Zuwanderungssteuerung und Lösung der Integrationsprobleme Ansatzpunkte für Strategien der deutschen Politik Prof. Dr. Holger Bonin Institut zur Zukunft.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Produktionsarbeit & berufliche Bildung in Deutschland.
Advertisements

Die besonderen Potentiale Älterer Lebenskunst/Balance Lebenserfahrung Soziale Kompetenz Soziales Verantwortungsbewusstsein/Disziplin gewachsene Netzwerke.
JUGEND-STRATEGIE DER EUROPÄISCHEN UNION: INVESTITIONEN UND EMPOWERMENT
European Centre for Modern Languages Graz Projektausschreibung für das 3. Arbeitsprogramm des EFSZ
REGIONAL POLICY EUROPEAN COMMISSION Überlegungen zur Zukunft städtischer Aktionen EU Kohäsionspolitik nach 2013 Dr. Alexander FERSTL, Europäische Kommission,
Die Zukunft der Hauswirtschaft in sozialen Einrichtungen
Hausbesuchsprogramm für Eltern mit Kindern von 3 bis 7 Jahren
Das Operationelle ESF-Programm des Bundes 2014 bis 2020
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie „Umbrüche in der regionalen Bevölkerungsstruktur – Möglichkeiten und Grenzen der Landesarbeitsmarktpolitik“
I Herr Dr. Markus Schmitz I Vorsitzender der Geschäftsführung
Europäischer Sozialfonds Perspektiven in Bayern – Perspektiven in Europa.
Auswirkungen des demografischen Wandels im Einwanderungsland Deutschland Professor Marcel Thum, technische Universität Dresden und Leiter des ifo-Instituts.
BAWO Wien Einkommen, Auskommen, Wohnen: Zuzug und Wohnungsmarkt August Gächter.
Der Europäische Sozialfonds in Bremen. Was ist der ESF? Die Abkürzung ESF steht für Europäischer Sozialfonds. Der ESF ist einer der sogenannten Strukturfonds.
Seite 1 Dresden, den 15. März 2015 Geflüchtete und geduldete Menschen als Kunden der Agentur für Arbeit Agentur für Arbeit Dresden Team 124 Integration.
Prof. Dr. Franz Schultheis Seminar für Soziologie Neue Formen von Migration – wohin geht der Trend? Beitrag zur Tagung des SVW, Migration und.
Aktuelle Herausforderungen einer zukunftsgerichteten Arbeitsmarktpolitik Jahresversammlung des VdU Weimar, 17. Juni 2016 Prof. Dr. Holger Bonin Zentrum.
Beschäftigung geflüchteter Menschen Arbeitgeber-Service Karlsruhe-Rastatt,
Herausforderungen in der Begleitung junger Menschen aus Migrations- und Flüchtlingsfamilien Susanne Huth Bildung begleiten III – Engagement für Schülerinnen.
Übergang von der Schule in den Beruf in Mecklenburg-Vorpommern Wismar, den
Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte
Hallesches Forum für Ordnungsethik und Politikberatung, 3
Interkulturelle Sensibilität – Fachtag MFFJIV – RLP – 2016
Mobilität und Arbeitsmarkt
Ausbildungscampus Stuttgart
Arbeit und Familie der Zukunft
Lehre für Maturantinnen/Maturanten
Landeskoordination Sachsen-Anhalt Schwerpunkt 2 Schwerpunkt 3
Die Zukunft der Zuwanderung und Integration
Migration und Integration
Die Zukunft von Zuwanderung und Integration
Möglichkeiten und Grenzen der pflegerischen Versorgung in einem Krankenhaus der Zukunft PFLEGEFORUM 2014, Erkelenz NRW.
Was du heute kannst besorgen – das verschiebe nicht auf morgen
Thesenpapier der IALB zu Wissenstransfer und Beratung im Agrarbereich
Das Erfolgsmodell der Begleitung in der ersten Lebensphase
Integration im Betrieb.
Beeinflussung der Erwerbskräftepotentiale
VI GrEF2 Susanne Strehle EHAP 27. August 2014.
Kapitel Bevölkerungsentwicklung und –politik; Humankapital
Checkpoint Erasmus+ JUGEND IN AKTION
Fachkräftemobilitäten nach R1 und R :
DisAbility Recruiting und digitale Revolution
Kooperation zwischen Gesamtschule Am Rosenberg Hofheim am Taunus
Beschulung von zugewanderten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Mönchengladbach März 2017.
Migration und Integration
Ehrenamt und Arbeitsmarkt ? Zur Struktur einer guten Partnerschaft
Landesausschuss für Berufsbildung
Jugendarbeitslosigkeit: Generation ohne Perspektive?
Integration in Hessen –
Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.
Strukturen, Handlungsfelder, Herausforderungen
Willkommen Fachtagung 2018 Jugendheim Platanenhof
mit einer Lehre nach der Matura
INTERREG Hamburg, 09. Januar 2018.
Berliner Willkommensinitiativen diskutieren das neue Gesamtkonzept des Senats 4.2. Kinder und Jugendliche, Integration in allgemeinbildende und berufliche.
Unter einem Dach: 10 Regional- verbünde
Werden Sie Teil des UNIcert®-Netzwerks!
Mediation am Ratsgymnasium Osnabrück
EU-Roma-Strategie 2011 wurde vom Europäischen Rat der EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis zum Jahr 2020 verabschiedet. Die.
Einwanderungsgesetz (schematisch)
Freiwilliges Engagement im Landkreis Offenbach
an der Bertha-von-Suttner Realschule plus Betzdorf
Schritte auf dem Weg zu interkultureller Kompetenz
Informationen – Flucht
Input der Geschäftsleitung
Über Umwege und Auswege studierfähig werden
Input der Geschäftsleitung
Ausschuss für das Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit
Aktuelle Fördermöglichkeiten für Unternehmen
Vorbereitung auf Externenprüfung
 Präsentation transkript:

