Kindeswohlgefährdung Vorgehen, Pflichten, Chancen - Schwierigkeiten

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Kindeswohlgefährdung Vorgehen, Pflichten, Chancen - Schwierigkeiten Mitteilungspflicht Kinderschutz Vorgehen, Pflichten, Chancen - Schwierigkeiten Im Rahmen der IBB-Fachtagung „Quo vadis, Elementarpädagogik? vom 04. 03.2017 Ansprechpartner: Mag. (FH) Raphael Schmid Tel.: 050536 – 57132 Email: kija@ktn.gv.at www.kija.ktn.gv.at

0. Begrüßung, Übersicht Blitzlicht auf die Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärnten § 37 B-KJHG Mitteilungspflicht an den Kinder- und Jugendhilfeträger + Begriffsklärung Kindeswohlgefährdung Input zu Erarbeitung-Strukturierung-Verarbeitung eigener fachlicher Wahrnehmungen zum Kindeswohl Was passiert (IST/SOLL) nach der Gefährdungsmitteilung? Von der Pflicht zur Kür im Kinderschutz: Balanceakt im frühen Wahrnehmen von Risiko- konstellationen Wir nehmen Kinderrechte in die Pflicht!

1. Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärnten Weisungsfreie Ombudsstelle zur Wahrung der besonderen Interessen von Kindern und Jugendlichen Beratung, Begleitung, Vermittlung in Einzelfällen Beobachtungs- und Mängelfeststellungsfunktion im Sinne der bestmöglichen Wahrung kindlicher Interessen und Bedürfnisse (besondere Befugnisse) in diesem Sinne: Impulsgeber für Weiterentwicklungen Mag. iur. Astrid Liebhauser Mag. (FH) Raphael Schmid MMag.phil Romana Bürger Eva Trampitsch Mag.iur Barbara Fuchs(dzt Karenz) e-Mail: kija@ktn.gv.at T: 050 536-57132 Homepage: www.kija.ktn.gv.at Adresse: Haus der Anwaltschaften, Völkermarkter Ring 31, 9020 Klagenfurt am WS

2. Gefährdungsmitteilung §37 Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetz §37 B-KJHG (seit 01.05.2013): (leicht abrufbar unter www.ris.bka.gv.at) Mitteilungen bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung (≠ ANZEIGE) Wer?: Mitteilen darf/kann jeder! Mitteilungspflicht: Berufsgruppen und Institutionen die mit Kindern/Jugendlichen arbeiten, so auch neben vielen anderen (Gerichte, Gesundheitsberufe, psychosoziale Beratungsstellen, …): „Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht von Kindern und Jugendlichen“ (z.B. Kindergärten, Krabbelgruppen, Horte, Tagesmütter/-väter…) Wer meldet konkret?: Organisationsintern festzulegen -> Hierarchieebenen durchaus nutzen!

2. Gefährdungsmitteilung §37 Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetz Wann besteht die Mitteilungspflicht?: Wenn begründeter Verdacht vorliegt, dass ein konkretes Kind misshandelt, sexuell missbraucht, vernachlässigt wird/wurde oder sonst erheblich gefährdet ist (zb Sucht-mittelmissbrauch d. Eltern; beharrliche Schulverweigerung; wiederholte Abgängigkeit), wenn Gefährdung nicht durch eigenes fachliches Tätigwerden abgewendet werden kann und die Wahrnehmung der Gefährdung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erfolgt. Begründeter Verdacht: wenn konkrete – über die Vermutung hinausgehende – Anhaltspunkte für die Gefährdung vorliegen und sich die Anhaltspunkte auf ein konkretes, namentlich bekanntes Kind beziehen. Anhaltspunkte ergeben sich aus eigenen Wahrnehmungen, Erzählungen des Kindes/ Jugendlichen & fachliche Schlussfolgerungen. Längere Nachforschungen nicht notwendig, einfaches Nachfragen (Exkurs: generelle Wichtigkeit des „Tür-und-Angel-Gesprächs“) hingegen schon. Die Gefährdungsmitteilung ist an den örtlich zuständigen KJHT (Jugendamt) zu erstatten, sobald die Einschätzung über Vorliegen eines konkreten Verdachts getroffen ist/nach Abschluss aller Untersuchungen, Erhebungen, fachlichen Beratungen etc. und hat schriftlich zu erfolgen. („Unverzüglich“, d.h. ohne schuldhafte Verzögerung).

2. Gefährdungsmitteilung §37 Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetz Inhalt der schriftlichen Gefährdungsmitteilung an das Jugendamt: Anlassfall, Eigene Wahrnehmungen, Erzählungen Betroffener, Mitteilungen Dritter Fachliche Schlussfolgerungen, die den Verdacht begründen Namen und Identifikationsdaten von Kindern und Eltern Namen und Kontaktdaten der Mitteilungspflichtigen Dringend auf klare Deklaration: Fakten vs. Vermutungen/Einschätzungen/Interpretationen/Schlussfolgerungen achten!! Formular hierfür ist verfügbar, hilfreich, aber kein Muss hins. Verwendung: http://www.gewaltinfo.at/recht/mitteilungspflicht/

