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Entscheidungsmodalitäten De jure (Art. 219 EG-V): einfache Mehrheit, pro Kommissar eine Stimme, z.Zt min. 11, De facto: Konsensbestreben 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – „Magisches Dreieck“ Politische Führung (Führungsanspruch des Kommissionspräsidenten, aber keine „Richtlinienkompetenz“, kein direktes Entlassungs- bzw. Ernennungsrecht der Kommissare, nur geringer Ausbau der Führungsrolle) Ressortprinzip (Fachzuständigkeit / Spezialisierung einzelner Kommissare) Kollegialprinzip (kollektive Verantwortung des Kollegiums) „magisch“, da Spannungsverhältnis zwischen drei Prinzipien! 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Komitologie Bei „Komitologie“ (von Comité) handelt es sich um ca. 300 Ausschüsse unterschiedlichen Typs, in denen unter dem Vorsitz eines Kommissionsvertreters nationale Beamte über die Maßnahmen der Kommission beraten und auf der Basis abgestufter Beteiligungsrechte mitwirken, d.h. entscheiden gemeinsam über konkrete Durchführungsbeschlüsse. Wenngleich auch die Absicht einer Überwachung der Kommission von Seiten nationaler Verwaltungen unverkennbar ist, so hat sich dieses System in der Praxis zu einem relativ geschmeidigen Verfahren gegenseitiger Beratung entwickelt. In den Komitologie-Komitees spielen die Vertreter der Kommission eine entscheidende Rolle: die nationalen Beamten müssen im Forum Kollegen anderer Nationalitäten die jeweils sehr eigen ausgeprägte politische und administrative Kultur des eigenen Landes nahe bringen und sich untereinander auf dieser Grundlage unterschiedlicher Interessen auf gemeinsame Positionen verständigen. Im Bereich der Außenbeziehungen kann die Kommission durch den Rat ermächtigt werden, auf der Grundlage von Richtlinien Verhandlungen mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen zu führen (z.B. EFTA-Staaten oder im Rahmen des GATT; Art. 133 EGV, Art. 300 EGV). Auch bei diesen Aktivitäten sind Ausschüsse nationaler Beamten beteiligt. 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Die Europäische Kommission – Übungsfragen Definieren bzw. beschreiben Sie: ·     die Rolle des Präsidenten der EU-Kommission ·     Komitologie ·     Generaldirektion ·     „Motor der Integration“ ·     „Hüterin der Verträge“ ·     „Kommission als Exekutive“ ·     Kabinett ·     Länge der Wahlperiode der Kommission ·     Zahl der Kommissionsmitglieder entsprechend der Regelung von Nizza · Beschreiben Sie die Möglichkeit der Entlassung eines Mitglieds der Kommission nach dem Vertrag von Nizza. Wie ist die Europäische Kommission aufgebaut? 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU

Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU Literatur Nachbereitung der heutigen Sitzung: Peterson, John, The College of Commissioners, in: Shackleton / Peterson, The Institutions of the European Union, Oxford 2002, S. 71-94. www.europa.eu.int/comm/ Zur nächsten Sitzung: St. Clair Bradley, Kieran, The European Court of Justice, in: Shackleton / Peterson, The Institutions of the European Union, Oxford 2002, S. 118-138. 7. Sitzung Tutorium zur Vorlesung: Grundzüge des politischen Systems der EU 14