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Glaubhaftigkeitsbegutachtung-

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Präsentation zum Thema: "Glaubhaftigkeitsbegutachtung-"—  Präsentation transkript:

1 Glaubhaftigkeitsbegutachtung-
Institut für Rechtsmedizin Glaubhaftigkeitsbegutachtung- Wann muss der Zweifel siegen? Abschiedssymposium für Dr. Madeleine Eggler UPD Bern 23. Juni 2011 Prof. V. Dittmann

2 Das Prinzip «In dubio pro reo»
Wichtigste Grundlage des modernen Strafrechtes Die Unschuldsvermutung gilt bis zum Beweis des Gegenteils! «Lieber 10 Schuldige laufen lassen als 1 Unschuldigen einsperren» Für Sexualstraftaten gelten keine Sonderrechte

3 Zweifel Zwei - faltig Unentschiedenheit zwischen mehreren möglichen Annahmen weil derzeit keine sicheren Gründe für die Wahl einer Alternative ohne Zweifel keine Erkenntnis

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9 Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen
grundsätzlich richterliche Aufgabe Gutachten nur in Sonderfällen: Kindesalter, psychische Störung nicht Glaubwürdigkeit der Person, sondern Glaubhaftigkeit der Aussage primär 2 Hypothesen gleichberechtigt: Aussage realitätsbezogen oder nicht

10 Ziel der Einvernahme: Ermittlung des relevanten Sachverhaltes
Vollständige Objektivität ist nie erreichbar Von der Wahrnehmung eines Ereignisses bis zur protokollierten Aussage laufen komplexe Prozesse ab Diese bieten vielfältige Stör- und Fehlermöglichkeiten Sie müssen bei der Bewertung von Aussagen berücksichtigt werden Die richtige Einvernahmetechnik soll die Fehlerquellen minimieren

11 Von Ereignis zur Wiedergabe
Wahrnehmung + Verarbeitung = subjektives Erlebnis Gedächtnis Abruf Kommunikation mit Gesprächspartner Wiedergabe Protokoll Interpretation des Protokolls durch Dritte

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21 GEDÄCHTNIS ist kein PC und keine Videokamera
Erinnern ist ein aktiver Rekonstruktionsvorgang herausragende Ereignisse als „Blitzlicht“ andere Ereignisse durch Repetition und Assoziation neuere Ereignisse können ältere kontaminieren nachträgliche Informationen können bei subjektiver Realitätsgewissheit Erinnerung verfälschen oder vortäuschen

22 Vom Erlebnis zur Aussage
Wahrnehmung Kurzzeitspeicher Langzeitspeicher Abruf Wiedergabe usw.

23 Leitfrage der Aussagepsychologie (Volbert,1995)
Könnte der Zeuge mit den gegebenen individuellen Voraussetzungen unter den vorliegenden Befragungsumständen und unter Berücksichtigung möglicher Einflüsse diese spezifische Aussage auch ohne Erlebnisbezug machen?

24 Befragung und Analysematerial
fachgerechte Befragung durch speziell ausgebildete Personen ohne Beisein Dritter in zeugengerechter Atmosphäre Tonband oder Video nach OHG i.d.R. nur 2 Befragungen

25 Befragungstechnik: günstige Voraussetzungen
Lockere, entspannte Atmosphäre Bequeme Sitzgelegenheit Keinerlei Störungen Aufmerksamkeit zeigen, auch mimisch Immer Blickkontakt aufnehmen, aber nicht durchdringend anstarren Kurze, klare Sätze Gesprächspartner ausreden lassen Lange Pausen ertragen

26 Befragungstechnik: Stör- und Suggestionseffekte vermeiden
Neutrale Grundhaltung Personen und Handlungen nicht bewerten Schwierigkeit der Situation nicht übertreiben Keine Vorwürfe an Zeugen Bei erkennbaren Konzentrations-problemen Pausen einlegen

27 Befragungstechnik: Ablauf
Begrüßung, Vorstellung mit Namen Transparenz über Umstände und Bedingungen des Gesprächs herstellen Immer in der aktuellen Situation des Gesprächspartners beginnen Zunächst tragfähigen Kontakt herstellen, dann mit neutralem Thema beginnen