Zuwanderungssteuerung und Lösung der Integrationsprobleme Ansatzpunkte für Strategien der deutschen Politik Prof. Dr. Holger Bonin Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) Universität Kassel Hallesches Forum für Ordnungsethik und Politikberatung 3. November 2016

Agenda Zuwanderungspolitik Integrationspolitik

Deutschland ist schon (lange) Zuwanderungsland 2015: 1,2 Millionen Zuzüge aus Europa 760 Tausend Fortzüge nach Europa

Deutschland ist derzeit ein Magnet für Zuwanderung in den Arbeitsmarkt

Braucht Deutschland ein Zuwanderungsgesetz? Was wäre der Inhalt? Regelung der Zuwanderungskanäle für Arbeitskräfte Spezialisten Unternehmer und Investoren Studierende Familienangehörige Asylsuchende Sämtliche Kanäle sind in Deutschland schon geregelt. Und sie funktionieren auch! Die Probleme sind eher Transparenz Exekution Attraktivität des Standorts Portabilität des Humankapital

Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit schränkt Handlungsspielräume der Mitgliedsstaaten weitgehend ein (es sei den, man wählt Brexit) Wie umgehen mit der noch steuerbaren Arkbeitskräftemigration? Vorbemerkung: Zielgenaue Steuerung ist grundsätzlich schwierig! Arbeitsmarktlagen wechseln rasch Feststellung akuter Engpasslagen im Inland braucht gutes Arbeitsmarkt-Reporting Identifizierung der gesuchten Talente im Ausland ist komplex Zuwanderung ist zunehmend temporär und nicht permanent

Mögliche Steuerungsansätze Obergrenzen durch Quoten (?) Probleme: Umgang mit Nachfrageüberhängen, Politisierung Positivlisten mit Mangelberufen Voraussetzung: intensives Arbeitsmarktmonitoring Beteiligung der Arbeitgeber Nachweis eines Arbeitsvertrags Gehaltsschwellen als effektiver Qualifikationsnachweis Gebühren für die Erteilung der Arbeitserlaubnis Vorteile bei Nachweis aufnahmelandspezifischer Kompetenzen Sprache, Bildungsabschluss im Aufnahmeland

Punktesystem? Diese Elemente können, müssen aber nicht in einem Punktesystem umgesetzt werden Punktesysteme wie in Kanada oder Australien haben sich von angebotsorientierten in nachfrageorientierte Systeme gewandelt – weil die Angebotsorientierung Integrationsprobleme brachte. Das bestehende deutsche System enthält bereits die meisten der angesprochenen Komponenten, und vermeidet Probleme mit Quoten

