Interlaken, 31. Mai 2007 Internationale Tagung / SKV

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 Präsentation transkript:

Herausforderungen und Chancen: Kleinkinder im freien Spiel in Kindergruppen Interlaken, 31. Mai 2007 Internationale Tagung / SKV Dr. phil. Heidi Simoni Marie Meierhofer Institut für das Kind

Übersicht Impulse und Thesen Aktuelle Untersuchung des Marie Meierhofer Instituts für das Kind Ausgewählte Aspekte früher Entwicklung Kind - Erwachsene Kind - Kind Herausforderungen früher Kind-Kind-Kontakte Chancen von Kinderkontakten für Kleinkinder

Thesen zum Thema Art und Zugänglichkeit früher Kinderwelten haben sich grundlegend verändert. Motive und Kompetenzen kleiner Kinder werden oft falsch eingeschätzt. Begegnungen und Beziehungen unter Kleinkindern sind bedeutungsvoll. Soziale Kompetenz wird erworben.

Soziale Kompetenz? Fähigkeit zu sozial gerichtetem Verhalten, das Definition nach B. Schneider, 1993 Fähigkeit zu sozial gerichtetem Verhalten, das dem Entwicklungsstand entspricht die persönlichen Beziehungen fördert und pflegt niemandem Schaden zufügt

Soziale Kompetenzen …. Eine Illustration …. …. mit Anastasia (18 Mt) und Nabil (4 Jahre)

Studie zum Erwerb sozialer Kompetenz Marie Meierhofer-Institut für das Kind Team: Ann d‘Aujourd‘hui, Judith Herren, Batya Licht, Silvana Kappeler Heidi Simoni Systematische Beobachtungen in Kitas (keine Kita-Studie!) Soziale Interaktionen im 2. Lebensjahr

Forschungsplan der MMI-Studie 28 Zielkinder (17 Mädchen, 11 Knaben) ab dem 8. bis zum 24. Lebensmonat 9 Erhebungszeitpunkte (T1 –T9) Daten aus der Kindertagesstätte Daten zur Familie Entwicklungsstand

Datenbasis: 239 Filme à 30‘ beobachtete Zeitanteile nicht interaktiv 35 % interaktiv 25 % bezogen 40 % Einheiten ~12 994 Konzept geteilter Bedeutungen nach Brenner & Mueller, 1982; Viernickel, 2000.

Analysen zum frühen Konfliktverhalten zu Vorläufern prosozialen Verhaltens zur Initiierung und Aufrechterhalten von Kontakten Publikationen eingereicht und in Vorbereitung

Ich  Andere: Meilensteine Emotion – Kommunikation – Kognition von Geburt an: Gefühle erleben und ausdrücken Gefühlsansteckung im Laufe des ersten Jahres: individuelle Beziehungen Bindungsverhalten bis ~ 2-jährig: Ich – Andere – Unterscheidung Empathie: sich in andere einfühlen bis ~ 5-jährig: Erleben und Ausdruck von Emotionen unterscheiden theory of mind: sich in andere hinein denken Bedeutungsvolle Beziehungen und soziale Erfahrungen sind für die individuelle Entwicklung, die Identität und die soziale Integration wichtig. Die Qualität der Beziehungen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen ist grundlegend für Sicherheit, Sicherheitserleben, Neugier- und Erkundungsverhalten.

Kleinkinder „Lebensversicherung“ Fürsorge, Schutz kompetent aktiv, interessiert „Lebensversicherung“ existentiell abhängig vulnerabel Fürsorge, Schutz

2 motivationale Systeme vgl. Bischof-Köhler 1998 Sicherheit Kontinuität Vertrautheit Orientierung wiederholen, üben Anregung Abwechslung Wagnis Neugier sich herausfordern lassen Balance Temperament aktuelle Herausforderungen Erfahrungen

3v Beziehungspersonen vertraut, verlässlich, verfügbar Intuitive elterliche Kompetenz (vgl. Papousek & Papousek) Bindung (vgl. Bolwlby; Ainsworth; Grossmann & Grossmann; Fonagy) Triadische Kompetenz (vgl. Bürgin & von Klitzing; Fivaz-Depeursinge) Resilienz (vgl. Wustmann)

„Der Mensch wird am Du zum ICH“ Martin Buber Durch 3v Beziehungspersonen …. …. und durch Erfahrungen mit andern Kindern.

bereits sehr früh …. Interesse an Gleichaltrigen Bevorzugungen und differenziertes Verhalten in Gruppen ab 6 Monaten hohe Stabilität von Kinderbeziehungen zwischen dem 1. und 4. Lebensjahr vgl. dazu u.a.: C. Howes 1996, H. Rauh 1994

unterschiedliche Lernfelder Kind – Erwachsene/r ungleich, hierarchisch ergänzend gegeben, verpflichtend erziehen, lenken pflegen, unterstützen Kind - Kind gleich, partnerschaftlich wechselseitig wählbar, freiwillig kooperieren, aushandeln ausprobieren, üben asymmetrischer symmetrischer

Kind-Kind Kind – Erwachsene/r Vorläuferhypothese sequentielle Abfolge der Entwicklung Unterschiedshypothese unabhängige Entwicklung Gemeinsamkeitshypothese überlappende Entwicklung vgl. Vandell 1987, 1980

Kind-Kind-Kontakte haben andere Inhalte und verlaufen anders als Kind-Erwachsenen Kontakte. Eine Illustration …. …. mit Nicole (9 Mt) und zwei älteren Jungen

Position in Kindergruppen Die „Jüngeren“ beobachten nachahmen und nacheifern Die „Gleichaltrigen“ Inhalte und Interessen abstimmen sich koordinieren Die „Älteren“ hierarchische Kompetenzen üben vielfältige Rückmeldung erhalten

Herausforderungen für eine fruchtbare Gestaltung von frühen Kinderwelten entwicklungspsychologische erzieherische institutionelle gesellschaftliche

Entwicklungspsychologische Herausforderungen Entscheidend ist, was ein Kleinkind konkret erlebt und versteht. Frühe Entwicklung ist schnell und braucht Zeit: Wiederholung, Rhythmus, Erfahrung Entwicklung und Differenzierung finden aufgrund vielfältiger Erfahrungen in spezifischen Situationen statt.

