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Arbeit und Liebe bei Charles Fourier

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Präsentation zum Thema: "Arbeit und Liebe bei Charles Fourier"—  Präsentation transkript:

1 Arbeit und Liebe bei Charles Fourier
Eine Einführung von Nemetico (Pedro Kreye)

2 Aus der „Ode an Charles Fourier“ Andre Breton
hell hebt sich ab vom trüben Grau des heutigen Denkens und Trachtens dein Licht Es klärt den Durst nach einem besseren Dasein und birgt ihn vor allem was seiner Reinheit schaden könnte auch wenn ich's (was der Fall ist) für erwiesen hielte daß die Verbesserung des menschlichen Schicksals nur sehr langsam und in Schüben sich vollzieht um den Preis von platten Forderungen und kalten Kalkulationen so bleibt doch ihr wahrer Hebel die Kraft des aberwitzigen Glaubens an den Aufbruch in eine paradiesische Zukunft und letztlich ist sie auch die einzige Hefe der Generationen deine Jugend

3 Gliederung 1. Leben und Werk Charles Fouriers 2. Grundgedanken
3. Die Wirkungsgeschichte Charles Fouriers 4. Die Liebe in der Harmonie 5. Über die Freiheit in der Arbeit 6. Fourierismus und Marxismus

4 1. Leben und Werk Charles Fouriers
Der utopische Sozialist Fourier war einer der sogenannten „Frühsozialisten“. Scharfer Kritiker der Sitten und Gesellschaft seiner Zeit. Entwarf als Gegenbild zur „Zivilisation“ die Zukunftsgesellschaft der „Harmonie“

5 Fourier, François Marie Charles (1772 - 1837)
Kritik der Gesellschaft „Zivilisation“ - Gegen-überstellung der Vision der Harmonie, der höchsten und zukünftigen Stufe der Menschheitsentwicklung. Fourier kritisiert nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Sitten und Moralvorstellungen seiner Zeit. Verspottet als „durchgeknalltester aller Utopisten“, verehrt und bewundert als kühnster aller Visionäre. Er ist Schöpfer des Begriffes „freie Liebe“ (liberte amoureuse), eigentlich „liebende Freiheit“.

6 Die Utopie der Harmonie
Bildung von großen Kommunen (Phalangen), in denen die Menschen zusammen leben und in Produktions-Genossenschaften die Arbeit organisieren. Die Arbeit wird zum Vergnügen werden. Ein Phalansterium ist auch eine Liebes-gemeinschaft. Freie Liebe wird die Regel sein.

7 Der „durchgeknallteste“ aller Utopisten
Ich bin gekommen, um die Menschheit von dem Chaos der Zivilisation, der Barbarei und der Wildheit zu befreien, um ihr mehr Glück zu verschaffen, als sie je zu hoffen wagte, um ihr alle Geheimnisse der Natur zu enthüllen. (Charles Fourier)

8 Lebensdaten geboren in Besancon als Sohn eines Tuchhändlers Gymnasium; Lehrling bei Kaufleuten in Lyon und Rouen Übersiedlung nach Lyon; Revolution; Verwicklung in den Bürgerkrieg Föderierte – Konvent; Beerbung des Vaters; Militärdienst; Verlust seines gesamten Vermögens 1799 Als Kaufmannsgehilfe in Marseille. Beginn der Arbeiten an „der Berechnung der sozialen und erotischen Anziehung“. 1800. Geldmangel, lebt in Lyon als Makler ohne Lizenz. erstmals Erwähnung der „universellen Harmonie“ in einer Artikelserie 1808 Veröffentlichung „Theorie der vier Bewegungen“. 1821 Erscheinen der „Abhandlung über häusliche und landwirtschaftliche Assoziation“, gekürzt um die erotischen Passagen. Ab Lebt als kleiner Angestellter. Wartet auf einen Sponsor für sein erstes Phalansterium. 1837 Fourier stirbt und wird auf dem Montmatre begraben.

9 Aktualität Charles Fouriers
Auf ihm basierten explizit Marx und Engels Vorstellungen vom Kommunismus als Zukunftsgesellschaft, wenn auch modifiziert. Sie erklärten ihn zu einem Genie, der das „Axiom“, das „Ei des Kolumbus“ der Sozialphilosophie in der „anziehenden Arbeit“ gefunden hätte. Er war Vordenker einer sexuellen Revolution, neben dem Freud, Reich und Kinsey schüchtern wirken. Er entwickelte die Konzepte der „anziehenden Arbeit“ als Gegensatz zum Arbeitszwang und des bedingungslosen Grundeinkommens für die besitzlose Klasse.

10 2. Grundgedanken Fourier ist Gegner jeder Vereinheitlichung durch Zwang. Seine Vorstellungen von der Zukunftsgesellschaft Harmonie sind weit weg von der rigiden Monokultur vieler anderer sozial-revolutionärer Modelle (nicht nur) seiner Zeit. Er geht von einem progressivem (ansteigenden) Geschichtsverlauf aus, der in der Harmonie mündet. Die „Zivilisation“ (bürgerliche Gesellschaft) ist nur ein Zwischenstadium mit höchst verachtenswerten Merkmalen. „In der Harmonie ist alles frei“ – die Zukunft basiert auf der Freiwilligkeit und der Kultivierung der Leidenschaften

11 Anziehung und Leidenschaften
Gesellschaftliche Harmonie entsteht nicht durch Unterdrückung von Leidenschaften, sondern durch das Ausleben der verschiedenen, in jedem Individuum anders konzentrierten Anziehungs- oder Assoziationskräfte. Fourier sieht den glücklichen Menschen als ein durch Leidenschaften bewegtes und gesteuertes Wesen. Fourier sagt, dass die Leidenschaften durch "gegenlaufende" Leidenschaften integriert werden können. Sie können zu sozialen Triebfedern in einem harmonischen, förderlichen Ganzen integriert werden (Orchester – Bild).

12 Gegengewichte und Gegenläufer
Unterdrückung von Leidenschaften ist sinnlos und schädlich, sie müssen vielmehr orchestriert und gelenkt werden. Jeder Leidenschaft kann eine ihr gegenlaufende und damit sie zurücknehmende entgegengesetzt werden. „Der Hang zu Greueltaten ist nichts anderes als das Ergebnis angestauter Leidenschaften“

13 Verfechter der Rechte der Frau
"Die Harmonie entsteht nicht, wenn wir die Dummheit begehen, die Frauen auf Küche und Kochtopf zu beschränken. Die Natur hat beide Geschlechter gleichermaßen mit der Fähigkeit zu Wissenschaft und Kunst ausgestattet." „Kann man nur einen Schimmer von Gerechtigkeit in dem Los erblicken, das den Frauen beschieden ist?“ „Allgemein läßt sich die These aufstellen: der soziale Fortschritt vollzieht sich entsprechend den Fortschritten in der Befreiung der Frau“.

14 Gegen die Kleinfamilien - Ehe
„Das heutige System, das den Zusammenschluß der Menschen infolge der Isolierung der Haushalte auf ein Minimum beschränkt, hat die Menschheit auf den Gipfel der Verderbtheit geführt“ „Die Zivilisation bewirkt, daß der Mensch in ewigem Kriegszustand mit seinesgleichen lebt und jede Familie der geheime Feind aller anderen Familien ist“. In der Zivilisation kann die Liebe (…) keinen freien Aufflug nehmen, denn sie ist in der Ehe gefangen“.

