Anthropologie des Glücksspielens. Jörg Petry Dipl. -Psych. Dr. phil

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Anthropologie des Glücksspielens. Jörg Petry Dipl. -Psych. Dr. phil Anthropologie des Glücksspielens. Jörg Petry Dipl.-Psych. Dr. phil. Jörg Petry ( joerg.petry@googlemail.com )

Übersicht Kulturanthropologie Homo faber und Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Übersicht Kulturanthropologie Homo faber und Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Kulturanthropologie Die Zeugnisse der frühen Hochkulturen lassen vermuten, dass das Würfelspiel aufgrund seiner Einfachheit und Objektivität wohl eines der ältesten Glücksspiele ist. So finden sich antike Spielwürfel, die aus Sprunggelenkknöcheln bestanden (so genannte Astragale), auf die Punkte oder Symbole eingeritzt wurden. Diese Würfel dienten der „Befragung“ des Schicksals, als Geschicklichkeitsspiel oder Glückspiel. Giżycki, J. & Górny, A. (1970). Glück im Spiel zu allen Zeiten. Zürich: Stauffacher.

Kulturanthropologie Traditionelle Deutung als kultisch-rituelle und magisch-metaphysische Praxis: „Das Glücksspiel … wird geprägt von der Faszination der Magie, der Bezwingung des Glücks und der Wahrsagung. Magische, religiös anmutende Rituale und irrationale Kontrollüberzeugungen beherrschen und beherrschten in Gegenwart und Vergangenheit das Glücksspiel, das allein oder ganz überwiegend vom Zufall abhängig ist“. (a.a.O.: S. 26). Hinterhuber, H., Prunnlechner-Neumann, R. & Märk, H. (1999). Historische und transkulturelle Aspekte des Glücksspiels. In R. Prunlechner & H. Hinterhuber: Wenn Spielen zur Sucht wird (S.20 -33). Innsbruck: Verlag Integrative Psychiatrie.

Übersicht Kulturanthropologie Homo Faber Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Bedingungs-Bedeutungs-Begründungs-Analyse Individuelles Handeln wird in der Kritischen Psychologie (Holzkamp, 1983) als gesamtgesellschaftlich vermittelt betrachtet. Menschliches Handeln wird sowohl durch die objektiven Bedingungen (gesellschaftliche Verhältnisse) vermittelt durch gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen (durchschnittlich notwendige Handlungen) als auch die subjektiven Handlungsgründe (Alltagshandlungen in der Lebensführung) bestimmt. Die Bedeutungsstrukturen stellen lediglich Handlungsmöglichkeiten dar, zu denen sich das Individuum bewusst verhalten kann. Es wird postuliert, dass sich Menschen nicht bewusst schaden. Holzkamp, K. (1983). Grundlegung der Psychologie. Frankfurt/M: Campus. Markard, M. (2009). Einführung in die Kritische Psychologie. Hamburg: Argument.

Der Glückspieler als Homo faber Im Sinne der Kritischen Psychologie entspringt das Glücksspielen nicht dem Wunsch nach einer übernatürlichen Welterfahrung durch Auslieferung der eigenen Existenz an das unberechenbare Schicksal. Aufgrund der gesellschaftlichen Natur des Menschen stellt das Glücksspielen vielmehr den Versuch dar, eine unbekannte (zufallsbedingte) Anforderung im Rahmen des durch die kooperative Weltaneignung entstandenen Kontrollbedürfnisses erforschend zu beherrschen. Dies geschieht, indem die in den Glücksspielangeboten vergegenständlichten Besonderheiten des Handelns unter (vollständiger) Ungewissheit unter jeweils gegebenen konkret-historischen gesellschaftlichen Bedingungen erworben werden.

Kontrollillusion Die Kontrollillusion ist die Erwartung einer persönlichen Erfolgswahrscheinlichkeit, die unangemessen höher ist, als es die objektive Wahrscheinlichkeit erwarten lässt. Faktoren aus Leistungssituationen (Wettbewerb, Wahlfreiheit, Vertrautheit und Einbezogenheit) führen in Zufallssituationen zu einer unangemessenen Zuversicht. Bei einer Lotterie mit einem Hauptgewinn von $ 50, deren Lose für $ 1 verkauft werden, kann die Versuchsperson das Los selbst ziehen oder es wird ihm zugeteilt. Der Verkaufspreis an eine andere Person ist bei Wahlfreiheit $ 8,67 und bei fehlender Wahlfreiheit $ 1.96. Langer, E.J. (1975). The Illusion of Control. Journal of Personality and Social Psychology, 32, 311-328.

