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Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen

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Präsentation zum Thema: "Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen"—  Präsentation transkript:

1 Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen
Lerntagebuch und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis TEIL 1: Das Lerntagebuch Quellen: siehe letzte Folie der PPP

2 Gliederung Zum Potenzial von Lerntagebuch 1.1 Einleitung 1.2 Das Tagebuch Teil 1: Grundüberlegungen zur neuen Lernkultur und zur Arbeit mit Lerntagebuch Blickpunkt Lernprozess 2.1 Einleitung 2.2 Der Lernprozess in der Schule 2.3 Zur Beobachtung und Begleitung des schulischen Lernprozesses

3 Teil 2: Lerntagebuch in Forschung und Praxis
Fragen der Leistungsbewertung beim Lerntagebuch 3.1 Einleitung 3.2 Das Dilemma von Lernreflexion und Beurteilung 3.3 Das Lerntagebuch 3.4 Entwickeln und Anwenden von Bewertungskriterien Teil 2: Lerntagebuch in Forschung und Praxis Das Lernjournal im dialogisch konzipierten Unterricht 4.1 Einleitung 4.2 Nutzung des Lernjournals als Plattform für den Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden über einen fachlichen Inhalt 4.3 Gelingensbedingungen der Arbeit mit Lernjournalen

4 Welche Rolle spielt Self-Monitoring bei der Selbstregulation und wie kann man mit Hilfe von Tagebüchern die Selbstregulation fördern? 5.1 Definition 5.2 Forschungsstand 5.3 Ein Modell der Selbstregulation 5.4 Anwendungsbeispiel: Förderung der Selbstregulation durch Self-Monitoring durch Hilfe eines Tagebuchs 5.5 Empfehlung zur Gestaltung von Tagebüchern 5.6 Beispiel für ein Tagebuch

5 Teil 3: Lernzeit Lerntagebuch – Ermöglichung echter Lernzeit
6.1 Indikatoren echter Lernzeit 6.2 Das Lerntagebuch 6.2 Schlussbemerkungen

6 Anhang Ein Lerntagebuch zur Förderung motivationsbezogener Voraussetzungen für Lern- und Leistungsverhalten bei Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf 7.1 Einleitung 7.2 Lerntagebücher als Methode zur Steigerung motivationsbezogener Lern- und Leistungsverhalten 7.3 Ein Lerntagebuch für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf 7.4 Empirische Überprüfung von Anwendbarkeit und Wirkung des Tagebuchs

7 1. Zum Potenzial von Lerntagebuch von Michaela Gläser-Zikuda und Tina Hascher
1.1 Einleitung Tagebücher und Portfolios zwingen die Lehrenden , ihren Unterricht für neue Zugänge zu öffnen und ihre Rolle als Lernbegleiter/innen und –Berater/innen zu professionalisieren Von den Lernenden erfordern sie eine aktive, selbstreflexive und eigenverantwortliche Auseinandersetzung mit ihrem Lernprozess.

8 1.2 Das Tagebuch Charakterisierung durch die Begriffe Alltagsorientierung, Kontinuität, Reflexion und Gedächtnisstütze Das Tagebuch: In erster Linie ein persönliches Dokument Verwendung auch zu Forschungs- und Therapiezwecken Beispiele: Entwicklungspsychologie: Tagebücher dienen der Dokumentation der Entwicklungsverläufe von Kindern klinische Psychologie: Einsatz von Selbstbeobachtungsprotokollen (=Tagebücher) bei z.B. Alkoholproblemen, Phobien usw. und Schmerztherapien

9 Weitere Beispiele: erziehungswissenschaftliche Theoriebildung:
Tagebuchschreiben als pragmatisch orientierte Möglichkeit, Beobachtungen und Aktionen im pädagogischen Bereich aufeinander zu beziehen → Gesamtschau von Erkenntnis und Handlung

10 Teil 1: Grundüberlegungen zur neuen Lernkultur und zur Arbeit mit Lerntagebuch

11 2. Blickpunkt Lernprozess von Tina Hascher und Hermann Astleitner
2.1 Einleitung Durch das Lernen können individuelle Erfahrungen gewonnen werden, die im Gedächtnis abgespeichert werden und das Verhalten ändern können. Lernen als hochkomplexes Geschehen: verwoben mit einer Vielzahl weiterer Fähigkeiten und Phänomene

12 2.2 Der Lernprozess in der Schule
Lernen als Prozess kognitiver, emotionaler und motivationaler Operationen, der zu neuen Strukturen, Denk- und Handlungsmöglichkeiten führt Der Lernprozess lässt sich in die Teilphasen Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und –Gebrauch unterteilen.

13 2.2.1 Im schulischen Lernprozess findet Lernen nur unter besonderen Bedingungen statt
Charakteristische Merkmale eines schulischen Lernprozesses: Ziel ist die Aneignung gesellschaftlichen Wissens und Könnens, wobei Lerngegenstand, -Material, -Umgebung, und –Zeit meist von anderen bestimmt werden Maßstäbe des Lernens und Vergleichskriterien sind vorgegeben Leitung und Unterstützung durch Einsatz materieller und ideeller Lernmittel (z.B. Lernstrategien)

14 Qualität des Lernprozesses direkt abhängig von Charakteristika der Lernumgebung
Lernen ist immer im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung zu sehen und erfordert deshalb den expliziten Einbezug allgemeiner und individueller Lernvoraussetzungen Kritik: kaum Rahmenkonzepte und Theorien schulischen Lernens vorhanden, nur Beschreibungen bzw. Formen der Anwendung →Wichtiger Schritt für eine eigenständige Theorie schulischen Lernens: Ansatz einer pädagogischen Lernpsychologie von Roth

15 2.2.2 Schulische Lernprozesse sind biografisch verankert
Schulische Erfahrungen (sowohl positive als auch negative) liefern einen wichtigen Beitrag zu Identitätsentwicklung und Biografieverläufen Integrationsbemühungen: in die Lernhaltung der Schüler/innen sollen der individueller Lernstil, die individuellen Bedürfnisse und die Ansprüche an die Sache integriert sein → Berücksichtigung der Lernerfahrungen aus der Vorschulzeit! Kinder sind einerseits schon Experten/Expertinnen ihres Lernens, andererseits müssen sie die Lerntätigkeit erlernen!

16 2.2.3 Schulische Lernprozesse vollziehen sich in verschiedenen Bereichen bzw. Schritten
Die Multidimensionalität des Lernens: fünf Lehrfunktionen Vorbereitung des Lernens Ausführung von Lernhandlungen Handlungsregulation Leistungsbewertung Erhalt von Motivation und Konzentration Lernen bezieht sich nicht nur auf grundlegende Kompetenzen im kognitiven Bereich, sondern auch auf den sozialen, emotionalen und motivationalem Bereich!

