Persönliches Budget (PB) im Rahmen der Gesetzlichkeiten der Sozialgesetzbücher Stand: 2015 R. Winkler.

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Persönliches Budget (PB) im Rahmen der Gesetzlichkeiten der Sozialgesetzbücher Stand: 2015 R. Winkler

Was ist das Persönliche Budget? Das PB ist keine neue Leistungsart Es ist eine neu eingeführte Form der Hilfege-währung und eine Alternative zur bisherigen Sachleistung Die Höhe des PB orientiert sich am individuellen Bedarf des Klienten (personenzentrierte Hilfe) Das PB kann in der Krankenhilfe, der Hilfe zur Pflege, der Hilfe zur Arbeit und in der Einglie-derungshilfe als Einzelbudget oder als träger-übergreifendes PB zur Anwendung kommen

Wie wird das PB definiert? Das persönliche Budget ist eine betrags-mäßig bestimmte, für einen festgestellten Bedarf zur Verfügung gestellte Summe Geldes, die einem Leistungsberechtigten zur selbstbestimmten und selbstorganisierten Deckung seiner Bedarfe zur Verfügung gestellt wird.

Seit wann gibt es das Persönliche Budget (PB) Mit Einführung des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen- im Juli 2001 wurde die Leistungsform PB in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich eingeführt. Nach der Erprobungsphase vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007 besteht seit dem 1. Januar 2008 ein Rechtsanspruch für Menschen mit Behinderung auf diese Leistungsform. • § 1 SGB IX definiert die Zielsetzung: „Förderung der Selbst- bestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“

Gesetzliche Grundlagen Zwischen 2004 und 2007 gab es bundesweit Modellprojekte in Modellregionen zur Einführung des Persönlichen Budgets, die wissenschaftlich begleitet wurden (Sachsen war keine Modellregion) Die Ergebnisse der Modellprojekte waren überwiegend positiv, allerdings war die Resonanz auf diese Form der Leistungsgewährung relativ gering, die meisten Anträge gingen und gehen beim Sozialamt ein Ab Januar 2008 besteht ein Rechtsanspruch nach § 17 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung

Wo finden wir es wieder? § 17 Abs. 2-4 SGB IX Ausführung von Leistungen Budgetverordnung (VO zur Durchführung des § 17 Abs. 2-4 SGB IX)- regelt Inhalt, Verfahren und Zuständigkeit §§ 45 ff SGB III § 11 Abs.1 Nr.5 SGB V (Krankenhilfeleistungen) § 35 SGB VIII § 35a SGB XI (Pflegeleistungen) § 17 SchwbAV (Schwerbehinderten- Ausgleichsabgaben-verordnung) (Leistungen durch das Integrationsamt i.R. Hilfe zur Arbeit) § 57 SGB XII (Eingliederungsleistungen) § 61 SGB XII (Hilfe zur Pflege als aufstockende Leistung)

Welche Aussagen trifft § 17 SGB IX zu Leistungen im Rahmen des PB? antragsabhängige Leistungen Ziel: Führen eines möglichst selbstbestimmten Lebens es muss sich um alltägliche, regelmäßig wiederkehrende Bedarfe handeln die Kosten der vorangegangenen Hilfegewährung im Rahmen von Sachleistungen sollen nicht überschritten werden es sind trägerüberschreitende Komplexleistungen möglich Im Rahmen der Hilfe zur Pflege sind Arbeitgebermodelle möglich

Was ist alltäglicher Bedarf? Ein Bedarf ist alltäglich, wenn er sich auf die „Aufgaben und Anforderungen in Arbeit, Familie, Privatleben und Gesell-schaft sowie die Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes“ bezieht. Beispiele: Arbeitsassistenz, Elternassistenz, Schulassistenz, Begleitdienste, Arbeitgebermodell in der Hilfe zur Pflege Regelmäßig wiederkehrende Bedarfe treten entweder regelmäßig in bestimmten Zeitintervallen (täglich, wöchent-lich, monatlich, jährlich) auf, lassen einen bestimmten Rhythmus erkennen oder sind innerhalb eines vorab festgesetzten Zeitraumes dauerhaft gegeben.

Welche Leistungsgruppen gibt es? § 5 SGB IX Zur Teilhabe werden erbracht: 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation 2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen 4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Zu 3. gehören nach § 44 SGB IX z.B. Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld Beiträge und Beitragszuschüsse zu KV, RV,PV Rehasport, Reisekosten, Betriebs- oder Haushaltshilfe und Kinderbetreuungskosten

Beteiligte Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX: Gesetzliche Krankenkassen (1. und 3.) Bundesagentur für Arbeit (2. und 3.) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (1.-4.) Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (1.-3.) Träger der Kriegsopferversorgung und Fürsorge (1.-4.) Träger der öffentlichen Jugendhilfe (1.,2. und 4.) Träger der Sozialhilfe (1.,2. und 4.) Die Leistungsspanne erstreckt sich von der 1.medizinischen Rehabilitation, über 2. Teilhabe am Arbeitsleben, 3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen bis zur 4. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

Grundgedanken Paradigmenwechsel in der Behindertenhilfe → weg von standardisierten Fürsorgeleistungen und hin zu selbstbestimmter Teilhabe Die Grundgedanken des Persönlichen Budget sind: Der behinderte Mensch wird zum Kunden (Leistungsberechtigten), der sich seine Leistungen, die er braucht, selbst einkaufen kann Damit kann er seine Bedarfe selbst steuern Das bedeutet für den Betroffenen - mehr Selbstbestimmung - mehr Selbständigkeit - mehr Selbstbewusstsein Recht auf Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung soll dadurch gewährleistet werden