Kontrollillusion Attribution Situation Controllable Uncontrollable Controllable OK Conclusion Effort Persistence Preparation Gambling-Illusion of Control Mania, Euphoria Superstitious Behavior Uncontrollable Learned Helplessness Depression Poor Learning Low Effort Poor Motivation Coping Strategy Change Behavior No Persitence M.L.Frank & C.Smith: Illusion of Control and Gambling in Children. Journal of Gambling Studies, 5, 127-136, 1989.

Kontrollbedarf als menschliches Grundbedürfnis Der Umgang mit der (zufallsbedingten) Ungewissheit wird durch den Kontrollbedarf im Mensch-Welt-Bezug bestimmt. Bei den oberflächlich irrational anmutenden Denk- und Verhaltensmustern von Glücksspielern handelt es sich deshalb nicht um „Kontrollillusionen“ und abergläubische Rituale, sondern erfahrungsabhängige Bewältigungsmuster bei Entscheidungen unter Ungewissheit. Es handelt sich somit um kognitive, emotionale und motivationale Prozesse, die nicht ahistorisch-abstakt in Bezug auf einen mathematischen Maßstab bestimmbar sind, sondern hinsichtlich ihrer (Dys-)Funktionalität im lebenspraktischen Handeln zu bewerten sind.

Kritik am Konzept Kontrollillusion Pfrang (1993) kritisiert die Willkürlichkeit gesetzter statistischer Normen als Kriterien bei der Definition kognitiver Täuschungen und schlägt einen deskriptiven Zugang vor, bei dem die Funktion der Informationsverarbeitung im Prozess der Aufgabenlösung bestimmt wird. Bezogen auf das Glücksspielen lassen sich die vorliegenden Befunde „auch ohne die Postulierung von Illusionen als (rationales) Urteilen und Handeln unter Risiko und Ungewißheit interpretieren“ (a.a.O.: S. 246). Die bisherigen Befunde „belegen keine Kontrollillusion, aber eine gute Kenntnis der Risikosituation.“ (a.a.O.: S. 248). Pfrang, H. (1993). Internale und Externale Verursachung: Die Herstellung und Aufhebung von Konrollillusionen und Attributionsfehlern. In W. Hell, K. Fiedler & G. Gigerenzer (Hrsg.): Kognitive Täuschungen (S. 243 – 270). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Kritik am Konzept Kontrollillusion Der für Glücksspieler postulierte „Monte-Carlo-Irrtum“, also die Tendenz bei häufigem Erfolg mit „noir“ auf „rouge“ zu setzen (Handlungswechsel nach Erfolgen) lässt sich als Beleg für eine „rudimentäre Kenntnis des Gesetzes der großen Zahl“ (a.a.O.: S. 249) auffassen. Es handelt sich keineswegs um eine Kontrollillusion aufgrund der Nichtbeachtung der stochastischen Unabhängigkeit von zufälligen Einzelereignissen (die Kugel hat bekanntlich kein Gedächtnis). Ein solches Verhalten wäre nur in Fähigkeitssituationen irrational, da dort die umgekehrte Handlungsstrategie (Handlungsfortsetzung bei Erfolg) sinnvoll ist. Pfrang, H. (1993). Internale und Externale Verursachung: Die Herstellung und Aufhebung von Konrollillusionen und Attributionsfehlern. In W. Hell, K. Fiedler & G. Gigerenzer (Hrsg.): Kognitive Täuschungen (S. 243 – 270). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Übersicht Kulturanthropologie Homo faber und Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Formbestimmtheit als Bedingungsdimension Die Erscheinungsformen des Glücksspielens und der Glücksspielsucht zeigen einen historisch-gesellschaftlichen Wandel in Abhängigkeit von der Gesellschaftsformation. Das antike Würfelspiel deutet auf die typische Glücksspielform der Urgesellschaft hin. Aufgrund der gering entwickelten Naturbeherrschung (beginnender Werkzeuggebrauch) führte die erlebte Ohnmacht der Menschen zu einer weltanschaulichen Mischung von spontan-materialistischen und mystisch-religiösen (Totemismus, Animismus, Fetischismus) Vorstellungen. Das Glücksspielen hatte entsprechen die Funktion der kultisch-rituellen und magisch-metaphysischen Lebensbewältigung. Giżycki, J. & Górny, A. (1970). Glück im Spiel zu allen Zeiten. Zürich: Stauffacher.

