Organisation der Verwaltungsbehörden Administrative Organization

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Organisation der Verwaltungsbehörden Administrative Organization Grundzüge des Rechts An Introduction to Law Organisation der Verwaltungsbehörden Administrative Organization Frühling 2014 ‚Skript‘: Tschentscher/Lienhard 158-206

Inhaltsverzeichnis Course Outline Demokratische Ausgestaltung Hierarchie und Dezentralisation Zusammenarbeit und Amtshilfe New Public Management Kompetenzverteilung Körperschaften, Anstalten und Stiftungen 26.03.2014 G. Hertig

Zusammenfassung : Zivilprozessrecht Zuständigkeit Gerichte entscheiden ob sie zuständig sind Verklagt, wo man sein Wohnsitz/Sitz hat Vereinbarung möglich Anwendbares Recht Recht des engsten Zusammenhanges Rechtswahl möglich Anerkennung/Vollstreckbarkeit von Urteilen Rechtskraft Keine Verfahrensrechtsverletzungen 26.03.2014 G. Hertig

1. Demokratische Ausgestaltung Principal-Agent Issues Parlamentarische Kontrolle Monitoring by lawmakers Beispiele: Geschäftsprüfungskommissionen, ad hoc Untersuchungskommissionen Verwaltungs- und Finanzreferendum Administrative and finance referenda Beispiel: Öffentliche Werke und Ausgaben Volkswahl der Mitglieder der Regierung/Beamten Subjecting top officials to popular elections Beispiele: CH Regierungsräte, USA/F/Stadt Präsidenten, Richter, Staatsanwälte 26.03.2014 G. Hertig

Transparenz und Bürgernähe Transparency and Constituency Proximity (Tschentscher/Lienhard 184-187) Erfordernis der Gesetzform Requiring a legislative act Beispiel: Beschränkung der Gesetzdelegation Öffentlichkeitsprinzip Publicity of official acts Beispiel: Amtliche Dokumente Selbstverwaltung Self-managing entities Beispiel: Gemeinde 26.03.2014 G. Hertig

2. Hierarchie und Dezentralisation Hierarchy and Decentralization (Tschentscher/Lienhard 159-167) Über-bzw. Unterordnungsverhältnis Being/having a superior Beispiel: Regierung, Militär Zweck der Hierarchie Why do we have hierarchies? Leistungsfähigkeit → klare Regelung der Zuständigkeiten Enhanced capabilities due to clear allocation of powers Verminderung der Doppelspurigkeiten / Minimizing interferences ? Effiziente Erledigung / Efficient implementation Zuordnung der Verantwortung / Allocating responsibilities ? Beispiel: BP oil spill, Strafveranstaltung Bochuz Koordination → Einheit der Verwaltung Coordination Informations- und Kontrollrechte der übergeordneten Behörden Information and monitoring rights for superiors Erleichterte parlamentarische Kontrolle Facilitating monitoring by Parliament 26.03.2014 G. Hertig

Auswirkungen Materialization Dienstbefehle und Weisungen Orders and instructions Beispiel: Fall 1 Dienstaufsicht Monitoring implementation Beispiele: Besuch, Anzeige Beschwerderecht des betroffenen Privaten Right to challenge for concerned private parties Beispiel: Verfügung 26.03.2014 G. Hertig

Fall 1: Anordnung (siehe auch BGE 128 I 167 – 2002) Parallel zur Durchführung des Weltwirtschaftsforums in Davos organisierte die Erklärung von Bern eine unabhängige internationale öffentliche Konferenz. Besucher der Konferenz wurden durch die zum Schutz des Weltwirtschaftsforums eingesetzten Polizeikräfte kontrolliert und daran gehindert, zur Konferenz zu gelangen. Die Erklärung von Bern erhob gegen den Einsatzbefehl Beschwerde. Ein Einsatzbefehl enthält naturgemäss die von den politischen Behörden umschriebenen Richtlinien und setzt sie für den konkreten Einsatz mit Aufträgen an die Polizeikräfte und Anordnungen organisatorischer, personeller und materieller Natur um. Ausgerichtet auf einen konkreten Einsatz wendet sich der Befehl daher typischerweise an die der Befehlsgewalt des Polizeikommandos unterstellten Polizeikräfte. Er richtet sich nicht an die Bürger und umschreibt insbesondere deren Rechte und Pflichten nicht. Insoweit ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ausgeschlossen. 26.03.2014 G. Hertig