17 2.2.3 Schulische Lernprozesse finden überwiegend in sozialen
Kontexten statt wichtiger Aspekt des Schulalltags: Die sozialen Interaktionen zwischen Schülern/Schülerinnen Peer-Interaktion als wichtige Quelle des Wohlbefindens und somit als Basis für erfolgreiches (kooperatives) Lernen Wird das grundlegende Bedürfnis nach sozialer Einbindung erfüllt, öffnet sich das Individuum gegenüber neuen Anforderungen und Situationen.

18 2.2.4 Fehler sind ein wichtiger Teil des schulischen Lernprozesses
Grundsatz: Wer lernt, macht Fehler! Konstruktiver Umgang mit Fehlern (aus Fehlern kann man lernen!) erst dann möglich, wenn ein fehlerbewusstes und –kompetentes Lernklima und Lernkonzept vorliegt Umgang mit Fehlern hängt auch von der Unterrichtsform ab Konsequenzen von Fehlern in Leistungssituationen: Leistungsbewertung als Informationen für den Schüler, nicht über ihn!

19 2.2.5 Schulische Lernprozesse erfordern außerunterrichtliches Lernen
Erklärung am Beispiel der Hausaufgaben Bedeutung der Hausaufgaben direkt von ihrer Qualität abhängig → erforderliche Zeit für Hausaufgaben soll als Lernzeit genutzt werden wichtig: kompetente Hilfe bei den Hausaufgaben, falls notwendig (inkompetente Unterstützung kann zu Konflikten führen) Vorteil: Schüler/innen wählen ihr eigenes Lerntempo und die –Zeit Didaktisch und erzieherisch durchdachte Form von Hausaufgaben macht sie zu Bestandteilen des Lernprozesses

20 2.3 Zur Beobachtung und Begleitung des schulischen Lernprozesses
Lernen kann nur erschlossen und nicht direkt beobachtet werden Es geht also vorwiegend um die aktive Auseinandersetzung der Lernenden mit den Lerninhalten Offener Unterricht als gute Unterrichtsform und „pädagogische Haltung“ für die Erschließung des Lernprozesses

21 2.3.1 Wie wird Unterricht als Prozess gedacht?
Unterricht = Prozess, der aus einer zeitlichen Abfolge von systematisch aufeinander bezogenen Lehr- und Lernaktivitäten besteht Aktuelle empirisch-pädagogische Forschung: Lernprozesse auf Basis eines gemäßigten Konstruktivismus Lernen als aktiver, konstruktiver Prozess in einem Handlungskontext Individualität des Lernprozesses wird in den Mittelpunkt jeglicher Überlegungen zum Lernen gestellt

22 2.3.2 Wie werden Daten über Lernprozesse gesammelt und rückgemeldet?
Prozessbezogene Erfassung von Lernergebnissen im Rahmen einer systematischen Diagnostik, die durch die vorgestellten Instrumente (z.B. Lerntagebücher, -Journale, Portfolios) gefördert und begleitet wird Rückmeldung durch verstärkte Berücksichtigung der individuellen Bezugsnorm: Individuelle Leistungsergebnisse werden in Relation zu vergangenen Leistungen gesetzt  Aufzeigen der Lernentwicklung Transfer des Gelernten in neue Anwendungssituationen  Lernprozess gilt als abgeschlossen, wenn alle relevanten Lehrziele erreicht wurde!

23 Unterscheidung lehrzielbezogener Aktivitäten (nach Krathwohl):
Erinnern (Abrufen von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis) Verstehen (Bedeutung von Wissen erfassen) Anwenden (Durchführung einer Prozedur in einer Situation) Analysieren (Zerlegen von Wissen in Elemente) Evaluieren (Bewerten von Wissen in Relation zu Standards) Generieren (Zusammenstellen von Elementen, um etwas Neues zu erzeugen)

24 2.3.3 Welche Unterrichtsmethoden werden eingesetzt, die speziell auf den Prozess des Lernens abzielen? Wichtige Voraussetzungen: Unterscheidung zwischen unsichtbarem Lernprozess und sichtbarer Lerntätigkeit Orientierung der Lehrperson an der Lerntätigkeit des Individuums und der Interpretation der Lerntätigkeit im Hinblick auf gestellte Lernaufgaben Blickpunkt auf Merkmale der Lernumgebung, die helfen, den Lernenden das Erreichen der gesetzten Lernziele zu ermöglichen

25 Lernrelevante Auswirkungen:
Rolle der Lehrperson: begleitendes Coaching, keine statische Stoffvermittlung Auswahl der Reihenfolge bei der Präsentation von Lehrstoffteilen bzw. Lernaufgaben (themen- und problemorientierte Behandlung) Einsatz von lernprozessrelevanten Unterrichtsmethoden, welche… die Entwicklung des Wissenserwerbs aufzeigen die Anwendung des Wissens in zeitlichen Abständen aufzeigen das Lerntempo berücksichtigen Beispiele: prozessbezogene Gruppen- und Projektarbeit, Einbettung des Lehrstoffes in Geschichten, Prognosen, „Speedaufgaben“ (Aufgaben, die schnell zu erledigen sind)

26 3. Fragen der Leistungsbewertung beim Lerntagebuch von Felix Winter
3.1 Einleitung Übliche Leistungsbeurteilung an Schulen besteht seit dem 19.Jarhundert → veraltet! Beurteilung als einstufend (Noten) und bürokratisch Lehrperson als ausschließliche Beurteilungsinstanz → Neue Lernkultur: Entwicklung eines Dialogs über Lernen und Leistung als Bestandteil des Unterrichts

27 3.2 Das Dilemma von Lernreflexion und Beurteilung
Arbeit mit Lerntagebuch ↔ traditionelle Leistungsbeurteilung → Spannungsfeld: Ständiges Überprüfen und Benoten der Schüler/innen unvereinbar mit unbefangener Selbstreflexion und ehrlichem Austausch über das Wie des Lernens Besonders bei Benotung von geäußerten Ansichten Folge: Probleme, Ängste und Bedenken werden nicht angesprochen

28 Problem auf der anderen Seite durch fehlende Benotung:
Leistungen, die in z.B. Form eines Lerntagebuchs erbracht wurden bzw. Leistungen reflexiver Art werden im System der fachlich gegliederten Benotung nicht berücksichtigt → Motivation der Lernenden wird teilweise untergraben

29 3.3 Das Lerntagebuch Keine Bewertung im Sinne einer Einstufung ratsam, trotzdem Anerkennung der Arbeit Kern des Schreibens von Lerntagebüchern: Reflexion über Erfahrungen und Gedanken, die das eigene und das gemeinsame Lernen betreffen Fragen zur Anregung einer Reflexion (Beispiele): Was habe ich/was haben wir gemacht? Welchen Zielen, Ideen, Motiven bin ich/sind wir gefolgt? Wie bin ich/sind wir vorgegangen? Was habe ich/haben wir erfahren?

