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Bewegte Bilder – erregte Bürger: Anfänge des Kinos

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Präsentation zum Thema: "Bewegte Bilder – erregte Bürger: Anfänge des Kinos"—  Präsentation transkript:

1 Bewegte Bilder – erregte Bürger: Anfänge des Kinos
Sitzung vom Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

2 Gegenstand und Ziel der Sitzung
Darstellung der frühen Kinogeschichte in Deutschland  Kenntnis des sozio-historischen Hintergrunds Darstellung der Kinoangstdebatte bzw. ‚Kinoreformdebatte‘ zwischen 1907 und 1920  Identifikation und Analyse der zentralen Thesen  Abgleich mit früheren Medienangstdebatten Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

3 Die Entwicklung des Kinos in Deutschland
Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

4 Anfänge des Kinos im Ausland
1895: Präsentation des ‚Cinematographe‘ und eines Kurzfilms (Gebr. Lumiére) 1896: Präsentation des ersten Spielfilms (George Méliès) Gestaltung analog zu einem Theaterstück 1897: Präsentation des Films ‚Das Passionsspiel‘ in N.Y. kommerziell erfolgreich, zwei ‚Sequels‘ folgen  größere Publikumswirksamkeit der fiktionalen als der faktionalen Genres Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

5 Anfänge des Kinos in Deutschland
1896: Kinoeröffnungen in Berlin (Otto Meßter, erster dt. Filmproduzent) und München Um 1900: Ende des ersten Ansturms Filme zu kurz/handlungsarm Vorführungen durch Entflammbarkeit der Filme gefährlich /08: Phase des ‚Wanderkinos‘ Filme als Jahrmarktattraktion in der Provinz städtische Kinos schließen Ab ca. 1905: Konkurrenz von Wander- und Ortskinos Attraktivität des Films durch größere Länge, Zwischentitel, (musikalische) Synchronisation und Einfärbung gesteigert Ab ca. 1912: Verschwinden des Wanderkinos ‚Kinematographentheater‘ als urbane Attraktion Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

6 Etablierung des Mediums Film
Sprunghafter Zuwachs an Ortskinos: von 2 (1900) über 480 (1910) auf (1912) ab 1910: Ära der abendfüllenden Stummfilme Kinobesucher deutschlandweit: täglich Berlin: sieben Mal so viele Kinogänger wie Theaterbesucher ‚Filmschlager‘ mit bis zu Mio. Zuschauern Filme vor allem aus ausländischer Produktion:  Frankreich, USA, Italien, Dänemark  nur 12% aus deutscher Produktion  ‚Kunstfilme‘ als Ausnahmen Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

7 Kinofilme als Medium der Arbeiter
Häufige Sujets: ‚Sozialdramen‘ Kino als Subkultur der Arbeiterklasse  Verunsicherung des Bildungsbürgertums Bericht der ‚Volksgemeinschaft zur Wahrung von Anstand und guter Sitte‘ (Prüfung von 36 Kinos in Arbeitervierteln) (1920, zit. nach Kommer 1979): „Viele Arbeiter schienen unmittelbar von der Arbeitsstätte in Arbeitskleidung gekommen zu sein. Viele Frauen (...) meist ohne Begleitung ihrer Männer, waren zu bemerken, auch manchmal mit Männern, die wohl nicht ihre Ehemänner sind. (...) Vielfach wurden auch junge Pärchen aus dem Arbeiterstand beobachtet, die sich in nicht ganz einwandfreier Weise auf den weniger beleuchteten Plätzen benahmen.“ „In gewissen Kinos wurden die besser gekleideten Besucher unwillig angeschaut, als nicht dorthin gehörig betrachtet und oft laut beurteilt.“ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

8 Widerstände gegen den Film
Beginn der Medienangstdebatte bei massenhafter Verbreitung des Kinos Erste Wortführer der Debatte: Betreiber von Theatern/Gastronomie  kommerzielle Einbußen Beteiligung der Bildungselite ab ca. 1907: Geistliche, Juristen, Schriftsteller, vor allem Pädagogen  ‚kulturelle Einbußen‘ Filmzensur: (Polizeipräsident von Berlin als Initiator), Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

9 Die Kinoangst/-reformdebatte in Deutschland
Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

10 Die Anfänge der Debatte
1910: ,Die Kirche und der Kinematograph‘ (Walther Conradt, Pfarrer)  inhaltsanalytische Untersuchung von 250 Filmen „97 Morde, 51 Ehebrüche, 19 Verführungen, 22 Entführungen, 45 Selbstmorde, 176 Diebe, 25 Dirnen, 35 Trunkenbolde“ Abgleich mit den 10 Geboten  alle gebrochen „So wie der Kinematograph heute ist, befördert er die sittliche Zersetzung des deutschen Volkes, muß also als Macht des Bösen beurteilt werden.“ Angst vor der Gefährdung der öffentlichen (religiösen) Ordnung/Bedeutungsverlust: „Der Mensch des Kinematographen schert sich nicht viel um Familie, Staat oder gar Kirche.“ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