15 Fouriers gedankliche Methoden
Fourier offenbart seine Methoden (die Friedrich Engels als „meisterlich gehandhabte Dialektik“ bezeichnet) als die des »absoluten Abstands« und des »absoluten Zweifels«. Der absolute Abstand bezeichnet die Distanz, die ihn, den Seher einer neuen Ordnung, von seiner Zeit und ihren Anschauungen trennt. Das Prinzip des absoluten Zweifels (die Cartesianische Methode nachvollziehend), d.h. die Notwendigkeit der Herleitung aller Theorie aus ersten Prinzipien (induktiv statt deduktiv).

16 Wichtige Grundbegriffe in Fouriers Werk
Fourier erfindet zum Teil neue Begriffe oder definiert bekannte Begriffe auf eigenwillige Weise neu. Daher ein kurzes Glossar seiner „Kennworte“ Attraktion Aufflug Serie Gott Phalansterium Liebeshof usw.

17 Anziehung „attraction“
Zwischen Leidenschaften und der Arbeit der Menschen wirken berechenbare Anziehungskräfte (analog Newtons physikalischen Anziehungskräften). Der Mensch kann nur kraft vielfacher Beziehungen seine Bestimmung finden. Als Einzelner ist er nicht in der Lage, sich zu entfalten.

18 Aufflug „essort“ Entwicklung bzw Entfaltung einer Leidenschaft.
Jede Leidenschaft hat eine Triebfeder (ressort), der Raum gegeben werden muß, damit sie „auffliegen“ kann. Der Aufflug aller Leidenschaften ist erst in der Gesellschaftsstufe der Harmonie vollständig zu verwirklichen.

19 Celadonische Liebe Fouriers Begriff für „spirituelle, romantische Liebe“, nach dem Helden Celadon des Schäferromans Astee. In der Zivilisation scheinbar hochgehalten, in Wirklichkeit aber verachtet. Gegenbegriff zur „materiellen Liebe“ (=Kopulation). In der Harmonie erst wird sie gleichberechtigt mit der materiellen Liebe sein und ihren wirklichen Aufflug erleben.

20 Drehpunkt (pivot) Bezeichnet bei Fourier das wichtigste Element eines Systems. Den Newtonschen Bewegungsgesetzen entlehnt. So ist die Sonne der Drehpunkt im Sonnensystem die Familie in der Zivilisation das Phalansterium in der Harmonie der Unitismus ist die Drehpunkt-Leidenschaft in der Harmonie So gibt es Drehpunktliebe auch bei Polygamen, etc.

21 Hebel (levier) Von Fourier gern gebrauchter Begriff, um Methoden zu bezeichnen, ein Vorhaben zur Entfaltung zu bringen. Insbesondere für die „anziehende Arbeit“ ist ein System von Hebeln zu verwirklichen, die in „zum Aufflug gebrachten“ Leidenschaften bestehen.

22 Serie Organisationsform, die auch in der Natur anzutreffen ist. Sie ist nach Fourier die natürliche Organisationsform des Menschen: Sorgfältig zusammengestellte Einheit von Gruppen unterschiedlichen Alters, Besitzes, Intelligenz, die eine mehr oder weniger starke gemeinsame Neigung für eine bestimmte Leidenschaft haben.

23 Leidenschaft (passion)
Nach Fourier läßt sich die Bestimmung des Menschen in seine Leidenschaften auflösen, die wiederum Anziehungskräfte zwischen Menschen bewirken. Leidenschaften ersetzen in der Harmonie den Zwang durch Not oder Gewalt. Leidenschaften verzweigen sich baumartig, ausgehend von drei Ästen, sich „in eine Fülle von Nuancen verzweigend“.

24 Die Leidenschaften Fourier entwickelte ein ausgefeiltes System von Leidenschaften, das aus heutiger Sicht überholt und unzureichend erscheinen mag, aber in sich und insgesamt schlüssig ist. Sein Grundgedanke war, die Leidenschaften und ihre Antriebe grundsätzlich anzunehmen und zu einer Einheit zu bringen durch ihren „Aufflug“. Keines dieser Bedürfnisse sei in seiner Triebfeder schlecht.

25 Die 12 + 1 Leidenschaften Fouriers System der Leidenschaften
Luxurismus: die 5 Sinne 1. Sehen 2. Hören 3. Berühren 4. Schmecken 5. Riechen Gruppismus: 6. Familiensinn (Fürsorge) 7. Ehrgeiz 8. Freundschaft 9. Liebe Seriismus: 10. Flatterlust 11. Streitlust (Wettstreit) 12. Übereinstimmungs-Lust (auch: Begeisterung)

26 Unitismus Die „13. Leidenschaft“ nach Fourier ist die Drehpunkt – Leidenschaft (Pivotale). Gegenleidenschaft zum Egoismus (zerstückelte sonstige Leidenschaften). Es ist die Neigung des Individuums, sein Glück mit dem Glück aller anderen in Einklang zu bringen. Verwirklichung des Unitismus bedeutet „kollektiven Aufflug aller Leidenschaften“.

27 Gott (dieu) Fourier ist kein Atheist, sondern Pantheist.
Entgegen christlichem Verständnis ist sein Gott aber kein Gott der Moral, sondern ein sozialer, triebbejahender Gott und Schöpfer des sozialen Codes (manifestiert sich gewissermassen in den Leidenschaften). Wie für viele christliche Ketzer der Geschichte ist für Fourier die sexuelle Vereiniguung von Gott gewollter Weg zur Vollendung des Menschen (das Heilige ist unauflöslich mit dem Erotischen verbunden) Die religiösen Kulte müssen die Liebe zu Gott mit der Liebe zu den Vergnügungen verbinden (Kultus der wollüstigen Leidenschaften)

28 Phalansterium (phalanstere)
Die aus rund 1620 Personen bestehende Phalanx ist für Fourier die Basiseinheit der Harmonie, ein Drehpunkt des sozialen Mechanismus. Es handelt sich um Groß-gemeinschaften, die sowohl Landwirtschaft als auch Manufakturproduktion betreiben. Eine Phalanx besteht aus einer nicht festgelegten Anzahl von Serien, die ihrerseits wieder aus Neigungsgruppen bestehen.

29 Liebeshof (court d‘amour)
Die Liebe in der Harmonie ist – auf Grundlage der Freiwilligkeit – institutionalisiert und eine öffentliche Angelegenheit. Menschen sind Mitglieder in sogenannten Liebesklassen, die ihren Neigungen entsprechen. Der Liebeshof registriert jeden Wechsel in den Beziehungen oder von Liebesklasse zu Liebesklasse und wird von einer Hohepriesterin geleitet. Wechsel ist jederzeit möglich.

30 Zerstückelte Arbeit (travail morcele)
„Die Zerstückelung der Arbeit ist eines der Hauptlaster der Zivilisation“ Die Konzentration auf einen einzigen Beruf entspricht nicht der menschlichen Natur. Das daraus resultierende Streben nach individueller Bereicherung und Abkapselung ist verderblich. Auch: „zerstückelter Haushalt“

31 Geschichtsepochen nach Fourier
Ungeordnete Serien Wildheit Patriarchat Barbarei Zivilisation (Fouriers HEUTE, bürgerliche Ges.) Garantismus (genossenschaftliche Ordnung) Soziantismus (Unvollständige Serien) Harmonie

32 3. Die Wirkungsgeschichte Charles Fouriers
Der geniale Einzelgänger warf in deinen Schriften bis 1837 alle Moralbegriffe über den Haufen, die zu seiner Zeit galten, und entwarf die Grundzüge einer gesellschaftlichen und sexuellen Revolution. Er wurde (sowieso) vom etablierten System, aber auch von anderen Frühsozialisten (Proudhon, Leroux, Cabet) erbittert angegriffen. Gleichwohl fand er begeisterte Anhänger, auch unter Ausländern: zum Beispiel Heinrich Heine, Georg Herwegh, vor allem aber Karl Marx und Friedrich Engels.

