Kämpfen und Aggession (Gewalt): Kampfsport als Gewaltprävention? Philipps-Universität Marburg FB 21 Erziehungswissenschaften Institut für Sportwissenschaft und Motologie GdB Kämpfen Leitung: Sigrid Happ Referenten: Carina Baumann, Meike Foegen, Dirk Winkel
0. Gliederung Definitionen allgemeine Gewaltprävention durch Sport Gewaltprävention im Kampfsport Praxisbeispiele
1. Definitionen 1.1 Gewalt Ursprung: „walten“ Allgemein akzeptierte Definition des Begriffes gibt es nicht, Abhängigkeit von dem jeweiligen Erkenntnisinteresses Ursprung: „walten“ Vermögen zur Durchführung einer Handlung, beinhaltet kein Urteil über deren Rechtmäßigkeit Gewalt im Sinne von „walten“ z.B. Staatsgewalt, Verwaltung Neutrale bis positive Bedeutung z.B. gewaltige Anstrengung
1.1 Gewalt Im heutigen Sprachgebrauch verbreitete negative Belegung z.B. Gewalttat, Gewaltverbrechen, Vergewaltigung Gewalt wird als schädigende Einwirkung auf andere verstanden Gewaltformen: Psychische oder physische Personale oder strukturelle Statische oder dynamische Direkte oder indirekte
1.1 Gewalt Auch Deprivation, emotionale Vernachlässigung, verbale Gewalt und Vandalismus zählen zu Gewaltformen Wo beginnt Gewalt? Gewalt benennt die Beziehung zwischen Täter und Opfer
Gewalt fasziniert junge Menschen, weil... Gewalt scheinbar Eindeutigkeit in unklaren unübersichtlichen Situationen schafft. Gewalt die Überwindung der eigenen Ohnmacht vortäuscht. Gewalt ein Mittel ist, um Beachtung und Aufmerksamkeit zu erlangen. Gewalt in der Gruppe Anerkennung schafft Nach Prof. Dr. Gunter A. Pilz
Gewalt fasziniert jungen Menschen weil... Gewalt sich als ein erfolgsversprechendes Instrument erweist, eigene Interessen durchzusetzen Gewalt ein Mittel ist, um „Abenteuer“ und „Action“ zu erleben. Gewaltanwendung oft einen rauschartigen Zustand innerer Erregung ermöglicht, der im normalen Lebensvollzug sonst nicht erfahrbar ist. Nach Prof. Dr. Gunter A. Pilz
1.2 Aggression Von lat. „aggredi“ - herangehen “Verhaltensweisen, die eine Realisierung individueller oder kollektiver Vorzüge durch Drohung, Zurückdrängung, physischer Beeinträchtigung wie Verletzung oder gar Tötung eines tatsächlichen oder vermeintlichen Feindes oder Rivalen ermöglichen sollen.“
1.2 Aggression Aggressives Verhalten steht eng im Zusammenhang mit: Angriffs-, Flucht-, und Verteidigungsverhaltensweisen Reaktionsstärke ist zurückzuführen sowohl auf eine aktivierte innere Bereitschaft als auch auf äußere aggressionsauslösende Situationen
1.2 Aggression der Schädigung der Intention der Normabweichung Aggression wird meist mit unangepasstem, zerstörerischem und destruktivem Verhalten in Verbindung gebracht. Kennzeichnend sind Faktoren: der Schädigung der Intention der Normabweichung Was zählt ist die Absicht, unabhängig davon ob es zu einer Schädigung kam oder nicht
Formen der Aggression sind: Offene, physische Form Offene, verbale oder nonverbale Form Verdeckte Form Indirekte Form Emotionale Form
1.2 Aggression „Typische“ Aggressionsziele sind: Durchsetzung eigener Wünsche und Interessen, die im Konflikt zu Wünschen anderer stehen Beachtung durch andere finden Reaktion auf Aggression anderer Vergeltung erlittener Aggressionsakte
2. Gewaltprävention durch Sport 2.1 Formen der Prävention primär setzt vor dem einsetzen von Gewalt ein rein Präventiv sekundär setzt bei ersten Anzeichen von Gewalt an tertiär setzt bei verfestigten Gewaltformen an Ziel: Verhaltensmodifikation
2. Gewaltprävention durch Sport 2.1 Ziele der einzelnen Formen primär Schaffung von Bewegungsanlässen Stärkung des Selbstwertgefühls Erzeugung von Wehrhaftigkeit und Angstfreiheit sekundär Anleitung zur Selbstdisziplin und Selbstkontrolle Aggressions- und Frustrationsabbau Akzeptanz von festen Rahmenbedingungen Stärkung der Verhaltenskontrollmechanismen tertiär Durchbrechen von gewaltförmiger Durchsetzung und Selbstbehauptung