Formbestimmtheit als Bedingungsdimension Im Feudalismus mit seiner hierarchischen Über- und Unterordnung (König, Vasallen, hörige/leibeigene Bauern) und seiner „gottgewollten“ ständischen Struktur hatte das „höfische Kartenspiel“ (König, Dame, Bube) als typische Glücksspielform der Herrschenden die Funktion einer Überlegenheitsgeste. Zollinger, M. (1997). Geschichte des Glücksspiels. Wien: Böhlau.

Formbestimmtheit als Bedingungsdimension „Die äußerst heterogene und in ihrem Bestand dauernden Veränderungen unterworfene Sozialgruppe des Adels sah sich permanent der Herausforderung ausgesetzt, ihr Selbstverständnis nach den äußeren und inneren Modifikationen der Ständegesellschaft auszurichten… Das Spiel, zumal das Glücksspiel, wurde zum unabdingbaren Attribut adeligen Lebensstils… Reichtümer im Rahmen der „Ethik des ritterlichen Müßigganges zu verschwenden und zu zerstören, anstatt sie zu produzieren.“ (Zollinger: S. 47). Zollinger, M. (1997). Geschichte des Glücksspiels. Wien: Böhlau.

Formbestimmtheit als Bedingungsdimension In der Waren produzierenden Gesellschaft (Kapitalismus), in der dem Arbeiter sowohl seine Produkte als auch seine Tätigkeit als etwas Fremdes und Äußerliches gegenübertreten (Entfremdung) ist der Geldspielautomat die typische Glücksspielform der Lohnabhängigen und des Prekariats. Freimut Wössner Brand, C. (1993). Sucht und Automatenspiel. Freiburg: Lambertus.

Übersicht Kulturanthropologie Homo faber und Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Retriktive Handlungsfähigkeit als Bedeutungsdimension In der kapitalistischen Gesellschaft bestehen über die Lebenslage (soziale und familiäre Beziehungen im Reproduktionsprozess) und Lebensposition (Handlungsmöglichkeiten im Arbeitsprozess) vermittelte restriktive Handlungsfähigkeiten (Holzkamp, 1983). In der Alltäglichen Lebensführung (Holzkamp, 1995) bilden sich quasi selbstverständliche zyklische Routinen, die zwar vor existentiellen Ängsten schützen, aber die Sinnerfülltheit des „eigentlichen Lebens“ an den Rand drängen. Holzkamp, K. (1983). Grundlegung der Psychologie. Frankfurt/M.: Campus. Holzkamp, K. (2016). Alltägliche Lebensführung als subjektwissenschaftliches Grundkonzept. In K. Bader & K. Weber (Hrsg.): Alltägliche Lebensführung (S.16 – 24). Hamburg: Argument Verlag (ursprünglich 1995).

Restriktive Handlungsfähigkeit als Bedeutungsdimension Brand (1993) stellte einen Bezug des Automatenspiels zum darin eingefangenen „Geist des Kapitalismus“ im Sinne Max Webers (1905) her: „ Das Risikospiel stellt so das Tellerwäscher- und Bauchladenmodell des sozialen Aufstiegs nach, durch cleveren und risikofreudigen Umgang mit dem winzig kleinen Ausgangskapital zu Ruhm und Reichtum zu gelangen.“ (a.a.O: S. 49). Er zitiert Adorno (Freizeit, 1980: S. 59): „unter der Hand…die Konterbande von Verhaltensweisen aus der Arbeit, welche die Menschen nicht losläßt, doch eingeschmuggelt (wird)“. (a.a.O.: S. 53). Adorno, Th. W. (1980). Freizeit in Th. W. Adorno: Stichworte. Frankfurt/.: Surhkamp. Brand, C. (1993). Sucht und Automatenspiel. Freiburg: Lambertus. Weber, M. (1934) Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Tübingen: J.C.B. Mohr (ursprüngliche1905).