33 Verrat durch seine Schüler
Nach seinem Tod zensierten ihn auch seine Schüler und unterschlugen seine Vorstellungen von der Freiheit der Liebe als „soziale Unschicklichkeit“ in seinen veröffentlichten Texten („notwendige Auslassungen“). Seine Schüler unterdrückten die Teile seiner Lehre, die von den „harmonischen Sitten“ handelt. „Notgedrungen“ würde die „Arbeit darunter leiden“, wenn der „Grundsatz der Freiheit der Liebe“ verkündet würde. Die sich auf ihn berufene Richtung der Fourieristen degenerierte zur Sekte, blieb auf bürgerliche Philanthropen beschränkt und verschwand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

34 Fourier und der Marxismus
Wie aber, wenn die Schriften Fouriers »nur« literarischen Wert hätten, wäre es zu erklären, daß wissenschaftlich-analytische Denker wie Marx und Engels ihn durchaus ernstgenommen haben, daß Marx ihn in die Ahnenreihe des wissenschaftlichen Sozialismus aufnimmt und daß Engels schreibt, Fourier bediene sich der Dialektik mit der gleichen Meisterschaft wie Hegel? Elisabeth Lenk in Einleitung zur deutschen Ausgabe der „Theorie der vier Bewegungen“ von Charles Fourier 1966

35 Begeisterte Zustimmung bei Marx und Engels
Die jungen Hegelianer Marx und Engels beschäftigten sich ab 1842 mit den Schriften des großen Utopisten. Fourier ist für sie ein „Genie“, der „grösste Satiriker aller Zeiten“, hat das „Ei des Kolumbus der Sozialphilosophie“ gefunden. Sie begannen auch seine Verachtung gegenüber der „reinen Philosophie“ zu übernehmen (was letztlich in den Thesen über Feuerbach mündete). Besonders Engels studierte das Gesamtwerk Fouriers und verteidigte ihn engagiert und sogar wütend gegen seine Kritiker (z.B. Eugen Dühring). Fouriers Vision von der „Harmonie“ wurde zum Bezugspunkt ihrer Vorstellungen von einer kommunistischen Zukunftsgesellschaft. Sie benannten aber auch seine unbestreitbaren zeitbedingten Unzulänglichkeiten und Inkonsequenzen: keine Abschaffung der sozialen Klassen, vorindustrielle Produktionsformen usw, mahnten aber ausdrücklich an, das „Gold“ in seiner Soziologie nicht zu übersehen, sondern aufzugreifen und zu übernehmen.

36 Engels über Fouriers Thesen zur anziehenden Arbeit
„Fourier weist nach, daß jeder mit der Neigung für irgendeine Art von Arbeit geboren wird, (…) daß das Wesen des menschlichen Geistes darin besteht, selber tätig zu sein (…), und daß daher keine Notwendigkeit besteht, Menschen zur Tätigkeit zu zwingen, wie im gegenwärtig bestehenden Gesellschaftszustand, sondern nur die, ihren natürlichen Tätigkeitsdrang in die richtige Bahn zu lenken. Er (…) zeigt die Vernunftwidrigkeit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung, die beide voneinander trennt, aus der Arbeit eine Plackerei und das Vergnügen für die Mehrheit der Arbeiter unerreichbar macht; weiter zeigt er, wie (….) die Arbeit zu dem gemacht werden kann, was sie eigentlich sein soll, nämlich zu einem Vergnügen, wobei jeder seinen eigenen Neigungen folgen darf. (…)“ (Friedrich Engels: „Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent“)

37 Theorie der freien Arbeit
„Ich kann natürlich nicht Fouriers gesamte Theorie der freien Arbeit durchgehen, und ich denke, dies wird genügen, um den englischen Sozialisten zu zeigen, daß der Fourierismus eine Sache ist, die durchaus ihre Aufmerksamkeit verdient. Es ist außerdem Fouriers Verdienst, die Vorteile, oder besser gesagt die Notwendigkeit des Zusammenschlusses gezeigt zu haben. Es dürfte genügen, dieses Thema lediglich zu erwähnen, da ich weiß, daß die Engländer sich seiner Wichtigkeit durchaus bewußt sind. (Friedrich Engels: „Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent“)

38 Engels Kritik an Fourier
Es gibt jedoch im Fourierismus eine sehr schwerwiegende Inkonsequenz, und zwar die Beibehaltung des Privateigentums. In seinen Phalanstères oder genossenschaftlichen Gemeinden gibt es Reiche und Arme, Kapitalisten und Arbeiter. Das Eigentum aller Mitglieder wird in einen gemeinsamen Fundus eingebracht, das Unternehmen betreibt Handel, landwirtschaftliche und gewerbliche Tätigkeit, und der Ertrag wird unter die Mitglieder verteilt: ein Teil als Arbeitslohn, ein zweiter Teil als Prämien für Fachkenntnis und Begabung, ein dritter als Verzinsung des Kapitals. (...) Dabei können wir natürlich nicht stehenbleiben, und auch die Franzosen haben hierbei nicht haltgemacht. (Friedrich Engels: „Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent“)

39 Fourier geriet in Vergessenheit
Noch August Bebel schrieb 1869 eine Monographie des großen Utopisten, dessen Visionskraft er bewunderte. Noch Rosa Luxemburg kannte ganz offensichtlich seine Schriften und zitierte geflügelte Worte daraus (etwa in ihrer Polemik gegen Eduard Bernstein). Auch Lenin waren die Theorien Charles Fouriers ganz offenkundig bekannt, da er 1923 den Begriff der „genossenschaftlichen Ordnung“ von Fourier gebrauchte, als anstehende Aufgabe des sowjetischen Arbeiterstaates. Der Surrealist und Trotzkist Andre Breton schrieb 1945 seine geradezu hymnische „Ode an Charles Fourier“, nachdem er das Werk des nur noch dem Namen nach bekannten großen Utopisten gelesen hatte. Im Bereich des „offiziellen“ Marxismus (=Stalinismus) allerdings wurde Fourier und seine Vision von der Harmonie zunächst vergessen und totgeschwiegen. Stalin verstieg sich zu der Behauptung, Marx wäre ein „Feind der utopischen Sozialisten“ und mithin Charles Fouriers gewesen (eine Geschichtsfälschung, wenn auch nicht die schlimmste). Sogenannte „kommunistische“ Staaten, die sich auf Marx und Engels beriefen, waren strukturell als Zwangssysteme das glatte Gegenteil von Fouriers Harmonie, die für Marx und Engels hinsichtlich der Organisation der Arbeit das Leitbild von einer kommunistischen Zukunftsgesellschaft war.