30 Häufige Kategorien beim Schreiben von Lerntagbüchern bei Schüler/innen der Oberstufe und Student/innen (Beispiele): Notizen zu Inhalten des Lernens Offene Fragen, Unerledigtes Eigene Ziele Empfundene Behinderungen des Lernens Wertungen und emotionale Äußerungen → die Lernenden treten in einen Dialog mit… …der Sache …sich selbst …Zielen und Kriterien …den eigenen Vorgehensweisen und dem Vorgehen anderer

31 Mögliche Bewertungsdimensionen
(beziehen sich auf komplexe Leistungen): Bewusstheit des Vorgehens in der Aufgabe Reflexion der eigenen Motive und Fähigkeiten Fähigkeit, zur eigenen Arbeit Distanz zu gewinnen Realistische Bezugnahme auf Ziele, Kriterien und vorgegebene Kompetenzbeschreibungen Einschätzung der Bedingungen des Lernens und ihre Beeinflussbarkeit Durch einstufende Benotung: Gefahr, dass Lernreflexion negativ beeinflusst wird oder sich „versteckt“

32 Die stärksten Motivationsquellen:
Persönliche Zuwendung der Lehrperson zu den Berichten, Einträgen und Überlegungen der Schüler/innen (z.B. Dialogangebote) „unverrechenbarer Lerngewinn“: Es macht Schüler/innen in der Regel Spaß, zu reflektieren und mehr Klarheit über ihr Lernen und seine Bedingungen zu erlangen ABER: Effekt bleibt aus, wenn Schüler/innen lange gewohnt waren, fremdgesteuert zu lernen

33 3.4 Entwickeln und Anwenden von Bewertungskriterien
Kritik: Lehrpersonen haben Beurteilungskriterien, die sie generell und nicht nur im konkreten Fall anwenden → Kriterien sollten erst während des Arbeitsprozesses entwickelt werden Vorgang der Leistungsbewertung in mindestens drei Schritten: Vorgehen für den Bewertungsprozess festlegen für die Annäherung an eine Schülerarbeit zur Gewinnung v. Bewertungsgesichtspunkten Entwickeln und Anwenden von Kriterien, die zu einer Bewertung führen. Die Form festlegen, in der die Bewertung ausgedrückt und mitgeteilt wird

34 3.4.1 Bestimmen, wie der Bewertungsprozess gestaltet werden soll
Bei der Reflexion und Bewertung von Lerntagebücher ist es sinnvoll dialogisch zu verfahren: in der Zusammenarbeit und im inhaltlichen Austausch zu Eindrücken und Einschätzungen gelangen Gespräche führen Arrangements, bei denen sich Schüler/innen untereinander über Gedanken und Produkte austauschen Mehrperspektivische Beurteilung

35 3.4.2 Kriterien entwickeln und anwenden
Prüfung der Frage „falsch/richtig“ als recht simple, arbeitsökonomische Handlung. Sie hat in Schule große Bedeutung → Suche nach Qualitäten wird vernachlässigt Anwendung komplexer analytisch-synthetischer Überlegungen notwendig, um Qualitäten benennen zu können Welche Ziele verfolgt jemand bei der Lösung einer Aufgabe? Welche Mittel benutzt er dazu? Vorgegebene Kriterien können teilweise durchgängig verwendet werden ABER: sie schärfen den Blick, verengen ihn aber gleichzeitig!

36 3.4.3 Sind Bewertungsraster eine Lösung?
Empfehlung von Rastern („rubrics“) zur Fremd- und Selbstbewertung von Schülerarbeiten bzw. darin enthaltene Leistungen Intention: Verknüpfung beider Aspekte Anwendung vieler Gesichtspunkte möglich zusätzlich Förderung des differenzierten Hinschauens durch abgestufte Merkmale und Kriterien → ideale Kombination von Breite und Genauigkeit bei der Bewertung

37 Kritik an Bewertungsrastern:
Qualität oft recht unterschiedlich: manche recht vereinfacht und inhaltlich banal Ungenaue und unverständliche Beschreibungen Unangemessene Einengung der Bewertungsgesichtspunkte Positiv: Kompetenzbeschreibungen mit Rastern, welche Fähigkeiten ins Visier nehmen, die konkreten Leistungen zugrunde liegen Schon bei der Erarbeitung ihrer Produkte für Schüler/innen sind Bewertungsraster eine Orientierung und Kontrollmöglichkeit für die Qualität der Arbeit

38 3.4.4 Eine Mitteilung formulieren
Einschätzungen bzw. eine Bewertung soll so formuliert werden, dass sie auf differenzierte Weise informiert und gut verständlich ist Bedarf intensiver Übung durch den Bewertenden Um Missverständnisse zu vermeiden, bietet sich wieder der Dialog an

39 3.4.5 Passende Bewertungsformen
Persönliche Resonanz Zu Inhalten des Lerntagebuchs werden kurze (meist schriftliche) Mitteilungen gemacht (z.B. Was hat mich persönlich angesprochen?) Wichtig: subjektiver Eindruck bzw. persönliche Reaktion, kein Werturteil Qualitäten finden Es geht darum, herauszufinden und mitzuteilen, wo und worin man besondere Leitungen erkennt.

40 Lektorieren Basis: Einnehmen einer achtsamen lernförderlichen Haltung dem Lernenden gegenüber Rückmeldungen für die weitere Arbeit des Lernenden Menschen stärken und Sachen klären Bezüge zu Kompetenzbeschreibungen und Bewertungsrastern herstellen Liegen Kompetenzbeschreibungen und Bewertungsraster vor, kann mit ihrer Hilfe eine Wertung und Rückmeldung erfolgen Offene Gespräche Freier Austausch persönlicher Ansichten

41 Schlussfolgerung: Das Lerntagebuch ist ein Instrument, das vor allem den persönlichen Dialog mit der Sache und dem eigenen Lernen fördern kann und damit insbesondere die eigenständige Reflexivität entwickeln hilft.