28 Befragungstechnik: Ablauf II
Immer Zeugen spontan berichten lassen „trichterförmig“ vorgehen: vom Allgemeinen, Neutralen zum speziellen Fall Immer primär offene Fragen Zeuge soll sein inneres Bild vom der Tatsituation abrufen und möglichst plastisch und anschaulich berichten Auswahl- und Alternativfragen erst am Schluss Komplexe Vorhaltsfragen möglichst vermeiden

29 Befragungstechnik: Ablauf III
Befrager soll wesentliche Inhalte wiederholen um Missverständnisse primär auszuschliessen Kein abruptes Ende des Gespräches sondern Ausklang mit neutralem Thema Erläuterung des weiteren Vorgehens Keine falschen Versprechungen machen!

30 Analyse Es gibt kein „typisches“ Opferverhalten!
nur Originalaussagen verwenden Bei Kindern Zeichnungen, Puppenspiel ungeeignet Kompetenz des Zeugen Entstehungsgeschichte der Aussage Prüfen von Suggestion und anderen Sekundäreinflüssen Motivanalyse (Falschaussage) Konstanz Qualität, und erst dann prüfen, ob Realkennzeichen überhaupt anwendbar

31 Realkennzeichen nach Steller et al.
Grundlage ist die Überlegung, dass eine bewusste Falschaussage eine geistige Leistung darstellt. Es ist leichter, einen Gedächtnisinhalt abzurufen als eine schlüssige Geschichte völlig neu zu erfinden. Realkennzeichen differenzieren nicht ausreichend zwischen real erlebten und nur „implantierten“ Inhalten, von deren Wahrheitsgehalt der Betreffende selbst überzeugt ist!!

32 Anhaltspunkte für Falschbezichtigung I
Entsprechen Sprachgebrauch und Wissensstand der Persönlichkeit und der Vorerfahrung des Aussagenden? Finden sich während der Aussage unangemessene Begleitgefühle oder fehlende Emotionen, die normalerweise bei einem derartigen Bericht zu erwarten sind? Ist der Aussagende besonders suggestionsempfindlich? Finden sich aus dem Gesamtzusammenhang Hinweise auf Fremdbeeinflussung? Fand die Aussage unter Bedingungen statt, die eine realitätsgerechte Wiedergabe behindern?

33 Anhaltspunkte für Falschbezichtigung II
Zeigen sich in der Persönlichkeit oder in der Beziehung zum Beschuldigten Besonderheiten, die ein Motiv für eine Falschbezichtigung erkennen lassen? Finden sich in der Erstaussage, der sogenannten "Geburtsstunde der Aussage" Hinweise auf das Vorliegen eines Motivs für eine Falschbezichtigung? Zeigt die Aussage bedeutende Schilderungen, die mit den Naturgesetzen unvereinbar sind? Gibt es Passagen, die im Widerspruch zu anderen Aussagen desselben oder eines anderen Zeugen stehen? Finden sich wesentliche Widersprüche zu objektiven Sachbeweisen?

34 Das „False Memory Syndrom“
Falsche Erinnerungen können bei besonders suggestiblen Personen induziert werden Der Betreffende hält die Erinnerung selbst für „echt“ Besonders gefährlich bei Kindern und bei bestimmten Psychotherapieverfahren (Hypnose, „Rückführung“)

35 Prof. Elisabeth Loftus faculty.washington.edu/eloftus

36 VERDRÄNGTE ERINNERUNGEN? EIN TYPISCHER FALL
arbeitslose 28j. ledige Erzieherin seit 15. Lj. Anorexia nervosa (Magersucht) beruflich mehrfach gescheitert mehrere kurzfristige Beziehungen zu älteren Männern sexuelle Probleme Schlafstörungen, sexuell getönte Alpträume Psychotherapeutin vermutet sexuellen Missbrauch als Kind Patientin negiert heftig