40 4. Die Liebe in der Harmonie
Vorbedingung der Harmonie: eine neue Erziehung („kein Kind ist schlecht“). Wohltaten der Harmonie („Alles für das Vergnügen“) Kanzlei des Liebeshofes Liebesdienste im Alter Über die Orgie

41 Fourier und die Liebe in der Harmonie
Wenn es auch schwerfallen dürfte, den Ausführungen Fouriers mit eben dem Ernst und der Naivität zu folgen, die zweifellos den Autor beseelten, so wird doch nur der einen Text wie den vorliegenden mit Gewinn lesen, dem es ergeht wie einem der ersten Rezensenten Fouriers, der im >Mercure de France< vom 9. Januar 1830 schreibt, er habe bei der Lektüre eines eben erschienenen Fourier-Buchs an seiner eigenen Vernunft mindestens ebenso sehr gezweifelt wie an der Fouriers. Elisabeth Lenk in Einleitung zur deutschen Ausgabe der „Theorie der vier Bewegungen“ von Charles Fourier 1966

42 Fouriers Auffassungen von der Liebe in der Harmonie
„Seit nunmehr dreitausend Jahren besudelt man die Erde mit den abgeschmacktesten Faseleien über die Leidenschaften. Wir müssen dem Übel ein Ende setzen, methodisch vorgehen in jedem Bereich, der das schmerzliche Rätsel der Leidenschaften berührt“ „Wenn wir in der Harmonie alle Schattierungen der Liebe erfaßt haben werden, wird diese bei uns so verachtete Triebfeder unzählige Quellen der Begeisterung erschließen“

43 Fouriers Auffassungen von der Liebe in der Harmonie
„Die Liebe ist die mächtigste Triebkraft der leidenschaftlichen Annäherung, selbst bei antipathischen Charakteren. Darum ist die Liebe diejenige Leidenschaft, die am geeignetesten ist, Beziehungen zwischen Menschen zu knüpfen“ „In der Harmonie, wo niemand arm und für jedermann bis ins hohe Alter die Liebe zugänglich ist, widmet ein jeder dieser Leidenschaft einen bestimmten Teil des Tages; die Liebe wird zur Hauptbeschäftigung“

44 Gesetzmässigkeiten der Leidenschaften
„Jede Leidenschaft bringt ihr Gegenstück hervor, das ebenso schädlich ist, wie die natürliche Leidenschaft heilsam gewesen wäre“. „(…) der menschlichen Vernunft hätte es besser angestanden, jene unbezwingbaren Kräfte, die man Leidenschaften nennt, nicht zu kritisieren, sondern deren Gesetze zu studieren“.

45 Liebesordnungen Sind in der Harmonie Neigungsklassen, die jederzeit freiwillig gewechselt werden können Beispiele (in der Reihenfolge wachsender sexueller Vieltfalt): Vestalen und Vestalinnen (keine körperliche Liebe) Damoiseaux, Damoiselles (monogame Treue) Odalisken (ab hier ansteigend polygam) Fakiressen …. Bacchanten und Bacchantinnen Bayaderen (reisende Priesterinnen und Priester der Lust)

46 Zugehörigkeit zu Liebesordnungen
„Jeder Mann und jede Frau werden völlig frei sein, nach eigenem Gutdünken zu handeln und ihren Geschmack zu wechseln, wann immer es ihnen gefällt; aber sie sind verpflichtet, sich der Gruppe anzuschließen, die ihre vorherrschende Leidenschaft pflegt“.

47 Merkmale der Liebe in der Harmonie
Alles für das Vergnügen. Freie Frauen. Der Harmonische Ball. Nichts ist anstößig. Kein Monogamiegebot. Überwindung der Eifersucht (u.a. durch ihre „Kultivierung“) Nicht nur Paare, sondern auch Quartette, Sextette etc. Hörner aufsetzen für alle, die darauf „stehen“. Kein Konflikt mehr zwischen Zärtlichkeit und sexuellem Begehren. Das „Fiasko“ ist nicht mehr beschämend. Unbeständigkeit wird zur Tugend. Versöhnung von Unbeständigkeit und Treue.

48 Alles für das Vergnügen
„Bei der Berechnung der Anziehung muß sich alles um das Vergnügen drehen, alles muß auf die Garantie der Vergnügungen zielen“ „In der Harmonie, wo großer Überfluß und eine ungeheure Vielfalt von Vergnügungen herrscht und wo das harmonische Leben allgemeine Eintracht verlangt, muß der religiöse Kult die Liebe zu Gott mit der Liebe zur Lust verbinden, die keine Gefahren mehr bergen wird“

49 Polygamie „Die Polygamie, bei den Zivilisierten und Barbaren ein Auswurf der Leidenschaft, wird in der Harmonie eine hochherzige Beziehung sein (….)“. „Mit gutem Grund darf ich verheißen, daß die Harmonie Keime der freiheitlichen Liebe hervorbringen wird, die in der entgegengesetzten Richtung wie unsere (heutigen) Bräuche und (….) eine hochherzige und heilige Trunkenheit, eine erhabene Wohllust bescheren wird, die unserem heutigen Egoismus weit überlegen ist“

50 Laster und Tugend in der Harmonie
„Laster heißt vor dem Gesetz der Attraktion alles, was die Zahl der Beziehungen vermindert, Tugend alles, was sie vermehrt“

51 Auch die Monogamie ist erlaubt….
„Jedem Paar steht es frei, den Ehebund einzugehen; er wird sogar begünstigt und gefestigt durch die Einführung von Ehe-Pausen, d.h. der Aufhebung der Treuepflicht für eine vereinbarte Zeitspanne, sofern diese Aufhebung in der Kanzlei des Liebeshofs registriert wird“. „In der Harmonie wird es keine Fallstricke mehr geben. Die Paare erlangen die höheren Liebesgrade erst im Laufe der Zeit; anfangs haben sie keinen anderen Titel als den des Favoriten oder der Favoritin“.

52 Unbeständigkeit wird zur Tugend
„Wir werden (….) zeigen, daß die unbeständige Liebe in der Harmonie die höchsten sozialen Tugenden hervorbringt“ „Die Unbeständigkeit birgt keine Gefahren mehr und ist nützlich, wenn sie freundschaftliche Beziehungen hinterläßt“ „Die offen geübte Unbeständigkeit hat nichts Lasterhaftes an sich, zumal dann nicht, wenn sie auf gegenseitigem Einverständnis beruht“.

53 „Drehpunktliebe“ Polygyne haben die „Eigenart, sich einen oder mehrere Drehpunkte in der Liebe zu schaffen, (…) eine Neigung, die sich durch alle Stürme der Unbeständigkeit erhält“. „Bei dieser Liebe handelt es sich also um eine zusammengesetzte Beständigkeit, die (…) den Titel einer transzendenten Treue verdient“. „Die Drehpunktliebe ist wahrlich eine transzendente Treue, und umso erhabener, als sie die Eifersucht überwindet, welche die gewöhnliche Liebe verunstaltet“.

54 Die „Zwiespältigkeiten“
Weit entfernt von einer durch Zwänge und Verbote reglementierten Sexualität erweist sich Fourier als Kenner vielfältiger Spielarten der Sexualität (Homo- und Bisexualität, „Perversionen“, Sado-Masochismus usw.). Sogenannte „Zwiespältigkeiten“ oder „Absonderlichkeiten“ werden „in der Harmonie den Aufflug der sozialen Tugenden ungemein begünstigen“, sie sind „unendlich kostbar“, „für die Einheit des Systems der Bewegung wahrhaft unerläßlich“, „wie die Zapfen und Fugen in einem Gebälk“. „Die Natur will in den Vergnügungen eine ungeheure Vielfalt“.

55 Zwiespältigkeiten: Homosexualität
Homosexualität bezeichnet Fourier als „unisexuell“, allerdings nicht wie später Siegmund Freud als „Abirrung“. Gegenüber der „Knabenliebe“ verhehlt er seine „Nachsicht“ nur schlecht. Er weiß um die Homosexualität bei antiken Autoren wie Lykurg, Sokrates, Platon, Cäsar (kennt Plutarch sehr gut), aber auch um das antike Lesbiertum und heißt es gut. In der Harmonie werden „unisexuelle Orgien“ ihren Raum bekommen.

56 Die Harmonie und die Zwiespältigkeiten
Selbst wenn nur vierzig Menschen auf der ganzen Welt einer speziellen Neigung nachgehen, „dann wird man sich bemühen, diese 40 Sektierer zusammenzubringen“, deren Zusammenkünfte eine „Pilgerfahrt“ sein würden, die „ebenso heilig ist wie die Reise nach Mekka“. Es ist die Aufgabe der Harmonie, deren Anhänger „zum Schutze dieser Art von Lustbarkeit zusammenzuschließen“. In der Harmonie wird man sich „des Zwiespältigen bedienen“, die zweispältigen Neigungen werden sich „in Tugenden wandeln“, das Zwiespältige dient, wie alle anderen Leidenschaften auch, dem guten Fortgang des „gesellschaftlichen Konzerts“.