42 Teil 2: Lerntagebuch in Forschung und Praxis

43 4. Das Lernjournal im dialogisch konzipierten Unterricht von Nadja Badr Goetz und Urs Ruf
4.1 Einleitung Das Lernjournal als Herzstück eines dialogisch konzipierten Unterrichts Dokumentation entfaltet ihr Potenzial vor allem im Austausch mit anderen

44 4.2 Nutzung des Lernjournals als Plattform für den Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden über einen fachlichen Inhalt Konzept des dialogischen Lernmodells: Dialog erfolgt einerseits zwischen der Lehrkraft und den Lernenden, andererseits innerhalb der Schülergruppe Dialog initiiert durch schriftlich formulierten und offenen Auftrag Intensive Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten wird schriftlich dokumentiert Lehrkraft erhält so Einblick in unterschiedliche, vielfältige Ideen → Individuelle Rückmeldungen an Schüler/innen möglich

45 4.2.1 Der schriftliche Dialog über fachliche Inhalte als Wechselspiel zwischen Angebot und Nutzung
Struktur des dialogisch konzipierten Unterrichts: Lehrkraft gestaltet fachlich Lehr- und Lernumgebung so, dass intensiv und kontinuierlich an fachlichen Inhalten gearbeitet wird Schüler/innen werden in einen schriftlichen Austausch von Einschätzungen, Ergebnissen und Meinungen involviert, der sich auf einen gemeinsamen fachlichen Inhalt bezieht Organisation: Kernidee: schriftlich formulierter Auftrag, der sich an Klasse als Lerngemeinschaft richtet

46 → Lernende werden aktiv: zeigen, wie sie mit dem fachbezogenen Angebot der Lehrkraft umgehen, welche kognitiven und emotionalen Prozesse durch das fachliche Angebot angeregt werden und wie sie dieses nutzen Schriftliche Nutzungsnachweise werden von Lehrperson und/oder Mitlernenden gelesen → Förderung des Perspektivwechsels Rolle der Lehrperson: Versieht alle Nutzungsnachweise mit einer kurzen Rückmeldung und einer groben Bewertung Stärkt Lerngemeinschaft der Klasse, indem sie erfolgreiche Verhaltensweisen in den Unterricht einspielt

47 Das Lernjournal als unterrichtsstrukturierendes Instrument
– zwei Auffassungen: Unterricht als dynamisches Wechselspiel zwischen Angebot und Nutzung Ausrichtung des Unterrichts auf langfristig angelegte und vertiefte fachbezogene Lern-, Verstehens- und Handlungsprozesse → Prozesse verlangen individuelle Konstruktionsleistungen, die von sozialen Austauschprozessen und entwicklungsorientierten Strukturierungs-/Handlungshinweisen profitieren

48 4.2.2 Entwicklungs- und Stärkenorientierung dynamisiert das Lernen und erleichtert das Lehren
Dialogisch konzipierter Unterricht basiert auf drei Säulen: Bezug auf fachlich relevante Inhalte Lehrender macht Lernenden zum Dialogpartner Kontinuierliche Entwicklung der fachbezogenen Handlungs-kompetenzen der Lernenden Personaler Aspekt (individuelles Selbst- und Wertekonzept) Sozialer Aspekt (interaktive Verhaltensweisen, Verantwortungsbewusstsein) Fachlicher Aspekt (Umgang mit fachlichen Inhalten)

49 4.3 Gelingensbedingungen der Arbeit mit Lernjournalen
Sich auf den Dialog mit Schüler/innen einlassen (wollen) Lehrkraft ist aufgefordert, jedes individuelle Erzeugnis auf sich wirken zu lassen und Stellung zu beziehen Bedingung 2: Mehrwöchige Erfahrung mit dem Instrument Lernjournal sammeln Ein Prozess benötigt ausreichend Zeit! Sicherheit erlangen Bedingung 3: In einem für alle gleichen Fachgebiet individuelle Lernwege beschreiten Alle Schüler/innen sollen am gleichen Auftrag arbeiten

50 Bedingung 4: Orientierung an der Entwicklung und den Fortschritten des Lernenden Lehrkraft sucht nicht nach Fehlern, sondern nach Gelungenem Voraussetzungen: Eine durch Offenheit und Wertschätzung geprägte Haltung Fokussierung auf die Besonderheit jeder einzelnen Arbeit Suche nach überraschenden Ideen, originellen Versuchen usw. Klare Wertungen und kurze prägnante Rückmeldungen Auch schwächere Schüler/innen haben die Gelegenheit, sehr gute Leistungen zu erbringen → Steigerung der Motivation

51 Bedingung 5: Einen intensiven Austausch innerhalb der Klasse pflegen Entwicklungsorientierte Arbeit ermöglicht einen Austausch über unterschiedliche Verfahren und Standpunkte Das Schreiben von Rückmeldungen/Feedback wird geübt Wohlwollender und ressourcenorientierter Umgang miteinander

52 5. Welche Rolle spielt Self-Monitoring bei der Selbstregulation und wie kann man mit Hilfe von Tagebüchern die Selbstregulation fördern? von Meike Landmann und Bernhard Schmitz 5.1 Definition Self-Monitoring: Systematische absichtsvolle Beobachtung (und Aufzeichnung) des eigenen Verhaltens, als wesentlicher Wirkfaktor für Selbstregulationsprozesse

53 5.2 Forschungsstand 5.2.1 Zur Wirkung von Tagebüchern
Wesentliche Schlüsselvariable: Selbstbeobachtung bzw. Self-Monitoring für eine zielgerichtete und erfolgreiche Regulation von Verhalten Wirksamkeit des Self-Monitoring in Bezug auf Aufmerksamkeit, soziales Verhalten oder soziale Kompetenz Allein die Beobachtung des eigenen Verhaltens führt zu einer Verhaltensänderung in die gewünschte Richtung (=Reaktivitätseffekt)

54 Variablen, die eine Verhaltensänderung durch Self-Monitoring unterstützen (Beispiele):
Hohe Änderungsmotivation seitens der reflektierenden Person Aufzeichnung des gewünschten Zielverhaltens anstatt des Problemverhaltens Rückmeldungen geben Einsatz von Lernprotokollen Regelmäßige und systematische Verhaltensdokumentation

55 Einsatz von Tagebüchern als:
Interventionsinstrumente Für wissenschaftliche Analyse und Beobachtung von Lern- und Verhaltensprozessen, da Tagebuchdaten eine hohe Zuverlässigkeit aufweisen ABER: genauere Aufzeichnung führt nicht unbedingt zu einer höheren Verhaltensänderung, d.h. die Merkmale der Genauigkeit und der Reaktivität in Bezug auf das Self-Monitoring gelten als unabhängig voneinander