11 Von der Kino- zur Kinoreformdebatte
im Folgenden: Pädagogen als Wortführer 1907: Hamburger ‚Gesellschaft der Freunde des vaterlän-dischen Schul- und Erziehungswesens‘ richtet eine Kommission ‚Lebende Photographien‘ ein; weitere Gremien in ganz Deutschland folgen Lehrer als Forscher: teilnehmende Beobachtung in Kinematographentheatern Befragung von Kindern und Jugendlichen Sammeln von Fallbeispielen sowie ‚belastenden‘ Materialien Meldung an Schulbehörden  Zensurmaßnahmen von der Forderung nach Kinoverbot zur Forderung der Kinoreform ‚Ausmerzen des Schundfilms‘; Hinführung zum ‚guten‘ Film Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

12 Die Kinoreformdebatte
„Diejenigen, die im Namen der Volksbildung auf-traten, gehörten zu einer schmalen Bildungsschicht (...) In ihren Augen war das Volk unwissend-dumm und konnte sich nur mit ihrer Hilfe aus dem Stumpfsinn der Unbildung lösen“ (Kommer 1979: 24). Hintergrund: Verteidigung traditioneller (eigener) Kulturtechniken/der eigenen Bedeutung gegenüber der entstehenden Populärkultur Konrad Lange (1918): Kritik an den Verfilmungen tradierter Werke (vgl. auch Sellmann 1912) „Wir brauchen ein Denkmalschutzgesetz zugunsten der Werke unserer klassischen Dichter.“ Ablehnung des Publikumsgeschmacks als Kriterium für Filmerfolg Forderung nach einem Gremium (aus Mitgliedern der gebildeten Schichten), das Kinoprogramme zusammenstellt Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

13 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Trivialitätsthese Kritik am unterhaltenden Charakter des Kinos (vgl. Buchangstdebatte): „Die größte Zahl der Filme dient nur der Schaulust, der Befriedigung der Neugierde (...) Die Darstellungen sind fast alle ohne jeden bildenden oder veredelnden Wert“ (Lange 1920). Nährboden Kulturpessimismus: „Die Schundkinematographie ist ein Schmarotzergewächs an dem, was faul an unserer Kultur bis in ihre höchsten Erscheinungsformen hinein ist“ (Häfker 1915). ‚Kino kann keine Kunst sein‘  Realismus der Bilder als Zeichen ihrer Trivialität (Fortführung der Diskussion um Photographie) Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

14 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Trivialitätsthese Selbstaufwertung durch das Abwerten der/des Anderen: „Wir (haben) ein ganz natürliches Bedürfnis, interessante, grausige und furchtbare Dinge, die wir in Wirklichkeit niemals zu sehen bekommen, wenigstens in der Kunst an unseren Augen vorübergehen zu lassen. Für den Gebilde-ten ist das Hauptmittel, um diesem Bedürfnis Genüge zu leisten, die Poesie, speziell die tragische. Für den Ungebil-deten ist es der Kino, besonders das Kinodrama“ (Lange 1918).  ‚Hochwertiger‘ Voyeurismus vs. ‚minderwertiger‘ Voyeurismus Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

15 (Miss-)bildungsthese
„Die dargestellten Vorgänge (...) verlangen geradezu das Ausschalten jeder Denkkraft (...), so daß sie, öfter genossen, geradezu verdummend (...) auf den Geist wirken müssen“ (Lange 1920). Annahme: schnelle Abfolge der Bilder mindert Konzentrations-fähigkeit Sammlung von Fallbeispielen als ‚Beweis‘ Aufwertung (auch ‚schlechter‘) Literatur: „Ein schlechtes Buch kann die Phantasie des Lesers irreleiten. Kino vernichtet die Phantasie“ (Pfemfert 1911). „Beim Lesen können wir nach Belieben Halt machen (...) das gruselige Zeug verdauen; beim Kino (bleibt) zum Nachdenken und Sich-befreien .. keine Zeit; es kommt nicht zum seelischen Ausgleich (...) wir werden gewissermaßen vergewaltigt“ (Gaupp, zit. nach Hellwig 1914). Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

16 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Pathologiethese behauptete gesundheitliche Folgen der ‚Vergewaltigung‘ durch das Kino (vgl. Hellwig 1914): Augen- und Kopfschmerzen Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens Alpträume und Schlafstörungen Angstzustände Erbrechen Ohnmacht Verwirrung Hysterie Grimassenschneiden Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