57 Freiheit und Zwiespältigkeiten
Die Betrachtung der Zwiespältigkeiten in den erotischen Leidenschaften führt Fourier aber nicht zur Beliebigkeit und zur Gleichgültigkeit gegenüber Zwang und Gewalt. Insbesondere die Sklaverei und die Erniedrigung der Frau werden von Fourier angeklagt und verdammt. Freiwilligkeit und der Zusammenschluß von Menschen nach ihren Neigungen in Serien ist prinzipielle Grundlage seines Konzepts.

58 Die harmonische Orgie „Die Natur treibt uns zur Liebesorgie“, sie ist „ein natürliches Bedürfnis des Menschen“ und es muß lediglich „die Ausübung dieses Vergnügens geregelt werden“. „Sie verstärkt die Sympathien jedes Einzelnen durch eine gemeinsame, kollektive Leidenschaft, die für alle Beteiligten eine neue Beziehung bedeutet“. Fourier beschreibt bis ins einzelne zahlreiche Spielarten der „harmonischen Orgie“.

59 Liebesrechte alter Menschen
In der Zivilisation ist das Alter verachtet, die alten Menschen haben kein Recht auf die Wohltaten der Liebe. In der Harmonie dagegen werden Knaben reife Frauen lieben können und Mädchen reife Männer. „Jeder Greis wird aufgrund seiner Erfahrung ein wertvoller Gefährte der Serien sein“.

60 5. Über die Freiheit in der Arbeit
Nach der Bibel ist Arbeit eine Strafe für den Menschen. Für Fourier ist nur „Zivilisierte Arbeit“ ein Unglück für die Menschen. Die Arbeit ist in der Zivilisation bei Reichen verpönt. Arme müssen arbeiten. Wie ist so Liebe zur Arbeit möglich? Das ist in der Gesellschaftsstufe der Zivilisation nicht möglich, sondern erst in den „leidenschaftlichen Serien“ der künftigen Gesellschaftsepochen. Dazu muss die Menschheit bewusst und zielbewusst Übergangsphasen schaffen und gestalten.

61 Andre Breton zu Charles Fourier
Mag auch die Soziologie mit wichtiger Miene und mit leicht übertriebenem Nachdruck verkünden, daß sie nunmehr erwachsen sei, ich sehe nicht, mit welchem Recht sie Werken wie dem Ihren den Stempel des Unstimmigen und Lächerlichen aufdrückt, Werken, in denen eine Kühnheit, die noch keine Grenzen kennt, wirklicher Humanität dienstbar wird. (Andre Breton)

62 Überflüssige, vergeudete Arbeit
„Nichts ist lächerlicher als das Durcheinander, das in der Arbeit der Zivilisierten herrscht, die doch unzählige ökonomische Abhandlungen verfaßt haben“ Zwei Drittel der Bevölkerung gehen nach Fourier (gestorben 1837) keinen oder sogar negativen Beschäftigungen nach.

63 Parasiten der Arbeit Parasiten der Arbeit sind für Fourier zum Beispiel: an den Haushalt gefesselte Frauen; alle Angestellten, „deren Tätigkeiten nur infolge der zerstückelten Arbeit nötig sind und darum in der Assoziation überflüssig werden“; Militärapparate; Staatsbeamte; Arbeiten für die Regierung, die „jeder zu betrügen sucht“; „neun Zehntel“ der Kaufleute und Handelsagenten

64 Recht auf Arbeit „Gebt dem Zivilisierten eine Arbeit, die ihm unwiderruflich gehört und die er ausüben kann, wie und wann es ihm gefällt, ohne daß er von einem ungerechten Aufseher abhängig ist und sich mit Leuten einlassen muß, deren Sitten ihn abstoßen. Gebt dem Zivilisierten die gleichen Rechte wie dem Wilden, dem keine Macht der Welt das Recht streitig machen kann, die gleichen Arbeiten auszuführen wie die Häuptlinge seiner Horde“.

65 Anziehende Arbeit Viele Geschöpfe im Tierreich arbeiten mit Lust, obwohl sie doch faul sein könnten. Zugrunde liegt ein „Sozialer Mechanismus“, der bewirkt, daß sie (die Tiere) ihr Glück in der Arbeit finden: „…bei ihnen hat die Anziehung alle Mühsal in Lust verwandelt“. Dieser soziale Mechanismus ist auch dem Menschen zueigen. Leidenschaften müssen als die Triebfedern der Arbeit, als „Hebel“ eingesetzt werden. Statt Organisationen und Systeme des Arbeitszwangs Oganisationen und Systeme der anziehenden Arbeit.

66 Bedingungsloses Grundeinkommen
In La Fausse Industrie (1836) begründet Fourier, dass das Verbot fundamentaler Naturrechte – wie jagen, fischen, Früchte sammeln oder das Vieh auf dem Gemeinschaftsbesitz zu weiden – darauf hindeutet, dass die „Zivilisation“ jedem, der keine Möglichkeit hat, seine Bedürfnisse zu decken, einen Lebensunterhalt schuldet.

67 Bedingungsloses Grundeinkommen

68 Grundeinkommen plus anziehende Arbeit
»Da andererseits die Vielzahl, der ein reichliches Minimum garantiert wird, nur wenig oder überhaupt nicht arbeiten möchte, sollte ein zur Arbeit anreizendes Industriesystem geschaffen und organisiert werden, das den Arbeitswillen des Volkes trotz seines Wohlbefindens weiterhin wachhält.« Charles Fourier, Die falsche Industrie, Paris 1836

69 Friedrich Engels über Fouriers Theorie von der Arbeit
„Fourier war es, der zum ersten Male das große Axiom der Sozialphilosophie aufstellte: Da jedes Individuum eine Neigung oder Vorliebe für eine ganz bestimmte Art von Arbeit habe, müsse die Summe der Neigungen aller Individuen im großen ganzen eine ausreichende Kraft darstellen, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen. Aus diesem Prinzip folgt: wenn jeder einzelne seiner persönlichen Neigung entsprechend tun und lassen darf, was er möchte, werden doch die Bedürfnisse aller befriedigt werden, und zwar ohne die gewaltsamen Mittel, die das gegenwärtige Gesellschaftssystem anwendet. Diese Behauptung scheint kühn zu sein, und doch ist sie in der Art, wie Fourier sie aufstellt, ganz unanfechtbar, ja fast selbst-verständlich - das Ei des Kolumbus“. (Engels in Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent 1843)

70 Bedingungen für anziehende genossenschaftliche Arbeit
Jeder Arbeiter ist Assoziierter, Dividende statt Lohn. Bezahlung entsprechend drei Fähigkeiten: Kapital, Arbeit, Talent. Arbeitsperioden müssen (bis zu 8 mal) wechseln, denn „Begeisterung für eine Sache kann in Landwirtschaft / Manufaktur nicht länger als 2 Stunden anhalten“. Arbeit in Gesellschaft von Freunden. Werkstätten und Anbauflächen müssen durch Eleganz und Sauberkeit bestechen. Arbeitsteilung so fortgeschritten, daß jeder Mensch sich den Arbeiten widmen kann, die ihm zusagen. Volles Recht auf Arbeit (sofern Aufrichtigkeit und Befähigung unter Beweis gestellt worden ist).

