Fallbeispiel Unterrichtsstörung

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 Präsentation transkript:

Fallbeispiel Unterrichtsstörung Kontext Ein Lehrer einer 6. Primarschulklasse fühlt sich in seinem Unterricht gestört durch einen Schüler, der permanent mit seinen Nachbarn Privatgespräche führt. Er ermahnt mehrfach, die Wirkung ist jeweils nur kurz. Die beiden verwickeln sich in eine Diskussion. Der Rest der Klasse hört erst interessiert zu, wendet sich jedoch nach und nach ab und führt ebenfalls Privatunterhaltungen. Sichtlich genervt befiehlt der Lehrer: „Als Bestrafung schreibst du ein Stundenprotokoll!“ Szene Der Schüler weigert sich mit dem Hinweis: „Nein! – Dies schreibe ich nicht! – Die Stunde ist schon zu zwei Dritteln vorüber!“ Individuelle Reaktion Wie würden Sie als Lehrperson in dieser Situation reagieren ?

Verbalisierung der handlungssteuernden Gedanken und Gefühle Wie haben Sie die Situation aufgefasst und was hat zur Auswahl des produzierten Agierens geführt? Suchen Sie das Typische in der Szene. Berichten und erläutern Sie Beispiele aus der eigenen Praxis, wie Sie solche Situationen wahrnehmen und darauf reagieren. Dimension unterrichtlichen Handelns Welcher Dimension unterrichtlichen Handelns können Sie tendenziell Ihre Handlungsmöglichkeit(en) zuordnen: Beziehung Unterricht Organisation, Disziplin-Management

Dimensionen unterrichtlichen Handelns, die das Geschehen im Klassenraum beeinflussen Der Lehrer als Dimensionen Makrostrategien Person („Sozialpädagoge“) Beziehung Beziehungen aufbauen: Der Lehrer wirkt und kommuniziert als Person, er fördert die Beziehungen zu seinen Schülern und die der Schüler untereinander Lehrender („Fachmann“) Unterricht Unterricht gestalten: Der Lehrer agiert als Lehrender, trifft didaktisch-methodische Entscheidungen und stellt Lerngelegenheiten für seine Schüler her. Manager („Dompteur“) Organisation, Disziplin-Management Verhalten kontrollieren: Der Lehrer organisiert und strukturiert eine Klasse, er kontrolliert und steuert das Verhalten der Schüler.

Dimensionen und Strategien unterrichtlichen Handelns Makro- strategien Prävention (Planung) Antizipation (Unterstützung) Intervention (Aktion) Problemlösung (Veränderung) proaktiv reaktiv Person „Sozial- pädagoge“ Beziehung Kommunikation, Beziehungen aufbauen, Humor, Klassenklima fördern Ermutigung, Belohnung, positive Anreiz-Systeme Negative Gefühle vermeiden, Deeskalations-Strategien Beziehungsförde-rung, Konflikt-schlichtung, kooperativer Führungsstil Lehrender „Fachmann“ Unterricht Lerner-Voraussetzungen, didakt. Rekonstruktion, Kooperation gewinnen, Lerntypen, Methoden Aufmerksamkeit erhalten, Pausen Wechsel der Methode, Medien, Sozialform, Verlaufsform Aussetzen (Evaluation, grundlegende didaktische und methodische Veränderungen), Lernförderung Manager „Dompteur“ Disziplin-Management Rechte/Pflichten, Struktur/Organisation, Regeln/Konsequenzen, Routinen/Prozeduren, Klassenrat/Schulverfas-sung Nonverbale Kommunikation, Signale und Techniken zur Aufmerksamkeits-rückführung Sofortaktionen bei allg. Verhaltens- problemen und einzelnen schwereren Unterrichtsstörun-gen, Auszeit Ändern der Grundlagen und Regeln, L-S-Konferenz, Verhaltensmodifi-kation, Verträge, Pläne, Hilfen zur Selbststeuerung