Entwicklungspsychologische Herausforderungen Qualität der Beziehungen vermittelt und moderiert den Einfluss anderer Faktoren.  Schädigende und schützende Prozesse Qualität von Beziehungen ist von strukturellen Faktoren abhängig.

Erzieherische Herausforderung Kompetenzen einschätzen unterschätzen  unterfordern überschätzen  überfordern eingreifen – zutrauen Schutz – Freiraum individuelles Kind  Gruppe

Institutionelle Herausforderung den Kindern vertraute Beziehungen ermöglichen Gruppenkonzepte Konstanz und Veränderung Teilzeitbetreuung – Vollzeitbetreuung Anzahl Kinder Gruppenwechsel Altersmischung, Geschlechtsmischung Kinder : Erwachsene

Gesellschaftliche Herausforderungen Umfassende Erziehungs- und Bildungspartnerschaften Familie – Kita – Erwerbstätigkeit Zeit! (vgl. Ergebnisse der NICHD Studie) Ausbildung und Arbeitsbedingungen von Erziehenden Kinderwelten respektieren und ermöglichen

Chancen ….. Kleine Kinder profitieren von der Reichhaltigkeit möglicher Erfahrungen miteinander, wenn sie zum einen geschützt und unterstützt sind und zum andern miteinander vertraut werden können. …. nochmals Anastasia (18 Mt) und Nabil (4 Jahre)

Marie Meierhofer Institut für das Kind Förderung gesunder Entwicklung Prävention von Fehlentwicklungen Frühe Entwicklung von Kindern und Familien Familienergänzende Betreuung Kind und Recht, Multidisziplinäre Kinderanwaltschaft www.mmizuerich.ch Zeitschrift <undKinder> Beratung, Gutachten, Supervision Fort- und Weiterbildung Praxisforschung

Marie Meierhofer Institut für das Kind Dr. med. Marie Meierhofer (1909 - 1998) Spezialärztin für Pädiatrie und Kinderpsychiatrie Aufbau des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen Stadtärztin in Zürich Gründerin des MMI 1957 Institut für die Psychohygiene in der frühen Kindheit seit 1978 Marie Meierhofer Institut für das Kind 1977-2007 Leitung Dr. phil. Heinrich Nufer Juni 2007 50-Jahr-Jubiläum und Leitungswechsel

Bischof-Köhler, D. (1998). Zusammenhänge zwischen kognitiver, motivationaler und emotionaler Entwicklung in der frühen Kindheit und im Vorschulalter. In H. Keller (Ed.), Entwicklungspsychologie (pp. 319-376). Bern: Huber. Bolwby, J. (1975, 1976, 1983): Trilogie über Bindung, Trennung und Verlust Brenner, J., & Mueller, E. (1982). Shared meaning in Boy toddlers' peer relations. Child Development, 53, 380-391. Fivaz-Depeursinge, E., & Corboz-Warnery, A. (1999). The primary triangel. A developmental systems view of mothers, fathers, and infants. New York: Basic Books. Friedlmeier, W. (2002). Soziale Entwicklung in der Kindheit aus beziehungstheoretischer Perspektive. Papst Science Publisher. Grossmann, K., & Grossmann, K. (1998). Entwicklungspsychologische Perspektiven: Möglichkeiten und Risiken. Bindungstheoretische Überlegungen zur Krippenbetreuung. In L. Ahnert (Ed.), Tagesbtreuung für Kinder unter 3 Jahren. (pp. 69-81). Bern: Huber. Howes, Carollee (1996). The earliest friendships. In: William M. Bukowski, Andrew F. Newcomb & Willard W. Hartup (Eds.), The company they keep. Friendship in childhood and adolescence (pp 66‑86). Cambridge: Cambridge University Press.

MMI (2004) klein und kompetent MMI (2004) klein und kompetent. Die soziale Welt der Ein- bis Dreijährigen.<undKinder>, 74. Papousek, H. & Papousek, M., z.B. 1983, 1995 Petermann, F., & Wiedebusch, S. (2001). Entwicklung emotionaler Kompetenz in den ersten sechs Lebensjahren. Kindheit und Entwicklung, 10, 189-200. Rauh, H. (1984). Soziale Interaktion und Gruppenstruktur bei Krabbelkindern. In C. Eggers (Ed.), Bindungen und Besitzdenken beim Kleinkind. (pp. 204-232). München: Urban & Schwarzenberg. Schneider, B. (1993). Children's social competence in context. The contributions of family, school and culture. Oxford: Pergamon Press.Steele, H., Steele, M., & Fonagy, P. (1996). Association among attachment classifications of mothers, fathers, and their infants. Child Development, 67, 541-555 Viernickel, S. (2000). Spiel, Streit, Gemeinsamkeit. Einblicke in die soziale Kinderwelt der unter Zweijährigen. Landau: Verlag Empirische Pädagogik. von Klitzing, K., & Bürgin, D. (2005). Parental capacities for triadic relationships during pregnancy: early predictors of children's behavioral and representational functioning at preschool age. Infant Mental Health Journal, 26, 19-39. Wustmann, C. (2005). So früh wie möglich! - Ergebnisse der Rsilienzforschung. IKK-Nachrichten(1-2), 14-19.