Basel | Zürich | Bern Was fehlt für die monistische Finanzierung? Dr. iur. Carlo Conti, Rechtsanwalt KVG-Tagung, Grand Casino Luzern 25. August 2016.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Interdependenz Organisation - Budgetierung
Advertisements

1 Dr.med. Dipl.oec. Simon Hölzer Med. Dokumentation in der Schweiz im Umfeld von neuen Vergütungsstrukturen und gesetzlichen Auflagen Rolle von H+ Die.
Vorlesungsreihe im Fach Gesundheitsökonomie: Gesundheitssysteme
MANAGED CARE AM BEISPIEL DER SCHWEIZ Referat von Matthias P
Christine Egerszegi-Obrist, Ständerätin, Mellingen
Die Rolle der Lotterien bei der Kulturförderung der Schweiz
Mehr Wettbewerb statt Planwirtschaft
Observatoire Universitaire de lEmploi Université de Genève, Roman Graf Tieflöhne in der Schweiz, 28. Februar Medienkonferenz des SGB Tieflöhne in.
Versichertenkarte / eHealth
Der santésuisse-Datenpool, die Branchenlösung der Krankenversicherer
Landkarte der betrieblichen Gesundheitsförderung: Schweiz
How do Caritas organisations adopt to these requirements ? Berlin, May 7, 2008 Dr. Christopher Bangert.
Projekt:Datum:Seite: Workshop santésuisse 1 Workshop santésuisse 23. November 2004 Die Bedeutung der Statistik in der Krankenversicherung Toni.
D ACH V ERBAND S CHWEIZERISCHER P ATIENTENSTELLEN DVSP Gesundheitswesen Schweiz – werden wir europäisch? Vor- und Nachteile aus politischer Sicht Jean-François.
© economiesuisse Glasfasermarkt und Regulierung Folien zum dossierpolitik Nr. 22,
Warum haben Kinder Rechte?
Schaffhausen (28 Betten) St Gallen/Heiden (62 Betten)
Département de la santé, des affaires sociales et de l'énergie Service de la santé publique Departement für Gesundheit, Sozialwesen und Energie Dienststelle.
VITI 2015 __________________________ Walliser Weinbaustrategie Ziele bis 2015.
Vernehmlassung zum Gesetz über die Pflegefinanzierung
Prämienverbilligungsgesetz Teilrevision 2013
Ausserparlamentarische Kommission für die Revision des Tourismusgesetzes Fernand Nanchen / Pressekonferenz Vorentwurfvorstellung GESETZ ÜBER DEN.
Folie: 1 Gesundheitspolitik im Fokus – Die Bundesratsparteien im Wahljahr 2007 Einführung von Christoffel Brändli Präsident santésuisse GV santésuisse.
Kinder- und Jugendpsychiatrie Schulung EFM-KJP
Wer soll das bezahlen? – Soziale Sicherheit nachhaltig finanzieren St. Gallen, 15. Mai 2009 Frühlingskonferenz der Städteinitiative Sozialpolitik: Wirtschaftskrise.
Veränderung des Gesundheitsmarktes Bern durch Spitalliste 2012 aus rechtlicher und ökonomischer Sicht Grossratsfrühstück vom 7. Juni 2012, Casino Bern.
Anmerkungen zur Finanzierung von staatlichen Alterssicherungssystemen
Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht Frühlingssemester 2014
Projekt:Folie: 1 santésuisse- Medienkonferenz vom 17. September 2007 Die politischen Forderungen von santésuisse Christoffel Brändli santésuisse-Präsident.
Projekt:Datum:Seite: Medienkonferenz 1 Medienkonferenz Die Kostenentwicklung und ihre Konsequenzen Referat von Marc-André Giger, Direktor.
Seite 1 Präsentation Gemeindebehörden und Spitexverantwortliche vom und Herausforderungen im Spital, heute und speziell ab 2012 Qualität.
Spitalfinanzierung Fallpauschalen (SwissDRG)
D ACH V ERBAND S CHWEIZERISCHER P ATIENTENSTELLEN DVSP Warum braucht die Schweiz eine öffentliche Krankenkasse? Jean-François Steiert Ärztegesellschaft.
Wie finanziert sich in Zukunft ein Spital?
Thomas Straubhaar Präsident ANQ
«Interne Aufsicht» Aufgabe des leitenden Organs der Trägerschaft
Die wirtschaftliche Dimension des Gesundheitssektors in der Region Basel Dr. Carlo Conti Referat vom 22. Februar 2008 Gesundheitsdepartement des Kantons.
Bildungspolitische Baustelle 1: Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes WeBiG DV SVEB, Bildungspolitische Tagung 5. Mai 2015 Hotel Kreuz, Bern Dr. André Schläfli,
2. Tag der freien Berufe Die Zukunft der zahnärztlichen liberalen Berufsausübung im Kreuzfeuer der föderalen Strukturen Dr. med. dent. Beat Wäckerle, SSO-Präsident.
NACHNUTZUNG SMDK 4. August 2015 MEDIENKONFERENZ ZUR.
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss ● Grundsätze wirksamer und verlässlicher ● Sozialleistungssysteme (2015/SOC 520) ● Berichterstatter: Prof.
© economiesuisse Infrastrukturen im Überblick Die Schweizer Infrastrukturen gehören zu den weltbesten Die internationale Konkurrenz holt jedoch rasch auf.
OBERÖSTERREICHISCHER GEMEINDEBUND HR Dr. Hans Gargitter Die Gemeindefinanzen im Überblick Stand: Oktober 2013.
Kirchensteuerinitiative Auswirkungen auf die Kirchgemeinden und Pfarreien Synodalrat Dr. iur. Benno Schnüriger, Präsident Synodenstamm.
Ist mir wichtig Beste Versorgung im Pflegefall Neues Urteil des Bundesgerichtshofs ! März
Peter Eisenhut, Aktuelle Volkswirtschaftslehre Die Sozialversicherungen in der Schweiz (Folie 1)
Staatsverschuldung Vorlesung Bauwirtschaft
Eidgenössische Volksabstimmung.
Auf dem Weg zum digitalen Lesesaal
Soziale Marktwirtschaft, Rolle des Staates in Sozialer Marktwirtschaft
der Bundesrepublik Deutschland
Bgm. Dr. Josef Guggenberger
Marktwirtschaft vs Planwirtschaft
Öffentliches Defizit und öffentliche Schuld Vorlesung Ökonomie
Steuerwettbewerb zwischen Effizienz und Gerechtigkeit
KrankenVersicherungen in Zahlen
Gross Mittel Klein Orientierungstag über die Karrieremöglichkeiten von Berufsschülerinnen und Berufsschüler.
Warum sammelt die Diakonie?
Wirtschaftliche Leistungskraft und Wohlfahrt von Volkswirtschaften
GKV vs. PKV Vanessa Bühring.
Auf dem Weg zum digitalen Lesesaal
Geschichte des Internets
Schwerpunkt „Markt und Staat“
Sozialversicherung Faktencheck
[Dieser Foliensatz kann als Grundlage zur Einführung in die Gruppenbewertung dienen. Es empfiehlt sich, ihn dem zu bewertenden Vorhaben anzupassen. Für.
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)
Eckwerte der künftigen Finanzierung der BVK und deren Auswirkungen
LV Verfassungsorgane des Bundes und ihre Aufgaben
Inklusion durch Sozialleistungen?
Seminar SVBK Waldbesitzer: Knechte der Bevölkerung
 Präsentation transkript:

Basel | Zürich | Bern Was fehlt für die monistische Finanzierung? Dr. iur. Carlo Conti, Rechtsanwalt KVG-Tagung, Grand Casino Luzern 25. August 2016

I.Begriffliches II.Rahmenbedingungen für eine monistische Finanzierung 1.Rechtliche Aspekte 2.Struktureller Fehlanreiz 3.Rolle der Kantone 4.Finanzielle Überlegungen 5.Funktionierender Markt III.Was fehlt? KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 2 Überblick

Was fehlt für die monistische Finanzierung? Begriffliches KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 3

 KVG Revision 2007 (-> )  Übergang von der Objekt- zur Subjektfinanzierung  Vollkostenprinzip (Investitionen)  Leistungsbezogene Pauschalen auf DRG Basis  Leistung/Rechnung wird von zwei Kostenträgern dual-fix finanziert  Wohnsitzkanton (55 %)  OKP-Versicherung (45 %) KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 4 Begriffliches (1)

 Teilrevision  Betrifft nur stationäre Spitalleistungen  Ambulante Leistungen sind nicht dual-fix, sondern monistisch durch Prämien finanziert  TARMED  Investitionen spitalambulante Einrichtungen  Monistische Finanzierung  Übertragung der Finanzierungsverantwortung (Zahllast) auf jeweils einen Akteur  Jedem Leistungsanbieter steht ein Kostenträger gegenüber  Der jeweilige Kostenträger ist zu bestimmen KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 5 Begriffliches (2)

 Monismus:  echter  unechter  Exkurs: Begriff der monistischen Finanzierung in Deutschland KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 6 Begriffliches (3)

Was fehlt für die monistische Finanzierung? Rahmenbedingungen für eine monistische Finanzierung KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 7

 Gesetzgeber muss definieren, wer Monist ist  Kanton (Bund?)  OKP-Versicherung  NN (z.B. Managed Care Organisation) KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 8 1.Rechtliche Aspekte (1)

 Systementscheid erforderlich  Strukturierte staatliche Planung und Lenkung  Kanton (Bund?) als Monist  Wettbewerb / Markt, ökonomische Steuerung  Versicherer (NN?) als Monist  Politische Intention  Versicherer als Monist KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 9 1.Rechtliche Aspekte (2)