56 5.2.2 Zur Funktionsweise von Tagebüchern
Theorien zur Erklärung der verhaltensmodifizierenden Wirkung von Tagebüchern: Theorie 1: Beobachtungen und Aufzeichnungen des relevanten Verhaltens dienen als Hinweis für alle erwünschten bzw. unerwünschten Konsequenzen, die dieses Verhalten nach sich zieht Konsequenzen beeinflussen die Auftretenswahrscheinlichkeit des beobachteten Verhaltens

57 Theorie 2: Modellerweiterung
Nicht nur Beobachtungen und Aufzeichnungen an sich dienen als Hinweisreize, sondern auch das dazugehörige Prozedere (Instruktion oder Training) Theorie 3: Erklärung der Reaktivitätstheorie durch Phasen Selbstüberwachung: Das Zielverhalten wird beobachtet und aufgezeichnet (Monitoring) Selbstbewertung: Interne Selbstevaluation, d.h. Vergleich mit internen Standards

58 Selbstverstärkung: Je nach Ergebnis erfolgt Selbstverstärkung (z.B. Lob) oder –Bestrafung (z.B. schlechtes Gewissen, Scham), wodurch zukünftige Wahrscheinlichkeit des Verhaltens beeinflusst wird Kritik an Theorien: Beschränkung auf Prinzipien der Selbstbestrafung bzw. –Verstärkung Vernachlässigung verdeckter/interner Regulationsprinzipien → Neben der Beobachtung bedarf es der Bewusstmachung des eigenen Verhaltens und höheren Stufen der Reflexion und Regulation

59 5.3 Ein Modell der Selbstregulation
5.3.1 Modellbeschreibung

60 Self-Monitoring 0.Ordnung: Das klassische Selbstregulationsmodell
Drei Phasen der Selbstregulation: Präaktionale Planungsphase: Situative Gegebenheit (z.B. Lernumfeld) und Aufgabenstellung Schüler/innen setzen sich individuelle Lernziele Aus Situation, Aufgabe und Lernzielen resultieren Selbstwirksamkeit, Motivation und Emotion der Lernenden Aktionale Handlungsphase – die Handlung wird ausgeführt: Einsatz tiefenorientierter Lernstrategien Ausmaß der investierten Lernzeit Fähigkeit der Person, Zeit konzentriert zu nutzen Maßgeblich für erzielte Leistung

61 Postaktionale Reflexionsphase:
Bewertung und Reflexion der Resultate Beeinflussung des emotionalen Befindens der Lernenden Modifikation von Zielen und/oder Strategien Formulierung von Vorsätzen für weiteren Lernprozess Weitere Merkmale: Lokalisierung des Self-Monitoring vor allem in Handlungsphase Überwachung der Bearbeitung einer konkreten Aufgabe Auch: Aufgaben-Monitoring und Ausführungsregulation (da sich Beobachtung und Regulation auf konkrete Aufgabe bezieht)

62 Self-Monitoring 1. Ordnung: Strategieregulation
Für erfolgreiche Regulation: Einnahme einer Metaebene bei der Beobachtung Betrachtungs- und Reflexionsgegenstand nicht nur konkrete Handlungsebene, sondern gesamter Selbstregulationszyklus und v.a. Auswahl und Passung der eingesetzten Strategie Anregung der Bewertungs- und Reflexionsprozesse auf dieser Ebene: Schüler/innen sollen am Ende einer gesamten Lernepisode auf diese zurückblicken

63 Self-Monitoring 2. Ordnung: Mustererkennung
führt bisheriges Vorgehen nicht zum Ziel: Beobachtung auf der nächst höheren Ebene notwendig Beobachtungs- und Reflexionsgegenstand wird auf mehrere Tage/Wochen und mehrere Aspekte ausgeweitet evtl. Rückschlüsse auf Muster (Schüler/in erkennt z.B. ein für ihn unbekanntes Lernvorgehen, womit er/sie besser zurechtkommt) Anregung der Reflexionsarbeit und Mustererkennung im schulischen Kontext durch Tagebücher: Verlauf mehrerer relevanter Variablen werden über längeren Zeitraum aufgezeigt und für Schüler/innen visualisiert  ABER: noch keine Verhaltensmodifikation!

64 Self-Monitoring 3. Ordnung: Zielanpassung
Einbezug des mittel- bis langfristigen/übergeordneten Ziels Anpassung des Ziels kann als übergeordnete Regulationsstrategie erfolgen Bsp.: Schüler/in reduziert sein Ziel, sich im Fach Physik zunächst um eine Note zu verbessern, anstatt um zwei Notenstufen

65 Anmerkungen zum Modell
Wesentlich: auf jeder Stufe des Self-Monitoring wird eine höhere Stufe der Reflexion und schließlich der Regulation angeregt Initiierung des Self-Monitoring als Reflexionsprozess, der Verhaltensmodifikation nach sich zieht Self-Monitoring: einerseits zentraler Bestandteil der Selbstregulation andererseits Betrachtung der Selbstregulation von höherer Ebene aus

66 5.4 Anwendungsbeispiel: Förderung der Selbstregulation durch Self-Monitoring durch Hilfe eines Tagebuchs 5.4.1 Einleitung Untersuchung: Wie kann Selbstregulation am effektivsten gefördert werden? Prüfung des Nutzen durch den Einsatz des hier beschriebenen Lerntagebuchs Ergebnis: Kombination aller drei Aspekte (fachliche Inhalte, Selbstregulationsstrategien, Lerntagebuch) am wirkungsvollsten

67 5.4.2 Beschreibung eines Tagebuchs der Jahrgangsstufe 8
Das Tagebuch (Bespiel) besteht aus vier Seiten Kombination von offenen und geschlossenen Fragen Wird täglich ausgefüllt im Vordergrund: Gesamter Selbstregulationszyklus mit seinen drei Phasen (präaktional, aktional, postaktional) Das Tagebuch besteht demnach aus zwei Teilen: Der erste Teil ist vor dem Lernen auszufüllen, der andere nach dem Lernen!

68 Die Präaktionale Phase:
Abfrage des Codes der Schüler/innen: Zuordnung der Personen zu verschiedenen Tagebücher, ohne Identität offen zu legen Angabe des Datums und der Uhrzeit (Lernzeitpunkt!) für spätere Auswertung Erste inhaltliche Fragen nehmen Bezug auf das Wochenziel (übergeordnetes Ziel) und seine Wichtigkeit (Was will Schüler/in dafür tun?) Ermittlung der emotionalen Gestimmtheit/Gefühlslage Lösung von Aufgaben: Wie plant der/die Schüle/in vorzugehen?