71 Fouriers genossenschaftliche Vorstellungen
Fourier ging also nicht von einer Aufhebung der Klassen aus, sondern im Grunde von der Aussöhnung von Klasseninteressen. Die meisten seiner ökonomischen Vorstellungen diesbezüglich sind und waren daher angreifbar. Fourier schrieb aus der Perspektive des vorindustriellen Frankreich, kannte noch nicht das moderne Industrieproletariat und war der politischen Sphäre gegenüber gleichgültig (Politik war für ihn Ausdruck der verhassten „Zivilisation“). An der im Grunde an Aktiengesellschaften orientierten Genossenschaftskonzeption scheiterten auch die Versuchsphalanxen seiner Schüler (Fourieristen). Bleibender wertvoller Kern seines Systems ist aber das Konzept der anziehenden Arbeit.

72 Die Arbeit beflügelnde Leidenschaften
Die wichtigsten Leidenschaften für die Arbeit sind nach Fourier Flatterlust, Streitlust, Übereinstimmungslust Aber auch alle anderen Leidenschaften sind geeignet, die Arbeit zu beflügeln. Er beschreibt ausführlich die „Aufstellung von Armeen (der Arbeit) mit Hilfe der Galanterie“ in der harmonischen Zukunft. Die „Arbeitsbörse“ ist die Institution der Harmonie zur Verteilung und Organisation der anziehenden Arbeit (Vermittlung von Arbeitsbedarf und Leidenschaften)

73 6. Fourianismus und Marxismus
Warum verschwanden die Fourierschen Beiträge zum wissenschaftlichen Sozialismus, explizit hereingenommen durch Marx und Engels, fast vollständig aus dem Bewusstsein der „Marxisten“?

74 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
An Marx und Engels jedenfalls lag es nicht; sie verehrten Fourier geradezu hymnisch. Fourier, wie man sieht, handhabt die Dialektik mit derselben Meisterschaft wie sein Zeitgenosse Hegel. (Friedrich Engels: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft„)

75 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Zentrale Kategorien des wissenschaftlichen Sozialismus („Marxismus“) stammen von Charles Fourier. Und der Charakter dieser Krisen ist so scharf ausgeprägt, daß Fourier sie alle traf, als er die erste bezeichnete als: crise pléthorique, Krisis aus Überfluß. (Friedrich Engels: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft„)

76 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
In diesen beiden Erscheinungsformen des ihr durch ihren Ursprung immanenten Widerspruchs bewegt sich die kapitalistische Produktionsweise, beschreibt sie auswegslos jenen "fehlerhaften Kreislauf", den schon Fourier an ihr entdeckte. Aber "der Oberfluß wird Quelle der Not und des Mangels" (Fourier), weil er es gerade ist, der die Verwandlung der Produktions- und Lebensmittel in Kapital verhindert. (Friedrich Engels: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft„)

77 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Fourier nimmt die Bourgeoisie, ihre begeisterten Propheten von vor und ihre interessierten Lobhudler von nach der Revolution beim Wort. Er deckt die materielle und moralische Misere der bürgerlichen Welt unbarmherzig auf; er hält daneben sowohl die gleißenden Versprechungen der frühern Aufklärer von der Gesellschaft, in der nur die Vernunft herrschen werde, von der alles beglückenden Zivilisation, von der grenzenlosen menschlichen Vervollkommnungsfähigkeit, wie auch die schönfärbenden Redensarten der gleichzeitigen Bourgeois-Ideologen; er weist nach, wie der hochtönendsten Phrase überall die erbärmlichste Wirklichkeit entspricht, und überschüttet dies rettungslose Fiasko der Phrase mit beißendem Spott. (Friedrich Engels: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft„)

78 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Fourier ist nicht nur Kritiker, seine ewig heitre Natur macht ihn zum Satiriker, und zwar zu einem der größten Satiriker aller Zeiten. (...) Noch meisterhafter ist seine Kritik der bürgerlichen Gestaltung der Geschlechtsverhältnisse und der Stellung des Weibes in der bürgerlichen Gesellschaft. Er spricht es zuerst aus, daß in einer gegebnen Gesellschaft der Grad der weiblichen Emanzipation das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation ist. Am großartigsten aber erscheint Fourier in seiner Auffassung der Geschichte der Gesellschaft. Er teilt ihren ganzen bisherigen Verlauf in vier Entwicklungsstufen: Wildheit, Patriarchat, Barbarei, Zivilisation, welch letztere mit der jetzt sogenannten bürgerlichen Gesellschaft, also mit der seit dem 16. Jahrhundert eingeführten Gesellschaftsordnung zusammenfällt, und weist nach, "daß die zivilisierte Ordnung jedes Laster, welches die Barbarei auf eine einfache Weise ausübt, zu einer zusammengesetzten, doppelsinnigen, zweideutigen, heuchlerischen Daseinsweise erhebt“. (Friedrich Engels: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft„)

79 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Ich beabsichtigte anfangs, die brillante Kritik der Zivilisation, die sich in den Werken Charles Fouriers zerstreut vorfindet, neben diejenige Morgans und meine eigne zu stellen. Leider fehlt mir die Zeit dazu. Ich bemerke nur, daß schon bei Fourier Monogamie und Grundeigentum als Hauptkennzeichen der Zivilisation gelten und daß er sie einen Krieg des Reichen gegen den Armen nennt. Ebenfalls findet sich bei ihm schon die tiefe Einsicht, daß in allen mangelhaften, in Gegensätze gespaltenen Gesellschaften Einzelfamilien (les familles incohérentes) die wirtschaftlichen Einheiten sind. (Friedrich Engels: "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats")

80 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
.... so machte Morgan das Maß übervoll, indem er nicht nur die Zivilisation, die Gesellschaft der Warenproduktion, die Grundform unserer heutigen Gesellschaft, in einer Weise kritisierte, die an Fourier erinnert, sondern von einer künftigen Umgestaltung dieser Gesellschaft in Worten spricht, die Karl Marx gesagt haben könnte. (Friedrich Engels: "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats") Die subjektive Konkurrenz, der Wettstreit von Kapital gegen Kapital, Arbeit gegen Arbeit usw., wird sich unter diesen Umständen auf den in der menschlichen Natur begründeten und bis jetzt nur von Fourier erträglich entwickelten Wetteifer reduzieren, der nach der Aufhebung der entgegengesetzten Interessen auf seine eigentümliche und vernünftige Sphäre beschränkt wird. (Friedrich Engels: "Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie")

81 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Von allen Systemen, die heutzutage noch von Bedeutung sind, ist das einzige nicht kommunistische das von Fourier, der seine Aufmerksamkeit mehr auf die soziale Organisation der menschlichen Tätigkeit als auf die Verteilung ihrer Erzeugnisse richtete. Alle diese Tatsachen rechtfertigen den Schluß, daß eine zukünftige soziale Revolution mit der Durchführung des kommunistischen Prinzips endigen werde, und lassen kaum eine andere Möglichkeit zu. (Friedrich Engels: "Zwei Reden in Elberfeld") Engels will hier sagen, dass der Gütergemeinschaft die Zukunft gehört, lässt aber keinen Zweifel daran, dass Fouriers Konzeptionen der sozialen Organisation der menschlichen Tätigkeit – trotz der nicht-kommunistischen Ausrichtung seines Systems - unabdingbar zu einer sozialistischen Zukunft gehören.