Sachliche Dezentralisation Substantive Deconcentration (Tschentscher/Lienhard 164-167) Aufgabenerfüllung außerhalb der Zentralverwaltung Allocating powers to independent agency In der Regel, eine einzige Aufgabe As a rule, one mission only Beispiele: Wettbewerbskommission, Fall 2 Spezialisierung: Effizienz sowie Entlastung Specialization: Efficiency and disburdening Gewisse Selbständigkeit – Lockerung der Hierarchie Autonomy – Monitoring at a distance Minimierung der Interessenkonflikte? Minimizing conflicts of interests? 26.03.2014 G. Hertig

Fall 2: Autonome Anstalt (siehe auch BGE 105 Ib 348 - 1979) Eine autonome Anstalt erfüllt eine öffentliche Aufgabe für ein Gemeinwesen (Staat oder andere öffentliche Körperschaft), das als Träger oder als Muttergemeinwesen bezeichnet wird. Sie hängt vom Träger ab, ohne seiner hierarchisch gegliederten Zentralverwaltung anzugehören. Im Rahmen ihres Aufgabenbereichs weist die SNB zahlreiche Merkmale auf, die einer autonomen Anstalt zukommen. Das Direktorium als oberste Verwaltungsbehörde der SNB wird durch den Bundesrat ernannt, der auch den grössten Teil der Bankräte wählt. Daneben geniesst die SNB weitgehend einen autonomen Status. Sie gehört nicht der hierarchisch gegliederten Zentralverwaltung an. Auch kann die SNB bei Nichterneuerung des Notenprivilegs selber entscheiden, ob sie weiter bestehen oder sich auflösen will. Zusammenfassend lässt sich gleichwohl festhalten, dass ihre Hauptaufgabe in der Besorgung eines Ausschnitts der Staatsverwaltung besteht, für die sie vom Verwaltungsapparat des Bundes unabhängig ausgestaltet worden ist. 26.03.2014 G. Hertig

Örtliche Dezentralisation Territorial Deconcentration Ohne Autonomie / Without Autonomy Nebeneinander bestehende Behörden Agents operating in parallel Kenntnis der lokalen Verhältnisse Knowledge of local state of affairs Zugang zu staatlichen Stellen Access to public services Beispiele: Zoll- und Konkurskreise, kantonale Bezirke Mit Autonomie / With autonomy Beurteilungs- und Entscheidungsbefugnis → Selbständigkeit Evaluation and decision discretion → Independence Regionale Gegebenheiten, Bürgernähe Regional conditions, proximity to citizen Beispiele: Kantone, Gemeinde 26.03.2014 G. Hertig

3. Zusammenarbeit und Amtshilfe Cooperation and administrative assistance (Tschentscher/Lienhard 169-170) Ziel der Zusammenarbeit mit Privaten Aim of cooperation with private parties Fachwissen der Privaten Private expertise Akzeptanz der Verwaltungstätigkeit Making administrative intervention palatable Immer komplexer werdenden Staatsaufgaben, Zunehmende Rolle der Privaten? Bigger roe for private parties as State interventions become more complex? Wichtigste Formen der Zusammenarbeit Main forms of cooperation Vertreter von Privaten in Beratungs-/Aufsichtsorganen Private sector representation in advisory/supervisory bodies Beispiele: AHV-Kommissionen, berufliche Vorsorge Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private Allocating public tasks to private parties Beispiele: Eisenbahnbetrieb, Abfallentsorgung, Sicherheitsprüfung 26.03.2014 G. Hertig