69 Bezug auf einzelne Aufgaben: Frage nach Schwierigkeit, Anstrengungsbereitschaft, geeigneten Strategien und Zeitbedarf Fragen zur Motivation und Selbstwirksamkeit Abschluss: Aufforderung, mit den Aufgaben anzufangen Die Aktionale Phase: Fühlte sich Schüler/in abgelenkt? Fragen in Bezug auf das Arbeitsvorgehen: Wie viel Zeit wurde benötigt? Wie viel Zeit davon wurde konzentriert genutzt? Welche Strategien wurden eingesetzt?

70 Die Postaktionale Phase:
Anregung zur Reflexion des Lernprozesses Fragen im Bezug auf Konzentration, Anstrengung, Selbstreflexion, (evtl.) in Anspruch genommene Hilfen, Umgang mit Fehlern, Zufriedenheit mit dem Lernen und Zielerreichung Frage nach der emotionale Gestimmtheit am Ende des Lernens Fragen im Bezug auf die Vorsätze für den nächsten Lerntag

71 5.4.3 Angestrebter Nutzen in Bezug auf die verschiedenen Ebenen der Selbstregulation
Annahme: Erfragung des Lernverhaltens nach dem Lernen erhöht Selbstbeobachtung während des Handelns (Self-Monitoring 0.Ordnung) → Unterstützung der Aufgabenregulation Postaktionale Reflexionsphase entscheidend für anschließendes Regulationsverhalten: Kurzfristig (d.h. im Verlauf eines Lerntages): Strategieregulation Mittelfristig (d.h. 1 bis 2 Wochen): Mustererkennung Langfristig (d.h. 1 oder mehrere Monate): Zielpassung

72 5.4.4 Angestrebter Nutzen in Bezug auf Selbstreguliertes Lernen
Zielsetzung: Förderung aller Phasen der Selbstregulation durch die Erfragung der jeweiligen Komponenten (Ziele, eingesetzte Strategien,…) → Verbesserung des Lernverhaltens Gründe für ein besserer Lernverhalten (Beispiele): Nachdenken über aktuelle Ziele im Hinblick auf Wochenziel erhöht die Motivation der Schüler/innen Anregung der Planung durch Fragen zur Aufgabenbearbeitung Fragen als Erinnerungshilfen Besseres Verständnis des Vorgehens durch Reflexion Konstruktiver Umgang mit Fehlern

73 5.4.5 Unterstützung der Wirkung der Tagebücher durch individuelles Feedback
Gesteigerte Wirkung eines Lerntagebuchs durch Rückmeldungen über Lernverlauf Projekt: Informationen aus Tagebüchern werden in Computer eingegeben und in geeigneter Form grafisch dargestellt: Beispiele für Kurvendarstellungen: Verlauf der geplanten Zeit für Hausaufgaben über gesamten Beobachtungszeitraum (siehe folgende Abb.) Verlauf der Reflexion in Kombination mit dem Erreichen der Ziele

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75 5.5 Empfehlung zur Gestaltung von Tagebüchern
Konzeption und Einsatz von Tagebüchern abhängig von: Zielsetzung und –Gruppe, Art der Gestaltung, Anleitung, Bearbeitung und Feedback Ausgangspunkt: Welches Ziel wird mit Anwendung der Tagebücher angestrebt? → Häufig: Förderung des gesamten Selbstregulationszyklusses einschließlich der Förderung einzelner Komponenten Eher selten: Evaluation von Effekten eines Trainings/Unterrichtsstunde Variante, die möglichst auf Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten ist, empfehlenswert (Orientierung an Stärken und Schwächen!)

76 Zielgruppe: prinzipiell alle Schüler/innen, die lesen und schreiben können
Gestaltung des Tagebuchs: möglichst kurz und attraktiv (z.B. Einbezug von Bildern und Comics) Kombination von offenen und geschlossenen Fragen Erprobungsphase empfehlenswert Intensive Anleitung vor Anwendung notwendig (Sinn und Ausführung ausführlich erklären) Zeitnahe Bearbeitung zum Ergebnis Regelmäßiges Ausfüllen → günstige Gewohnheit Für Lehrkraft hilfreich: Checkliste zum Einsatz von Tagebüchern Bearbeitung standardisierter Tagebücher erhöhen den Lernerfolg!

77 5.6 Beispiel für ein Tagebuch
Siehe folgende Folien!

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82 Teil 3: Lernzeit

83 6. Lerntagebuch – Ermöglichung echter Lernzeit von Tina Hascher
6.1 Indikatoren echter Lernzeit Ausgangsfrage: Welche Voraussetzungen sind nötig, um echt Lernzeit bewusst zu generieren?

84 6.2.1 Grundüberlegungen Prozesse des Lernens werden konsequent aus der Sicht des Lernenden betrachtet Lernprozess wird (hinsichtlich ihrer Relevanz für die Bildung) mit angestrebten Lernergebnissen gleichgestellt → Lernprozess als eigenes Bildungsgut, aber auch zum Zweck der Zielerreichung

85 Indikatoren echter Lernzeit:
Intensive Suche nach… … Möglichkeiten zur Selbststeuerung und –Bestimmung für Lernende … Wahlmöglichkeiten und Freiheitsgraden … Gelegenheiten der Sinnstiftung in Bezug auf die Lerninhalte … Formen der sinnvollen Lernbegleitung

86 Fokussierung auf Lernende – zwei Grundlagen:
Lernumgebungen können so gestaltet werden, dass sich Lernende und Lehrende intensiver und länger mit verschiedenen Lernwegen auseinandersetzen. Lernende und Lehrende werden auf kognitiver, emotionaler, motivationaler und sozialer Ebene aktiviert Zentrale Bedeutung: Diskurs über Lernprozess, -Strategien, -Voraussetzungen, -Inhalte und Zusammenhänge → Auseinandersetzungen/Diskussionen tragen zum Lernerfolg und zum Verständnis ihres Zustandekommens bei → Lernende und Lehrende überdenken und modifizieren ihre Rollen

87 Lernen als Handlung, die bis zu einem gewissen Grad offen gelegt, analysiert und bewusst gestaltet werden kann Zentrale Aufgabe in Lehr- und Lernsettings: Diagnose und bestmögliche Steuerung bzw. Unterstützung des Lernprozesses Aspekte des Lernprozesses werden sichtbar, mitteilbar und reflektierbar gemacht Auseinandersetzung mit eigenem Lernen und dem Lernen anderer vertieft die zu lernenden Inhalte