2. Gewaltprävention durch Sport 2.2 Probleme "Es ist einseitig, wenn man immer nur schreibt, dass der Sport zu Kammeraden mache, verbinde, einen edlen Wetteifer wecke: Denn ebenso sicher kann man auch behaupten, dass er einem weit verbreiteten Bedürfnis, dem Nebenmenschen eine aufs Dach zu geben oder ihn umzulegen entgegenkommt, dem Ehrgeiz, der Überlegene zu sein." (Robert Musil) „Die Welt des Sports verstärkt viel öfter, als viele annehmen, destruktives Verhalten, wie z.B. Betrügen, Doping, usw“ (Dorcas Susan BUTT)
2. Gewaltprävention durch Sport 2.2 Probleme Studie BRETTSCHNEIDER/KLEINE (2001): Faktoren für emotionale Stabilität hauptsächlich Geschlecht und Alter, sportliche Betätigung nicht nachweisbar Vereinsfussball Spitzenreiter beim Konsum von Bier und Zigaretten, bei illegalen Drogen kein Unterschied optimistische Annahmen von positiven Wirkung von Sportvereinen auf Jugendliche sind zu Relativieren
2. Gewaltprävention durch Sport 2.2 Probleme & Ursachen Präventive Maßnahmen zwar möglich, aber nicht per se zwingende Folge ehrenamtliche Vereinsausbilder sind keine Sozialarbeiter Abdriften des höchsten Wertes des Sportes zu körperlicher Leistungsfähigkeit Sieg und Erfolg Entladung von Gewalt
2. Gewaltprävention durch Sport 2.3 Ziele Sport oft einziges Erfahrungsfeld für Erfolg, Selbstbestätigung, positives Gruppenerlebnis, Anerkennung Durch Sport soziale Kontakte, Integration und Interaktion Aggression und motorischer Bewegungsdrang kann gesteuert abgearbeitet werden Körperliche Fähigkeiten einsetzen Beziehunger innerhalb Jugandlicher fördern Akzeptanz vorhandener Regeln
3. Prävention durch Kampfsport Grundlage von Gewaltprävention ist körperliche Auseinandersetzung Diese ist auch Mittelpunkt beim Kampfsport Kampfsport als Gewaltprävention ist eine Gratwanderung
3.1 Vorteile von Kampfsport als Gewaltprävention _ Kämpfen fördert soziales Lernen, Rücksichtnahme und Respekt Körperliche Aktivität, Fitness Sicherheit durch klare Werte Selbstbewusstsein durch Technik und Körperbeherrschung Raum für Erleben und Ausleben von Aggressionen
3.1 Vorteile von Kampfsport als Gewaltprävention Einheit von Körper - Seele - Geist Autoritätssuche Stärken von Jugendlichen Erlebniswunsch direkte Erfolgserlebnisse Stärkung der Selbstkontrolle/Selbstvertrauens
3.2 Nachteile von Kampfsport als Gewaltprävention Gesellschaftliche Gleichsetzung von Kämpfen und Gewaltanwendung Wettkampforientierung / Konkurrenz Selektion effektiver Schlagtechniken werden gelernt negatives Männerbild
4. Praxisbeispiele Peter Klumpp Lehrer an dem Max-Planck-Gymnasium Karlsruhe für Sport, Geschichte, Politik entwickelte: „Das kleine ABC des Aggressionsabbaus
4. Praxisbeispiel Plan A: Gezielte Einzelgespräche Ernsthaftigkeit der Lehrkraft Fair-Play-Gedanken als zentrales Element Soziogramm, anhand dessen eine Vorabeinteilung der Mannschaften vornehmen EineN vorbildlichen SchülerIn als „Botschafter“ einsetzen Rituale z.B. Unterrichtsgespräche einführen
4. Praxisbeispiel Plan B: Gezielte Einzelgespräche Mobbing-Verhalten der Schüler nicht im Verband ansprechen Einzelgespräche mit Täter und Opfer führen Leitfragen
4. Praxisbeispiel Plan C: Entspannungsübungen, Körperbewusstsein schulen Altersgerechte Entspannungsübungen Nach ausgiebigem Sporttreiben Vermeidung hitziger Auseinandersetzungen nach dem Spiel
4.1 Regionales Beispiel 1. Boxclub Marburg 1947 e.V. Ronald Leinbach (Diplom-Sportlehrer, Haupt-, Real-, und Sonderschullehrer) Boxen = „soziale Kunst“ effektives Mittel der Aggressionskontrolle und Gewaltprävention www.1BCMarburg.de
5. Diskussion
Quellen wikipedia.de (Zugriff 20.7.06) http://sportgegengewalt.sp.funpic.de/php kit/content/download/pilz1.pdf (Zugriff 20.7.06) http://www.i-gsk.de/12.htm (Zugriff 20.7.06) Schmidt, Peter: Körper- und bewegungsorientierte Gewaltprävention mit Kindern und Jugendlichen. 1999