Zusammenarbeitsformen Forms of cooperation (Tschentscher/Lienhard 169-170) Längerfristige, intensive Zusammenarbeit Public Private Partnership Beispiel: Realisierung eines Grossprojekts (Gotthard) Mitwirkung bei Verfügungen / Abschluss von Verträgen Collaboration in decision-making Beispiele: Gesuch (Baubewilligung) oder Zustimmung (Dienstverhältnis) des Privaten Mitwirkung in Verwaltungsverfahren Collaboration in administrative procedures Beispiele: Anhörung vor Erlass einer Verfügung Informelle Kooperation mit Privaten Informal cooperation with private parties Beispiele: Freiwillige und formlose Leistungen 26.03.2014 G. Hertig

Fall 3: Verwaltungs- oder privatrechtlicher Vertrag (siehe auch 134 II 297 – 2008) Über das Mittel der öffentlichen Beschaffung soll einerseits das Gemeinwesen die benötigten Sachen und Dienstleistungen wirtschaftlich günstig einkaufen können und andererseits die Gleichbehandlung der Anbieter sowie die Transparenz des Auswahlverfahrens sichergestellt werden. Das Gemeinwesen hat einen Vertrag abzuschliessen über die Erbringung der benötigten Dienstleistung bzw. die Lieferung der nachgesuchten Waren. Anbieter und Gemeinwesen treten dabei in der Regel auf dem Boden des Privatrechts gegenüber und schliessen einen privatrechtlichen Vertrag ab Je nach Inhalt kann die vom Zuschlagsempfänger zu erbringende Leistung aber auch Gegenstand einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bilden. Es ist im konkreten Fall zu prüfen, ob ein vom Gemeinwesen geschlossener Vertrag verwaltungsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist. Ein verwaltungsrechtlicher Vertrag hat direkt die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zum Inhalt oder betrifft einen im öffentlichen Recht geregelten Gegenstand, zum Beispiel eine Erschliessung, Enteignung oder Subvention. Demgegenüber liegt eine privatrechtliche Vereinbarung vor, wenn sich der Staat durch Kauf, Werkvertrag oder Auftrag bloss die Hilfsmittel beschafft, derer er zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben bedarf. Allerdings kann die Zuordnung eines Vertrags zum einen oder anderen Rechtsbereich im konkreten Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein, so dass gegebenenfalls beide Betrachtungsweisen zulässig erscheinen. 26.03.2014 G. Hertig

Amtshilfe Administrative assistance Bedeutung Significance Spezialisierung → Hilfe einer anderen Behörde ist erforderlich Specialization → Help from other entity needed to accomplish mission Auf Ersuchen Upon request Außerhalb eines prozessrechtlich geregelten Verfahrens Not within the scope of judicial procedures Beispiel: Erhalten von Informationen Amtshilfe in internationalen Verhältnissen Role of judicial review in international relations Souveränitätsvorbehalte Sovereignty issues Unabhängige Beurteilung? Getting an independent opinion? Beispiel: Steuerrelevante Datenübergabe 26.03.2014 G. Hertig

Schranken der Amtshilfe Limits to administrative assistance Amtsgeheimnis / Duty not to disclose Geheimnisvorbehalt und Öffentlichkeitsprinzip Keeping secrets vs. accountability Im Verhältnis zwischen verschiedenen Behörden? Among different authorities? Beispiel: Steuerbehörden Datenschutz / Data protection Schutz natürlicher und juristischer Personen Protecting individuals and legal entities Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe im Einzelfall Implementing an official task in a specific case Beispiel: Flugverkehr, Fall 4 26.03.2014 G. Hertig

Fall 4 : Krankenversicherung (siehe auch BGE 133 V 359 - 2007) Die zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbrachten Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Der Krankenversicherer ist berechtigt und verpflichtet, zu überprüfen, ob die erbrachten Leistungen das Wirtschaftlichkeitsgebot respektieren. Die Krankenversicherer gelten als Bundesorgane im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz. Der Umfang der Auskunftspflicht entspricht was der Versicherer für die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit als notwendig erachtet . Die Auskunftspflicht unterliegt freilich dem Verhältnismässigkeits- prinzip. Sie kann sich sowohl im Lichte des Datenschutzrechts als auch unter Berücksichtigung der administrativen Belastung für den Leistungserbringer nur auf Angaben erstrecken, die objektiv erforderlich und geeignet sind, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungen überprüfen zu können. 26.03.2014 G. Hertig

