Technische Universität München Die „enemy-release“ Hypothese.

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Technische Universität München Die „enemy-release“ Hypothese

Technische Universität München 2 Gliederung 1.Definition von enemy-release 2.Die Rolle natürlicher Feinde als Regulatoren 3.Probleme der enemy-release Hypothese 4.Fallbeispiel Clidemia Hirta

Technische Universität München 1. Definition von enemy-release

Technische Universität München 4 Was bedeutet enemy-release? Pflanzenart wird in neues Gebiet eingeführt Neophyt lässt seine Feinde zurück Geringere Regulation durch Feinde in neuem Verbreitungsgebiet Dadurch invasive Verbreitung möglich

Technische Universität München 5 Annahmen 1.Natürliche Feinde sind wichtige Regulatoren der Pflanzenpopulation 2.Feinde haben einen größeren Einfluss auf heimische Arten als auf fremde 3.Pflanzen können Kapital aus einer reduzierten Beeinträchtigung durch Feinde schlagen 4.Spezialisierte Feinde der fremden Pflanze sind nicht anwesend 5.„Host-switching“ der Spezialisten von heimischen Verwandten der fremden Pflanze kommt selten vor

Technische Universität München 2. Die Rolle natürlicher Feinde als Regulatoren

Technische Universität München 7 Wie interagieren Pflanzen mit ihren Feinden?

Technische Universität München 8 Die Rolle natürlicher Feinde als Regulatoren Wirbeltiere und wirbellose Pflanzenfresser, Pilze, bakterielle und virale Krankheiten „for every plant species, even the most unpalatable, something has evolved to eat them“ (Keane & Crawley, 2002) Bei schlecht verteidigten Arten: Zum Teil heftige Auswirkungen auf Verbreitung, Struktur und Zusammensetzung der Populationen der Pflanzen bei pflanzenfressenden Wirbeltieren (Schafe, Hasen)

Technische Universität München 9 Auswirkungen der Feinde Schutzmechanismen oder Wege der Toleranz häufig. Gleiche Fitness mit oder ohne Feind Ökologische Zeitrechnung: wenig Auswirkungen der Feinde auf die Pflanzen, keine Regulation der Population Evolutionäre Zeitrechnung: Selektion der besser verteidigten Genotypen

Technische Universität München 10 Die Rolle natürlicher Feinde als Regulatoren Problem: Manchmal verringerte Verbreitung der Pflanzenart bei Entfernung der Fraßfeinde, weil: –Fehlenden Stimulation –Veränderung der Konkurrenzverhältnisse zu anderen Pflanzen

Technische Universität München 3. Probleme der enemy-release- Hypothese Nichterfüllung der Annahmen

Technische Universität München 12 Probleme der Hypothese Annahme 1: Natürliche Feinde regulieren die Populationsgröße. Nicht immer der Fall: Schlecht verteidigte Pflanzen können unter großem Einfluss von Feinden durch hohe Reproduktion überleben. Hätten einen Vorteil bei Abnahme der Feinde Gut verteidigte Arten profitieren nicht von einer Entfernung der Feinde, weil sie ausreichend geschützt sind

Technische Universität München 13 Probleme der Hypothese Wenn Generalisten strukturgebend für die Pflanzengesellschaft: Vorteil auch für gut geschützte Organismen: Befreiung von Konkurrenz Wenn Spezialisten wichtiger: Gut geschützte Organismen kaum Vorteile In einer von Feinden befreiten Umwelt eventuelle Umwandlung von aufwändiger zu weniger guten Verteidigung (Ressourcenersparnis)

Technische Universität München 14 Probleme der Hypothese Annahme 2: Feinde (Generalisten) haben größeren Einfluss auf heimische als auf fremde Arten Aus welchem Grund? Nur Indizien (keinerlei Beweise), dass Generalisten besser an heimische Pflanzen angepasst fremde Arten gegenüber Generalisten toleranter

Technische Universität München 15 Probleme der Hypothese Annahme 3: Der Neophyt sollte von geringerer Regulation profitieren können (größere Verbreitung), aber nicht immer der Fall: Unpassende klimatische Bedingungen Konkurrenzschwächer als heimische Arten –auch wenn Druck durch Feinde stärker auf Einheimische –heimische Arten evolutionär besser an Standort angepasst –außer wenn durch menschliche Einflüsse gestört Vorteil des enemy-release reicht oft nicht aus, um andere Nachteile zu übertrumpfen

Technische Universität München 16 Probleme der Hypothese Annahme 4 nicht erfüllt: Co-Introduction: Fraßfeind des Neophyten wird gleichzeitig eingeführt, z.B. bei Feinden die in den Verbreitungseinheiten der Pflanze überleben können Annahme 5 nicht erfüllt: Host-switching von Spezialisten: Spezialist einer dem Neophyten eng verwandten Pflanze greift die fremde Pflanze an, Auswirkungen kaum erforscht

Technische Universität München 17 Empirisches Ergebnis

Technische Universität München 4. Fallbeispiel Clidemia Hirta

Technische Universität München 19 Fallbeispiel Clidemia Hirta (Seifenstrauch) Familie: Melastomataceae (Schwarzmundgewächse) 2-3m hoch, giftig, invasiv Natürliches Vorkommen in Costa Rica, Neophyt u.a. auf Hawaii Daheim nur auf offenen Flächen, auf Hawaii auch im Unterholz Wahrscheinlich unabsichtlich eingeführt

Technische Universität München 20 Versuchsaufbau Clidemia hirta gepflanzt in offenen Habitaten und im Unterholz sowohl in Costa Rica, als auch auf Hawaii Pestizideinsatz um Feinde (Pilze/Insekten oder beides) auszuschließen (Simulation des enemy-release) Kontrollfläche nur mit Wasser besprüht Zählung der überlebenden Individuen, Messung der Blattfläche, Stammlänge, relative Wachstumsrate

Technische Universität München 21 Erwartungen Vermeidung von durch Käfer und Pilze verursachte kürzere Lebensdauer vermindertes Wachstum Blatt- und Samenzerstörung Beeinträchtigungen unter lichtarmen Bedingungen (Unterholz) besonders hoch

Technische Universität München 22 Erwartungen Ohne Pestizide Großer Anteil an Herbivorie bei heimischen Pflanzen Wenig bis gar kein Schaden bei Neophyten Mit Pestizideinsatz Positiver Effekt bei nativen Individuen, nicht aber bei Neophyten Größerer positiver Effekt im Unterholz als auf Freiflächen bei heimischen Versuchspflanzen

Technische Universität München 23 Ergebnisse

Technische Universität München 24 Ergebnisse

Technische Universität München 25 Ergebnisse

Technische Universität München 26 Ergebnisse Habitatspezifisch verschieden Verschiedener Anteil an Überlebenden trotz Pestizideinsatzes auf unvollständige Behandlung in Costa Rica zurückzuführen Einfluss saugender und bohrender Insekte unterschätzt

Technische Universität München 27 Abbildungen Abb. 1-2: Keane & Crawley (2002) Abb. 3: Abb. 4-6: DeWalt et al. (2004)

Technische Universität München 28 Literatur Keane & Crawley (2002): Exotic plant invasions and the enemy release hypothesis; TRENDS in Ecology & Evolution Vol.17 No.4 April 2002 DeWalt et al. (2004): Natural-enemy release facilates habitat expansion of the invasive tropical shrub clidemia hirta; Ecological Society of America