88 Diagnostisches Potenzial für folgende Bereiche nutzbar:
Erfassung und Beschreibung von Fähigkeiten in verschiedenen Kompetenzfeldern (fachbezogen und fächerübergreifend) Erfassung von Lernfortschritten in diesen Feldern Reflexion der Wirkung von Lernhandlungen

89 6.2 Das Lerntagebuch Wissen soll in Können gefestigt werden:
Durch Bearbeitung der Tagebücher widmen sich Lernende ein weiteres Mal den zu lernenden Inhalten → Verlängerung der aktiven Lernzeit Verknüpfung von Inhalten und Prozessen (z.B. Nachdenken über Lernprozess) des Lernens → Tiefe und qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit Lernstoff

90 Kommunikation: Tagebücher bieten vielfältige Möglichkeiten das Lernen und das zu Lernende zu beschreiben und darüber zu sprechen. ABER: Risiko eines Scheindialogs mit z.B. oberflächlichen Rückmeldungen Raum und Zeit für Selbstveränderung: Nachhaltige Verbesserung des Lernens und Lehrens wahrscheinlich

91 6.3 Schlussbemerkungen Einsatz des Lerntagebuchs auf allen Stufen, in allen Altersgruppen und in allen Phasen des Bildungsprozesses Sie dienen… … dem Lernprozess und dem –Ergebnis … den Lernenden und den Lehrenden … der Praxis und der Forschung Lernerfolge nicht garantiert: Erst wenn aus dem Einsatz Erfolgserlebnisse resultieren und die Wirksamkeit auf den eigenen Lernprozess erfahren wird, kann Nutzen des Tagebuchs erlebt werden.

92 Nachteile von Lerntagebüchern:
Nehmen viel Zeit in Anspruch Für Lernende und Lehrende sehr arbeitsintensiv Erfordern hohen Betreuungs- und Beurteilungsaufwand Der Einsatz von Tagebüchern enthält ein hohes Potenzial für die Qualitätssteigerung von Bildungsprozessen (Entwicklung einer neuen Lernkultur), verbessert aber nicht das Lernen und erhöht nicht die Unterrichtsqualität!

93 Voraussetzungen: Anpassung des Lerntagebuchs auf Bedingungen der Adressat/innen, die Lernumgebung und –Inhalte Entsprechende Veränderung des Unterrichts bzw. der Lernumgebung (genügend Freiräume, …) Orientierung an der individuellen und kriterialen Bezugsnorm Sorgfältige Überlegung und Vorbereitung des Einsatzes Überprüfung der Effekte des Lerntagebuchs nicht nur im Rahmen von Forschungsprojekten, sondern auch gezielt im Unterricht

94 Anhang 7. Ein Lerntagebuch zur Förderung motivationsbezogener Voraussetzungen für Lern- und Leistungsverhalten bei Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf von Birgit Spinath

95 7.1 Einleitung Intrinsische Motivation bzw. Lernfreude für schulische Inhalte nimmt ab 10. Lebensjahr deutlich ab Parallel dazu: Wahrnehmungen eigener Fähigkeiten im schulischen Bereich wird negativer → Annahme: Schüler/innen mit Behinderung besonders von negativen motivationalen Entwicklungen betroffen Schüler/innen mit geistiger Behinderung: gesteigerte Misserfolgsängstlichkeit Kinder mit körperlicher Beeinträchtigung: Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten, Bevorzugung von Aufgaben unter ihrem Leistungsniveau

96 7.2 Lerntagebücher als Methode zur Steigerung moti-vationsbezogener Lern- und Leistungsvoraussetzungen Gliederung des Prozesses der Handlungssteuerung (aus motivationspsychologischer Sicht): Motivationale Prozesse: Richtungsfindung für zukünftiges Verhaltens (z.B. Wunsch, eine bestimmte Sache besser zu können) Volitionale, also den Willen betreffende Prozesse: ursprünglich gewählte Richtung des Verhaltens auch in Anbetracht von konkurrierenden Neigungen beizubehalten Selbstbewertende Prozesse: geben handelnder Person Rückmeldung über die Wirksamkeit ihres Verhaltens, Motivierung zu neuen Richtungsfindungen

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98 Konkrete Arbeit mit Lerntagebüchern:
Formulierung von Zielen (volitionaler Prozess) Gründe für positive Selbstbewertungsprozesse: realistische Teilziele Kontrolle und Sichtbarmachen der eigenen Lernfortschritte Blick wird auf den Zuwachs der eigenen Kompetenzen gerichtet Temporal-individuelle Perspektive ermöglicht (besser als sozial-vergleichende) das Wahrnehmen von Lernfortschritten und führt häufiger zu Erfolgserlebnissen → Positive Wirkung auf Lernfreude und gesteigerte Fähigkeitsselbstwahrnehmung

99 7.2.1 Voraussetzungen für den Einsatz von Lerntagebüchern im Unterricht von Schüler/innen mit Lern- und Körperbehinderungen Individuelle Voraussetzungen der Schüler/innen als besondere Herausforderung für formale und inhaltliche Konzeption Gestaltung des Lerntagebuchs: Alle Schüler/innen einer Lerngruppe sollten das Tagebuch auf individuellem Niveau bearbeiten können Material darf weder über- noch unterfordern Aspekte des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens wichtig (neben fachlichen Unterrichtsinhalten)

100 7.3 Ein Lerntagebuch für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Inhalte des Tagebuchs in drei Hauptaspekten: Lernstandbestimmung und Benennen diesbezüglichen Verhaltens Benennen individueller Ziele und zielführenden Verhaltens Analyse der Zielerreichung und Selbstbewertung

101 Das Lerntagebuchmaterial gliedert sich in zwei Teile:
Formular der 1. Phase (Wochenbeginn): Anregung zur Reflexion des Unterrichtsgeschehens, der eigenen Fähigkeiten und wahrgenommener Lernzuwächse Schüler/innen setzen sich Wochenziele Formulierung von Maßnahmen, die Zielerreichung wahrscheinlich machen (u.a. Wahl aus 12 Signalkarten, wie z.B. „Ich nehme mir Zeit.“ zur Unterstützung und Erinnerung)

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103 Erweiterte Formulare der 2. Phase (Ende der Woche):
Überprüfung und Bewertung der Zielerreichung Formulierung der Konsequenzen für zukünftiges Handeln Positiver Wochenausblick („Darauf freue ich mich nächste Woche“)

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105 Formale Gestaltung: Offene und geschlossene Antwortformate Kurze Frage- oder Aufforderungssätze (unterstützt durch Piktogramme) Teilweise vorformulierte Beispiele (z.B. bei Signalkarten), die durch eigene Formulierungen ergänzt werden können Sämtliche Materialien für Lehrkräfte, sowie grundlegendes Wissen über motivationale Voraussetzungen des Lern- und Leistungshandelns sind in einem Handbuch zusammengefasst. Das Lerntagebuch besteht aus einer Mappe, in der die Materialien zur Dokumentation der eigenen Lerngeschichte aufbewahrt werden.