Eckpunkte für die langfristige Einwanderungspolitik Verlässlichkeit – Kontinuität – Transparenz Zuwanderungsgesetz als Signal – nach außen und nach innen Quoten für niedrig Qualifizierte zur Entlastung des Asylkanals, denn Zuwanderungsdruck durch diese Gruppe wird bleiben Veränderungen an den Rahmenbedingungen zur Senkung der Zuwanderungskosten Förderung von Deutsch als Fremdsprache im Ausland, Export von (Dualen) Ausbildungskonzepten- und -standards in der Entwicklungszusammenarbeit Entwicklung von Zertifizierungssystemen zum Nachweis für spezifische Kompetenzen, das ist mehr als Anerkennung ausländischer Abschlüsse! Systematische Arbeitsmarkt- und Berufsorientierung von Zuziehenden und Begleitung auch bei Beschäftigung durch die Jobcenter

Agenda Zuwanderungspolitik Integrationspolitik

In Deutschland ist die Arbeitsmarktintegration bisher ungünstig verlaufen Der Fokus scheint eng, aber Teilhabe am Arbeitsmarkt ist ein zentrales Element sozialer Teilhabe!

Arbeitsmarktintegration ist primär ein Bildungsproblem Deutsche Bevölkerung

Ansätze für eine intensivierte Integrationspolitik Zielgruppe: Zuwanderer der Vergangenheit Vorbemerkung: Nachholende Integrationspolitik ist enorm aufwändig trägt ein hohes Risiko des Scheiterns in sich sollte knappe Ressourcen auf die jüngeren konzentrieren Der Fall ist im Kern derselbe wie bei sozialen Randgruppen ohne Migrations- erfahrung Bildung kognitiver und nichtkognitiver Fähigkeiten von Anfang an Hilfen zur Erziehung und Empowerment der Mütter Stärkung institutioneller Bildungsangebote für Problemgruppen: Kindergartenpflicht (?), hochwertige Ganztagsbetreuung und -beschulung Ko-Education: spätes Tracking, bessere soziale Durchmischung an Schulen

Ansätze für eine intensivierte Integrationspolitik Zielgruppe: Zuwanderer der Vergangenheit Nachsorgende aktive Arbeitsmarktpolitik Eingliederungszuschüsse für Integration über Arbeit am „echten“ Arbeitsplatz Kombination von Maßnahmen mit Sozialarbeit Soziale Stabilisierung der „Verlorenen“ Verbesserungen der Umfeldbedingungen durch den Bund Naturalisierung (Evidenz für positive Integrationseffekte liegt vor) Antidiskriminierungspolitik Wohnungspolitik, Stadt- und Mobilitätsplanung und (kompensierende) Stadtteilarbeit

Ansätze für eine intensivierte Integrationspolitik Zielgruppe: Geflüchtete Asylverfahren schnelle Klärung des Aufenthaltes und Statussicherheit Arbeitsmarktzugang für humanitäre Zuwanderer mit Bleibeperspektive Regionale Verteilung mit Blick auf die Arbeitsmarktchancen Aufenthaltsperspektive als positiver Anreiz Statussicherheit während der Phase der Investition in (Aus-)Bildung, und hinreichend darüber hinaus Möglichkeit des „Spurwechsels“ – also dauerhafte Aufenthaltsperspektive – für erfolgreich in Arbeit Integrierte

Mögliche Ansätze für die Integrationspolitik Zielgruppe: Geflüchtete Frühe Unterstützung durch „Early Intervention“ der Bundesagentur Segmentierung nach Bleibeperspektive Diagnose und Zertifizierung von Kompetenzen Vermittlung von Berufs- und Arbeitsmarktorientierung Kooperation und Datenaustausch zwischen BAMF und BA Erweiterung der Bildungsmöglichkeiten zuverlässige (begleitende) Angebote zum Erwerb kulturellen Kapitals Verlängerung der Schulpflicht und interkulturell bewusstes Lernen Verlängerte Ausbildungszeit (ohne Absenkung der Standards) und Möglichkeiten der Teilzeitausbildung

Mögliche Ansätze für die Integrationspolitik Zielgruppe: Geflüchtete Aktive Arbeitsmarktpolitik Bildung und Ausbildung auf echten Arbeitsplätzen Direkter Zugang zu den bestehenden Instrumenten für Langzeitarbeitslose – aber ansonsten grundsätzlich keine Vorzugsbehandlung Stärkung der Nachfrage und Bemühungen der Unternehmen durch Eingliederungszuschüsse Begleitung über die Aufnahme einer Beschäftigung hinaus

Ich bin gespannt auf die Diskussionen! Holger Bonin Tel: +49 228 38 94 121 Fax: +49 228 38 94 180 bonin@iza.org http://www.iza.org