3. Erarbeitung/Strukturierung/Verarbeitung eigener Wahrnehmungen zum Kindeswohl Gute und detaillierte Einschätzungsbögen zu Kindeswohlgefährdung altersklassenspezifisch stehen zur Verfügung! Benefit: eigene Klarheit schärfen; Fakten schaffen und abbilden; gelingende Kommunikation mit KJHT Einsatz d. Einschätzungsbögen in Fällen eines vagen Verdachts Sinnvollerweise Kommunikation darüber im Team, gemeinsame Einschätzungen Quellen: www.gewaltinfo.at/uploads/pdf/hilfefinden/KVJS_KiWo_Skala.pdf (etwas kürzer und „nur“ die Altersklassen 0,4-1,5; 1,6-2,11; 3-6,11 gemeinsam betrachtend, Achtung Quelle aus Deutschland) http://www.netzwerk-kinderschutz-msh.de/_media/A_02_FachWissen/InfoMaterialien/KWG-AH-MSH:8a_AH-0-05_KWG-RisikoEinschaetzung-Arbeitshilfen_KOMPLETT.pdf (ausführliche Einschätzungsbogen nach Altersklassen getrennt hinauf bis zu 18 Jahre) Nicht alle Kategorien sind durch Sie einschätzbar – muss aber auch nicht so sein! Kombinieren Sie zur Einschätzung auch Ihre eigenen Wahrnehmungen mit Erkenntnissen aus Gesprächen mit Eltern/AbholerInnen im Rahmen „natürlicher“ Gesprächssituation; Nachfragen ob gewisse Verhaltensweisen auch zu Hause auffallen, etc. – manch Gefährdungsverdacht lässt sich darüber auch (vorerst oder nachhaltig) entkräften Sorge und Verantwortung bzgl. Kinderschutz sollte über Sorge bzgl. potenziell unangenehmer Gesprächssituationen siegen! Wichtig: nicht anklagend, sondern sorgend nachfragen!

4. Was passiert nach der Gefährdungsmitteilung (IST/SOLL)? Schriftliche Mitteilung eines begründeten Verdachts auf KW-Gefährdung an das zuständige Jugendamt II. Gefährdungsabklärung durch zumindest 2 MA des KJHT und Risikoeinschätzung III. Hilfeplanerstellung

4. Was passiert nach der Gefährdungsmitteilung (IST/SOLL)? Gefährdungsmitteilung muss durch den KJHT entgegen- und ernstgenommen werden! Oftmals bekommt man als MelderIn dieses Gefühl nicht vermittelt Gefährdungsabklärung ist unter Berücksichtigung der Dringlichkeit umgehend durch das Jugendamt einzuleiten, um das Gefährdungsrisiko einzuschätzen. 4-Augen-Prinzip; umfangreiche Erhebungs- und Abklärungsschritte; Gespräche, Hausbesuche mit Familie; Einholung relev. Informationen von anderen Institutionen (kann auch Kinderbetreuungseinrichtungen betreffen – bestehende Verpflichtung relevante Auskünfte an KJHT zu geben)  Ausgang: Hilfebedarf oder auch nicht! Dringendes Weiterentwicklungspotenzial auf Seiten des KJHT im methodisch- sozialdiagnostischen Bereich, sodass dieser zu profunden, nachvollziehbaren, begründeten fachlichen Einschätzungen kommt – bestehende Gefahr negativer Folgen von Fehleinschätzungen und –entscheidungen Wenn Hilfebedarf: Hilfeplanung im 4-Augen Prinzip unter Einbeziehung der betroffenen (besser: beteiligten) Familie und Kinder/Jugendlichen (soweit als möglich!!) und wichtiger Institutionen, Personen (Instrument der HelferInnenkonferenz). Folge: Freiwillige oder auch unfreiwillige (wenn indiziert) weitere Maßnahmen GefährdungsmitteilerInnen bekommen oftmals keinerlei weitere Informationen über IST-Stand, Verlauf, geplantes Vorgehen; Gefühl der Einbahnkommunikation  Möglichkeit: bestimmtes Anfragen um HelferInnenkonferenz

5. Von der Pflicht zur (schwierigen) Kür im Kinderschutz Wichtigkeit und großes Potenzial „früher Wahrnehmungen der Fachkräfte zu vagen, diffusen Risikokonstellationen auf Seiten der Familien“ = ungutes, vages Bauchgefühl Weil: je früher ein Andocken an das psychosoziale Hilfesystem passieren kann, umso eher befindet man sich noch nicht in einer hoch eskalativen Lebenssituation auf Seiten der Familien, umso besser kann das Jugendamt als Unterstützung bietende und nicht hoch-invasiv einwirkende Stelle auftreten und auch wahrgenommen werden, umso leichter kann sich die Familie auf Unterstützung und Hilfe einlassen, umso wahrscheinlicher und wirkungsvoller kann Kinderschutz im Sinne der Abwendung von Kindeswohlgefährdung passieren. Aber: hierfür braucht es ein gutes Vertrauensverhältnis und offenes Gesprächsklima zwischen Betreuungseinrichtung und Eltern, einen sensibel agierenden KJHT der partnerschaftlich mit der Betreuungseinrichtung eine gemeinsame Strategie im Sinne des Kindes und auch der Familie entwickelt und auch gewillt ist (und die Ressourcen hat) proaktiv, präventiv, beratend und unterstützend aufzutreten, anstatt reaktiv und autoritär.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Im Rahmen der IBB-Fachtagung „Quo vadis, Elementarpädagogik? vom 04. 03.2017 Ansprechpartner: Mag. (FH) Raphael Schmid Tel.: 050536 – 57132 Email: kija@ktn.gv.at www.kija.ktn.gv.at