17 (A-)sozialisationsthese
Ausgangspunkt: Täuschungsthese „In den Films steckt teilweise eine solche abenteuerliche Romantik und eine solche wilde Phantastik, daß der regel-mäßige Besucher aus dem Inhalt der Dramen allmählich jeden ruhigen, klaren Wirklichkeitssinn verliert und sich ein ganz irriges und phantastisches Weltbild zurechtlegt“ (Sellmann 1912). befürchtete Folgen: Gefährdung der gesellschaftlichen Ordnung (vgl. Buchangstdebatte) „Man braucht sich die Zahl der Ehebrüche, die solche kine-matographischen Vorführungen verursacht haben, nicht vorzustellen, die Seitensprünge von Mann und Frau, die sich in kleinen Verhältnissen plötzlich am farbenreichen Leben der Kinoplutokratie (...) berauschten, unzufrieden mit ihrem Dasein eben ein ‚Corriger la vie‘ in irgend einer üblen Weise vorgenom-men haben“ (Spier, zit. nach Hellwig 1914). Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

18 (A-)sozialisationsthese
Angst vor dem Aufbegehren der ‚kleinen Leute‘  Kritik an Filmen, die Luxus zeigen... „Wir brauchen (...) nicht lässige Leute, die sich mit ihren Gedanken und Wünschen in der Traumwelt eines Wolken-Kuckucks-Heim aufhalten. Werden sie aus der Kino-Traumwelt mit der schwülen Salonluft zurückversetzt in ihre nüchterne Werkstätte und ihren Fabriksaal, so muß Unzufriedenheit und Mißgunst ihre Seele erfüllen“ (Sellmann 1912). ...aber auch Kritik an Sozialdramen „Das ist keine Kunst mehr, das ist platte Volksvergiftung mit faustdicken, unverschämten Lügen“ (Schultze 1911). Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

19 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Violenzthese Kinokonsum als Auslöser von Gewalt und Verbrechen ‚Beschaffungskriminalität‘ von Arbeiterkindern ‚Sittlichkeitsverbrechen‘ im dunklen Kinosaal ‚Suggestivkraft‘ der rasch aufeinander folgenden Bilder als direkter Auslöser von Gewalttaten Kritikfähigkeit wird ‚eingeschläfert‘, die gezeigte Gewalttat ‚unbewusst‘ nachgeahmt (auch: Trivialitätsthese) „Mit Recht weist von Lange darauf hin (...) daß es etwas wesentlich anderes sei, ob uns Shakespeare in seinem Richard III. (...) das Verbrechen schildere, es uns mit strenger psychologischer Begrün-dung mit dem Reize der künstlerischen Illusion vorführe oder ob es uns im Kinematographen in der Form der Naturphotographie ent-gegentrete: ‚Im ersteren Falle erleben wir eine ästhetische Erhe-bung, eine Gemütsbefreiung, im letzteren werden wir in die gemei-ne Welt des Verbrechens herabgezogen‘“ (Hellwig 1914). Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

20 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Violenzthese Sellmann (1912): Violenzthese als ‚Ahnung‘ „Ich kann mir denken, wie etwa ein leicht beeinflußbares Kind geradezu im Kino durch ein Verbrecherstück zum Verbrechen angeleitet wird (vgl. Kommer 1979: 76).“ Hellwig (1914): empirische Beweisführung miss-lungen, aber: „Ich (bin) trotzdem aus allgemeinen psychologischen Erwägungen fest davon überzeugt .., daß ein Kausal-zusammenhang (...) besteht, und daß dieser Zusammen-hang für mich als erwiesen feststehen würde auch dann, wenn es nicht in einem einzigen Fall gelingen sollte, ihn exakt nachzuweisen.“ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

21 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Fazit Kino als Subkultur der Unterprivilegierten (sowohl inhaltlich als auch in der Nutzung) Gründe für Film-/Kinoangst und –abwehr durch Eliten: Angst vor kommerziellen Verlusten Angst vor dem Verlust von Bedeutung/vor der Infragestellung der eigenen Weltordnung (kulturell) Angst vor dem Verlust der eigenen Sicherheit und Vormachtstellung (gesellschaftlich) ‚Entlastung‘ tradierter/etablierter Medien (Literatur) Violenzthese: Annahme von direkten Medien-wirkungen, auch über empirische Nicht-Belegbarkeit hinweg Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

22 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Verwendete Literatur Conradt, Walter (1910): Die Kirche und der Kinematograph, Berlin: Walther. Hellwig, Albert (1914): Kind und Kino, Langensalza: Beyer & Söhne. Hiebel, Hans H. u.a. (1999): Große Medienchronik, München: Fink. Kommer, Helmut (1979): Früher Film und späte Folgen, Berlin: Basis. Lange, Konrad (1918): Nationale Kinoreform, Mönchen Gladbach: Volksvereins-Verlag. Lange, Konrad (1920): Das Kino in Gegenwart und Zukunft, Stuttgart: Enke. Müller, Corinna (2001): Der frühe Film, das frühe Kino und seine Gegner und Befürworter. In: Maase, Kaspar/Kaschuba, Wolfgang (Hrsg.): Schund und Schönheit. Populäre Kultur um 1900, Köln u.a.: Böhlau, S Sellmann, Adolf (1912): Der Kinematograph als Volkserzieher? Langensalza: Beyer & Söhne. Schultze, Ernst (1911): Der Kinematograph als Bildungsmittel, Halle: Waisenhaus. Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke


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