37 Therapeutin diagnostiziert „Abwehr“
mehrere Hypnosesitzungen mit „Rückführungen“ und gesteuerter Imagination plötzlich erinnert Patientin Missbrauch durch den Vater mit 3 Jahren in zahlreichen Sitzungen berichtet sie über immer neue Details es geht ihr nicht besser, sie ist aber froh, endlich die Ursache ihrer Probleme gefunden zu haben definitives Zerwürfnis mit den Eltern

38 4 NOTWENDIGE ANNAHMEN müssten zutreffen
es gibt eine totale Amnesie kindlicher Traumata „Vergessenes“ ist nur verdrängt es gibt spezifische Missbrauchssymtome mit spezifischen Techniken wie Hypnose können verdrängte Erinnerungen wieder sicher reproduziert werden Keine dieser Annahmen ist richtig!!

39 ERINNERUNGEN AUS DER KINDHEIT
absolute Barriere Lj.: „infantile Amnesie“ danach bis ins Schulalter meist nur bruchstückhafte Erinnerung Korrelation mit der Sprachfähigkeit Vergessen unwichtiger Details ist normal

40 FOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS
Amnesie für traumatische Ereignisse kann vorkommen Erinnerung zumindest des Kerngeschehens ist wesentlich häufiger Erinnerungen vor dem 3. Lj. sind im Erwachsenenalter nicht rekonstruierbar die Gefahr der Implantation nachträglicher Informationen ist gross

41 besonders gefährlich sind suggestive Techniken wie Hypnose
der therapeutische Wert später „Aufdeckungen“ ist zumindest zweifelhaft es gibt kein typisches Verhalten, das Missbrauch beweist bei fahrlässigem therapeutischen Vorgehen sind Haftungsprobleme nicht ausgeschlossen die forensische Bewertung soll SpezialistInnen vorbehalten bleiben

42 Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten
BGH StR 618/98 BGer P. 36/2001 Glaubhaftigkeitsprüfung primär Aufgabe der Gerichte Gutachten nur bei besonderen Umständen Pflicht der Gerichte, Gutachten kritisch zu würdigen professionelle Befragung Voraussetzung Kompetenz der aussagenden Person (Zeugentüchtigkeit) Aussagegenese überprüfen

43 Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten II
Kriterienorientierte Aussageanalyse (Realkriterien) Begutachtungskriterien gemäss aktuellem Forschungsstand Keine Verwendung ungeeigneter Merkmale (sog. „Missbrauchssyndrom“) Nullhypothese gleichwertig überprüfen: Könnte diese Person unter den gegebenen Bedingungen eine derartige Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund machen? Überprüfung von bewusster Falschaussage („Lüge“) und Suggestiver Fremdbeeinflussung (bei Kindern viel häufiger!!)

44 HÄUFIGE FEHLER primäre Unterstellung der Realitätshypothese
Überbewertung der allgemeinen Glaubwürdigkeit Rückschlüsse aus der „Glaubwürdigkeit“ anderer Beteiligter Überbewertung sog. Missbrauchssignale (Zeichnungen, regressives Verhalten etc.) keine sorgfältige Analyse der Entstehungsgeschichte der Aussage Übersehen von Suggestionseffekten (Anzahl der Befragungen !)

45 HÄUFIGE FEHLER II inadäquate Erstbefragung (keine Dokumentation, Video, Tonband) zu grosser zeitlicher Abstand zwischen angeblichen Vorfällen und Exploration keine systematische Analyse der Realkriterien Einsatz projektiver Verfahren wie szenisches Rollenspiel mit Puppen, „als ob Technik“ falscher Einsatz „anatomischer“ Puppen Befragung im Beisein von Bezugspersonen oder anderer Beteiligter

46 Wann hilft ein Gutachten?
Es ist unmöglich, aussagepsychologisch einen Geschehensablauf so zu „beweisen“ wie mit objektiven medizinisch-naturwissenschaftlichen Methoden. Das Gutachten kann aber dabei helfen, Zweifel zu überwinden oder die Unüberwindlichkeit zu begründen. Die letzte Entscheidung muss der Zweifelde selbst fällen.


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