4. Wirkungsorientierte Verwaltungsführung New Public Management (Tschentscher/Lienhard 171-174) Orientierung an messbaren Wirkungen Targeting verifiable results Nicht nur Input (‚Dienst nach Vorschrift‘) Going beyond input (implementing regulation) Output berücksichtigen = Effekte auf Privaten/Gesellschaft Taking efficiency and distribution effects into account Beispiel: Fall 5 Größerer Entscheidungsspielraum / Having more discretion Ziele angeben Defining objectives Abbau der Dichte und Bestimmtheit von Rechtsnormen Reducing the quantity and precision of legal provisions Verantwortlichkeit: Leistungsauftrag und Berichtswesen Responsibility: Contracting for results and controlling Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Demokratie Legal uncertainty, equal treatment and democracy 26.03.2014 G. Hertig

Fall 5: Anreize (siehe auch BGE 137 I 1 - 2011) X. AG fragte wie viele Taggelder drei Handelsrichter in einem Verfahren erhalten hatten, welches mit Urteil vom 7. Mai 2008 abgeschlossen worden war. Im Rahmen des Diskurses über die Anwendung von New Public Management in der Justiz wurde auf die grundsätzliche Problematik von Indikatoren zur Leistungsbeurteilung richterlicher Arbeit hingewiesen. Denn anders als bei anderen staatlichen Leistungen (z.B. dem Strassenbau) entzieht sich das Resultat richterlicher Arbeit weigehend der Erfassung anhand von Indikatoren. Es wird deshalb gefordert, dass an die Stelle der Beurteilung des Resultats die Beurteilung des Wegs zu diesem Resultat zu treten habe, das heisst die Korrektheit des Verfahrens und die Sachlichkeit der Begründung. Der Zeitfaktor erweist sich als besonders problematischer Indikator, ist doch beispielsweise die Zahl der während eines bestimmten Zeitraums instruierten Fälle hinsichtlich der Qualität der richterlichen Arbeit nur sehr beschränkt aussagekräftig. Mit der Bekanntgabe der Anzahl Taggelder würden die Parteien und letztlich die Öffentlichkeit erfahren, wie viel Zeit ein Richter in einen Fall investiert hat. Dadurch würden seine Arbeitsweise und damit auch der Ausgang eines Verfahrens durch prozessfremde Elemente beeinflusst und die Unabhängigkeit des Gerichts in Frage gestellt 26.03.2014 G. Hertig

5. Kompetenzverteilung Allocating Powers Zentralverwaltung /Central administration Wichtige Geschäfte: Regierung / Core decisions: Government Departemente / Ministries Federalismus /Federal States Bund und Kantone/Länder/Staaten Federal and state powers Subsidiäre Generalkompetenz Role of residual powers Ausschließliche und konkurrierende Kompetenzen Comprehensive or limited federal competence Delegation des Vollzuges Implementation of federal tasks by states Bund vollzieht Bundesaufgaben (USA) Implementation is basically not delegated Bund beauftragt Kantone/Länder (Europa) Implementation is often delegated 26.03.2014 G. Hertig

6. Öffentlich-rechtliche Körperschaften Member-based Public Law Entities (Tschentscher/Lienhard 167) Erfüllen öffentlicher Aufgaben Implementing state responsibilities Mitglieder / Members Beispiel: Einwohnergemeinde, Berufsgruppe Zwangsmitgliedschaft / Membership is mandatory Beispiel: Fall 6 Freiwillige Mitgliedschaft / Membership is optional Juristische Person / Legal personality Unabhängigkeit gegenüber der Zentralverwaltung Independent from central administration Autonomie / Autonomy Staatliche Aufsicht / State supervision 26.03.2014 G. Hertig