82 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Zu den problematischen und kritikwürdigen Aspekten des Fourierismus (Keine Aufhebung der Klassen, Fouriers Hang zur pantheistischen Mystik) schreibt Friedrich Engels 1843: ...aber das kann man wegschneiden und beiseite werfen, und es wird etwas bleiben, was bei den Saint-Simonisten nicht zu finden ist: wissenschaftliche Forschung, kühles, vorurteilsfreies, systematisches Denken, kurzum Sozialphilosophie, während man den Saint-Simonismus nur Sozialpoesie nennen kann. (Friedrich Engels: „Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent")

83 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Betrachteten Marx und Engels Fouriers Konzept der anziehenden Arbeit als Phantasterei? Keineswegs, im Gegenteil. Über Fourier und Owen schreibt Engels: Bei beiden soll der Mensch sich universell entwickeln durch universelle praktische Betätigung und soll die Arbeit den ihr durch die Teilung abhanden gekommnen Reiz der Anziehung wieder erhalten, zunächst durch diese Abwechslung und die ihr entsprechende kurze Dauer der jeder einzelnen Arbeit gewidmeten »Sitzung«, um Fouriers Ausdruck zu gebrauchen. Beide sind weit hinaus über die dem Herrn Dühring überkommne Denkweise der ausbeutenden Klassen, die den Gegensatz von Stadt und Land für der Natur der Sache nach unvermeidlich hält, die in der Borniertheit befangen ist, als müßte eine Anzahl von »Existenzen« unter allen Umständen zur Erzeugung eines Artikels verdammt sein, und die die sich nach der Lebensweise sondernden »ökonomischen Spielarten« von Menschen verewigen will, die Leute, die Freude an der Ausübung grade dieser und keiner andern Sache haben , die also so weit heruntergekommen sind, daß sie sich über ihre eigne Knechtung und Vereinseitigung freuen. (Friedrich Engels: „Anti-Dührung")

84 Fouriers Beitrag zum wissenschaftlichen Sozialismus
Gegenüber den Grundgedanken selbst der tollkühnsten Phantasien des »Idioten« Fourier, gegenüber selbst den dürftigsten Ideen des »rohen, matten und dürftigen« Owen steht der selbst noch ganz unter die Teilung der Arbeit geknechtete Herr Dühring da wie ein vorlauter Zwerg. (Friedrich Engels: „Anti-Dühring") Friedrich Engels greift sogar zur rhetorischen Keule, wenn jemand wie Dühring das von ihm verehrte Genie Fourier beleidigen will.

85 Engels über Fourier, aktuell bis heute
„Wenn sich unsere deutschen halb und ganz kommunistischen Dozenten nur die Mühe gegeben hätten, die Hauptsachen von Fourier, die sie doch so leicht haben konnten wie irgendein deutsches Buch, etwas anzusehen, welch eine Fundgrube von Material zum Konstruieren und sonstigen Gebrauch würden sie da entdeckt haben! Welche Masse von neuen Ideen - auch heute noch neu für Deutschland - hätte sich ihnen da dargeboten!“ Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846“ Dass Fourier heute leicht zu haben wäre, stimmt gleichwohl nicht mehr; alle seine Werke sind vergriffen und werden nicht mehr aufgelegt.

86 Engels über Fourier, aktuell bis heute
Die guten Leute wissen bis auf die heutige Stunde der jetzigen Gesellschaft gar nichts vorzuwerfen als die Lage des Proletariats, und auch davon wissen sie nicht über die Maßen viel zu sagen. Allerdings ist die Lage des Proletariats der Hauptpunkt, aber ist damit die Kritik der heutigen Gesellschaft abgemacht? Fourier, der außer in späteren Schriften diesen Punkt kaum berührt, liefert den Beweis, wie man auch ohne ihn die bestehende Gesellschaft als durchaus verwerflich anerkennen, wie man allein durch die Kritik der Bourgeoisie, und zwar der Bourgeoisie in ihren inneren Beziehungen, abgesehen von ihrer Stellung zum Proletariat, zur Notwendigkeit einer sozialen Reorganisation kommen kann. Für diese Seite der Kritik ist Fourier bis jetzt einzig. Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846“

87 Engels über Fourier Fourier deckt die Heuchelei der respektablen Gesellschaft, den Widerspruch zwischen ihrer Theorie und ihrer Praxis, die Langeweile ihrer ganzen Existenzweise unerbittlich auf; er verspottet ihre Philosophie, ihr Streben nach der perfection de la perfectibilité perfectibilisante und der auguste vérité , ihre "reine Moral", ihre einförmigen sozialen Institutionen, und hält dagegen ihre Praxis, den doux commerce , den er meisterhaft kritisiert, ihre liederlichen Genüsse, die keine Genüsse sind, ihre Organisation der Hahnreischaft in der Ehe, ihre allgemeine Konfusion. Alles das sind Seiten der bestehenden Gesellschaft, von denen in Deutschland noch gar nicht die Rede gewesen ist. Freilich, man hat hier und da von der Freiheit der Liebe, von der Stellung, der Emanzipation des Weibes gesprochen: aber was hat man zustande gebracht? Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846"

88 Engels über Fourier und die „Philosophen des Sozialismus“
Ich will diesen weisen Herren ein kleines Kapitel von Fourier vorhalten, woran sie sich ein Exempel nehmen können. Es ist wahr, Fourier ist nicht aus der Hegelschen Theorie hervorgegangen und hat deshalb leider nicht zur Erkenntnis der absoluten Wahrheit, nicht einmal zum absoluten Sozialismus kommen können; es ist wahr, Fourier hat sich durch diesen Mangel leider verleiten lassen, die Methode der Serien an die Stelle der absoluten Methode zu setzen, und dadurch ist er dahin gekommen, die Verwandlung des Meeres in Limonade, die couronnes boréale und australe <nördlichen und südlichen Korona>, den Anti-Löwen und die Begattung der Planeten zu konstruieren, aber wenn es so sein muß, will ich doch lieber mit dem heitern Fourier an alle diese Geschichten glauben, als an das absolute Geisterreich, wo es gar keine Limonade gibt, an die Identität von Sein und Nichts und die Begattung der ewigen Kategorien. Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846"

89 Engels über Fourier, aktuell bis heute
Der französische Unsinn ist wenigstens lustig, wo der deutsche Unsinn morose und tiefsinnig ist. Und dann hat Fourier die bestehenden sozialen Verhältnisse mit einer solchen Scharfe, einem solchen Witz und Humor kritisiert, daß man ihm seine auch auf einer genialen Weltanschauung beruhenden, kosmologischen Phantasien gerne verzeiht. Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846"

90 Engels über Fourier, aktuell bis heute
Die gelehrten Herren Deutschen, die so eifrig auf dem "wilden Lebermeer" der grundlosen Theorie umhersegeln und vor allem nach "dem Prinzip" des "Sozialismus" fischen, mögen sich an dem commis marchand <Kaufmannsgehilfen> Fourier ein Exempel nehmen. Fourier war kein Philosoph, er hatte einen großen Haß gegen die Philosophie und hat sie in seinen Schriften grausam verhöhnt und bei dieser Gelegenheit eine Menge Sachen gesagt, die unsere deutschen "Philosophen des Sozialismus" wohltäten, sich zu Herzen zu nehmen. Sie werden mir freilich entgegnen, daß Fourier ebenfalls "abstrakt" war, daß er mit seinen Serien Gott und die Welt trotz Hegel konstruierte, aber das rettet sie nicht. Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846"

91 Engels über Fourier, aktuell bis heute
Die immer noch genialen Bizarrerien Fouriers entschuldigen nicht die ledernen sogenannten Entwicklungen der trockenen deutschen Theorie. Fourier konstruiert sich die Zukunft, nachdem er die Vergangenheit und Gegenwart richtig erkannt hat; die deutsche Theorie macht sich erst die vergangene Geschichte nach ihrem Belieben zurecht und kommandiert dann ebenfalls der Zukunft, welche Richtung sie nehmen soll. Man vergleiche z.B. Fouriers Epochen der sozialen Entwickelung (Wildheit, Patriarchat, Barbarei, Zivilisation) und ihre Charakterisierung mit der Hegelschen absoluten Idee, wie sie sich mühsam durch das Labyrinth der Geschichte durcharbeitet und trotz der vier Weltreiche am Ende doch noch mit Ach und Krach den Schein einer Trichotomie zustande bringt - von nachhegelschen Konstruktionen gar nicht zu sprechen. Friedrich Engels in "Deutsches Bürgerbuch für 1846„ Trichotomie (aus griechisch tri- „drei“ und tome „Schnitt“) bezeichnet allgemein eine Dreiteilung. Im übertragenen Sinn kann das Wort auch wie hier die Bedeutung "Haarspalterei", "Spitzfindigkeit" annehmen.