106 7.4 Empirische Überprüfung von Anwendbarkeit und Wirkung des Tagebuchs
Wie aufwändig ist es, die neue Methode in den Unterricht zu integrieren? Erzielt die Methode tatsächlich die erhofften Wirkungen? → Ergebnisse einer empirischen Überprüfung beider Fragen

107 7.4.1 Beschreibung und Untersuchung
Teilnehmer/innen der Untersuchung: 66 Schüler/innen im Alter zwischen 10 und 12 Jahren nach Richtlinien der Schule für Lernbehinderte in Nordrhein-Westfalen unterrichtet Schüler/innen besuchten Schule seit mehr als einem Jahr Schüler/innen verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse Alle Schüler/innen waren körperlich in der Lage, das Tagebuch und die Fragebögen sinnentnehmend zu bearbeiten Dauer: Einsatz des Tagebuchs über Zeitraum von 12 Wochen

108 Während Durchführung:
Dokumentation des täglichen Zeitaufwand anhand von Wochenübersichten Weitere Informationen über den Einsatz von Lerntagebüchern durch leitfadengestützte Interviews mit den Lehrer/innen (nach 12 Wochen) Motivationale Lern-und Leistungsvoraussetzungen der Schüler/innen: Erfassung vor und nach der Interventionsphase mit Hilfe eines Fragebogens → Untersuchung fünf motivationaler Konstrukte (fachspezifisch getrennt nach Deutsch und Mathematik)

109 Fünf motivationale Konstrukte:
Lernfreude/-Motivation: „Wie gerne machst du Kopfrechnen/schreibst du Geschichten?“ Fähigkeitsselbstwahrnehmung: „Wie gut bis du in Mathe/Sprache?“ Wahrnehmung von Lernfortschritte: „Wie viele Dinge kannst du heute in der Schule besser, als noch vor kurzer Zeit?“

110 Glaube an den Nutzen eigener Anstrengung:
„Wenn ich mich richtig anstrenge, kann ich in der Schule auch schwierige Aufgaben lösen.“ Ausdauer bei schwierigen Aufgaben: „Ich arbeite so lange an schwierigen Aufgaben, bis ich sie gelöst habe.“

111 7.4.2 Zentrale Ergebnisse Anwendbarkeit
Arbeit mit Lerntagebuch ließ sich mit relativ geringem zeitlichen und organisatorischen Aufwand in Unterricht integrieren → wöchentlicher Zeitumfang im Durchschnitt: 57 Minuten Häufigkeit der Bearbeitung der einzelnen Items: Mit rund 90%iger Häufigkeit: Bearbeitung von Kernitems zu den Fragen des momentanen Lernstands Deutlich geringere Bearbeitungshäufigkeit für das Item „Warum habe ich das nicht geschafft?“ → die meisten Schüler haben ihre Ziele erreicht!

112 Bei geschlossenen Fragen:
Vorgegebene Antwortskalen wurden in vollem Umfang ausgenutzt → inhaltliche Angemessenheit der vorgegebenen Alternativen Bereich des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens: Besonders häufige Thematisierung der Frage nach den Vorhaben der Schüler/innen für die kommende Woche (Vorhaben, mehr zu üben und nicht sofort aufzugeben, kam sehr oft vor!) Übernahme der Zielvornahmen meist aus vorgegebenen Formulierungen → für Zukunft: unterstützende Übungen, um Häufigkeit individueller Zielvornahmen zu erhöhen

113 Schlussfolgerung: Inhalte der Tagebucheinträge sprechen dafür, dass Schüler/innen mit Hilfe des Lerntagebuchs sinnvoll und zielführend an aktuellen und individuell herausfordernden Lernaufgaben aus allen Bereichen schulischen Lernens gearbeitet haben. Wirkung Nachweis: Profit der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in motivationaler Hinsicht (in fast allen aufgeführten motivationalen Konstrukten)

114 7.5 Empfehlungen für die Praxis
Entfaltung der Wirkung des Lerntagebuchs in Verbindung mit unterrichtlichen motivationsorientierten Rahmenbedingungen Steigerung der motivationalen Kompetenzen durch: Entwicklung eines realistischen Selbstbilds/einer realistischen Selbsteinschätzung als Grundlage Wahl adäquater Aufgaben bietet mittlere Erfolgswahrscheinlichkeit (Erleben von Stolz), Systematische Erweiterung eigener Fähigkeiten Realistische Rückmeldungen

115 Steigerung volitionaler Kompetenzen durch Zielsetzungen:
Lehrer/innen sollten zu bewussten Zielvornahmen auffordern und Nutzen solcher Zielsetzungen erfahrbar machen (durch z.B. Vorher-Nachher-Vergleichen in Arbeitsproben) Übung individueller Zielvornahmen mit Klasse/Kleingruppen Formulierung von (durchdachten) Zielen: spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch, termingebunden, eigeninitiativ erreichbar und rückmeldungsgebunden (SMARTER)

116 Förderung von Selbstbewertungskompetenzen durch:
Aufforderung an Schüler/innen ihre Leistungen aufgrund individueller und sachimmanenter Vergleichsmaßstäbe zu bewerten Finden aufgabenbezogener Kriterien für individuelle Lernfortschritte von Schüler/innen und Lehrkräften gemeinsam Einführung von Systemen, in denen bestimmte Symbole für das Erreichen der individuellen Ziele stehen und offen sichtbar gesammelt werden können Zuschreiben von Erfolgen auf eigene Tüchtigkeit, sowie Rückführen von Misserfolgen auf kontrollierbare Faktoren anstrengungs- und ergebnisunabhängiges Loben / positive Rückmeldungen

117 Quellen: Lernprozesse dokumentieren , reflektieren und beurteilen – Lerntagebuch und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis von Michaela Gläser-Zikuda, Tina Hascher (Hrsg.) Klinkhardt , 2007 Schul- und Unterrichtsforschung Band 3 Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen – Eine explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe 1 von Thomas Häcker Scheider Verlag Hohengehren GmbH, 2007 (2. überarbeitete Auflage)


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