Nach Schülereinschätzungen sind die Typen 1 und 2 besser imstande, die Mitarbeit anzuregen und verbales Störverhalten gering zu halten, ausserdem sind sie beliebter als Typ 3 Die jeweiligen Typen können sich jedoch nicht allein auf Strategien ihres Typs verlassen, sondern brauchen ein Minimum an Kompetenzen aus den anderen Bereichen. Manche Lehrer sind in der Lage, sich so stark an unterschiedliche Situationen und Erfordernisse anzupassen, dass ihre Handlungsstrategien in verschiedenen Klassen verschiedenen Typen zuzuordnen sind. („Inneres Team“) These: Prävention und Bewältigung von Unterrichtsstörungen können nur gelingen, wenn alle drei Dimensionen unterrichtlichen Handelns berücksichtigt werden!

Was machen Lehrer falsch? Analyse ineffektiver Lehrerhandlungen In einem Unterricht mit hohem Störungspegel, aggressivem Klima und chaotischem Verlauf liessen sich folgende Merkmale des Lehrerverhaltens beobachten: Eindimensionales Handeln auf der Disziplin- bzw. Managementebene Einseitiger Adressat der Handlungen (Änderung des Schülerverhaltens) Betonung korrektiver Handlungen – proaktive Massnahmen zur Störungsprophylaxe fehlen Inkonsequenz (monotone „Endlosschleifen“) Ungeeignete Interventionen Mangelnde Nutzung kommunikativer und integrativer Strategien Häufiges neutrales Abbrechen von Konflikten.

Warum fällt es manchen Lehrern so schwer, offensichtlich erfolglose Strategien zu ändern? Die Unsicherheit, Hilflosigkeit und Ratlosigkeit dieser Lehrer liegt in ihren subjektiven Wissensstrukturen begründet („subjektive Theorien“). Durch Routinebildung verfestigen und verdichten sie sich zu bestimmten Unterrichtsbildern, Interaktions- oder Inszenierungsmustern. Diese bestimmen, wie wir Unterrichtssituationen wahrnehmen und einordnen und welche Handlungsmöglichkeiten wir sehen. Um der Unterrichtsrealität gerecht werden zu können, müssen unsere subjektiven Theorien hinreichend komplex, d.h. reichhaltig und differenziert sein. These Mehr Handlungsmöglichkeiten gibt es nur durch komplexere subjektive Theorien!

Strategien erfolgreicher Lehrer In Klassen mit wenigen Störungen minimierten die Lehrer die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Störungen durch proaktive Strategien, z.B.: allgegenwärtig sein: alles wahrnehmen, was im Klassenraum geschieht. Gruppenfokus behalten: auch bei Einzelgesprächen die Klasse nicht aus dem Auge verlieren. zügig und zielorientiert sein: für reibungslosen und schwungvollen Unterrichtsablauf sorgen. Für Abwechslung und intellektuelle Herausforderung sorgen.

Charakteristische Merkmale erfolgreicher Problembewältiger: Sie greifen eher zu sozial-integrativen Massnahmen wie Kompromisse vorschlagen, abgelehnte Schüler integrieren, Einfühlungsvermögen in die Probleme der Schüler zeigen, ermutigen u. Ä. Sie mahnen, drohen und strafen wenig und Sie zeigen insgesamt eine grössere Gelassenheit im Umgang mit Problemen. Deshalb: Der Erwerb von Techniken zur Bekämpfung negativer Emotionen ist eine wichtige Grundlage für professionelles Handeln. Thesen: Erfolgreiches Klassenmanagement steht und fällt mit der Prävention „Cool bleiben“ gilt auch für Lehrer! Oder: Wir werden nicht dafür bezahlt, dass wir uns aufregen, wir tun höchstens so! Quelle Lohmann, Gert (2003). Mit Schülern klarkommen. Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten. Berlin:Cornelsen Verlag.