Auflösung des klassischen sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses durch das Persönliche Budget ohne PB: Leistungsberechtigte stehen mit Leistungserbringer und Leistungsträger (Kostenträger) in einem sog. Dreiecksverhältnis, d.h. Leistungsberechtigte ←→ Kostenträger ↖↘ ↙↗ Leistungserbringer mit PB: Kostenträger ↓ Leistungsberechtigte ↔ Leistungserbringer Durch diese Auflösung wird das Kräfteverhältnis verlagert, indem die gesetzlich legitimierten Vertragsbeziehungen zwischen Leistungsträger und –anbieter aufgelöst, bzw. geschwächt werden. Der Leistungsberechtigte wird Verhandlungspartner der Anbieter sozialer Dienstleistungen

Formen des Persönlichen Budgets Unterscheidung zwischen PB´s innerhalb eines Sozialleistungsträgers und trägerübergreifendem Budget trägerübergreifend= Leistungsgewährung mehrerer Leistungsträger, ausgereicht in Verantwortung eines Beauftragten Zahlungen erfolgen bei trägerübergreifenden Budgets aus einer Hand (der beauftragte Träger zahlt die Leistung an den Leistungsberechtigten, die beteiligten Träger überweisen ihren Teil an den Beauftragten)

Was heißt „personenbezogene Hilfe“? Zentrale Fragen: Welche Hilfen benötigt der Klient/ die Klientin? Welches Angebot ist für sie/ihn das geeignetste? Bedarfsgerechte Hilfen sollen am Lebensort unter Nutzung vorhandener eigener Ressourcen ermöglicht werden Professionelle und nichtprofessionelle Hilfen können kombiniert werden Hilfen können privat organisiert werden Vermeidung von Umzügen zum Ort der Hilfe und Vermeidung von Betreuungswechsel bei verändertem Bedarf

Beispiele für budgetfähige Leistungen im Rahmen der Gesetzbücher Selbstversorgung, Haushaltführung Ambulant betreutes Wohnen von behinderten Menschen (KSV +örtlicher Sozialhilfeträger) Förderung und Vermittlung von sozialen Beziehungen Ermöglichung von Kommunikation Ambulante Eingliederungsleistungen (Training bestimmter Fähigkeiten und Fertigkeiten) Arbeitsassistenz, Erschließung und Teilnahme an Bildungsangeboten Assistenz in der Freizeit (Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) Hilfe zur Pflege Leistungen zur Mobilität; Begleitdienste Elternassistenz (Leistungen, die aufgrund von körperlichen Einschränkungen von Sorgeberechtigten (keine Hilfen zur Erziehung) Assistenz in Kitaeinrichtungen (z.B. bei schwerstkörperbehinderten Kindern) Schulassistenz

Anspruchsvoraussetzungen • Hilfe zur Arbeit nach SGB III - Personen mit einem Behinderungsgrad von mind. 50% • Hilfe zur Pflege nach SGB XI - Vorliegen einer Pflegestufe (I-III bzw. Härtefälle) • Eingliederungshilfe nach SGB XII oder SGB VIII - wesentliche geistige, körperliche und/oder seelische Behinderung - wesentliche Teilhabeeinschränkung

Verfahrenswege Antragstellung bei einem Reha Träger (i.d.R. dort, wo umfangreichste Hilfe benötigt wird) - bei trägerübergreifendem Bedarf Bedarfsermittlung und Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen (im SGB XII einkommens- und vermögensabhängig) Verpreislichung der Bedarfe Budgetkonferenz (alle Beteiligten kommen zusammen) Zielvereinbarung Bescheid (Widerspruch, Klage als Rechtsmittel) Einkauf von Leistungen bei selbstgewählten Anbietern Kontrolle Qualitätssicherung (Pflicht des Leistungsberechtigten)

Gegenwärtige Situation Gemessen an der Zahl der behinderten Menschen relativ geringe Anzahl von Antragstellern Diskrepanzen zwischen Bedarf und Bedürfnis (viel Aufklärungsarbeit vonnöten; hier leisten die Sozialpäda-gogen des Sozialamtes umfangreiche Beratungsarbeit im Rahmen des SGB XII) Qualitätskontrolle ist mangels geringer Personalressourcen nicht umfänglich möglich Schwarzarbeit (Hinweis darauf ergeht im Bescheid) Budgetverwaltung, Selbstorganisation der nötigen Leistungen

Ausblick Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG), das noch in dieser Legislaturperiode der Bundesregierung verabschiedet werden soll, ist im vorliegenden Entwurf folgendes geplant: Behindertenbegriff wird neu gefasst Hauptaugenmerk: Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt integrieren Eingliederungshilfe: Umwandlung in modernes Teilhaberecht verankert künftig nicht mehr im SGB XII, sondern im SGB IX Bundeseinheitliches Verfahren zur Bedarfsfeststellung soll entwickelt werden Leistungen aus einer Hand (Budgetverordnung soll erweitert/ geändert werden)

Rolle des Case Management (CM) Komplexe Fälle hinsichtlich des Bedarfes und der Fallstruktur können CM- Fälle sein Gegenwärtig vereinzelt hohe Dichte von Akteuren kann über das CM gesteuert werden CM kann bei der Ermittlung des individuellen Hilfebedarfes behilflich sein Die Mehrzahl der im Sozialamt beschäftigten Sozialpäda-gogen/innen haben eine Case Managementausbildung

Und nun möchte ich Sie zu Fragen ermuntern! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Und nun möchte ich Sie zu Fragen ermuntern!