 KVG ist Flickwerk mit Widersprüchen  Vergleiche insbesondere Urteil des Bundesgerichts zum Gesundheitsgesetz des Kantons Tessin (BGE 138 II 398)  Monismus erfordert grundlegende Überarbeitung des KVG  Zurückhaltung des Bundesgesetzgebers KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 10 1.Rechtliche Aspekte (3)

 Monistische Finanzierung beseitigt finanziellen Fehlanreiz in den Spitälern  Unterscheidung in stationäre und spital-ambulante Leistungen ist zu eliminieren  Einheitliche Finanzierung der Spitalleistungen KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 11 2.Struktureller Fehlanreiz

3.Rolle der Kantone (1)  Mehrfachrolle der Kantone  Regulator / Gewährleistungsfunktion  Finanzierer  Eigner der öffentlichen Spitäler KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 12

3.Rolle der Kantone (2)  Regulatorrolle ist unbestritten  auch in einem wettbewerbsorientierten Gesundheitsversorgungssystem braucht es Regeln für den Markt  Demokratisch legitimierte Organe  Kritisch ist vor allem die Verbindung der Rolle als Regulator mit der Funktion als Eigner der öffentlichen Spitäler KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 13

3.Rolle der Kantone (3)  Möglicher Lösungsansatz  Heutige föderalistische Struktur ist zu kleinräumig  Zentralistische Lösungsansätze politisch nicht mehrheitsfähig und strukturell unerwünscht  Gesundheitsversorgungsregionen:  Regulatorrolle durch gemeinsames Organ  Fokussierung des Kantons auf Eignerrolle KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 14

3.Rolle der Kantone (4)  Anderer möglicher Lösungsansatz  Konsequente Verselbstständigung der öffentlichen Spitäler  Umwandlung in Aktiengesellschaften, Übertragung der Aktien  Übertragung des Eigentums an Liegenschaften  Fokussierung der Kantone auf Regulatorrolle KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 15

KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 16 4.Finanzielle Überlegungen (1) Finanzierungsregime2014 (in Mio. Franken)2014 (in Prozent) Staat14’ % Bund % Kantone12’ % Gemeinden2’ % Sozialversicherungen30’ % Andere Regimes, bedarfsabhängige Sozialleistungen 3’ % Privatversicherungen5’ % Private Haushalte17’ % Andere private Finanzierung % Total71’ % Quelle: BFS,

KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 17 4.Finanzielle Überlegungen (2) Quelle: BFS,

KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 18 4.Finanzielle Überlegungen (3) Quelle: Präsentation Preisüberwacher, KVG-Tagung Universität St. Gallen, Grand Casino Luzern, 27. August 2015

4.Finanzielle Überlegungen (4)  Finanzierungsanteil der privaten Haushalte sehr hoch  Im Vergleich zu OECD Durchschnitt am höchsten  Monistische Finanzierung ausschliesslich über Prämien nicht machbar  Echter Monismus nicht möglich KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 19

4.Finanzielle Überlegungen (5)  Zusätzliche finanzielle Mittel unerlässlich  Zweckgebundene zusätzliche finanzielle Mittel auch in einem monistischen System erforderlich  Gemeinwirtschaftliche Leistung  Lehre und Forschung  Aus- und Weiterbildung KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 20

4.Finanzielle Überlegungen (6)  Weitere, nicht zweckgebundene finanzielle Mittel zur Finanzierung des Systems auch bei einem monistischen System notwendig  Steuermittel der Kantone?  Steuergelder des Bundes?  Mehrwertsteuer? KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 21

4.Finanzielle Überlegungen (7)  Aber: Nicht zweckgebundene finanzielle Mittel dienen lediglich der Entlastung der privaten Haushalte  Prinzip der fiskalischen Äquivalenz gilt diesbezüglich nicht  Kein Anspruch auf Steuerung des Systems über diese finanzielle Mittel KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 22

5.Funktionierender Markt (1)  Monistische Finanzierung setzt voraus, dass der Markt mit seinen ökonomischen Prinzipien einigermassen funktioniert  Reine Marktsteuerung ist (auch) im Gesundheitswesen keine taugliche Lösung  Eine Regulierung wird es immer brauchen KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 23

5.Funktionierender Markt (2)  Aufsicht ≠ Regulierung  Aufsicht durch BAG (und FINMA) entwickelt sich mehr und mehr zu einer eigentlichen Regulierung  Zunehmende Eingriffe in operative Aspekte KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 24

5.Funktionierender Markt (3)  Tarife  Marktversagen  In wesentlichen Punkten können sich die Marktteilnehmer nicht einigen  Entscheide bzw. Tariffestsetzungen durch die Regierungen  Bundesverwaltungsgericht KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 25

Was fehlt für die monistische Finanzierung? Was fehlt? KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 26

Was fehlt? Systementscheid KVG-Tagung, Grand Casino Luzern| Seite 27