Restriktive Handlungsfähigkeit als Bedeutungsdimension Damit verbundene gesellschaftlichen Denkformen wie die Redensart, dass jeder seines Glückes Schmied sei, verkürzen und mystifizieren die objektiven Bedingungen, da sie von einer Chancengleichheit ausgehen, die nicht gegeben ist. Markart (2009) stellt dazu fest: „Damit findet gleichzeitig eine Personalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse statt, mit der im Verbund gesellschaftliche Ungleichheit naturalisiert wird.“ (a. a. O.: S. 201). Markard, M. (2009). Einführung in die Kritische Psychologie. Hamburg: Argument Verlag.

Retriktive Handlungsfähigkeit als Bedeutungsdimension Nach Arends (1988) lässt sich die Aktivität an den gewerblichen Geldspielautomaten als Arbeitsprozess interpretieren: „ Vor allem mit den Risikotasten ist dem Spieler ein weites Feld scheinbarer Einflussnahme eröffnet. Diese ‚Arbeit‘ ist vielleicht das Attraktivste an dem neuen Automatenspiel.“ (a.a.O.: S. 31). Arends, M. (1988). Das große Geld. München: Wilhelm Heyne.

Übersicht Kulturanthropologie Homo faber und Kontrollillusion Bedingungsdimension Bedeutungsdimension Begründungsdimension

Selbstfeindschaft als Begründungsdimension Psychischen Störungen liegt eine Selbstfeindschaft, die mit zunehmender sozialer Isolierung verbunden ist, zugrunde. Bei süchtigem Verhalten kann das damit verbundene Risiko auch bewusst zu Gunsten des Genusses in Kauf genommen werden (Markard, 2009: S. 180ff.). Holzkamp, K. (1983). Grundlegung der Psychologie. Frankfurt/M.: Campus. Markard, M. (2009). Einführung in die Kritische Psychologie. Hamburg: Argument Verlag.

Selbstfeindschaft als Begründungsdimension Die individuelle Vulnerabilität (Petry, 1996) stellt die Basis der subjektiven Begründetheit / Funktionalität des Glücksspielens dar und führt den Glücksspielsüchtigen in seine überhebliche Selbstisolation. Diese Widersprüchlichkeit beinhaltet den darin enthaltenen Versuch, die subjektive Bedrohung der Handlungsfähigkeit zu überwinden (chronische Bedrohtheitsfixierung). Durch diese (unbewusste) Realitätsausklammerung reproduziert er die gesellschaftlichen Bedingungen und sozialen Strukturen seiner entfremdeten Lebenspraxis, sodass er zu seinem eigenen Feind wird. (Holzkamp, 1983: S. 376ff.) ff.). Holzkamp, K. (1983). Grundlegung der Psychologie. Frankfurt/M.: Campus. Petry, J. (1996). Psychotherapie der Glücksspielsucht. Weinheim: Beltz.

Vulnerabilitätsmodell Beziehungsstörung Selbstwert- problematik Gefühlsdysregulation Unsicher-vermeidende Bindungsmuster aufgrund Broken Home-Situation Innere Bedürfnisstruktur Selbstwertsteigerung, Gefühlsabwehr, Austauschorientierung Aktionsmöglichkeit, Erlebnisaktivierung, Kontaktangebot Glücksspielangebote als äußere Anreizsituation Vierhaus, M.; Ewering, J.; Klein, F.; Ködding, C. & Petry, J. (2012). Glücksspielsucht: Allgemeine und spezifische Validität des Vulnerabilitätsmodells. Sucht, 58 (3), 183-193..

Der Automaten-Mann “Sie (die Geldspielautomaten) waren meine Brüder und Schwestern und Freunde, und sie waren auch meine ärgsten Feinde. In diesen Momenten war ich nichts anderes als ein Automaten-Mann.” (a.a.O.: S. 115). “Ich hatte mittlerweile auch begriffen, dass ich mich im Grunde immer nur einer ebenso seelenlosen wie auch gemeinen Maschine, einem Computer mit Zufallsgenerator, freiwillig unterwarf. Der einarmige Bandit war nichts anderes als eine superteure, weil exklusive männliche Domina und der Automaten-Mann sein willfähriger, leidensdruckgeprüfter Kunde. Ein Masochist.” (a.a.O.: S. 296). Schuller, A. (20082). Jackpot: Aus dem Leben eines Spielers. Bergisch-Gladbach: Bastei Lübbe (ursprünglich: Der Automatenmann, 1993).

Das alles und noch viel mehr: (www.joerg-petry.de)