Fall 6: Studentenschaft (siehe auch BGE 110 Ia 36 - 1984) Am 23. Februar 1981 beschloss die Studentenschaft der Hochschule St. Gallen sich beim Verband Schweizerischer Liberaler Studenten-organisationen um den Beobachterstatus zu bewerben. Ein an der HSG immatrikulierter Doktorand rekurrierte mit der Begründung, die Studentenschaft der HSG sei als Gesamtheit aller Studierenden der Hochschule zu politischer Neutralität verpflichtet. Die Frage, welche Bedeutung dem Beobachterstatus der Studentenschaft der HSG beim SLS im Hinblick auf ihre Pflicht zur politischen Neutralität zukomme, ist nicht nur nach der Natur der internen Beziehungen zwischen den beiden Organisationen zu beurteilen. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch die Wirkung, welche diese Beziehungen bei Aussenstehenden erzeugen können. Wer der Hochschule nicht angehört, aber weiss, dass deren Studentenschaft beim SLS in irgendeiner Form mitwirkt, wird geneigt sein, daraus den Schluss zu ziehen, die St. Galler Studenten verfolgten auch selbst einen politischen Kurs "rechts der Mitte". Studierende wie der Beschwerdeführer, die diese politische Auffassung nicht teilen, haben aber Anspruch darauf, dass die Organisation, der sie von Gesetzes wegen und ohne Austrittsmöglichkeit angehören, nicht als eine politische betrachtet wird. 26.03.2014 G. Hertig

Öffentlich-rechtliche Anstalten Public Law Entities without Members Erfüllung einer bestimmten Verwaltungsaufgabe Fulfilling a specific administrative mandate Bestand von Personen und Sachen Encompass persons and assets Durch Rechtsatz zusammengefasst (Fall 7) Integration through regulation Keine Mitglieder / No members Selbständige und unselbständige Anstalten Independent and dependent entities Selbständig = Juristische Person Beispiel: ETH, FINMA Unselbständig = Keine Rechtspersönlichkeit Beispiel: ZVV, kommunale Altersheime 26.03.2014 G. Hertig

Fall 7: Kantonalbank (siehe auch BGE 120 II 321 1994) Nach dem Gesetz über die Aargauische Kantonalbank bildet sie eine Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter Staatsaufsicht. Die Aargauische Kantonalbank ist nach dieser gesetzlichen Regelung eine selbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts und als solche eine blosse Organisationsform der dezentralen Staatsverwaltung, weshalb sie im Grundsatz auch ohne weiteres Verwaltungsvermögen, Finanzvermögen und Sachen im Gemeingebrauch besitzen kann. Die Aargauische Kantonalbank ist ihrer Funktion nach ein Privatbanken vergleichbares Wirtschaftsunternehmen mit freier unternehmerischer Initiative und starker Orientierung am Wettbewerb, vom Status her gesehen eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter staatlicher Aufsicht, die von Gesetzes wegen eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen hat. 26.03.2014 G. Hertig

Rechtsverhältnis Anstalt – Benützer: Privatrecht oder öffentliches Recht? Relation with Users: Private or Public Law ? (Tschentscher/Lienhard 164-169) Ausdrückliche Regelung / Explicitly regulated Sonstige Kriterien / Default criteria Konkrete Ausgestaltung der Benützungsordnung Integration through regulation Verfolgung von öffentliche Zwecke, einseitige Regelung Undertaking public tasks, unilaterally set rules Beispiel: Uni Zürich, Fall 8 Ähnliche wie private Unternehmen, Unterhandlungen Similarity to private enterprise, negotiated relation Beispiel: Post 26.03.2014 G. Hertig

Fall 8: Rechtsverhältnis (siehe auch BGE 105 II 234 - 1979) Im Mai 1976 musste das EWD in der Transformatorenstation "Meierhof" Sicherungen ersetzen lassen. Das EWD stellte Hans Schumacher für diese Verlegungsarbeiten Rechnung Das EWD stellt eine unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts dar. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass auch das Verhältnis zwischen dem Werk und den Energiebezügern vom öffentlichen Recht beherrscht sei. Bei einem Elektrizitätswerk kommt es vor allem darauf an, wie die Bedingungen für die Stromlieferungen festgelegt werden. Erfolgt dies einseitig durch die Anstalt in zum vornherein feststehenden Bestimmungen in der Weise, dass beim Vorliegen der gleichen Umstände ohne weiteres die gleichen Bedingungen gelten, dann ist ein Verhältnis öffentlich rechtlicher Natur anzunehmen. Wo aber die Benützungsordnung es gestattet, wesentliche Einzelheiten des Bezuges (insbesondere das Entgelt) durch besondere Vereinbarung zwischen der Anstalt und dem Bezüger von Fall zu Fall verschieden zu gestalten, wobei die Einigung durch Unterhandlungen mit gegenseitigem Vor- und Nachgeben herbeigeführt wird, hat man es mit Vertragsverhältnissen des Privatrechts zu tun. 26.03.2014 G. Hertig