92 Marx/Engels über den Kommunismus
„Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann (… ) - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden“. (Marx/Engels in „Die deutsche Ideologie“) Wer in diesem humorvollen Satz nicht die explizite Würdigung der Ideen und des Werkes von Charles Fourier erkennt, der hat von Marxismus nicht die geringste Ahnung, hat sie niemals gehabt und wird sie niemals haben.

93 Chimären-“Marxismus“
„Marxismus“ ohne die fourieristische Sozialphilosophie der Organisation menschlicher Tätigkeit als ein Kern ist „Chimären-Marxismus“. Das völlige Verschweigen der Fourierschen Beiträge zum wissenschaftlichen Sozialismus war eine wesentliche ideologische Voraussetzung für die stalinistische Entstellung des Marxismus („Arbeitslager-Kommunismus“) Jede Vorstellung einer auf „anziehender Arbeit“ beruhenden Gesellschaftsordnung wäre eine offene Infragestellung des stalinistischen Regimes gewesen, das sich bis 1991 so selbst verewigen wollte. Selbst die von Lenin 1923 propagierte „genossenschaftliche Ordnung“ wurde durch die Stalinsche Zwangskollektivierung ab 1929 in ihrem Wesen deformiert, da Lenin diese auch als „Kulturrevolution“ angesehen hatte. Es ist auch falsch, die Rolle des „genossenschaftlichen Zusammenschlusses der gesamten Gesellschaft“ bei Lenin auf die Bauernschaft beschränken zu wollen. Vielmehr zeigt sich gerade darin, dass Lenin in jeder Hinsicht ein „klassischer Marxist“ war und seine Verwendung einer zentralen fourieristischen Kategorie voll und ganz dem von Marx und Engels begründeten wissenschaftlichen Sozialismus entsprach.

94 Marxismus und Kommunistische Zukunftsgesellschaft
Ohne die Fourierschen Komponenten des wissenschaftlichen Sozialismus kann es weder eine klare antizipierende Vorstellung von Sozialismus noch von Kommunismus geben. Dass es unstatthaft wäre, solche Vorstellungen zu entwickeln, ist stalinistischer Unsinn. Weder Sozialismus noch Kommunismus waren für Marx und Engels bloße Abstraktionen einer obskuren Zukunft, entgegen allen bürgerlichen, stalinistischen und vulgärmarxistischen Behauptungen. Es kann aus der Tatsache, dass Marx und Engels zu ihrer Zeit die Grundkomponenten der Fourierschen Geschichtskonzeption und seiner „Sozialphilosophie“ als allgemein bekannt voraussetzten, nicht geschlussfolgert werden, dass sie diese jemals obsolet angesehen hätten. Die völlig eindeutige Quellenlage beweist das Gegenteil. Der Schwerpunkt der Arbeit beider ab 1848 (Juni-Insurrektion in Paris) lag historisch völlig folgerichtig in der Analyse der Gesetzmässigkeiten des Kapitalismus („Das Kapital“) und in der praktischen Organisierung der „realen Bewegung, die den bestehenden Zustand aufhebt“, nämlich der Arbeiterbewegung, dem als Klasse organisierten Proletariat.

95 Stalinistischer Chimären-“Marxismus“
Für den „Marxismus“ der stalinistischen Bürokratie konnte und durfte es keine Zukunft im Sinne von Fourier, Marx und Engels geben, noch nicht einmal als Utopie. Von daher „Verpönung“ des utopischen Sozialismus. Der Stalinismus benötigte indes keine explizite Zensur zur Vertuschung dieser Tatsachen, sondern verliess sich darauf, dass nach Lenins Tod ohnehin kaum noch jemand diese Zusammenhänge darzustellen in der Lage war. Nur verbreitetes profundes Unwissen über diese Kernkomponenten des wissenschaftlichen Sozialismus machte es der konterrevolutionären Bürokratie möglich, in den 30er Jahren das Erreichen des „Kommunismus“ in der UdSSR zu verkünden. Im Gegenteil war damit aber die Phase des Thermidor beendet und vollendet (Restauration dann 1991/1993 durch die stalinistische Bürokratie selbst). Auch trotzkistische Strömungen wurden geistig – aus welchen Gründen auch immer – in den Sog der stalinistischen Verkürzung und Verunstaltung des „Marxismus-Leninismus“ hineingezogen.

96 Stalinistischer Chimären-“Marxismus“
Und nun besehe man sich die kindliche Vorstellung des Herrn Dühring, als könne die Gesellschaft Besitz ergreifen von der Gesamtheit der Produktionsmittel, ohne die alte Art des Produzierens von Grund aus umzuwälzen und vor allem die alte Teilung der Arbeit abzuschaffen; als sei alles abgemacht, sobald nur »den Naturgelegenheiten und den persönlichen Fähigkeiten Rechnung getragen« - wobei dann nach wie vor ganze Massen von Existenzen unter die Erzeugung eines Artikels geknechtet, ganze »Bevölkerungen« von einem einzelnen Produktionszweig in Anspruch genommen werden, und die Menschheit sich nach wie vor in eine Anzahl verschieden verkrüppelter »ökonomischer Spielarten« teilt, als da sind »Karrenschieber« und »Architekten«. (Friedrich Engels: „Anti-Dühring") Nichts anderes hätte Engels zu stalinistischen Wirtschaftskonzepten geschrieben, wenn er sie denn gekannt hätte.

97 Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland 1848
.... 17. Errichtung von Nationalwerkstätten. Der Staat garantiert allen Arbeitern ihre Existenz und versorgt die zur Arbeit Unfähigen. (Garantismus nach Charles Fourier)

98 Abschlussthesen Die Rekonstruktion eines authentischen revolutionären Marxismus führt notwendigerweise über die Rehabilitierung der Beiträge Charles Fouriers zum wissenschaftlichen Sozialismus. Dies führt auch erst zur Klarheit über die bevorstehenden revolutionären Umwälzungen und die Aufgaben der kommenden Epochen: Garantismus /Sozialismus, Soziatismus, Harmonie/Kommunismus. Das schützt auch nachhaltig vor stalinistischen und poststalinistischen Verirrungen, aber auch vor Reform-Illusionen in den Kapitalismus.

99 Aus der „Ode an Charles Fourier“ Andre Breton
Ich grüße dich aus dem Versteinerten Wald der menschlichen Kultur In dem alles am Boden liegt Durch den aber große kreisende Lichter streifen Sie rufen dazu auf das Laubwerk und den Vogel zu erlösen Aus deinen Fingern quillt der Saft der blühenden Bäume weil du im Besitz des Steins der Weisen Nur deiner ersten Regung folgtest die dir eingab ihn den Menschen hinzustrecken Doch zwischen dir und ihnen kein Vermittler Kein Tag verging an dem du nicht eine Stunde lang voller Vertrauen In den Gärten des Palais-Royal auf ihn gewartet hättest

100 Aus der „Ode an Charles Fourier“ Andre Breton
Die Anziehungen sind proportional den Bestimmungen Weswegen ich heute zu dir komme Ich grüße dich


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