Niko Schicketanz & Robert Wagner 29.04.2016 Rundfunkrecht Niko Schicketanz & Robert Wagner 29.04.2016
Gliederung Was ist Rundfunk? Geschichtlicher Überblick Öffentlich- rechtliche Rundfunksender Private Rundfunksender Fallbeispiel: Rechtsurteil
1. Was ist Rundfunk? Rundfunk bezieht sich auf die drahtlose Verbreitung von Information jeglicher Art (Bilder, Ton, Text, etc.) über elektromagnetische Wellen für die breite Öffentlichkeit und die von jedermann empfangen werden können.
2. Geschichtlicher Überblick Weimarer Republik (1918-1933) bis zur Verkündung des Grundgesetzes Unter Kontrolle des Staates Nach dem 2. Weltkrieg: Unter Kontrolle der Siegermächte Rundfunkmodell nach dem BBC Gebührenfinanziert Dezentralisiert Durch Kommission überwacht Demokratischer Gedanke
2. Geschichtlicher Überblick 10. Juni 1950: Entstehung öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD) 1984: Beschluss zum Wandel im Rundfunk Duales Rundfunksystem Öffentlich - rechtlich finanzierte Sender Private Sender 1986: Bundesverfassungsgericht: Öffentlich- rechtlicher Rundfunk = Grundvoraussetzung
Grundversorgung? Der Gesetztesgeber muss sicherstellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und auf diese Weise umfassende Informationen geboten wird. Freiheit vor staatlicher Beherrschung und Einflussnahme
3. Öffentlich- rechtliche Rundfunkanstalten Anstalten des öffentlichen Rechts Keine staatliche Verwaltungsträger aus der Gesellschaft wurzelnd Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen! Rundfunkfreiheit
3. Öffentlich- rechtliche Rundfunkanstalten 3.1 Finanzierung Einnahmen durch GEZ Summe von knapp 18 Euro „vielfältige Programm“ wie ARD, ZDF und Deutschlandradio 3.2 Werbung Werbevolumen von 20 Minuten Nur Werktags bis 20 Uhr
4. Private Rundfunkanstalten Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit und Sachlichkeit Veranstaltungen des privaten Rundfunks nur auf Grundlage der Landesgesetze Gesetz muss Regelungen über Zugang und Beaufsichtigung der privaten Veranstalter enthalten Landesmedienanstalten haben Zuständigkeiten
4. Private Rundfunkanstalten 4.1 Finanzierung & Werbung Werbevolumen von 20% täglich Ab 20 Uhr beginnt der „Hauptumsatz“ Freie Entfaltung wann wie viel Werbung geschaltet wird Fakten: Werbung beeinflusst den Menschen so stark, dass vor einigen Jahren, dass werben von Zigarettenmarken im deutschen Fernsehen verboten wurde.
4. Private Rundfunkanstalten RTL Sat.1 ARD ZDF PRO7 VOX Sendungen 80,8 78,7 94,8 95,6 80,1 81,8 Trailer 5,4 6,0 3,8 3,0 6,4 4,1 Werbung 13,5 15,1 1,1 1,2 13,3 14,0 Sponsoring 0,3 0,2 0,1 Abbildung zeigt: Sendezeiten auf den jeweiligen Sendern in Prozent (Stand 2010)
5. Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22 5.Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22. Februar 1994 Sachverhalt Mitte der Achtziger Jahre kam es in Bayern zu einer Klage einzelner Rundfunkteilnehmern gegen den Bayerischen Rundfunk auf Rückzahlung eines Teils der erhobenen Rundfunkgebühr. Hintergrund war die Einführung des sog. „Kabelgroschens“ i.H.v. DM 0,20 durch den Staatsvertrag über die Höhe der Rundfunkgebühren aus dem Jahre 1982. Hierbei handelte es sich um einen Gebü̈hrenanteil, der von den Rundfunkanstalten zur Finanzierung von Kabelpilotprojekten zur Verfügung gestellt werden sollte. Kritisiert wurde der „Kabelgroschen“ mit dem Argument, er diene nicht der Erfüllung des Auftrages der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten. Nachdem die Klage vom zuständigen Verwaltungsgericht abgewiesen worden war, führte die Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht im Wege der konkreten Normenkontrolle. ...
5. Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22 5.Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22. Februar 1994 ... Es stellte sich die Frage, ob der Zustimmungsbeschluss des bayerischen Landtages zu dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag von 1982 wegen der darin enthaltenen Gebührenfestlegung verfassungswidrig war, da sich in diesem Fall ein Rückzahlungsanspruch der Kläger ergeben hatte. Vor diesem Hintergrund hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit der grundsätzlichen Frage zu beschäftigen, ob das bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführte Gebü̈hrenfestsetzungsverfahren, welches die Gebü̈hrenfestsetzung mittels eines Staatsvertrages vorsah und dadurch den Länderparlamenten letztlich die Entscheidung überließ, einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rundfunkfreiheit darstellte. Die bereits 1975 gegründete Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) diente zu dieser Zeit lediglich als Hilfsorgan der Ministerpräsidenten.
5. Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22 5.Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22. Februar 1994 Urteil Anknüpfend an das siebte „Rundfunkurteil“ konkretisierte das Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil die Anforderungen an die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das Urteil kann als vorläufiger Höhepunkt der Rundfunkrechtsprechung angesehen werden, da das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rundfunkordnung mit dieser Entscheidung zu einem nahezu abgeschlossenen System abgerundet hat. Das Bundesverfassungsgericht betonte in seiner Entscheidung, das Gebührenfestsetzungsverfahren müsse in der Weise ausgestaltet sein, dass es – erstens – eine funktionsadäquate Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewährleiste, die den Grundversorgungsauftrag absichere und – zweitens – die Staatsfreiheit und Programmautonomie garantiere und somit eine Einflussnahme des Staates durch die Gebührensfestsetzung ausschließe. ...
5. Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22 5.Rundfunkurteil: ,,Gebührenurteil“ BVerfGE 90, 60– vom 22. Februar 1994 ... Ausgehend von der Feststellung, dass das bisherige Verfahren diesen Voraussetzungen nicht entsprach, entwickelte das Bundesverfassungsgericht in seiner achten Rundfunkentscheidung ein gestuftes bzw. kooperatives Verfahren zur Gebührenfestsetzung welches den Ländern als Vorgabe für das bis heute durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) festgelegte V erfahren diente. Ausgangspunkt dieses dreistufigen Verfahrens ist der von den Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Programmautonomie selbst festgestellte Bedarf zur Finanzierung ihres Programms. Dieser wird fachlich durch die KEF geprüft. Die Zusammensetzung der KEF wurde ebenfalls neu geregelt und ist nun wesentlich staatsferner ausgestaltet als zuvor. Abschluss des Verfahrens ist eine Verabschiedung der Gebührenhöhe durch den Gesetzgeber im Wege eines Staatsvertrages. Abweichungen von den Ergebnissen der KEF sind dabei nur in Ausnahmefä̈llen möglich und müssen begründet werden. Gegenstand der Prüfung des von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarfs ist in diesem Verfahren ausschließlich die Frage, ob die Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten ihrem Auftrag der Grundversorgung entsprechen und ob die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingehalten worden sind. Die Kontrolle kann sich nicht auf Vernünftigkeit oder Zweckmäßigkeit der Programmentscheidungen beziehen
Was heißt das? Das Urteil befasst sich mit der Staatsfreiheit des Rundfunks, die auch durch eine unabhängige Finanzierung gesichert werden muss Die Kläger verlangten vom Bayerischen Rundfunk die Rückzahlung rechtswidrig erhobener Rundfunkgebühren Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Berufungsinstanz legt daraufhin dem BVergG die Frage vor, ob der Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags zum Staatsvertrag über die Gebührenfestsetzung verfassungsgemäß sein Das BVerfG erklärte die Ausgestaltung der Gebührenfestsetzung für unvereinbar mit Art, 5 Abs. 1 S. 2 GG
Zusammenfassung des Urteils Die Gebührenfestsetzung muss staatsfrei organisiert werden Es darf keine Programmlenkung oder Medienpolitik durch die Hintertür der Gebührenfestsetzung betrieben werden Der Finanzbedarf darf nur bezüglich des Rundfunkauftrages, der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überprüft werden Dazu ist ein Verfahren erforderlich, das dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die erforderlichen Mittel gewährleistet und zugleich Einflussnahme verhindert
Folgen Aufgrund dieses Urteils wurde das Geführenfestsetzungsverfahren der KEF neu geregelt KEF = Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Seitdem erfolgt die Geführenfestsetzung in drei Schritten: Rundfunkanstalten melden ihren Bedarf bei der KEF KEF überprüft den angemeldeten Bedarf und spricht eine Empfehlung aus, über einen bestimmten Gebührenbetrag Gebühr wird anschließend durch Landesparlament festgesetzt
Vielen dank, für eure Aufmerksamkeit