Sonderstatusverhältnis / Special Status (Dauer)Benützer unterstehen der Disziplinargewalt (Longer term) users subject to disciplinary regime Beispiele: Spitale, Verkehrsmitteln, Strafanstalten, Fall 9 Geordnete Benützung der Anstalt Well-ordered use of the entity Disziplinarordnung / Disciplinary rules Kann erlassen werden / May be enacted Muss nicht bis in alle Einzelheiten geregelt werden Do not have to regulate every detail Organe haben unter Umständen Polizeifunktionen Entity officers have police function in certain circumstances Beispiele: Bahnpolizei, Flugzeugcrew 26.03.2014 G. Hertig

Fall 9: Volksschulgesetz (siehe auch BGE 129 I 12 - 2003) Auf Grund des Obligatoriums des Grundschulunterrichts besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse an einem geordneten Schulbetrieb. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass auch an der Wiedereingliederung schwieriger Schüler ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Sowohl in der Vermittlung des Lehrstoffes als auch bei ihrer Organisation muss sich eine öffentliche Schule an einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner halten. Die Berücksichtigung von Interessen einzelner Schüler findet daher dort ihre Schranken, wo ein geordneter und effizienter Schulbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Wird der geordnete Schulbetrieb durch einen Schüler derart gestört, dass dadurch der Bildungsauftrag der Schule gegenüber anderen Schülern der Klasse oder des betreffenden Schulhauses in Frage gestellt wird, liegt der vorübergehende Ausschluss des Störers vom Unterricht sowohl im öffentlichen Interesse als auch im (überwiegenden) privaten Interesse der übrigen Schüler an einer genügenden unentgeltlichen Schulbildung. 26.03.2014 G. Hertig

Öffentlich-rechtliche Stiftungen Public Law Foundations Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe Fulfilling a public task Verselbstständigtes Vermögen Segregated assets Vom allgemeinen Vermögen getrennt Distinct from general purpose state assets Keine Mitglieder / No members In der Regel juristische Person As a rule legal personality Beispiele: Pro Helvetia, Schweizerischer Nationalpark, Fall 10 26.03.2014 G. Hertig

Fall 10: Vorsorgekasse (siehe auch BGE134 I 123 – 2008) Zwei Lehrer an Berufsschulen des Kantons Wallis erhoben Beschwerde gegen die Umwandlung einer privatrechtlichen Stiftung in ein unabhängiges Institut des öffentlichen Rechts. Umstritten ist hauptsächlich die Erhöhung des Pensionsalters. Das öffentliche Dienstverhältnis wird durch die Gesetzgebung bestimmt und macht daher die Entwicklung mit, welche die Gesetzgebung erfährt. Die blosse Argumentation, andere Lösungen wären auch möglich kann nicht zur Aufhebung der Umwandlung führen. Ansprüche der Dienstnehmer sind grundsätzlich gegenüber den Massnahmen des Gesetzgebers nur nach Massgabe des Willkürverbots und des Rechtsgleichheitsgebots geschützt. Ein umfassender Schutz besteht nur dort, wo bestimmte Ansprüche aus dem Dienstverhältnis als wohlerworbene Rechte betrachtet werden können. Dies trifft aber nur dann, wenn das Gesetz die entsprechenden Beziehungen ein für allemal festlegt oder wenn bestimmte, mit einem einzelnen Anstellungsverhältnis verbundene Zusicherungen abgegeben werden. 26.03.2014 G. Hertig